Bush-Regierung:

Iran-Contra-Gangster erleben neuen Frühling

Die Bush-Regierung hat am 27. Juli die Demokraten im Senat aufgefordert, die Nominierung zweier Kandidaten für hohe diplomatische Positionen nicht weiter zu blockieren. Ihre Ernennung war wegen ihrer Rolle bei der Verteidigung rechter Diktaturen und Todesschwadronen in Zentralamerika verzögert worden.

Der Vorsitzende des außenpolitischen Senatsausschusses, Joseph Biden (Demokrat/Delaware) ließ darauf über einen Sprecher verlauten, die Anhörung von John Negroponte, der für den Posten des Botschafters bei den Vereinten Nationen nominiert ist, werde schon in der kommenden Woche stattfinden. Für die Anhörung von Otto Reich, nominiert als Staatssekretär, zuständig für die westliche Hemisphäre, wurde noch kein Termin festgesetzt.

Negroponte und Reich waren während der achtziger Jahre aktiv an der Aufstandsbekämpfung in Zentralamerika beteiligt. Dasselbe gilt für einen dritten Kandidaten der Bush-Administration, Elliot Abrams. Er wurde zum Direktor des Büros für Demokratie, Menschenrechte und internationale Operationen beim Nationalen Sicherheitsrat ernannt. Dieser Posten im Weißen Haus muss nicht vom Senat bestätigt werden. Abrams ist vorbestraft, weil er den Kongress über die Iran-Contra Affäre belogen hatte. 1992 war er von Bushs Vater begnadigt worden.

Negroponte war Botschafter in Honduras, als die Contras von honduranischem Boden aus gegen Nicaragua operierten und von der Reagan-Administration illegal unterhalten und bewaffnet wurden. Abrams war zur selben Zeit Staatssekretär, zuständig für die westliche Hemisphäre, und arbeitete eng mit Oliver North zusammen, als dieser die Contras illegal mit Waffen belieferte. Reich leitete das Amt für Öffentliche Diplomatie, eine Abteilung des Außenministeriums, die in den USA und weltweit illegal die Propaganda für die Contras finanzierte.

Der verurteilte Lügner

Die Auswahl von Abrams ist die provokativste Ernennung Bushs seit der Nominierung von John Ashcroft zum Justizminister. Auf zahlreichen Presseforen und Anhörungen von Kongresskomitees in den achtziger Jahren war Abrams als einer der aggressivsten Verteidiger von Reagans Politik der Bewaffnung der faschistischen Contras aufgetreten, die fast zehn Jahre lang terroristische Angriffe auf die nicaraguanische Bevölkerung durchgeführt und schätzungsweise zehntausend Menschen getötet hatten.

Die Kolumnistin der Washington Post, Mary McGrory, erinnert sich: "Kongressabgeordnete haben seine hysterischen Auftritte bei Ausschussanhörungen noch gut im Gedächtnis, bei denen er Todesschwadronen und Diktatoren verteidigte, Massaker leugnete und die Unwahrheit über illegale amerikanische Aktivitäten zur Unterstützung der nicaraguanischen Contras sagte. Abrams rümpfte über seine Kritiker die Nase, warf ihnen Blindheit und Naivität vor oder nannte sie 'Giftschlangen'."

Abrams war nicht einfach die Stimme seines Herrn oder ein Apologet, er war aktiv an illegalen Aktionen beteiligt, die Tausenden das Leben kosteten und zu großen Zerstörungen führten. Er war regelmäßiger Teilnehmer an Sitzungen der CIA, des Nationalen Sicherheitsrats und des Außenministeriums, auf denen über die Bewaffnung der Contras beraten wurde. Als der Kongress zwei Versionen des Boland-Verfassungszusatzes in Folge verabschiedete, die solche Waffenlieferungen verboten, lief die Operation auf Reagans Anweisung gesetzeswidrig weiter; Oberst Oliver North vom Nationalen Sicherheitsrat übernahm die Leitung.

Als oberster Vertreter Reagans für die Lateinamerikapolitik sagte Abrams wiederholt unter Eid vor dem Kongress aus, dass die Regierung den Boland-Zusatz respektiere und nur noch "humanitäre" Hilfe an die Contras liefern werde. Angesichts seiner operativen Rolle wurde Abrams weder von anderen getäuscht, noch log er, um andere zu schützen. Wie Oliver North belog er das Parlament über illegale Aktivitäten, an denen er persönlich direkt beteiligt war. Nachdem er vier Jahre lang gegen die Iran-Contra-Untersuchung gewütet hatte, wurde Abrams schließlich 1991 überführt. Er bekannte sich in zwei Punkten schuldig, den Kongress unter Eid belogen zu haben, um nicht schwerer Verbrechen angeklagt zu werden.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, nannte Abrams einen "hervorragenden Diplomaten", und sagte, der Präsident betrachte seine Probleme mit der Justiz als "eine Sache der Vergangenheit".

Dass Abrams trotz diesem Hintergrund für eine so hohe Position nominiert werden konnte, ist ein Ausdruck des Zynismus der Bush-Regierung und der Republikaner im Kongress. Sie waren bereit, Clinton aus dem Präsidentenamt zu jagen, weil er unter Eid über Monica Lewinsky gelogen hatte, aber ein ganz andere Standard soll für Lügen über einen illegalen Krieg der USA gelten, dem Tausende unschuldige Menschen zum Opfer fielen. Abrams, der mit Todesschwadronen zusammengearbeitet hat, soll jetzt eine hohe Position bekleiden und die Verantwortung für Menschenrechtsfragen tragen!

Der Anti-Castro-Fanatiker

Negroponte und Reich sind ebenso abstoßende Figuren, obwohl sie in der Öffentlichkeit nicht so bekannt sind. Im Unterschied zu Abrams wurden sie wegen der Iran-Contra-Affäre nicht unter Anklage gestellt. Otto Reich, der 1960 im Alter von fünfzehn Jahren Kuba verließ, ist ein Liebling der faschistoiden Anti-Castro-Exilkubaner. Seine Ernennung wurde von zwei kubanisch-amerikanischen Abgeordneten aus Miami und von Senator Jesse Helms betrieben, als dieser noch dem Außenpolitischen Ausschuss des Senats vorsaß.

Der gemeinsame Iran-Contra-Ausschuss des Repräsentantenhauses und des Senats war zum Schluss gelangt, dass Reichs Abteilung des Außenministeriums "verbotene, verdeckte Propaganda" für die Contras betrieben und Ausgabenbeschränkungen für das Außenministerium verletzt habe; aber er wurde im Zuge der allgemeinen Reinwaschung der illegalen Aktivitäten persönlich keines speziellen Vergehens angeklagt. Das Amt wurde abgeschafft und Reich wurde für drei Jahre auf den Botschafterposten in Venezuela fortgelobt, um jede weitere Verwicklung in den Skandal zu verhindern.

In den letzten zehn Jahren hat er als Lobbyist für Anti-Castro-Interessen gewirkt, z.B. für den US-Cuba Business Council und das von der Regierung finanzierte Zentrum für ein freies Kuba. Er war auch Repräsentant für die Schnapsbrennerei Bacardi&Co, deren kubanische Betriebe von der Castro-Regierung nationalisiert worden waren. Bacardi liegt mit Kuba und der französischen Firma Pernod-Ricard in einem jahrelangen Rechtsstreit über das Besitzrecht an dem Handelsnamen Havana Club Rum.

Reichs Ernennung markiert, wie ein Kommentator anmerkte, die "Kubanisierung" der amerikanischen Politik in Lateinamerika, weil alle politischen Aktivitäten in der Hemisphäre unter den Blickwinkel des zwanghaften Hasses auf Castro geraten. Reich ist ein glühender Gegner jeglicher Aufweichung der amerikanischen Handelssanktionen gegen Kuba. Selbst das Baseballspiel der Baltimore Orioles gegen die kubanische Nationalmannschaft verurteilte er und verglich es mit "einem Fußballspiel in Auschwitz".

Während seiner Zeit als Botschafter in Venezuela veranlasste er die Entlassung des kubanisch-amerikanischen Terroristen Orlando Bosch aus einem Gefängnis in Venezuela, in dem er wegen der Planung eines Bombenanschlags auf ein kubanisches Passagierflugzeug saß, bei dem 1976 alle Passagiere umgekommen waren. Präsident Bush gewährte Bosch später eine völlige Amnestie.

Zu Reichs Lobby-Klienten zählten weiterhin die Firma British-American Tobacco und die Lockheed Martin Corporation, die er erfolgreich bei dem Verkauf von F-16 Kampfflugzeugen an Chile unterstützte, womit er der zwanzig Jahre lang praktizierten Politik der USA, keine Hightechwaffen an lateinamerikanische Länder zu verkaufen, ein Ende setzte.

Der kriminelle Karrierist

Die wichtigste der drei Ernennungen ist die von Negroponte als Botschafter bei den Vereinten Nationen. Negroponte verbrachte sein gesamtes Arbeitsleben im Dienste des amerikanischen Imperialismus und nahm dabei an einigen der blutigsten Verbrechen der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg teil. Neun Jahre verbrachte er während des Vietnamkriegs im Dienste des Außenministeriums und fünf Jahre in Zentralamerika.

Ein großer Teil seiner dienstlichen Reisetätigkeit liest sich wie das Dossier eines künftigen Kriegsverbrechertribunals:

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1964-68, politischer Offizier an der amerikanischen Botschaft in Saigon;

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1969-71, Berater Henry Kissingers bei den Friedensgesprächen mit den Vietnamesen in Paris;

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1971-73, beim Nationalen Sicherheitsrat unter Kissinger, verantwortlich für Vietnam;

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1973-75, an die US Botschaft in Ecuador entsandt (angeblich gab er seinen Posten in Kissingers Stab auf, weil er die Übereinkunft von Paris als zu vorteilhaft für die Vietnamesen ablehnte);

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1980-81, stellvertretender Staatssekretär im Außenministerium für die Region Ostasien/Pazifik;

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1981-85, Botschafter in Honduras;

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1987-89, stellvertretender Berater des Präsidenten in Fragen der nationalen Sicherheit, Untergebener von Colin Powell;

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1989-93, Botschafter in Mexiko;

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1993-97, Botschafter auf den Philippinen.

Nach dem Austritt aus dem diplomatischen Corps übernahm er eine gutbezahlte Position als Vizepräsident für die globalen Märkte bei dem großen Verlag McGraw-Hill.

Negropontes Rolle ist am besten während seiner Zeit als Botschafter in Honduras dokumentiert, einem Land, dass von amerikanischen Konzernen beherrscht wird und politisch und militärisch vollkommen von der amerikanischen Regierung abhängig ist. Der amerikanische Botschafter in Tegucigalpa ist de facto ein Prokonsul, der über das Schicksal von Präsidenten und Generälen entscheidet. Auf Negropontes Anweisung gewährte das honduranische Militär den Contra-Terroristen Schutz und Unterstützung. Mit seiner stillschweigenden Erlaubnis, wenn nicht sogar direkten Ermutigung ermordete das honduranische Militär systematisch Flüchtlinge aus dem vom Krieg zerrissenen El Salvador und Gegner im eigenen Land.

Während Negropontes Regentschaft wuchs die amerikanische Militärhilfe für Honduras von vier Millionen Dollar auf 77,4 Millionen Dollar. Um diese Hilfe zu gewährleisten, musste die Botschaft regelmäßig bestätigen, das Honduras den in amerikanischen Gesetzen festgelegten Menschenrechtsanforderungen entsprach. Obwohl Jack Binns, der Vorgänger Negropontes als Botschafter, vor den repressiven Maßnahmen des vom Militär kontrollierten Regimes gewarnt hatte, leugnete Negroponte hartnäckig die Existenz von Todesschwadronen, politischen Gefangenen oder politisch motivierte Morde der honduranischen Armee.

Er arbeitete eng mit General Gustavo Alvarez Martinez, dem Chef der Streitkräfte in Honduras, bei der Entsendung von honduranischen Soldaten an die von den USA kontrollierte "School of the Americas" zusammen, wo sie in psychologischer Kriegsführung, Sabotage und zahlreichen Arten von Menschenrechtsverletzungen ausgebildet wurden, darunter Folter und Entführung. 1983 verlieh die amerikanische Regierung General Alvarez den Orden Legion of Merit.

Eine von der CIA geleitete Todesschwadron

Die amerikanische CIA schuf das berüchtigte Batallion 3-16, dessen Aufgabe es war, in Honduras lebende Gegner des Kriegs der Contras gegen Nicaragua zu ermorden. General Luis Alonso Discua Elvir, ein Absolvent der School of the Americas, war der Gründer und Kommandeur des Batallions 3-16. Einer detaillierten Untersuchung der Baltimore Sun von 1995 zu Folge kidnappte, folterte und ermordete das Batallion 3-16 Hunderte Honduraner. Die Einheit setzte "Schock- und Erstickungsinstrumente bei Verhören ein. Gefangene wurden oft gezwungen, nackt zu bleiben, und wurden, wenn sie nutzlos geworden waren, getötet und in namenlosen Gräbern verscharrt."

Die Reporter der Baltimore Sun fanden heraus, dass allein 1982, dem ersten vollen Jahr Negropontes als Botschafter, 318 Berichte über ungesetzliche Angriffe des Militärs in der honduranischen Presse erschienen waren. Die US-Botschaft gab jedoch einen solch begeisterten Bericht über die Menschenrechtslage im Land ab, dass die Berater Negropontes scherzten, sie erstatteten wohl über Norwegen Bericht und nicht über Honduras. Rick Chidester, ein früherer Gehilfe Negropontes enthüllte gegenüber der Sun, dass seine Vorgesetzten ihn angewiesen hatten, Vorwürfe über Folter und Exekutionen aus dem Entwurf seines Menschenrechtsberichts von 1982 zu entfernen. Als ein honduranischer Abgeordneter sich über die Weigerung der USA beschwerte, die Unterdrückung zu verurteilen, antwortete Negroponte ihm: "Du und andere, was ihr vorschlagt, läuft darauf hinaus, dem Kommunismus das Land zu überlassen."

Bezeichnenderweise wurden mehrere Mitglieder von Batallion 3-16, die schon lange in den USA lebten, nach Negropontes Nominierung plötzlich eilig deportiert. Im Februar widerrief das Außenministerium das Visum von General Discua, dem Gründer von Battallion 3-16, der stellvertretender Botschafter von Honduras bei der UNO gewesen und anschließend in den USA geblieben war. Discua reagierte darauf mit der öffentlichen Bestätigung der Rolle der USA bei seiner Todesschwadronen-Operation.

Ein von der CIA ausgebildeter Folterer, Juan Angel Hernandez Lara, steht in Florida vor Gericht. Ihm droht eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren, weil er nach seiner Deportation wieder illegal in die USA eingereist ist. Nach Verbüßung der Strafe würde er erneut deportiert werden. Der honduranische Exilant hat um politisches Asyl nachgesucht, weil es wegen seiner Rolle als Verhörer bei den US-gesponserten Todesschwadronen für ihn gefährlich sei, nach Honduras zurückzukehren, Verwandte der Opfer könnten Rache nehmen. Der amerikanische Distriktrichter in Florida, Wilkie Ferguson, entschied im Mai, dass Beweise über Hernandez Laras Rolle im Battallion 3-16 nicht zulässig wären.

Trotz der massiven Belege für Negropontes grausige Geschichte genießt seine Nominierung nicht nur bei den Republikanern, sondern auch bei den Demokraten beträchtliche Unterstützung. Clintons letzter UN-Botschafter, Richard Holbrooke, lobte Negroponte; er nannte seine Nominierung "hervorragend.... gut für die UNO, gut für die Außenpolitik und, wie ich glaube, gut für die Vereinigten Staaten." Holbrooke war Negropontes Zimmernachbar in Vietnam und arbeitete mit ihm in Kissingers Nationalem Sicherheitsrat zusammen.

Holbrooke wies darauf hin, dass Negroponte schon mehrmals von demokratisch beherrschten Kongressen bestätigt wurde, so 1989 und 1993, obwohl auch damals wegen seiner Rolle in Vietnam und Zentralamerika Opposition aufgekommen war. "Er ist schon bei liberaleren Kongressen durchgekommen, daher sehe ich nicht, warum er diesmal Probleme haben sollte," sagte der Politiker aus der Clinton-Aministration, und fügte hinzu: "Wir brauchen Profis in dem Job. Wenn Berufsdiplomaten dafür bestraft werden, wenn sie die Anweisungen ihrer Regierung ausführen, dann sind wir alle in Schwierigkeiten."

Die Auswahl dieses Trios antikommunistischer Gangster zeigt das wirkliche Gesicht der amerikanischen "Berufsdiplomaten", besonders in Lateinamerika. Sie ist eine düstere Warnung, dass die Methoden der achtziger Jahre - Todesschwadrone, Subversion, Terrorismus - von der Bush-Regierung wiederbelebt werden, um mit der politischen Instabilität in Kolumbien, Ecuador, Argentinien sowie in der übrigen Welt fertig zu werden.