Demonstration gegen Globalisierung in Frankreich fordert Handelskriegsmaßnahmen gegen die USA

Ende Juni versammelten sich Zehntausende Menschen in der kleinen Stadt Millau in Südfrankreich zu einer Art Volksfest, das als Protest gegen "die Globalisierung des Handels, die industriell betriebene Landwirtschaft und die Macht der multinationalen Konzerne" konzipiert war.

Das Fest fand parallel zum zweitägigen Gerichtsprozesses gegen elf Mitglieder der "Confédération Paysanne", einer kleinen Bauerngewerkschaft, statt. Sie hatten im August letzten Jahres ein McDonalds-Restaurant demoliert. Der 47-jährige Schafzüchter José Bové, ein ehemaliger Intellektueller und radikaler Aktivist, der sich seit längerem in Umweltfragen engagiert, hatte den Angriff auf McDonalds angeführt.

Schätzungsweise 30.000 Menschen beteiligten sich an dem Protest. Die meisten davon verfolgten den Prozess auf einem gigantischen Bildschirm, der nur 200 Meter vom Gerichtssaal entfernt aufgebaut worden war. Weitere 25.000 besuchten am späteren Abend ein freies Rockkonzert und ein "traditionelles französisches Festmahl".

Das Volksfest erregte einiges internationales Aufsehen. Der Gerichtsprozess und die ihn begleitenden Demonstrationen wurden in Anspielung auf die Proteste gegen den WTO-Gipfel im Vorjahr und auf den örtlichen Fluss Tarn "Seattle-sur-Tarn" genannt und als Protestbewegung der "kleinen Leute" Frankreichs gegen die transnationalen Konzerne ausgegeben. Aber selbst wenn einige der Teilnehmer ernsthafte Gegner des Kapitalismus gewesen sein sollten, so hatte die politische Perspektive dieses Protests eine ganz andere Zielrichtung.

Der Gerichtsprozess wurde von französischen und internationalen Medien als moderne Version von Davids Kampf gegen Goliath dargestellt. Auf der einen Seite die Bauern, unter Führung von José Bové, stellvertretend für alle Opfer des Kapitalismus. Auf der anderen die Anklage, als Vertreter von McDonalds und ähnlichen globalen Konzernen. Im Gerichtssaal erklärte der Anwalt der Verteidigung, Francois Roux, seine Mandanten seien "Männer, die gegen die schreienden Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft kämpfen", wofür man sie "ehren" solle.

Vor September wird kein Urteil erwartet, und es sieht so aus, als ob die Bauern mit einer milden Strafe davonkämen. Die Anklage hat für Bové zehn Monate Haft gefordert, davon neun auf Bewährung - obwohl er schon früher für ähnliche Angriffe auf Konzerne verurteilt worden ist - und höchstens drei Monate für die anderen Angeklagten.

Es ist ungewöhnlich, dass Gegner des Kapitals so mit Samthandschuhen angefasst werden. Selbst Frankreichs führende Politiker haben Bové gefeiert. Der selbsternannte Bauernführer hat die inoffizielle Anerkennung von Präsident Jacques Chirac gewonnen, der beim "Salon de l'agriculture" (einer alljährlichen Agrarmesse) unbedingt mit ihm sprechen wollte, und von Premierminister Lionel Jospin, der ihn zum Essen einlud. Im September 1999 wurde Bové öffentlich von Chirac vereinnahmt, der sich dagegen aussprach, dass "eine einzige Macht die alleinige Herrschaft über die weltweiten Lebensmittelmärkte ausübt" - ein offensichtlicher Seitenhieb auf die Vereinigten Staaten.

Bovés Popularität kommt daher, dass seine Proteste sich nicht gegen den Kapitalismus schlechthin, sondern gegen den amerikanischen Kapitalismus richten. Nach seinen eigenen Worten wurde die Demolierung des McDonalds-Restaurants von der Entscheidung der US-Regierung veranlasst, als Vergeltung für das Einfuhrverbot von hormonbehandeltem Rindfleisch durch die EU die Steuer auf einige französische Produkte um 100 Prozent zu erhöhen. Dies betraf auch Roquefort-Käse, der auf Bovés Bauernhof hergestellt wird. Früher hat Bové Aktionen angeführt, bei denen genetisch verändertes Getreide zerstört wurde. Mittlerweile wird das von der französischen Regierung selbst angeordnet.

Seit vielen Jahren ist Frankreich nun der aggressivste Gegner der USA in Europa. In den letzten Jahren hat sich der Handelskrieg zwischen Europa und Amerika im Bereich der Landwirtschaft stark zugespitzt. Die USA sind weltweit der größte Exporteur von Nahrungsmitteln, Frankreich spielt auf dem Sektor jedoch ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Verteidigung von französischer "Qualität" gegen amerikanisches "junk food" - unter dieser Parole wurden die Proteste von Bové organisiert - ist in Wirklichkeit die Verteidigung der größten französischen Agrarexporteure gegen ihre Rivalen aus den USA auf dem Weltmarkt.

Die Perspektive von Bové gleicht derjenigen der Organisatoren der Proteste in Washington, Davos und Genf in den letzten Monaten. Die politische Linie dieser Demonstrationen war ebenfalls "gegen die Globalisierung" gerichtet. Die Organisatoren betrachten die Probleme, mit denen Millionen von Menschen auf der Welt konfrontiert sind, als unausweichliches Ergebnis des global integrierten Handels und der Produktion, und nicht als Ergebnis der Globalisierung unter den spezifischen Bedingungen des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln und des Profitsystems.

Während die Führer der Protestbewegungen internationale Organisationen und Institutionen wie die WTO, die Weltbank und transnationale Konzerne angreifen, richtet sich ihre Perspektive darauf, den kapitalistischen Nationalstaat zu verteidigen.

Die gesellschaftliche Klasse, auf die Bové seine Proteste gegen die Globalisierung stützt, ist nicht die Arbeiterklasse, sondern die der Kleinbauern. Er hat den Aufbau einer internationalen Organisation namens "Via Campesina" (Weg der Bauern) unterstützt, die er als "Bauerninternationale" bezeichnet.

Bovés Aktivitäten reichen, wie die von vielen seiner Mitangeklagten, bis zu den radikalen Protesten der 60er und 70er Jahre zurück. Viele von ihnen wurden erstmals in der "Larzac"-Bewegung aktiv, die sich von Mitte der 70er Jahre bis Mitte der 80er Jahre erstreckte. Kleinbauern aus der Gegend von Larzac (bei Millau) protestierten damals gegen den Ausbau eines Militärgeländes auf ihre Kosten.

Das Ziel von "Via Campesina" sind Zugeständnisse an die Kleinbauern im Rahmen des bestehenden Wirtschaftssystems. Bové meint, dass durch Druck auf Regierungen und Institutionen im nationalen und internationalen Rahmen diese dazu gezwungen werden können, "verschiedene Organisationen" einzubinden und existierende "soziale Bewegungen", wie die Kleinbauern, zu berücksichtigen.

Bovés Rhetorik gegen die Globalisierung ist im wesentliche nationalistisch. Er beklagt, dass die vielfältigen nationalen Besonderheiten durch die Tyrannei eines neuen "internationalen Imperialismus" niedergewalzt werden. Dementsprechend müssen die "französische Kultur" und Souveränität gegen den "kulinarischen Imperialismus" von McDonalds verteidigt werden. Auch da, wo Bové von internationaler Aktion spricht, betont er, dass sie im nationalen Boden wurzeln muss.

Es ist diese Verteidigung des französischen Nationalstaats, die Bové breite Sympathie im politischen Establishment eingebracht hat. Sie hat Charles Pasqua, den Führer des chauvinistischen "Rassemblement pour la France" ermuntert, sich an einer Podiumsdiskussion an der Universität Montpellier zu beteiligen, wo Bové als Hauptsprecher auftrat.

Die verschiedenen kleinbürgerlichen radikalen Gruppen in Frankreich haben seine nationalistische Perspektive ebenfalls unterstützt. Die Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR), die dem Vereinigten Sekretariat des verstorbenen Ernest Mandel angehört, widmete über mehrere Monate hinweg der Kampagne von Bové den Großteil ihrer Ressourcen. Vor dem Gerichtsprozess vertrat ihre Zeitung die gleichen politischen Positionen wie Bové und seine Unterstützer. Die LCR arbeitete mit den Grünen, der stalinistischen Kommunistischen Partei und den Gewerkschaften bei der Demonstration in Millau zusammen und bezeichnete sie in begeisterten Tönen als Meilenstein im Kampf gegen den "globalen Kapitalismus". Die Stalinisten und Grünen sind wohlgemerkt beide an der von Jospins Sozialistischer Partei geführten Koalitionsregierung beteiligt, die den Sozialstaat zerstört, das Gesundheits-, Bildungs- und Rentensystem privatisiert und große Teile der Wirtschaft dereguliert.

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