Zwei Jahrzehnte nach dem Niederbrennen der Bibliothek von Jaffna in Sri Lanka

Als das Taliban-Regime in Afghanistan die Zerstörung der gewaltigen steinernen Buddhastatuen in Bamiyan ankündigte und schließlich auch durchführte, ging zu Recht ein Aufschrei der Empörung durch die Welt. In Sri Lanka war die Reaktion der herrschenden Kreise und des buddhistischen Klerus allerdings mit einer guten Portion Heuchelei durchzogen.

Seit Jahrzehnten vertritt das politische Establishment in Colombo die chauvinistische Ansicht, dass Sri Lanka ein buddhistisches und singhalesisches Land sei, in dem Tamilen und andere Minderheiten erst an zweiter Stelle stehen. Das vorsätzliche Anstacheln von kommunalistischen Stimmungen durch verschiedene Regierungen führte zur Verhängung von diskriminierenden Maßnahmen und Pogromen gegen Tamilen und ab 1983 zum anhaltenden Krieg gegen die separatistische Gruppe der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE).

Als die Taliban die Statuen in Bamiyan zerstörten, überboten sich srilankische Politiker bei der Zurschaustellung ihrer Abscheu. Der buddhistische Klerus protestierte auf der Straße und versprach, Repliken der Statuen in Sri Lanka aufzustellen. Premierminister Ratnasiri Wickramanayake, der für seine chauvinistischen Ansichten und seine Verbindungen zum Klerus bekannt ist, reiste umgehend nach Pakistan, um dort eine mögliche Rettung der Statuen zu erreichen.

Die srilankischen Medien verloren jedoch kein Wort über die Parallelen, die es zwischen dem Kulturvandalismus der Taliban und jenem in Sri Lanka gibt - wobei hier vor allem die Zerstörung der Bibliothek von Jaffna im Jahre 1981 zu nennen wäre. Erst jetzt, zwei Jahrzehnte, nachdem die Bibliothek bis auf die Grundmauern niedergebrannt wurde, wird schließlich doch ein Ersatzgebäude im Stadtzentrum von Jaffna errichtet. Der Bau hat begonnen, und nach Angaben der Planer soll er bis Dezember diesen Jahres fertiggestellt sein.

Keine Rettung gibt es allerdings für die Tausenden tamilischen Bücher, Manuskripte und Ola-Dokumente [auf getrockneten Palmblättern gefertigte Schriften] von unschätzbarem Wert, die 1981 in den Flammen aufgingen. Seit Jahrhunderten war Jaffna, 400 km nördlich von Colombo gelegen, ein wichtiges Zentrum der tamilischen Kultur. Einige Bücher, wie die Geschichte Jaffnas im Yalpanam Vaipavama, waren buchstäblich unersetzlich, da die Bibliothek das einzige Exemplar enthielt.

Die Bibliothek, die 1841 gegründet wurde und 1950 in ein majestätischeres Gebäude umzog, umfasste eine der wertvollsten Sammlungen in ganz Südasien und war weltweit bekannt. Sie genoss ein hohes Ansehen unter singhalesischen und tamilischen Intellektuellen, Lehrenden und Studenten und wurde ebenso ausgiebig von der normalen arbeitenden Bevölkerung genutzt. Ihre Zerstörung, die zwei Jahre vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs stattfand, war ein Verbrechen gegen das kulturelle Erbe der tamilischen Minderheit des Landes, begangen mit dem Vorsatz, die kommunalistischen Stimmungen anzuheizen.

Das Feuer wurde von einer Gruppe rassistischer Schläger gelegt, die von der Regierung der Vereinigten Nationalpartei (UNP) dazu angestiftet worden waren. Augenzeugen berichteten damals, dass die Bande von uniformierten Polizisten begleitet und mit ihrer Hilfe von Süden aus auf die Insel gebracht wurde. In tiefster Nacht kamen sie mit einem LKW am 31. Mai 1981 an und steckten die Bibliotheksgebäude in Brand.

Das Feuer rief den Zorn großer Bevölkerungsteile Jaffnas hervor und war der Beginn eines dreitägigen Chaos. Vier Tamilen wurden von der Polizei zu Hause abgeholt und getötet. Singhalesische Verbrecher steckten auch das Hauptquartier der Vereinigten Tamilischen Befreiungsfront (TULF) in Jaffna in Brand und plünderten etwa hundert Häuser und Läden von Tamilen, bevor sie diese ebenfalls abfackelten.

Das Haus eines Parlamentsabgeordneten der TULF, V. Yogeswaran, wurde zerstört. Die Büroräume und die Druckerei der tamilischsprachigen Zeitung Ealanadu wurden völlig niedergebrannt. Tamilische Statuen mit kultureller und religiöser Bedeutung, die an Straßenkreuzungen standen, wurden von Rowdys demoliert oder enthauptet. Das Wüten fand erst ein Ende, als die Wahlen für den Regionalen Entwicklungsrat (DDC) am 4. Juni 1981 abgeschlossen waren.

Der unmittelbare Vorwand für die Zerstörung der Bibliothek war die Ermordung zweier Polizeiwachtmeister auf einer Wahlversammlung der TULF am 31. Mai in Jaffna. Niemand hat sich jemals zu diesen Morden bekannt; sie geschahen in einem Klima der Provokation und Einschüchterung, das von den Banden geschaffen wurde, die zur Unterstützung der UNP nach Jaffna gesandt worden waren. Die Polizei und Schlägerbanden griffen auf dem besagten Treffen Unterstützer der TULF an und brannten später in der Nacht die Bibliothek nieder.

Ein verbrecherischer Wahlkampf

Es folgten Schikanen und Schlägereien mit dem Zweck, Wähler einzuschüchtern und die systematischen Wahlfälschungen zugunsten der UNP-Kandidaten zu verdecken. Die UNP errichtete das System der Regionalen Entwicklungsräte (DDC) im Jahre 1980, um die Forderungen der Tamilen nach demokratischen Rechten zu beschwichtigen. Während die Führer der TULF die DDC unterstützten, lehnten viele jüngere Tamilen diese Scharade ab. Als die Feindseligkeiten zunahmen, setzte die UNP härtere Methoden ein, um den Ausgang der Wahlen sicher zu stellen.

Während der gesamten Wahlkampfzeit verhängte die Regierung eine Nachrichtensperre über die Verbrechen, die in Jaffna von ihren Schlägern begangen wurden. Am 3. Juni gab die Regierung bekannt, dass die Wahlen stattfinden würden, obwohl in Jaffna der Ausnahmezustand ausgerufen worden war. Premierminister R. Premadasa versuchte die Tamilen zum Sündenbock für die Verbrechen der Regierungsschläger zu machen, als er im Parlament bekannt gab, dass eine Kommission eingesetzt würde, um den Tod der Polizisten und eines UNP-Kandidaten aufzuklären. Es gab indes keine offizielle Untersuchung hinsichtlich der Zerstörung der Bibliothek.

Am selben Tag kamen zwei höhere UNP-Parteifunktionäre - Gamini Dissanayaka, ein enger politischer Verbündeter des Präsidenten J. R. Jayawardena, und Cyril Mathew - in Begleitung weiterer Schläger in Jaffna an, um die Operationen zu leiten. Sie wurden von vielen als Verantwortliche für die Wahlfälschungen angesehen, die so weit gingen, dass in einigen Gegenden mehr Wahlzettel in der Urne lagen, als Wahlberechtigte registriert waren. Ihre Ankunft fiel zusammen mit der Verhaftung des TULF-Führers A. Amirthalingam. Am Wahltag verhaftete die Polizei drei weitere Führer - Navaratnam, Dharmaratnam und Sivasithambaram. Trotz dieser Vorfälle konnte die UNP nur 23.302 Stimmen auf sich vereinigen, während die TULF 263.269 Stimmen erhielt und damit sämtliche Sitze im DDC gewann.

Die UNP-Regierung stützte sich wie ihre Vorgängerin, die Koalition unter Führung der Sri Lanka Freiheitspartei (SLFP), auf das Anheizen des singhalesischen Chauvinismus, um ihre Basis nicht zu verlieren, die aufgrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation und der Marktreformen der Regierung von wachsender Unzufriedenheit ergriffen war. Die Verantwortung dafür, dass eine solche Politik Erfolg haben konnte, lag vor allem beim Verrat der Lanka Sama Samaja Party (LSSP), die 1964 die Perspektive des sozialistischen Internationalismus aufgegeben hatte und der SLFP-Regierung von Sirimo Bandaranaike beigetreten war. Im Jahre 1972 war Colvin R. de Silva, Minister der LSSP in der SLFP-Koalition, dafür verantwortlich, dass der Buddhismus als Staatsreligion und das Singhalesische als einzige Staatssprache in der Verfassung verankert wurden. Als die UNP 1977 infolge der weit verbreiteten Opposition gegen die Politik der Koalition erdrutschartig die Wahlen gewann, schürte sie die kommunalistischen Stimmungen noch weiter.

Cyril Mathew, einer der beiden UNP-Parteiführer, die direkt nach dem Abbrennen der Bibliothek nach Jaffna entsandt wurden, war für seine rassistische Haltung gegenüber Tamilen berüchtigt. Er war der Autor eines Buches mit dem Titel Singhalesen! Erhebt euch zum Schutz des Buddhismus, und eine Reihe seiner Hetzreden aus dem Jahre 1979 wurden in einem Pamphlet mit dem Titel Wer ist der Tiger zusammengefasst, das von Hand zu Hand gereicht wurde.

Andere Schriften hinterlassen einen Eindruck von dem politischen Klima, das von den Politikern in Colombo und den Medien geschaffen wurde. Ein bösartiges Pamphlet mit dem Titel Die teuflische Verschwörung aus dem Jahre 1980 beschuldigte tamilische Lehrer, tamilischen Schülern bessere Noten zu geben, damit sie leichter Zugang zu Universitäten erhielten als singhalesische Schüler. Das Pamphlet stellt fest, dies sei "eine brennende Frage [...], die die Herzen der singhalesischen Schüler, Eltern und Lehrer sprengt". Ein anderes Dokument richtete sich gegen die tamilischen Plantagenarbeiter und warnte: "Wir erkennen, dass die singhalesische Kultur, der Buddhismus und die singhalesischen Inlandsbewohner insgesamt zugrunde gehen werden." Es attackierte auch tamilische Händler und erklärte: "Der Groß- und Einzelhandel [...] liegt nun vollständig in den Händen der gebürtigen Inder."

In dieser Atmosphäre ließ die UNP mit Unterstützung von Teilen des buddhistischen Klerus ihre singhalesischen Schlägerbanden los, damit sie Tamilen, ihre Häuser und Läden angriffen - nicht nur im Norden und Osten des Landes, sondern auch in den Plantagenregionen des Zentrallandes. Das Abbrennen der Bibliothek von Jaffna war ein Wendepunkt im Prozess, der zum Ausbruch des Bürgerkrieges führte.

Die derzeitige Regierung der Volksallianz (PA) kündigte 1998 an, die Bibliothek wieder aufzubauen. Hinter der Entscheidung standen die zunehmenden Forderungen der Großmächte und von Teilen der srilankischen Wirtschaft nach einem Verhandlungsfrieden im Bürgerkrieg. Auf einem Treffen, das zur Frage einer Übergangslösung für die Bibliothek abgehalten wurde, erklärte der damalige Medienminister der PA-Regierung Mangala Samaraweera: "Die derzeitige Regierung betrachtet die Zerstörung der Bibliothek durch chauvinistische Kräfte und eine falsche Politik als eine schlimme Tat."

Doch weder damals noch heute bemühte sich die PA-Regierung, die "chauvinistischen Kräfte" oder den Charakter der "falschen Politik" näher zu bezeichnen. Denn dies würde zu viele Fragen über die Rolle der SLFP und der anderen Verbündeten in der Volksallianz aufwerfen hinsichtlich ihrer Verantwortung für die chauvinistische Politik, die den Hintergrund für das Abbrennen der Bibliothek von Jaffna und für andere Verbrechen gegen die tamilische Minderheit bildete und schließlich zum Ausbruch des Bürgerkrieges führte.

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