Imperialismus und Irak: Lehren aus der Vergangenheit

Wenn man die heutigen Ereignisse im Irak betrachtet, so fallen Parallelen zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Auge.

Etwa die gleichen imperialistischen Mächte wie heute zeigten damals ihr Interesse an der Region, doch die dominante imperialistische Macht war zu jener Zeit Großbritannien, nicht die Vereinigten Staaten. Britische Truppen fielen 1914 in Mesopotamien, wie der Irak damals hieß, ein und versprachen Freiheit - von den Türken. Aber dieses Freiheitsversprechen war nur gedacht, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Hinter der Rhetorik standen wie immer materielle Interessen, und in dieser Region war dies vor allem das Öl. Ganz wie heute die Vereinigten Staaten, leugneten die Briten damals vehement ein solches Motiv.

Der militärische Vorteil, den die Briten genossen, war ähnlich groß wie die heutige Überlegenheit der Vereinigten Staaten. Und nachdem ein Krieg geführt worden war, um "die Araber von der türkischen Herrschaft zu befreien", folgte darauf keine Freiheit sondern die britische Besetzung des Landes.

Auch damals wurde die Besetzung des Landes von schrecklichen Luftangriffen begleitet. Und auch damals gab es eine Reihe von schmutzigen Deals zwischen den imperialistischen Mächten - den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und Italien - über die Verteilung der Kriegsbeute. Die Briten versuchten, ihren so genannten Alliierten ein Schnippchen zu schlagen, und der Völkerbund (der Vorläufer der Vereinten Nationen) billigte die Zerstückelung des Landes auf schamlose Weise.

Noch wichtiger ist, dass die Briten zur Verteidigung ihrer Ölinteressen faktisch die Macht im Irak ausübten - bis 1932 unter dem Mandat des Völkerbundes und später als die wahre Macht hinter dem Königsthron. Die irakische Bevölkerung trug dabei die finanzielle Last des Krieges, der britischen Besatzung und Herrschaft.

Die britische Herrschaft endete schließlich 1958, als massive Demonstrationen auf den Straßen außer Kontrolle zu geraten drohten. Die Armee schritt ein, stürzte die Monarchie, übernahm die Macht und die Kontrolle über das irakische Öl.

Es ist sehr lehrreich, diese Periode und die Rolle der imperialistischen Länder bei der Herausbildung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen im Irak zu studieren. Nachdem sich alle Mächte bemüht hatten, die Ölressourcen des Nahen und Mittleren Ostens zu kontrollieren, gelang es den Briten schließlich nach dem Tod von Millionen Arbeitern im Ersten Weltkrieg und zahllosen Täuschungsmanövern, ihre Vorherrschaft zu etablieren.

Eine solche historische Analyse bestätigt, dass die amerikanische Besetzung des Iraks nach dem jüngsten Golfkrieg alles andere als eine Befreiung oder ein Fortschritt für das Land bedeutet. Sie kennzeichnet vielmehr die Rückkehr zur direkten Herrschaft und Kontrolle über die Ölressourcen durch den Imperialismus - diesmal durch die Vereinigten Staaten mit Großbritannien als Juniorpartner.

Imperialistische Interessen in Mesopotamien vor dem Ersten Weltkrieg

Die erste imperialistische Macht, die sich im Nahen Osten festsetzte, war Großbritannien. Die erste Verbindung mit der Region erwuchs aus dem britischen Interesse, die Route nach Indien und damit seinen Handel mit dem indischen Subkontinent zu beschützen. Zu diesem Zweck führte die britische Marine wiederholte Angriffe auf die arabische Küste durch und richtete in den 1840-er Jahren koloniale Besitzungen am Persischen Golf und in Aden ein. Die britische Beherrschung der Küste öffnete das Hinterland für den westlichen Imperialismus.

Die drei Provinzen Basra, Bagdad und Mosul, die den heutigen Irak bilden, trugen damals den Namen Mesopotamien. Mesopotamien stellte über mehrere Jahrhunderte hinweg den östlichsten Teil des Osmanischen Reiches dar. Es war eine kaum entwickelte, ländliche Region mit einer Bevölkerung, die teils als Halbnomaden lebte. Am Ende des neunzehnten Jahrhunderts, als der Suezkanal eröffnet wurde und die Briten die Flussschifffahrt entwickelten, wurde Mesopotamien immer mehr in die kapitalistische Wirtschaftsweise integriert. Die Region Basra gewann an Bedeutung durch ihren Export von Getreide und Baumwolle nach Manchester und Bombay.

Gleichzeitig wuchs das Interesse an den Ölressourcen der Region. Obwohl seit Tausenden Jahren bekannt war, dass in bestimmten Gebieten Mesopotamiens und Persiens, wie der Iran damals hieß, Ölquellen und -seen zu finden waren, fand das Öl vor Beginn der Industrialisierung nur auf primitive Weise in der Region Verwendung.

Das europäische Interesse an der Ausbeutung des mesopotamischen und persischen Öls erwachte im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts, als das Kapital in die Region eindrang. An Konstantinopel wurden zahlreiche Anträge zur Ausbeutung von Ölquellen gestellt, die oft als archäologische Ausgrabungen getarnt waren. Die Anglo-Persian Oil Company fand im Jahre 1908 das erste kommerziell verwertbare Öl in Südpersien.

Während der britische und indische Handel mit etwa 75 Prozent des gesamten Handelsaufkommen die Region klar beherrschte, drang auch deutsches Kapital in Mesopotamien ein - besonders nachdem Deutschland 1903 die Konzession für den Bau der Bagdadbahn, einer Eisenbahnstrecke von Konstantinopel nach Bagdad, erhalten hatte. Es war beabsichtigt, die Strecke bis nach Basra und Kuwait zu verlängern, und diese direkte Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Persischen Golf hätte eine strategische Bedrohung der britischen Position in Indien dargestellt.

Die Eisenbahn gewann nach der Entdeckung von kommerziell verwertbarem Öl in Persien an Bedeutung, da mit der Konzession zum Streckenbau die exklusiven Rechte an allen Mineralien in 20 Kilometern Entfernung von den Schienen vergeben worden waren.

Im Jahre 1904 stieg die Britische Königliche Marine von Kohle auf Öl um, wodurch der Transport sowohl schneller als auch billiger wurde. Gleichzeitig begann die Regierung nach Ölvorräten zu suchen, die näher lagen als der Golf von Mexiko und langfristig zu nutzen waren. Die Berater der britischen Regierung waren der Ansicht, dass die Exporte der wichtigsten Ölproduzenten sinken und die Großen im Ölgeschäft in die Lage versetzen würden, der Königlichen Marine - einer der wesentlichen Stützen des Empires - die Bedingungen zu diktieren. Über die kommenden zwanzig Jahre hinweg konzentrierte sich die Regierung zunehmend darauf, sowohl die Quellen als auch die Lieferanten des britischen Öls unter ihre Kontrolle zu bringen. Britische Staatsbürger, die sich um Ölkonzessionen in Mesopotamien bemühten, genossen daher die volle diplomatische Unterstützung der Regierung.

Im Jahre 1911 erhielt ein englisch-deutsch-holländisches Konsortium (bestehend aus der Royal Dutch Shell, dem Unternehmer C.S. Gulbenkian, der britischen National Bank of Turkey und der Deutschen Bank) von der Türkei die exklusive Konzession, sämtliches Öl innerhalb der Grenzen des Osmanischen Reiches auszubeuten. 1913 fusionierte die so entstandene Turkish Petroleum Company (TPC) mit der Anglo-Persian Oil Company (APOC), wobei die Anteile zwischen Gulbenkian und den britischen, deutschen und holländischen Eignern aufgeteilt wurden. Nach langen Verhandlungen erwarb die britische Regierung im August 1914 für 2,2 Millionen Pfund eine Aktienmehrheit an der Anglo-Persian Oil Company (dem Vorläufer der BP, des heute größten britischen Unternehmens) und damit die Ölrechte in Mesopotamien, was ihr Interesse an der Region weiter verstärkte.

Zur gleichen Zeit versuchten zahlreiche andere internationale Gruppen in der Gegend von Bagdad und Mosul Ölkonzessionen zu erhalten. Diese wirtschaftlichen Spannungen beschleunigten den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der auch und gerade um die Aufteilung der östlichen Gebiete des Osmanischen Reiches geführt wurde. Aus britischer Sicht führte die Tatsache, dass die neuen Quellen des für Großbritannien so lebenswichtigen Rohstoffs Öl außerhalb der Grenzen des Empires lagen, zu dem unvermeidlichen Schluss, das die Grenzen des Empires ausgedehnt werden mussten.

Großbritannien übernimmt im Ersten Weltkrieg die Kontrolle über Mesopotamien

Während dem größten Teil des neunzehnten Jahrhunderts gründete sich die "Ostpolitik" des britischen Imperialismus darauf, das bankrotte Osmanische Reich als Bollwerk gegen den Expansionismus des russischen Zarenreichs zu stützen. Aber als der Erste Weltkrieg ausbrach und sich die Türkei im Krieg an die Seite Deutschlands und Österreichs stellte, erfuhr die britische Politik einen umfassenden Wandel.

Aus Angst, dass die Türkei auf deutschen Befehl hin den Ölhandel und die Lieferungen behindern könnte, sandten die britischen Machthaber in Indien ein Expeditionskorps nach Basra. Dieses sollte die Türkei daran hindern, die britischen Interessen am Golf und besonders in Südpersien zu durchkreuzen. Dieser Schritt verwandelte den Mittleren Osten in einen Kriegsschauplatz. Das Auseinanderbrechen des Osmanischen Reiches wurde ausdrücklich zum Ziel der britischen Politik erklärt, und die arabischen Teile des Reiches sollten unter britische Kontrolle gebracht werden.

Nach einer Reihe von schändlichen Niederlagen wurde deutlich, dass die Eroberung der türkischen Gebiete kein Spaziergang sein würde. Großbritannien begann daraufhin zynische, betrügerische und sich gegenseitig ausschließende Abkommen zu schließen, die eine Niederlage der Türkei herbeiführen und die eigenen Handels- und Landansprüche in der Region fördern sollten.

Zum einen kalkulierte Großbritannien, dass ein arabischer Aufstand von unschätzbarem Wert wäre, um die Türken im Süden anzugreifen und zu schlagen und von Osten her einen Weg nach Europa zu öffnen. So sollte auch die Pattsituation aufgebrochen werden, die in den Schützengräben von Flandern eingetreten war.

Erster britischer Kontakt waren die Haschemiten, eine Wüstendynastie in Hejaz im heutigen Saudi Arabien, die die heiligen Stätten des Islam, Mekka und Medina, kontrollierte und die Osmanische Herrschaft durch ihre eigne ersetzen wollte. Großbritannien erwartete, dass eine solche Allianz helfen würde, die Loyalität der indisch-muslimischen Wehrpflichtigen im mesopotamischen Expeditionskorps sicherzustellen, die als Kanonenfutter im Krieg gegen Deutschland eingesetzt wurden.

Nach den katastrophalen Niederlagen bei Gallipoli akzeptierten die Briten die Bedingungen, die im Damakus-Protokoll festgelegt wurden: Britische Unterstützung für die Araber beim Sturz der türkischen Herrschaft im Gegenzug für arabische Unabhängigkeit in den Gebieten des heutigen Syrien, Libanon, Israel/Palästina, Jordanien, Irak und Saudi Arabien. Im Jahre 1915 trafen die Briten ein Abkommen mit dem Haschemiten Scharif Hussein von Mekka und versprachen ihm Unabhängigkeit als Gegenleistung für seine Unterstützung gegen die Türken.

Zum andern waren die Briten, als sie die Araber zur Förderung der eigenen Interessen nutzten, mit rivalisierenden Forderung ihrer Kriegsalliierten Frankreich und Russland konfrontiert, die bei der Aufteilung des Osmanischen Reiches ebenfalls einen Anteil beanspruchten - und sahen sich gezwungen, auch mit ihnen eine Abmachung zu schließen.

Im Mai 1916 unterzeichnete Großbritannien das Tripartite-Abkommen, besser bekannt als Sykes-Picot-Abkommen. Laut diesem sollte Russland Istanbul, den Bosporus und Armenien erhalten, Frankreich sollte das heutige Syrien und den Libanon bekommen, und für Großbritannien blieben Bagdad, Basra und Transjordanien (das heutige Jordanien).

Großbritannien hatte bei den Verhandlungen offensichtlich nicht gut aufgepasst und die potenziell ölreiche Region Mosul Frankreich zugeschlagen. Jedenfalls verbrachten die Briten die folgende Periode damit, Mosul wieder in ihre Einflusssphäre zu bringen. Palästina sollte von Syrien abgetrennt und unter internationale Verwaltung gestellt werden, bis eine Konferenz am Ende des Krieges über das weitere Schicksal dieses Landstrichs entscheiden würde. Allein im rückständigsten und ärmsten Teil der Region, auf der arabischen Halbinsel, sollte den Arabern Unabhängigkeit gewährt werden.

Man muss wohl kaum erwähnen, dass der Bevölkerung, deren Zukunft von dieser Entscheidung betroffen war, kein Mitspracherecht eingeräumt und die Vereinbarungen des Vertrags geheim gehalten wurden. Nach der Russischen Revolution, als die Bolschwiki die Geheimverträge veröffentlichten, um die imperialistischen Verschwörungen gegen die unterdrückte Bevölkerung der Region offen zu legen, verlangte Scharif Hussein eine Erklärung. Aber bis zum Ende des Krieges versprachen die Briten und Franzosen den Arabern die volle Unabhängigkeit.

"Das Ziel, das Frankreich und Großbritannien verfolgen, wenn sie den von Deutschland entfachten Krieg im Osten führen, ist die vollständige und endgültige Befreiung der Völker, die so lange von den Türken unterdrückt wurden, und die Errichtung von nationalen Regierungen und Staaten, deren Autorität auf der Initiative und der freien Wahl der einheimischen Bevölkerung beruht", stellte die englisch-französische Erklärung vom 7. November 1918 fest. "Frankreich und Großbritannien haben sich darauf verständigt, die Errichtung von einheimischen Regierungen und Staaten zu unterstützen und zu ermöglichen [...] in jenen Territorien, deren Befreiung sie erreichen wollen."

Schließlich versuchten die Briten im November 1917 Frankreich ein Schnippchen zu schlagen und die eigenen Interessen in der Region zu sichern, indem sie Palästina behielten. Im Zuge dessen gingen sie eine weitere politische Verpflichtung ein, als sie ihre Herrschaft über das Land mit dem zynischen Vorwand rechtfertigten, dies geschehe aus humanitären Erwägungen und Mitgefühl mit den Juden. Großbritannien gab die absichtlich vage formulierte Balfour-Erklärung heraus, die "der Errichtung einer jüdischen Heimstatt in Palästina mit Sympathie gegenübersteht".

Mit der Hilfe der Araber waren die Briten in der Lage, das Kriegsglück zu wenden. Sie nahmen im März 1917 Bagdad und später Jerusalem und Damaskus ein. Die arabische Revolte gegen die Türken, die von Faisal, dem Sohn von Scharif Hussein von Hejaz, angeführt wurde, war für die Briten von strategischer Bedeutung. Sie band etwa 30.000 türkische Soldaten an der Eisenbahnstrecke von Amman nach Medina und verhinderte, dass sich die türkisch-deutschen Kräfte in Syrien mit der türkischen Garnison in Jemen vereinen konnten.

In gewohnter Perfidie ignorierten die britischen Streitkräfte in Mesopotamien den mit der Türkei am 30. Oktober 1918 in Mudros unterzeichneten Waffenstillstand und marschierten weiter nach Norden, wo sie einige Tage später die überwiegend von Kurden bewohnte Provinz Mosul einnahmen. Dies geschah, weil es wenig Sinn machte, die zentralen und südlichen Provinzen Mesopotamiens zu behalten, wenn die ölreiche nördliche Provinz nicht dazugehörte. Mosul war auch von Bedeutung als Station auf dem Weg zu den von Russland kontrollierten ölreichen Ländern des Kaukasus und des Kaspischen Beckens. Großbritannien eignete sich dann den deutschen Anteil von 25 Prozent an der Turkish Petroleum Company an, die sich mit der Erkundung und Nutzbarmachung der Ölfelder beschäftigte.

Ende des Jahres 1918 hatten die britischen Truppen aus Kairo somit Palästina und Syrien erobert und geholfen, die Türken aus Hejaz zu vertreiben. Britische Streitkräfte aus Indien hatten Mesopotamien erobert und Persien und Ibn Saud von Nejd auf der arabischen Halbinsel in die britische Einflusssphäre gebracht. Diese Truppen drangen durch Persien nach Norden vor, um den Kaukasus gegen die Türken zu halten. Eine weitere Truppe zog nach Norden und bekämpfte die Rote Armee zur Unterstützung der konterrevolutionären "weißen" Kräfte, um eine "Unabhängigkeit" der ölreichen Staaten Aserbaidschan, Armenien, Georgien und Dagestan zu erreichen. Sie wurde 1920 zum Rückzug gezwungen.

Die Freiheitsversprechen erweisen sich als Betrug

Während die Siegermächte des Ersten Weltkriegs Schlange standen, um die ehemaligen Provinzen des Osmanischen Reiches und die deutschen Kolonien in Afrika und im Fernen Osten zu übernehmen, war Großbritannien entschlossen, seine Eroberungen im Mittleren Osten zu behalten, um die Handelsroute nach Indien und das Öl der Region zu sichern. Der britische Blick richtete sich vor allem auf Palästina und die drei mesopotamischen Provinzen, die den neuen Namen Irak erhielten. Kuwait sollte vom Irak aus regiert werden, während gleichzeitig die britische Einflusssphäre über Persien und die südliche und westliche Küste der arabischen Halbinsel beibehalten würde. Der Persische Golf und das Rote Meer würden somit zu britischen Gewässern.

Die zentrale und südliche Provinz von Mesopotamien wurden unter direkte britische Herrschaft gestellt. Sie wurden von Indien aus regiert und standen bis zum Abschluss eines Friedensabkommens unter Militärrecht. Nach dem Muster ihrer Herrschaft über Indien wandten sich die Briten an die alten Stammesführer, deren Einfluss gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts geschrumpft war, damit diese die Steuern eintrieben und die vorwiegend ländliche Bevölkerung kontrollierten. Im Gegenzug dafür blieben sie sicher und langfristig in ihren Ämtern. Diese Politik verschärfte die Ungleichverteilung des Bodens, die Verarmung der Bauernschaft und die tief verwurzelte Feindschaft gegenüber den Briten.

Die Briten förderten auch kleine, aber wichtige Minderheiten, besonders die christlichen und jüdischen Gemeinden, die eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft spielten und deren Beziehungen zu Großbritannien später, als der zionistisch-palästinensische Konflikt entstand, eine bedeutende Rückwirkung haben sollten.

Die Kurden in der neu eroberten Provinz Mosul nahmen die Briten beim Wort und gründeten sofort einen unabhängigen Staat, den Großbritannien im Verlauf von nahezu zwei Jahren brutal unterdrückte. Britische und indische Truppen wurden gegen die Kurden eingesetzt, die Königliche Luftwaffe bombardierte die Guerillatruppen und Churchill, der damalige Kriegsminister, befürwortete den Einsatz von Giftgas.

Mosul wurde in den irakischen Staat integriert und die Idee der kurdischen Autonomie, die in den Vertrag von Sèvres eingeflossen war, fallen gelassen. Wie es ein britischer Vertreter damals formulierte: "Jede Idee eines arabischen Staates ist derzeit einfach blutiger Unsinn."

Aber Großbritanniens Pläne, die arabische Welt zum Bestandteil des Empires zu machen, wurden vereitelt. Vor allem die Alliierten aus dem Ersten Weltkrieg, und unter ihnen besonders die Amerikaner, waren entschlossen, die Briten nicht mit dem Löwenanteil an der Kriegsbeute davonziehen zu lassen. Die Vierzehn Punkte, die Präsident Woodrow Wilson am Vorabend des amerikanischen Kriegseintritts 1917 bekannt machte, waren der Preis, den Großbritannien und Frankreich für den Beistand der Vereinigten Staaten zu zahlen hatten.

Wilsons Punkte bedeuteten eine neue Weltordnung, in der die politischen und wirtschaftlichen Interessen Amerikas höher standen als die der alten imperialistischen Mächte. Es würde keine Geheimdiplomatie oder Annexionen durch die Sieger geben und ehemalige Kolonien sollten das Recht auf Selbstbestimmung erhalten. Aber vor allem sollte es in Bezug auf den Handel eine Politik der Offenen Tür geben. Dies bedeutete das Ende eines exklusiven Zugangs zu Ressourcen und Handel. Hinsichtlich des Mittleren Ostens und Iraks standen die Ölkonzessionen auf dem Spiel, die Großbritannien dem Osmanischen Reich abgezwungen hatte. Die Briten sahen Wilsons Politik als eine solche Bedrohung an, dass sie die Veröffentlichung der Vierzehn Punkte in der Region verboten. Erst zwei Jahre später erschienen diese in Bagdad.

Weil Amerika darauf bestand, beschloss die Versailler Konferenz im Januar 1919, dass alle ehemaligen türkischen Provinzen unter die Aufsicht des Völkerbunds gestellt werden sollten. Sie wurden zu so genannten Mandatsgebieten der Kategorie "A", die für den internationalen Handel geöffnet waren. Zwischen 1919 und 1923 schlossen die europäischen Mächte eine Reihe von geheimen und schmutzigen Vereinbarungen untereinander, missachteten all ihre Versprechen gegenüber den Arabern und setzten ihre Herrschaft gegenüber der einheimischen Bevölkerung durch, um die Ressourcen der Region zu kontrollieren. Sie teilten im eigenen Interesse die Region in 16 kleine Staaten auf - unabhängig von geografischen, historischen, sozialen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Dadurch spalteten sie die arabische Bevölkerung, legten die Basis für Dutzende zukünftiger territorialer Konflikte und schufen Staaten, die von sich aus nicht lebensfähig waren.

Um nur ein Beispiel in Zusammenhang mit dem Irak anzuführen: Großbritannien setzte auf der Uqair-Konferenz 1922 durch, dass die Grenzen von Irak, Kuwait und Saudi Arabien absichtlich so gezogen wurden, dass der Irak keinen richtigen Zugang zum Persischen Golf erhielt. Dadurch sollte der Einfluss des Iraks in der Region beschnitten und seine Abhängigkeit von Großbritannien vergrößert werden.

1920 regelten die imperialistischen Mächte in San Remo untereinander ihre Ansprüche auf den Nahen und Mittleren Osten und gingen dabei vor, als ob es sich um ein Kartenspiel handelte. Frankreich erhielt das Mandat für Syrien und den Libanon, während Großbritannien den Irak, Palästina und Transjordanien bekam. Sie setzten neue Währungen durch, die an den Franc und das Pfund gebunden waren, und störten dadurch die Handelsbeziehungen in der frisch aufgeteilten Region. Großbritannien und Frankreich sollten die Mandate nur für eine begrenzte Zeit behalten und nicht als Kolonialmächte agieren, sondern als Vormund von noch nicht erwachsenen Staaten, wobei der Völkerbund die Rolle des Treuhänders übernahm. Als Entschädigung für den Verlust der Provinz Mosul, die nach dem Sykes-Picot-Abkommen eigentlich an die Franzosen gehen sollte, erhielt Frankreich einen Anteil von 25 Prozent an der Turkish Petroleum Company (TPC), die die irakischen Ölvorkommen ausbeutete.

Die Russische Revolution im Oktober 1917 war ein Ereignis, das die britischen Pläne im Mittleren Osten ernsthaft unterhöhlte. Es ist kaum möglich, den Einfluss der Revolution auf die Arbeiterklasse und die Bauernschaft der ganzen Welt zu überschätzen. Sie inspirierte nicht nur die unterdrückten Massen im Osten, das Joch der Jahrhunderte währenden Unterdrückung abzuschütteln, sondern stellte auch den Hintergrund von Wilsons "Selbstbestimmungspolitik" dar. Diese setzte zwar einerseits im Interesse des amerikanischen Imperialismus den europäischen Mächten Grenzen, zumindest zum Teil zielte sie aber auch darauf, den Einfluss des Kommunismus zu beschneiden, der nicht zuletzt dadurch an Anhängern gewann, dass die Bolschewiki für die Unabhängigkeit von imperialistischer Kontrolle einstanden.

Von der Friedensvereinbarung und Präsident Woodrows Vierzehn Punkten bitter enttäuscht hatten die arabischen Nationalisten allerdings für die neue Version des Imperialismus nicht mehr übrig als für die alte. Faisal - ein Sohn von Scharif Hussein von Hejaz, der die arabische Revolte angeführt hatte, um im Gegenzug Syrien zu erhalten - ging nach Syrien zurück und erklärte 1920 die Unabhängigkeit des Landes. Die französische Armee schlug den Aufstand nieder und vertrieb Faisal.

Dieser Aufstand fachte arabische Revolten in Jerusalem und im südlichen und zentralen Irak gegen die militärische und zivile Herrschaft der Briten an. Das Besatzungsregime flog schnell auseinander und Großbritannien konnte nur durch eine massive Verstärkung der Streitkräfte, heftige Kämpfe, brutale Unterdrückung und Luftbombardements die Kontrolle wieder erlangen. Die Gesamtkosten für Großbritannien beliefen sich auf 40 Millionen Pfund. Nach britischen Schätzungen wurden 8.450 Irakis getötet oder verwundet, während die Briten auf ihrer Seite mehr als 2.000 Opfer zählten.

Ein zynischer Kommentar von Viscount Peel, einem Staatssekretär im Kriegsministerium, lässt erahnen, mit welcher Grausamkeit die Revolte abgewürgt wurde. Er sagte, er sei froh, dass die "Empfindlichen" in der Heimat so sehr von den Ereignissen in Irland abgelenkt waren, dass sie das Geschehen im Irak nicht wahrnahmen. Der Einsatz von Luftbombardements sollte zum bevorzugten Mittel werden, um die Bevölkerung zum Nachgeben zu zwingen. Der einfache Grund dafür war, dass er wesentlich billiger war, als der Unterhalt einer Bodentruppe.

Großbritannien wendet sich von der direkten Herrschaft ab und stützt sich auf Kollaborateure

Die arabische Revolte hatte gezeigt, dass die direkte Herrschaft vorrangig aus finanziellen Gründen nicht länger tragbar war. Ohne eine Regierung, die von der Bevölkerung ausreichend akzeptiert wurde, konnten keine Steuern eingetrieben werden und der Staat musste bankrott gehen - was die britischen Investitionen im Gesamtwert von 16 Millionen Pfund und die Ölfelder, die zwar noch nicht produzierten aber auf einen Wert von 50 Millionen Pfund geschätzt wurden, in ernste Gefahr brachte. Es musste eine Art Zugeständnis gemacht werden, damit sich die Bevölkerung im Osten nicht dem bolschewistischen Russland zuwandte und das britische Empire als Ganzes in Frage stellte.

Also begann Großbritannien nach einer Formel zu suchen, die das nötige Feigenblatt lieferte. Im Wesentlich lief dies auf die Suche nach einem lokalen Führer und die Förderung gesellschaftlicher Schichten hinaus, auf die man sich verlassen konnte und die die "Selbstbestimmung" so umsetzten, dass sie den Interessen Großbritanniens diente und einen tatsächlichen Kampf für nationale Unabhängigkeit verhinderte.

Die Regierung Ihrer Majestät fand schnell eine Lösung. Auf der Konferenz von Kairo wurde 1921 beschlossen, dass die Söhne von Scharif Hussein, dem ein unabhängiger arabischer Staat versprochen aber später verweigert worden war, als Marionettenkönige dienen und im Auftrage Großbritanniens herrschen sollten. Abdullah erhielt den neu geschaffenen Staat Transjordanien, während sein Bruder Faisal, der grade erst von den Franzosen aus Syrien vertrieben worden war, Londons bevorzugter Kandidat für den irakischen Thron wurde.

Man musste nur noch einen Weg finden, dies der irakischen Bevölkerung zu verkaufen. Sayyib Talib, Faisals Konkurrent für diesen Posten, wurde verhaftet und deportiert. Dadurch wurde erreicht, dass niemand anderes mehr die Stelle haben wollte. Ein inszeniertes Referendum brachte die gewünschten 96 Prozent Zustimmung für Faisal als irakischen König, und er wurde im August 1921 als Monarch eingesetzt.

Es blieb noch die Aufgabe, die britischen Beziehung zum Irak festzulegen. Obwohl das Mandat nicht aufgehoben wurde, wie Faisal forderte, gab der englisch-irakische Vertrag von Oktober 1922 dem Irak die Kontrolle über seine inneren Angelegenheiten, während Großbritannien weiterhin einen überwältigenden Einfluss auf die Finanz-, Verteidigungs- und Außenpolitik ausübte und die Regierungsberater kontrollierte. Die Vertragsbedingungen waren so offen zu Gunsten Großbritanniens - wie sich vor allem an den Verhandlungen über die Ölkonzessionen und die TPC zeigte -, dass ein Jahr unablässigen Drucks und Einschüchterung gegen den König und sein Kabinett nötig war, bis diese schließlich zustimmten. Angesichts des heftigen Widerstands der Nationalisten sollten weitere zwei Jahre Drohungen und hartes Taktieren nötig sein, um die verfassungsgebende Versammlung schließlich dazu zu bewegen, den britischen Bedingungen zuzustimmen.

Der englisch-irakische Vertrag markierte das Ende der direkten britischen Herrschaft über den Irak und den Anfang einer neuen Art von Kolonialpolitik, die auf lokalen Kollaborateuren beruhte.

Öl und Großbritanniens Vereinbarungen mit dem Irak

Auch wenn noch kein Öl gefördert wurde, stellte der Rohstoff doch zweifellos eines der Hauptinteressen Großbritanniens im Irak dar, zumal durch die Ölknappheit in der Endphase des Ersten Weltkriegs das Verlangen nach einem sicheren Zugang zu der Ressource noch verstärkt worden war. Die Nachkriegssituation brachte neue Schwierigkeiten mit sich: Deutschland war zusammengebrochen, die Türkei auseinandergefallen, Frankreich stellte rivalisierende Forderungen und Amerika verlangte Handelsfreiheit. Im darauf folgenden Kuhhandel war die irakische Bevölkerung der Verlierer.

Die wesentlichen praktischen Fragen, die Großbritannien und der Irak zu lösen hatten, waren die nach den Grenzen des irakischen Staates - vor allem der Grenze bei Mosul - und nach den Bedingungen für die Ölkonzessionen der Turkish Petroleum Company, die ursprünglich von britischen, deutschen und holländischen Kreisen gegründet worden war. Diese Fragen bildeten den oft unausgesprochenen Hintergrund für die endlosen Streitigkeiten zwischen Amerikanern, Briten, Franzosen und Italienern auf den internationalen Treffen der Nachkriegsjahre. Der Begriff Öl fiel dabei nur selten, ganz vermieden werden konnte er aber nicht, war er doch - ohne dass die Öffentlichkeit davon Kenntnis hatte - die unerlässliche Voraussetzung des Kriegs wie des Friedensabkommens.

Unter dem Abkommen von San Remo (1920) schlugen die Briten Frankreich den deutschen Anteil an der Turkish Petroleum Company (TPC) zu, damit die Franzosen im Gegenzug den Anspruch auf die Provinz Mosul abtraten. Obwohl die TPC die Konzession für Ölförderung in Mosul besaß, fand während und nach dem Krieg praktisch keine Erschließung der Ölfelder statt, weil zunächst der Ausgang des Krieges nicht sicher schien und später die Provinz Mosul umstritten blieb. Auch die Konferenz von Lausanne im Jahre 1923 konnte den Status von Mosul nicht gänzlich klären.

Großbritannien war entschlossen, die Ölfelder von Mosul in den Grenzen des Iraks zu halten, da ihre Ausbeutung in den Konzessionen der TPC eingeschlossen war und weil die Briten ihre Erschließung kontrollieren wollten. Ohne Mosul war der Irak nicht lebensfähig und die schiitische Elite im Süden hätte die herrschende sunnitische Clique zahlenmäßig überwogen. Sowohl die Türkei als auch die vorherrschende kurdische Bevölkerung von Mosul widersetzten sich den britischen Plänen. Die irakische Elite, die über keine eigene wirtschaftliche und militärische Mittel verfügte, war vollkommen von den Briten abhängig, um die Türken aus dem Land zu treiben und die Kurden zu unterwerfen. Erst ein längerer Einsatz der Königlichen Luftwaffe im Jahre 1924 brach deren Widerstand. Unter anderem bombardierten die Briten die Stadt Sulaimaniya, eine von der Türkei unterstützte kurdische Hochburg, die sich der Eingliederung in den Irak widersetzte.

Doch Großbritannien stieß auf die Ölinteressen der Vereinigten Staaten: Schließlich waren die USA nicht in den Krieg eingetreten, damit Großbritannien ihnen mit der Beute davonlief. Die britische Kontrolle über das Öl in allen Gebieten des ehemaligen Osmanischen Reiches, wie sie vor dem Krieg zwischen der Türkei und der TPC vereinbart worden war, konnten die Amerikaner nicht akzeptieren. Dies hätte der britische Marine weiterhin die Überlegenheit auf den Weltmeeren gesichert, Großbritanniens Abhängigkeit vom amerikanischen Öl gemindert und die wirtschaftliche Dominanz Amerikas über seine europäischen Rivalen in Frage gestellt.

Das US-Außenministerium, das im Interesse der amerikanischen Ölkonzerne agierte, bestand darauf, dass alle im Krieg besetzten Territorien so regiert werden mussten, dass "die rechtliche und faktische Gleichbehandlung des Handelsverkehrs aller Nationen" sicher gestellt war. Im diesem Zusammenhang bedeutete die Idee der Gleichheit nichts anderes als den Wunsch einer imperialen Macht, die Habgier der Konkurrenz unter Kontrolle zu halten. Die Vereinigten Staaten warfen Großbritannien vor, ein Monopol auf das mesopotamische Öl zu errichten, und die anglo-amerikanischen Beziehungen verschlechterten sich rapide.

Angesichts der überlegenden Wirtschaftsmacht der Vereinigten Staaten hatte Großbritannien keine Wahl, wenn es weiterhin die Kontrolle über das Öl behalten wollte: Es musste Amerika einen Teil der Kriegsbeute abtreten. Großbritannien traf eine inoffizielle Abmachung und erlaubte zwei amerikanischen Konzernen, Standard Oil und Socony Vacuum (Vorläufer von Mobil Oil), einen Anteil an der Turkisch Petroleum Company zu erwerben. Die TPC wurde bald in Iraqi Petroleum Company (IPC) umbenannt und neben den zwei britischen Konzernen waren in ihr nun auch amerikanische und französische Interessen vertreten.

Großbritannien war trotz seiner ganzen politischen Macht nicht in der Lage, die Amerikaner und Franzosen aus dem mesopotamischen Ölgeschäft auszuschließen, und verfügte nun selbst nur noch durch die Anglo-Persian Oil Company über einen Anteil an der TPC, der allerdings wesentlich geringer war als seine frühere Stellung in dem Konsortium. Großbritannien musste außerdem hinnehmen, dass die TPC nicht die Ölrechte für das ganze Gebiet des ehemaligen Osmanischen Reiches behielt, wie vor dem Krieg vereinbart, sondern sich nun auf das Territorium des Iraks zu beschränken hatte. Durch die Grenzziehung im Süden des Iraks, die auch von den imperialistischen Mächten vorgenommen wurde, waren die Amerikaner später in der Lage, Ölkonzessionen in Saudi Arabien und Bahrain zu erhalten.

Entgegen dem offensichtlichen Interesse an Öl leugneten die imperialistischen Mächte die entscheidende Rolle des Rohstoffes bei der Aufteilung des Mittleren Ostens. Der britische Außenminister und Erzimperialist Lord Curzon wies 1924 vehement den Vorwurf zurück, dass "die Frage von Mosul und Irak eine Ölspur hinter sich herzieht". Er sagte: "Öl hat in keinerlei Beziehung auch nur den geringsten Einfluss auf meine Einstellung oder die Haltung der Regierung Ihrer Majestät zu der Mosul-Frage oder der Irak-Frage oder der Frage des Orients."

Nachdem diese schmutzige Abmachung über die Köpfen der irakischen Regierung und der kurdischen Bevölkerung hinweg einmal getroffen war, stand der Eingliederung Mosuls in den Irak nichts mehr im Wege. Großbritannien hielt alle Trümpfe in der Hand, und die irakische Regierung hatte im März 1925 keine andere Möglichkeit, als ein Konzessionsabkommen mit der TPC zu unterzeichnen. Danach erhielt die TPC die Rechte zur Erschließung und Ausbeutung des Öls von Mosul zu Bedingungen, die für den Irak nicht ungünstiger hätten sein können, sobald der Völkerbund Mosul dem Irak zusprechen würde.

Im Juli desselben Jahres geschah dies unter der Voraussetzung, dass das Mandat maximal 25 Jahre, oder bis der Irak als unabhängiger Staat dem Völkerbund beitrit,t in Kraft bleibt. Sieben Monate später, 1926, hatte die verfassungsgebende Versammlung des Iraks keine andere Wahl als einem Vertrag mit Großbritannien zuzustimmen, wonach die Türkei von Schiffen der britischen Marine aus angegriffen werden würde, falls sie noch einmal in Mosul einfallen sollte. Was Großbritannien mit diesem militärischen Beistandspakt schützen wollte, war nicht die irakische Grenze sondern das Öl des Iraks.

Nach diesen Abkommen konnte endlich die kommerzielle Erschließung und Ausbeutung der Ölvorkommen beginnen. Das erste Ölfeld wurde 1927 in Kirkuk eröffnet, auch wenn erhebliche Mengen erst in den späten 1930-er Jahren gefördert wurden und eine Großproduktion nicht vor den 1950-er Jahren begann. Eine ernst zu nehmende Ölförderung und -produktion setzte somit erst ein, als Großbritannien die politische Kontrolle übernommen, die Massen bezwungen und Kollaborateure installiert hatte. Die jahrzehntelangen imperialistischen Intrigen, der Krieg und darauf folgende erneute Intrigen hatte die wirtschaftliche Nutzung der Rohstoffe der Region und damit ihre Entwicklung viel mehr gehemmt als gefördert.

Großbritannien setzt die Luftwaffe ein, um Faisal an der Macht zu halten

Die Sicherung der britischen Ölinteressen hing an Faisal und seinem Regime, das in der irakischen Bevölkerung kaum Unterstützung genoss.

Der König und seine Regierung stützten sich auf eine schmale gesellschaftliche Schicht: Die Grundbesitzer, die alten Würdenträger, führende Kaufmänner und ehemalige Offiziere des Osmanischen Militärs, die ihn und die Scheiche und Stammesführer unterstützt hatten. Die Briten vergrößerten die Macht der Scheichs, indem sie ein Rechtssystem entwickelten, das speziell auf die Stämme zugeschnitten war - eine von verschiedenen Methoden, wie sie den Spielraum der Regierung zu beschränken gedachten. Die irakische Regierung versuchte zwar, die Macht der Stammesführer zu beschneiden, merkte aber bald, dass sie sich mit ihnen zusammenschließen musste, um die Kontrolle über das Land zu wahren. In zunehmendem Maße war sie gezwungen, sich auf die Scheichs und Großgrundbesitzer zu stützen, um die staatliche Ordnung in der verschiedenen Landstrichen aufrecht zu erhalten und die Steuern einzutreiben.

Die irakischen Finanzen waren ständig in prekärem Zustand. Ein wesentlicher Grund hierfür lag darin, dass dem neuen Staat von der ersten Stunde an durch den englisch-irakischen Vertrag von 1922 ein gewaltiges Defizit aufgebürdet worden war - nach dem Vertrag mussten die Irakis für einen Teil der Schulden des Osmanischen Reiches bei den imperialistischen Mächten aufkommen. Noch wichtiger war allerdings die Forderung der Briten, dass der Irak für die militärische Ausrüstung und Operationen gegen die Türken zahlen und die Kosten des Baus einer militärisch genutzten Eisenbahnlinie übernehmen musste, die absolut keinen Wert für die wirtschaftliche Entwicklung des Iraks hatte. Schließlich verlangte Großbritannien vom Irak, dass die Regierung mindestens 25 Prozent der Staatseinnahmen für Verteidigung auszugeben hatte - ein Euphemismus für die Niederschlagung aufständischer Bevölkerungsteile, die sich gegen ihre Stammesführer und die britische Herrschaft auflehnten.

Mit anderen Worten: Der Preis, den die herrschende Clique für den Erhalt ihrer Position zu zahlen hatte, belief sich auf die Übernahme der finanziellen Kosten, die die Durchsetzung der imperialistischen Ansprüche Großbritanniens mit sich brachten. Diese Beziehung findet heute ihre Entsprechung in den Plänen der amerikanischen Regierung für den Irak, denen die Vereinten Nationen zugestimmt haben.

Die Zahlungen der irakische Regierung an die imperialistischen Mächte und vorneweg an Großbritannien sollten ermöglicht werden, indem der einfachen Bevölkerung eine enorme Steuerlast aufgebürdet wurde. Dies traf vor allem die Bauernschaft, die bereits unter dem gestörten Handel infolge der imperialistischen Aufteilung der Region und der Förderung des Großgrundbesitzes durch Großbritannien zu leiden hatte. Die Briten zogen die Schraube noch fester an, als sie von der Regierung forderten, Gehaltskürzungen bei den wenigen staatlich Beschäftigten in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Landwirtschaft und sogar Bewässerung vorzunehmen, um den Haushalt auszugleichen.

Die herrschende feudale Clique sah sich mit dem britischen Imperialismus auf der einen und den verarmten Bevölkerungsmassen auf der anderen Seite konfrontiert und befand sich damit zwischen Hammer und Amboss. Die wiederkehrenden Finanzkrisen führten zu ständigen Kämpfen innerhalb der herrschenden Clique. Zwischen den Jahren 1921 und 1958 gab es insgesamt 59 Kabinette, in die die jeweilige Fraktion, die gerade die Oberhand hatte, ihre entsprechenden Unterstützer einbrachte. Dass in diesen ständigen Wechseln über eine Periode von 37 Jahren nur insgesamt 166 Personen Regierungsämter besetzten, sagt viel über die extrem schmale gesellschaftliche Basis aus, auf die sich die Regierungen von Großbritanniens Marionettenstaat stützte. Der bei weitem prominenteste irakische Regierungschef war Nuri al-Said, der im Osmanischen Reich als Offizier ausgebildet worden war und im Dienst von König Faisal stand. Sein Kabinett hatte über Jahrzehnte hinweg Bestand.

Faisal und sein Regime hätten ihre Herrschaft über die aufständischen Massen nicht aufrecht erhalten können, wenn ihnen nicht das neue britische System der "Luftkontrolle" zur Verfügung gestanden hätte - die billigste und effizienteste Art, das Land zu "befrieden". Für Großbritannien hatte dies zudem den Vorteil, wie der britische Stabschef bemerkte, dass "das Gelände des Iraks einen idealen Ort zum trainieren und experimentieren für die Königliche Luftwaffe darstellt und sich sein strategischer Wert von Jahr zu Jahr vergrößern wird."

Großbritannien stattete Faisal mit Bombern der britischen Luftwaffe, mit gepanzerten Fahrzeugbataillonen und Führungsoffizieren für die Wehrpflichtigenarmee aus, die auf jedes Aufbegehren der örtlichen Bevölkerung reagieren sollte. Jedem Aufstand wurde mit Bombern begegnet, die zunächst warnende Flugblätter auf die analphabetische Dorfbevölkerung abwarfen und dann ihr Eigentum und ihre Viehherden bombardierten. Es wurde sogar auf Bombenabwürfe zurückgegriffen, um die Bauern durch Einschüchterung zum Zahlen von Steuern zu zwingen.

Eine der größten offensiven Operationen, die von der britischen Königlichen Luftwaffe (RAF) durchgeführt wurde, fand in den Jahren 1923/24 im südlichen Irak statt. Die Stammesführer, die für die Eintreibung der Steuern von den - durch die Aufteilung der Wasserkanäle unter den mächtigsten Scheichs zunehmend verarmten - Halbnomaden und Bauern zuständig waren, verweigerten die Zahlung. Die RAF wurde angewiesen, die Gegend zu bombardieren, um "Gehorsam gegenüber der Regierung zu fördern".

In einem Zeitraum von zwei Wochen wurden 144 Menschen getötet und viele mehr verletzt. Dies war bei weitem kein Einzelfall. Die RAF wurde in den Jahren 1923/24 wiederholt gegen die Kurden in der Provinz Mosul eingesetzt, die gegen Besteuerung und Zwangsaushebung rebellierten.

Ein Offizier, der an der Nordwestgrenze gedient hatte und die britische Brutalität aus eigener Erfahrung kannte, äußerte seine Angst, dass die Lufteinsätze die Situation nur verschlimmern würden: "Zwangsläufig kommt es zu unnötiger Grausamkeit, die oftmals die Stammesleute nicht einschüchtert, sondern bei ihnen einen unsterblichen Hass und den Wunsch nach Rache weckt. Die Maßnahmen schwächen das Vertrauen der Stammesleute in die britische Gerechtigkeit."

Die Briten waren alles andere als gerecht. Ein Bericht an das Kolonialamt beschreibt einen Luftangriff, bei dem Männer, Frauen und Kinder mit Maschinengewehren beschossen wurden, als sie aus einem Dorf flohen. Die Politiker sorgten dafür, dass die britische Öffentlichkeit nie von dem Vorfall Kenntnis nahm.

Ohne die RAF, so die Einschätzung des Kolonialministers Leo Amery, hätte das irakische Regime nicht lange Bestand gehabt. "Wenn König Faisals Befehl effektiv im ganzen Königreich gilt, so ist dies gänzlich britischen Flugzeugen zu verdanken. Würden die Flugzeuge heute zurückgezogen, zerbräche unvermeidlich die gesamte Struktur", sagte er.

Aber weil die RAF die normale innere Sicherheit nicht gewährleisten konnte und die Briten verlangten, dass der Irak eigene Mittel zur Unterdrückung der Bevölkerung einsetzen müsse, benötigte Faisal eine Armee. Die Armee wurde zu einem wichtigen Instrument des sozialen Aufstiegs und entwickelte sich zu einer gesellschaftlichen Machtbasis, die der Regierung oder demjenigen, der sie kontrollierte, enorme Macht verlieh. Das Ausmaß der gesellschaftlichen Unzufriedenheit kann an der Tatsache abgelesen werden, dass die Regierung Ende der 1920-er Jahre, als die RAF die aufständischen Stämme im Südirak bereits weitgehend unterworfen hatte, immer noch 20 Prozent der Staatseinnahmen für die Armee und 17 Prozent für die Polizei ausgab.

Nachdem Großbritannien ein Regime installiert hatte, dass die Öllieferungen sicherstellte, konnten die Briten auf die Mandatsherrschaft verzichten und zu einer auf Verträgen basierenden Beziehung übergehen, die substanziell auf das Gleiche hinauslief. Der englisch-irakische Vertrag gab dem Irak die formale Unabhängigkeit, während Großbritannien die Kontrolle über Außen-, Verteidigungs- und Wirtschaftspolitik, die Militärbasen und ein System von Regierungsberatern behielt. Der Irak wurde im Jahre 1930 "unabhängig" und wurde 1932 als volles Mitglied in den Völkerbund aufgenommen. Obwohl das Ende der Mandatsherrschaft der herrschenden Clique freiere Hand gab, im Innern das Land nach eigenem Gutdünken zu walten, blieb die wirkliche Macht bei Großbritannien. Die irakische Bevölkerung war sich dessen durchaus bewusst.

Großbritannien stürzt eine nationalistische Regierung

Im Laufe der 1930-er Jahre ließ sich die Abhängigkeit der herrschenden sunnitischen Clique von Großbritannien immer weniger mit der Stimmung der Bevölkerung in Einklang bringen. Die irakischen Nationalisten waren darüber empört, dass die Iraqi Petroleum Company (IPC, ein britisch-amerikanisch-französisches Konsortium) die Kontrolle über das irakische Öl ausübte, während die Bauern und städtischen Arbeiter zunehmend verarmten. Die britische Politik in Palästina - ihre Unterstützung für eine jüdische Heimstatt, jüdische Einwanderung und die Unterdrückung der arabischen Revolte 1936-39 - verstärkte die Spannungen nur noch mehr.

Dies führte dazu, dass sich einige irakische Politiker und das Militär, das mehr und mehr über Gedeih und Verderb einer Regierung entschied, an Nazideutschland orientierten. Zum Teil ging dies auf den Glauben zurück, der Irak könne sich so von den verhassten Briten befreien, zum Teil drückte diese Orientierung auch politische Sympathie mit dem Faschismus und dessen Antisemitismus aus. Der Antisemitismus erhielt durch die Situation in Palästina und die britische Förderung von jüdischen Financiers im Irak Auftrieb und wurde durch die Ankunft des nationalistischen palästinensischen Führers Hajj Amin al-Husseini in Bagdad, der vor den Briten geflohen war, noch weiter verschärft.

Der prominenteste Vertreter der pro-deutschen Fraktion war der panarabische Nationalist Raschid Ali al-Gaylani und eine Gruppe von Armeeoffizieren, die als das Goldene Quadrat bezeichnet wurden, während die prominentesten Unterstützer Großbritanniens Nuri al-Said und der Regent des vierjährigen Faisal II waren. Der Regent, ein Onkel von Faisal II, war ernannt worden, nachdem der britenfeindliche König Ghazi bei einem Autounfall im Jahr 1939 ums Leben gekommen war. Viele vermuteten, dass Großbritannien bei dem tödlichen Unfall die Hand im Spiel hatte.

Nach den Bedingungen des englisch-irakischen Vertrags von 1930 musste der Irak die Briten unterstützen und durfte keine Beziehungen zu ihren Feinden unterhalten. Als Großbritannien 1939 Deutschland den Krieg erklärte, brach Premierminister Nuri al-Said umgehend alle Beziehungen zu Deutschland ab - ein zutiefst unpopulärer Schritt. Aber er konnte das Kabinett nicht überzeugen, Deutschland den Krieg zu erklären oder die Beziehungen zu Italien abzubrechen. Im März 1940 trat er als Premierminister zurück, saß aber in der Regierung seines pro-deutschen Rivalen Raschid Ali.

Um 1940 gerieten die britischen Stellungen im Mittleren Osten zunehmend unter Druck. Die faschistischen Achsenmächte bedrohten Ägypten und den Suezkanal. Mit der Niederlage Frankreichs standen die französischen Streitkräfte im Libanon und in Syrien unter der Kontrolle der Vichy-Regierung. Da die Truppen der Achse so nah am Irak standen, fürchtete Großbritannien, dass Deutschland in den Irak und Iran einmarschieren und die Briten damit von den Öllieferungen und dem Reichtum dieser Länder abschneiden könnten.

Die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Irak verschlechterten sich rapide, als Raschid Ali den Irak im Krieg eine neutrale Position einnehmen ließ, Waffen aus Italien und Japan kaufte und den britischen Militärkräften die Lande- und Transitrechte verweigerte, die Großbritannien vertraglich garantiert worden waren. Die Briten zwangen ihn im Januar 1941 zum Rücktritt und riefen damit einen politischen Aufschrei hervor. Die Offiziere des Goldenen Quadrats führten im April desselben Jahres einen Staatsstreich durch und brachten Raschid Ali an die Macht zurück. Nuri al-Said und der Regent flohen nach Transjordanien.

Die neue irakische Regierung weigerte sich, die Briten in Basra landen zu lassen, erklärte damit effektiv den Vertrag für ungültig und verlautbarte, sie würde einen "Befreiungskrieg" gegen Großbritannien führen. Dies wurde als Teil eines größeren panarabischen Bestrebens angesehen, nach dem auch die Franzosen aus Syrien und dem Libanon geworfen und die Pläne für einen zionistischen Staat in Palästina vereitelt werden sollten.

Großbritannien bezeichnete das Vorgehen der irakischen Regierung als Revolte, sandte Truppen aus Transjordanien und Indien nach Basra, stürzte Raschid Ali und brachte wiederum Nuri al-Said und den Regenten an die Macht. Nach diesem Coup hielten britische Truppen den Südirak besetzt und die neue Regierung kooperierte vollkommen mit der britischen Kriegsführung. In den folgenden Jahren konnte Großbritannien den Irak als Basis nutzen, um in Syrien und Persien einzumarschieren, wo pro-britische Regierungen installiert wurden. Im Jahre 1943 erklärte Nuri al-Said den Achsenmächten den Krieg.

Obwohl Großbritannien relativ leicht mit Raschid Ali und dem Goldenen Quadrat fertig wurde, war das kurzlebige Regime von Bedeutung, weil es zeigte, wie wenig Unterstützung die Briten, ihr Erzkollaborateur Nuri al-Said und die Königsfamilie in der Bevölkerung genossen. Fortan wurden die pro-britischen Politiker von der irakischen Bevölkerung verachtet, da ihnen der unvergängliche Makel anhaftete, durch britische Bajonette wieder an die Macht gelangt zu sein. Wie der Historiker Louis in seinem Werk The British Empire in the Middle East erklärt: "Das Jahr 1941 stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der britischen Ära im Irak dar. Es ist von wesentlicher Bedeutung für ein Verständnis der nationalistischen Zurückweisung des Allianzvertrags mit den Briten im Jahre 1948 und das Ende der haschemitischen Dynastie zehn Jahre später."

Großbritannien Niedergang im Mittleren Osten 1946-1958

Obwohl das britische Empire im Mittleren Osten nach dem Zweiten Weltkrieg noch intakt war, war Großbritannien doch mit gänzlich anderen Bedingungen konfrontiert als 1939. Die Verhältnisse der Ölproduktion hatten sich dramatisch verändert, und im Jahre 1951 kam 70 Prozent des Öls, das der Westen verbrauchte, aus dem Mittleren Osten. Der Großteil der Weltölreserven wurden in Saudi Arabien und am Persischen Golf vermutet.

Doch gleichzeitig mit dem steigenden Wert der Region sah sich Großbritannien einer wachsenden politischen Gärung in der entstehenden Arbeiterklasse gegenüber. Sowjetische und amerikanische Unterstützung für einen zionistischen Staat in Palästina, den sie als Mittel zur Unterhöhlung des britischen Einflusses in der Region betrachteten, und der weit verbreitete Schrecken über die Tragödie, die das jüdische Volk unter den Nazis erfahren hatte, ebneten den Weg für den Beschluss der Vereinten Nationen, Palästina zu teilen und den Staat Israel zu gründen. Dies brachte die arabische Welt in Aufruhr. In Ägypten, im Irak und Iran, wo Großbritannien 1942 ähnlich selbstherrlich eingriff wie gegen Raschid Ali, drängten fast alle gesellschaftlichen Schichten darauf, die imperialistische Herrschaft über ihre Länder abzuschütteln.

Im Irak, wo ihre Kollaborateure ganz und gar diskreditiert waren, suchten sich die Briten eine angeblich fortschrittlichere Marionette in Gestalt des ersten schiitischen Premierministers Saleh Jabr. Großbritannien hoffte, dass er Reformen durchführen und dafür sorgen werde, dass die soziale Unzufriedenheit nicht der Irakischen Kommunistischen Partei Auftrieb verlieh und das Regime zum Wanken brachte. Die Briten versuchten auch, die englisch-irakischen Beziehungen in einem neuen Vertrag zu fassen, der ihnen die Beibehaltung der Militärbasen und den Zugang zu den Ölquellen sichern sowie als Modell für die Erneuerung der Beziehungen in der Region dienen sollte.

Die neue Labour-Regierung unter Clement Attlee konnte die politische Entwicklung in Bagdad auch nicht besser einschätzen als die Regierung des Erzimperialisten Winston Churchill. Als die Bedingungen des Vertrags mit Großbritannien bekannt wurden, denen Saleh Jabr und Nuri al-Said im Januar 1948 zugestimmt hatten und die den verhassten englisch-irakischen Vertrag von 1930 um weitere 20 Jahre verlängert hätten, zogen Studenten, Arbeiter und die verarmte Stadtbevölkerung auf die Straße und protestierten. Die Polizei konnte die Aufstände nur durch eine Orgie der Brutalität unterdrücken und tötete an einem einzigen Tag beinahe 400 Menschen. Dennoch sah sich der Regent gezwungen, den Vertrag für nichtig zu erklären. Saleh Jabr trat zurück, die neue Regierung verhängte das Kriegsrecht und leitete eine grausame Periode der Unterdrückung ein. Das britische Modell für die Erneuerung der Allianzen im Mittleren Osten lag in Scherben.

Im Jahre 1950 kam es im Zuge der nationalistischen Welle zu einer Übereinkunft zwischen dem amerikanischen Konzern Aramco und Saudi Arabien, wonach die Ölprofite je zur Hälfte beiden Seiten zufallen sollten. Dies löste im gesamten Mittleren Osten eine Kettenreaktion aus. Im folgenden Jahre unternahm die Mossadeq-Regierung im Iran Schritte, um die Anglo-Persian Oil Company zu verstaatlichen, und zwang damit die britischen Unternehmen, denen die IPC gehörte, der irakischen Regierung eine gleichmäßige Teilung des Profits anzubieten oder Gefahr zu laufen, sowohl das Öl wie auch die Marionetten, Nuri al-Said und seine Minister, zu verlieren.

Im Jahre 1952 beruhten die imperialen Interessen Großbritanniens im Mittleren Osten auf einer noch unsichereren Basis. Der haschemitische König Abdullah von Jordanien war 1951 ermordet worden und sein mental instabiler Sohn hatte den Thron an seinen 17-jährigen Sohn Hussein übergeben. Im Juli 1952 hatten die Freien Offiziere unter der formalen Führung von General Muhamed Naguib und der tatsächlichen Führung von Leutnant Gamal Abdel Nasser die ägyptische Monarchie gestürzt und den englisch-ägyptischen Vertrag für nichtig erklärt.

Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse wurde Nuri al-Said wegen seiner Unterstützung für Großbritannien in der arabischen Welt als Verräter betrachtet. Er sah sich daher gezwungen, eine beispiellose Repressionswelle durchzuführen, verbot alle oppositionellen Parteien und die freie Presse und wählte sich ein handverlesenes Parlament, dass seine Dekrete guthieß.

Unter diesen Bedingungen zog die Ölproduktion schließlich an. Sie verdoppelte sich in den fünf Jahren nach dem Krieg, während gleichzeitig die Einnahmen aus der Ölproduktion aufgrund der iranischen Krise 1951-53 und dem Abkommen über gleichmäßige Teilung der Profite mit der IPC um das Zehnfache anwuchsen. Sie stiegen von 10 Prozent des Bruttosozialprodukts und 34 Prozent der Deviseneinnahmen im Jahre 1948 auf 28 Prozent beziehungsweise 59 Prozent im Jahre 1958. Aber anstatt die Lebensbedingungen der einfachen arbeitenden Bevölkerung zu verbessern, wurden die Einnahmen in die landwirtschaftliche Entwicklung investiert und kamen den Großgrundbesitzern und den Bankkonten der korrupten Politiker zugute.

Im Februar 1955 spielte Nuri al-Said den Gastgeber für den Bagdad Pakt. Diese von den Briten organisierte regionale Sicherheitsallianz, bestehend aus der Türkei, Pakistan, dem Iran und Irak, vervollständigten ein Netzwerk von Bündnissen, die sich um den südlichen Rand Eurasiens spannten und die Sowjetunion eindämmen sollten. Sie stellte zudem einen Versuch der Briten dar, ihrer schwindenden Macht entgegenzuwirken und ihr Gewicht in regionalen Angelegenheiten zu erhöhen. Für die Irakis war er nicht akzeptabler als der Vertrag von 1948. Die anderen arabischen Länder wollten nichts damit zu tun haben. Ägyptens Präsident Nasser, der aufgrund seiner Opposition gegen Großbritannien zu so etwas wie einem Helden in der arabischen Welt geworden war, lehnte den Pakt vehement ab und bezeichnete ihn als einen britischen Versuch, die eigene Vorherrschaft über die Region geltend zu machen und die arabische Welt zu spalten.

Als England und Frankreich die israelische Invasion in Ägypten 1956 militärisch unterstützten, um Nasser loszuwerden und die englisch-französische Kontrolle über den Suezkanal wieder herzustellen, war die irakische Bevölkerung empört. Im ganzen Irak fanden antibritische Demonstrationen statt. Es stand allerdings nie in Frage, dass Nuri al-Said und der Regent Großbritannien unterstützten. Trotz einiger formaler Protestnoten gegenüber Großbritannien, die wohl dazu dienen sollten ihr Gesicht zu gewahren, ging die Regierung gewaltsam gegen die Demonstrationen vor und verhängte wieder einmal das Kriegsrecht.

Die Amerikaner verfolgten ihre eigenen nationalen Interessen und zwangen die Briten zum Abzug aus Ägypten. Die Suezkrise markierte einen Wendepunkt. Sie bedeutete das schmachvolle Ende der britischen Hegemonie über die Region. Sie ereignete sich kurz nach dem Staatsstreich der CIA gegen Mossadeq im Iran und macht die Vereinigten Staaten zur unangefochtenen westlichen Macht im Mittleren Osten. Das wiederum bereitete dem britischen Marionettenregime im Irak ein Ende.

Die Oppositionsparteien, darunter die Nationalisten der Istiqlal, die Nationaldemokratische Partei, die Irakische Kommunistische Partei und die kleine Baath-Partei (der irakische Ableger der in Syrien gegründeten panarabischen Partei), schlossen sich zu einer nationalen Oppositionsfront zusammen. Im Juli 1958, als sich die Spannungen und die Massendemonstrationen gegen das Regime häuften, stürzte eine Militärgruppe mit dem Namen Freie Offiziere in einem Staatsstreich die politischen Handlanger Großbritanniens, die haschemitische Dynastie von Faisal II und die Regierung von Premierminister Nuri al-Said. Die königliche Familie und Nuri al-Said wurden ermordet. So groß war der Abscheu gegen das alte Regime, dass sein nackter Körper durch die Straßen von Bagdad geschleift wurde, bis er zur Unkenntlichkeit entstellt war.

Vierzig Jahre der brutalen Ausbeutung und politischen Unterdrückung durch die Briten und ihre Kollaborateure waren zu Ende gegangen.

Der britische Imperialismus beruhte auf der politischen Unterwerfung der Kolonialbevölkerung, der Kontrolle des politischen Systems und der Fähigkeit, sich gegen die imperialistischen Rivalen durchzusetzen oder sie zum Stillhalten zu bewegen. Wie der geschichtliche Überblick zeigt, konnte Großbritannien in den 1920-er und 1930-er Jahren nur unter größten Schwierigkeiten seine Herrschaft über den Irak aufrecht erhalten. Obwohl Großbritannien aus dem Zweiten Weltkrieg als die stärkste unter den zweitrangigen Militärmächten hervorgegangen war, war das Land in den späten 1940-er Jahren bankrott und vollkommen abhängig von amerikanischer Unterstützung, um seinen imperialen Interessen Geltung zu verleihen. Als in den 1950-er Jahren die amerikanischen Interessen von denen Großbritanniens abwichen, wurde Großbritannien aus Palästina, Ägypten, Jordanien, dem Iran und Irak gedrängt oder herausgeworfen.

Fünfundvierzig Jahre später bedeutet die Niederwerfung Saddam Husseins und des baathistischen Regimes durch die Vereinigten Staaten und Großbritannien als Juniorpartner, dass der direkte Imperialismus und die brutalsten Formen der Unterdrückung und Ausbeutung zurückkehren, von denen sich die irakische Bevölkerung im Jahre 1958 befreit zu haben glaubte. Es springt ins Auge, dass viele Ereignisse der vergangenen Monate direkt der Phase der ersten imperialistischen Besetzung des Iraks entsprungen sein könnten.

Die Geschichte lehrt erstens, dass die Vereinigten Staaten mit Billigung der Vereinten Nationen ein militärisches Besatzungsregime errichten werden, dem einige korrupte Exilanten, ehemalige Baathisten und andere käufliche Elemente als Tarnung dienen und das die amerikanischen Konzerne in die Lage versetzt, die irakische Ölindustrie zu übernehmen. Zweitens wird die Entschlossenheit der Vereinigten Staaten, die strategisch wichtigsten Ressourcen der Welt zu kontrollieren, zu weiteren Invasionen und Besetzungen führen.

Das erneute Auftreten von Kriegen und Kolonialismus belegt eindringlicher als je zuvor die Notwendigkeit, eine breite internationale Bewegung gegen Imperialismus und Militarismus aufzubauen. Die internationale Arbeiterklasse kann als einzige gesellschaftliche Kraft die Krise lösen, vor die der imperialistische Kapitalismus die Menschheit stellt. Die internationale Arbeiterklasse muss für ihr eigenes, unabhängiges Programm kämpfen: Die Neuordnung der Welt auf der Basis einer sozialistischen Perspektive.

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Siehe auch:
Fünfzig Jahre seit der Gründung Israels (10. Juni 1998)

Der politische Bankrott der PLO und die Wurzeln der Hamas ( 9. Juli 2002)

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