Verflechtungen zwischen Unternehmen und Universität

Die Bush-Harvard-Enron-Connection

Neuere Informationen unterstreichen, wie tief sowohl die Bush-Administration als auch das akademische Establishment in die jüngsten Korruptionsskandale der amerikanischen Wirtschaft verstrickt sind.

HarvardWatch - ein Zusammenschluss von Studenten und Absolventen, der die effektive Leitung der Universität Harvard überwacht - hat dazu eine Reihe von Berichten veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass die Elite-Universität der Ölfirma Harken half, ihre Bilanzen nach Enron-Manier so zu frisieren, dass die Schulden versteckt und die Erträge überbewertet wurden. George W. Bush war zu dieser Zeit Geschäftsführer von Harken. Außerdem dokumentiert HarvardWatch die engen Verbindungen zwischen Harvard, Enron und führenden Mitgliedern der Regierungen Bush und Clinton.

Harvard und Harken

Die Verbindung zwischen Harvard und Harken kam 1986 zustande, kurz nachdem George W. Bush Mitglied der Geschäftsleitung geworden war. Bush kam zu Harken, nachdem Harken seine eigene kleine Ölfirma, Spectrum 7, zu einem überhöhten Preis aufgekauft hatte. Ohne Bushs familiären Hintergrund wäre das Geschäft wohl nie zustande gekommen, denn Spectrum stand kurz vor der Pleite. Doch George W. Bushs Vater war damals Vizepräsident, und der Junior hatte wertvolle Beziehungen.

Dazu zählte auch die Harvard-Universität, wo Bush ein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen hatte. Einige Monate, nachdem Harken Spectrum 7 erworben hatte, steckte Harvard gemeinsam mit dem Milliardär George Soros eine Menge Geld in das Unternehmen, das damals mit der Abzahlung seiner Schulden bei seinen wichtigsten Kreditgebern, der Bank of Boston und der First City Bankcorp, in Verzug geraten war. Die First City Bankcorp erklärte sich schließlich zu einer Umschuldung bereit. Diese Entscheidung war, wie aus einem Artikel des Wall Street Journal vom 9. Oktober hervorgeht, in erster Linie dem finanziellen Engagement der Harvard Management Corporation (HMC) zu verdanken. Die HMC kontrolliert das Vermögen der Universität in Höhe von etwa 20 Milliarden Dollar.

Kurz darauf erwarb Harvard ein Drittel der Harken-Aktien. Von 1987 bis 2000 war die Universität mit eigenen Vertretern im Vorstand des Unternehmens vertreten. Sie waren an geschäftlichen Entscheidungen und an der Ausgestaltung des Entgeltsystems beteiligt. Außerdem investierten die Universitäts-Angehörigen auch erhebliche Summen ihres Privatvermögens in das Unternehmen, jeder Einzelne besaß 10.000 Harken-Aktien.

Die großen Investitionen Harvards bei Harken lassen sich nur durch die Person George W. Bushs erklären, der bis zu seiner Amtsübernahme als Gouverneur von Texas im Jahr 1993 bei Harken blieb. Das Unternehmen warf niemals Gewinn ab, hoffte aber immer, seine Finanzlage mit Hilfe der Beziehungen Bushs verbessern zu können. In den nächsten fünf Jahren musste HMC Harken immer wieder finanziell beispringen, um schwere Krisen abzuwenden. An der Spitze von HMC stand in dieser Zeit Robert Stone, ein Mann aus dem Ölgeschäft, der seit langem die Republikanische Partei und Bushs Vater unterstützte.

In dem Bericht der HarvardWatch heißt es: "Harvard und ein weiterer Großaktionär stellten Harken im Mai 1990 einen Kredit in Höhe von 46 Millionen Dollar zu Verfügung, um eine schwere Liquiditätskrise abzuwenden." Welcher Anteil dieses Kredits auf Harvard entfiel, ist nicht ersichtlich.

Im Dezember 1990 gründeten Harvard und Harken ein Gemeinschaftsunternehmen, die Harken Anadarko Partnership (HAP). Auf diese Weise wurde die gespannte Finanzlage des Unternehmens vor der Öffentlichkeit verborgen. Das neue Unternehmen verfügte über Immobilien im Wert von 64,5 Millionen Dollar, die von Harvard gestellt wurden, und Ölbohranlagen im Wert von 26,1 Millionen Dollar, die Harken beisteuerte. Letztere waren mit 20 Millionen Dollar Schulden und anderen Verpflichtungen belastet, so dass Harken netto nur 6 Millionen Dollar in das neue Unternehmen einbrachte. Weil diese Beteiligung weniger als 20 Prozent des Gesamtwerts von HAP ausmachte, musste Harken sie in seinen Bilanzen nicht ausweisen.

Das Ganze lief also darauf hinaus, dass Harvard einen Großteil der Schulden von Harken übernahm. Der Bericht zitiert aus dem Protokoll einer Vorstandssitzung von Harken, in der Bush persönlich den Antrag stellte, die Partnerschaft mit Harvard einzugehen.

Der Deal ähnelt in vieler Hinsicht den Buchhaltungsverfahren, die bei Enron entwickelt wurden. Der Grundgedanke besteht darin, die Verbindlichkeiten aus der Bilanz herauszunehmen, um die rechnerische Ertragssumme zu erhöhen und somit die Aktienkurse in die Höhe zu treiben. Speziell zu diesem Zweck gegründete Gemeinschaftsunternehmen waren ein wichtiger Bestandteil der Bilanzierungstricks, die amerikanische Unternehmen während des Börsenbooms der 1990-er Jahre weithin anwendeten.

Sprecher der Regierung Bush und der Harvard-Universität behaupten, dass HAP im Gegensatz zu den von Enron betriebenen Gemeinschaftsunternehmen keine illegalen Handlungen begangen habe. Letztere waren keine wirklichen Gemeinschaftsunternehmen, da sie ohne jede finanzielle Beteiligung anderer Firmen von Insidern des Unternehmens selbst geleitet wurden. Es war daher gesetzeswidrig, Verbindlichkeiten des Mutterkonzerns auf sie zu überschreiben.

Die Konzeption der HAP unterscheidet sich davon allerdings kaum. Harvard und seine Vertreter hatten erhebliche Summen in Harken investiert und zogen daher Vorteil daraus, wenn Investoren über den wahren Wert des Unternehmens getäuscht wurden. Darin bestand Sinn und Zweck der HAP.

Während der Kurs der Harken-Aktie Ende des Jahres 1990 auf einen Tiefstand von 1,25 Dollar gesunken war, stieg er im Anschluss an die Gründung der HAP zwei Jahre lang steil an. Die verbesserten Bilanzzahlen, so HarvardWatch, "sorgten dafür, dass der Kurs der Harken-Aktie vorübergehend den steilen Niedergang unterbrach und im Jahr 1991 einen historischen Höchststand erreichte, was zeigt, dass das Anadarko-Gemeinschaftsprojekt die Investoren über die Ertragsaussichten des Unternehmens täuschte. Mit seinem Insider-Wissen über den Ertrag der HAP und über Harkens langfristige Überlebenschancen nutzte Harvard diesen Höhenflug, um 1,6 Millionen Harken-Anteile abzustoßen."

Bush hat persönlich nicht von dem HAP-Deal profitiert, da er seine Harken-Aktien bereits weitgehend verkauft hatte, um Anteile an den Texas Rangers zu erwerben - ein Geschäft, das ihm schließlich mehr als 15 Millionen Dollar einbrachte. Bush war bei Harken ausgestiegen, kurz nachdem Harken eine andere unsaubere Finanztransaktion vollzogen hatte (siehe Bush wird von seinen alten Geschäften eingeholt, 11. Juli 2002 / http://www.wsws.org/de/2002/jul2002/bush-j11.shtml).

Bisher ist nicht bekannt, wer die ehemaligen Anteile Bushs an Harken erworben hat. Ihr Gesamtvolumen entsprach etwa dem Zwanzigfachen des Tagesumsatzes von Harken. Wenn diese Aktien auf den Markt gekommen wären, dann hätte dieses plötzliche große Angebot ihren Kurs deutlich gedrückt. Bush muss einen großen Investor gekannt haben, der seine Anteile gleich en bloc übernahm.

Zwar wurde die Identität des Käufers bislang nicht preisgegeben, doch vieles deutet darauf hin, dass es niemand anderes war als die Harvard-Universität. Charles Lewis vom Center for Public Integrity, einer Verbraucherschutzorganisation, schreibt in "The Buying of the President 2000": "Aus den verfügbaren Informationen ergibt sich, dass Harvard der Investor war. Die Universität hat etwa um diese Zeit ihre Anteile an Harken erhöht. Neue institutionelle Anleger traten nicht auf."

Lewis schreibt, dass Bushs Broker unten auf dem Formular, auf dem er seine Anrufe bei Bush festhielt, den Namen Michael Eisenson und die Telefonnummer der Harvard Management Corporation notiert hatte. Eisenson war der Harvard-Vertreter im Harken-Vorstand.

Harvard, Enron, Bush und Clinton

Der HAP-Deal scheint ein klassisches Beispiel dafür zu sein, wie Insider von Unternehmen - darunter der heutige Präsident der USA und die reichste Universität des Landes - sich mit Hilfe grauer Geschäfte bereichern und Kleinanleger schröpfen. Im Zusammenhang mit den Verbindungen zwischen Bush und Harvard muss man auch auf Harvards Beziehungen zu Enron eingehen, denn von diesem Unternehmen führen ja zahlreiche Fäden zur Bush-Regierung. Sein ehemaliger Vorsitzender und Geschäftsführer, Kenneth Lay, war Bushs größter Geldgeber.

Die recht umfangreichen Beziehungen zwischen Harvard und Enron werden im Einzelnen in einem Bericht dargestellt, der auf der Website von HarvardWatch zugänglich ist (www.harvardwatch.org). Er trägt den Titel: "Der Handel mit der Wahrheit: Ein Bericht über die Verwicklungen von Harvard bei Enron". Diese Beziehungen wiederum verbinden Harvard mit Mitgliedern der Regierungen Clinton und Bush, die beide dazu beigetragen haben, dass die Korruption in Unternehmen ungehindert um sich greifen konnte.

All diese Beziehungen hängen mit den Bestrebungen zur Deregulierung der Energiemärkte in den 1990-er Jahren zusammen. Diese Deregulierung schuf die Voraussetzungen für das Treiben von Enron, das hauptsächlich im Kauf und Verkauf von Lizenzen für die Energielieferung bestand. Die Deregulierung der Energiemärkte war auch eine der wichtigsten Ursachen für die Energiekrise, die im Jahr 2000 in Kalifornien ausbrach. Riesige Energiekonzerne, unter ihnen auch Enron, machten damals enorme Profite, indem sie die Märkte manipulierten und die Preise in die Höhe trieben.

Die Harvard-Universität lieferte einen großen Teil der Wirtschaftstheorien, mit denen der Deregulierungsprozess gerechtfertigt wurde. Insbesondere die Projektgruppe Harvard Electricity Policy Group (HEPG), die Enron zu ihren wichtigsten Sponsoren zählte, hat 1.000 Berichte veröffentlicht, in denen zur Deregulierung geraten wurde. William Hogan, der Forschungsdirektor der HEPG, riet den für die öffentliche Versorgung zuständigen Behörden in Kalifornien ausdrücklich zur Einführung des "Enron-Modells". Selbst nach der Krise von 2000 widersetzte sich die HEPG weiterhin jeder Regulierung und lehnte beispielsweise Obergrenzen für die astronomischen Energiepreise ab.

Während des gesamten Spekulationsbooms der späten 1990-er Jahre machten sich die HEPG und die Harvard Business School (HBS) für die Art von wirtschaftlicher Tätigkeit stark, auf die Enron spezialisiert war - Finanzmanipulationen und Spekulation mit Derivaten. Während dieser gesamten Zeit wurde Enron als vorbildliches Unternehmen gerühmt, und die Harvard Business School führte den Chor der akademischen Einrichtungen, die Enron mit Lobgesängen bedachten. Einige seiner Geschäftsberichte wurden von Business Schools im ganzen Land zur Pflichtlektüre erhoben.

Der massive Betrug des Konzerns an der amerikanischen Bevölkerung wäre ohne die entscheidende Hilfe der akademischen Welt nicht möglich gewesen. Im Falle Harvards hatten diejenigen, die den Betrug förderten, gleichzeitig ein privates Interesse an seinem Erfolg. Viele Mitglieder des Verwaltungsrats der Universität haben enge Beziehungen zu Enron.

Herbert "Pug" Winokur ist Mitglied der Harvard Corporation, des siebenköpfigen Leitungsgremiums der Universität, und war früher Chef der Harvard Management Corporation. Außerdem sitzt er seit geraumer Zeit im Vorstand von Enron. Als Vorsitzender des Finanzausschusses von Enron musste Winokur sämtliche Finanzbetrügereien absegnen, die Jeffrey Skilling, Absolvent der Harvard Business School, als damaliger Geschäftsführer ausgeklügelt hatte.

Der größte private Enron-Aktionär war, zumindest bis zum Zusammenbruch des Unternehmens, ein gewisser Robert Belfer, der ebenfalls dem Enron-Vorstand angehört. Belfer ist ein wichtiger finanzieller Förderer der Harvard-Universität. Er hat ihr so viel Geld gegeben, dass sie sogar eines ihrer Gebäude nach ihm benannt hat - das Belfer Center for International and Strategic Affairs. Neun Jahre lang gehörte er dem Ausschuss an, der für die Mittel der Universität verantwortlich ist.

Ein weiterer Harvard-Absolvent, Jonathon Jacobson, leitet Highfields Capital, eine Privatfirma, die geschätzte 2 Milliarden Dollar der Harvard-Stiftung verwaltet. Highfields wurde einst mit 500 Millionen Dollar, die von Harvard stammten, gegründet.

Im Jahr 2001, kurz bevor die Schwierigkeiten von Enron an die Öffentlichkeit drangen, verkaufte Highfields seine Enron-Anteile auf dem Höhepunkt von deren Kurswert. Dieses Manöver bescherte Highfields und Harvard einen Gewinn in Höhe von 50 Millionen Dollar. Natürlich wurden daraufhin Verdächtigungen laut, dass Jacobson und Harvard von Insider-Informationen profitierten, die ihnen Winokur, Belfer oder ein anderes Mitglied der Enron-Connection geliefert hatten.

Zwei heutige Angehörige der Regierung Bush - Lawrence Lindsey als Chef-Wirtschaftsberater und Robert Zeollick als Handelsbeauftragter der USA - sind ebenfalls an der Verbindung Enron-Harvard beteiligt. Lindsey promovierte in Harvard und war früher Professor an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Er war auch einmal Mitglied im Beirat von Enron und Berater für die Citigroup - die Bank, bei der Enron die meisten Schulden hat. Auch Zoellick erwarb in Harvard einen akademischen Titel und leitete eine Zeit lang das Belfer-Center an der Universität. Auch er war im Beirat von Enron.

Die Verbindungen reichen bis in die Zeit der Clinton-Regierung zurück. Clintons Finanzminister, Robert Rubin, hatte zuvor dem Vorstand der Harvard Management Company angehört. Während seiner Amtszeit unter Clinton wurden Gesetze verabschiedet, die Enron begünstigten. Nach seinem Austritt aus der Regierung übernahm Rubin eine leitende Funktion bei der Citigroup.

John Holdren ist Leiter des Umwelt-Forschungsprogramms in Harvard (ENRP), das weitgehend von Belfer finanziert wird. Holdren wurde von Clinton berufen, um ein Beratergremium zu Fragen von Wissenschaft und Technologie zu leiten. Dieser "Council of Advisors on Science and Technology" brachte im Juni 2001 einen Bericht heraus, in dem die "Privatisierung, Deregulierung und Neuordnung der Energiebranche" gefordert wurde, um "Privatkapital im Energiesektor zu fördern".

Und schließlich haben wir noch Lawrence Summers, der Rubin im Jahr 1999 als Finanzminister ablöste. Kenneth Lay gratulierte ihm damals überschwänglich und versprach ihm: "Ich werde die Deregulierung im Bereich Energie und die Fragen der Infrastruktur auf dem Energiemarkt genau beobachten." Als Bush die Präsidentschaft übernahm, verließ Summers die Regierung und wurde Präsident der Harvard-Universität.

Siehe auch:
George W. Bush und der Enron-Skandal
(22. Januar 2002)
Enron und die Bush-Regierung: Brüder im Geiste bei Betrug und kriminellen Machenschaften
( 31. Januar 2002)
Der Enron-Kollaps und die Krise des Profitsystems
( 5. Februar 2002)
Das Weiße Haus blockiert Untersuchungen über seine Beziehungen zu Enron
( 8. Februar 2002)
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