Die Nominierung Negropontes - Eine Warnung an das irakische Volk

Mit der Ernennung von John Negroponte zum neuen US-Botschafter in Bagdad signalisiert die US-Regierung unmissverständlich ihre Bereitschaft, einen langwierigen und schmutzigen Krieg gegen das irakische Volk zu führen.

Als Bush die Ernennung bekannt gab, beschrieb er Negroponte als "einen Mann mit enormen Erfahrungen und Fähigkeiten", der in seiner gegenwärtigen Tätigkeit als US-Gesandter bei den Vereinten Nationen einen "wirklich guten Job" gemacht habe. Er habe die Intentionen der USA, "Freiheit und Frieden" zu verbreiten, vor der Welt wirklich gut vertreten.

Die Medien schlossen sich dieser Erklärung Bushs im Wesentlichen an. Sie lobten Negropontes diplomatische Erfolge und erklärten, die Wahl seiner Person sei ein Hinweis darauf, dass die US-Regierung darauf setze, einen großen Teil der Verantwortung für den Irak an die UNO zu übergeben. Einige Artikel meinten, die Ernennung Negropontes sei ein Zeichen dafür, dass sich in dem verbissenen Kampf innerhalb der Regierung über die Politik am Persischen Golf das Außenministerium gegen das Verteidigungsministerium durchgesetzt habe.

Diese Kommentare lassen außer acht, dass Negroponte nicht als diplomatischer Vertreter gegenüber einem souveränen Staaten in den Irak geht. Seine Funktion gleicht eher der eines imperialen Statthalters, der mit uneingeschränkter Macht ein militärisch besetztes Land kontrolliert. Die Botschaft, die er leiten wird, ist die größte, die es jemals in der Welt gab. Ihr knapp 4.000-köpfiges Personal wird zunächst in einem der Paläste Saddam Husseins einquartiert sein und wie eine Kolonialregierung agieren.

Die Medien munkeln, die Regierung beabsichtige, Negropontes UN-Verbindungen zu nutzen, um die Besetzung des Irak durch die UNO absegnen zu lassen und zumindest eine symbolische Truppe zum Schutz von UN-Operationen im Land zu stationieren.

Negropontes Nominierung muss im Zusammenhang mit Bushs Absicht gesehen werden, die "Souveränität" zum 1. Juli an eine noch näher zu bestimmende irakische Instanz zu "übergeben". Paul Bremer, der derzeitige US-Verwalter im Irak, sprach vergangene Woche das Offensichtliche aus - dass nämlich die von den USA ausgebildeten irakischen Sicherheitskräfte nach dem 30. Juni die Sicherheit nicht garantieren können. Die Polizeikräfte sind infolge des Aufstands in den letzten Wochen arg dahin geschmolzen. Sie haben Wachen und Waffen an die Aufständischen ausgehändigt und sind entweder desertiert oder haben es abgelehnt, gegen ihre Landsleute zu kämpfen. Bremer machte klar, dass im Irak auf unbestimmte Zeit die einzig reale Macht von den 135.000 Soldaten der USA ausgehen werde.

Aber selbst das Gerede über eine Machtverschiebung vom Pentagon zum Außenministerium ist zweifelhaft. Es gibt zwei widersprüchliche Entwürfe für eine Präsidentendirektive, die den Charakter des Regimes ab dem 1. Juli bestimmt, schreibt die Washington Post vom 20. April.

"Die Version des State Department will dem Botschafter und seinem Korps die Verantwortung für sämtliche Bereiche der US-Politik übertragen, während der Vorschlag des Pentagon Ausnahmen vorsieht, die wichtige Verantwortlichkeitsbereiche in die Hände seines eigenen Personals geben, einschließlich der Zuteilung des größten US-Hilfspakets, das jemals aufgelegt wurde", berichtete die Zeitung.

Unabhängig davon, welches dieser Konzepte sich letzten Endes durchsetzt, wird Negroponte ohne Zweifel eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung und Umsetzung der amerikanischen Politik im Irak spielen. Er hat keine unmittelbaren Erfahrungen mit Einsätzen im Nahen und Mittleren Osten, und obwohl er angeblich fünf Sprachen spricht, gehört Arabisch nicht dazu. Aber er hat andere Erfahrungen, die ihn für die Unterdrückung des wachsenden irakischen Widerstandes als geeignet erscheinen lassen. Es sind seine Erfahrungen mit Massenmorden, mit verdeckten Operationen und der Organisation von Todesschwadronen. "Frieden und Freiheit" zu verbreiten, wie Bush salbungsvoll hervorhob, gehört weniger zu Negropontes "Erfahrungen und Fähigkeiten". Er hat eher Erfahrungen mit der Organisation blutiger Unterdrückung von Vietnam bis Mittelamerika gesammelt.

Einige Medienberichte hoben Negropontes Erfahrung im "Organisieren einer großen Botschaft" hervor. Das ist richtig. Die prägendste Erfahrung dürfte diesbezüglich seine Funktion als Chef der US-Botschaft in der Hauptstadt von Honduras, Tegucigalpa, auf dem Höhepunkt des schmutzigen Krieges der Reagan-Regierung gegen die nicaraguanischen Sandinistas und gegen den Volksaufstand in El Salvador gewesen sein.

Honduras, eine geradezu idealtypische, von Washington beherrschte "Bananenrepublik", wurde im gesamten 20. Jahrhundert von einer Allianz aus der United Fruit Company, dem einheimischen Militär und der US-Botschaft beherrscht.

In den 80er Jahren, als Negroponte die Verantwortung für die Botschaft trug, spitzte sich die Lage zu. Honduras wurde eine gigantische Basis für CIA-Operationen im konterrevolutionären Krieg gegen die Sandinisten, der etwa 50.000 Menschen das Leben kostete.

Von 1981-1985 war Negroponte US-Botschafter in Honduras, leitete Operationen wie die illegale Finanzierung der Contra-Söldner, den Ausbau der honduranischen Streitkräfte sowie die Einrichtung von Basen, Flugplätzen und Depots im ganzen Land. Dazu gehörte auch der Militärflughafen El Aguacate, der unter dem Vorwand errichtet wurde, er diene der Ein- und Ausreise von US-Soldaten, die turnusmäßig zu "Ausbildungszwecken" nach Honduras kamen. Tatsächlich diente er als permanente Basis mit dem Zweck, unter Verletzung vom US-Kongress verhängter Restriktionen die Ausrüstung der Contra-Söldner zu gewährleisten.

1999 wurden dort Massengräber und blutverschmierte Häftlingszellen entdeckt.

Während Negropontes Amtsperiode als Botschafter in Honduras verzwanzigfachte sich die US-Militärhilfe für das Land, das er nachdrücklich als ein Modell für Demokratie in Mittelamerika verteidigte.

Die Baltimore Sun enthüllte 1995 aufgrund einer detaillierten Untersuchung, dass Negropontes Amtsvorgänger ihn gewarnt hatte, die honduranischen Sicherheitskräfte neigten zu "außergesetzlichem Vorgehen - dem Verschwindenlassen und offenbar auch Eliminieren von Menschen, die als subversive Bedrohung angesehen wurden".

Negroponte unterdrückte jedoch jede Berichterstattung über die systematischen Menschenrechtsverletzungen, die mit seiner Amtsübernahme als Botschafter eskalierten. In jedem seiner Berichte, die er als Botschafter schrieb, behauptete er, es gebe im Land keine politischen Gefangenen, Folter oder ungesetzmäßige Hinrichtungen. "Studenten, Arbeiter und andere Interessengruppen haben jede Freiheit, sich zu organisieren", schrieb er.

In derselben Zeit wurden Hunderte Menschen entführt und "verschwanden", unter ihnen eine Anzahl Gewerkschaftsführer, Studentenführer und andere Gegner des Militärregimes. Gefangene wurden auf direkten Befehl des honduranischen Armeechefs routinemäßig gefoltert.

Diese schmutzige Arbeit übernahm oft das Bataillon 316, dessen Mitglieder in den USA ausgebildet und von der CIA in Honduras "beraten" wurden. Negroponte gab seine begeisterten Berichte über die Menschenrechtslage in Honduras im vollen Wissen über die grausige Arbeit dieser Killer ab.

Er bemühte sich, Berichte über Tötungen und Folter zu unterdrücken. Honduraner, die sich ihm entgegenstellten, beschuldigte er der "Unterstützung des Kommunismus". Als der Chef des Militärgeheimdienstes ins Ausland floh und öffentlich vor den Todesschwadronen des Bataillon 316 warnte, wies Negroponte dieses Zeugnis aus erster Hand als "unbegründet" ab.

Während seiner Nominierung zum US-Gesandten bei den Vereinten Nationen gab Negroponte CNN ein Interview und erklärte: "Manche dieser Regime mögen für den Außenstehenden nicht so appetitlich ausgesehen haben, wie man sich das als Amerikaner gewünscht hätte. Sie mögen Diktaturen gewesen sein, oder auf dem Weg, solche zu werden, während einem eine Demokratie lieber gewesen wäre. Aber bei dem [dortigen] Durcheinander war das vielleicht nicht möglich."

Ohne Zweifel wird das " Durcheinander" im Irak unter Negroponte noch "unappetitlichere" Maßnahmen rechtfertigen.

Honduras war nicht Negropontes erste Erfahrung mit verdeckten Maßnahmen und Massentötungen. Seine Karriereleiter im nationalen Sicherheitsapparat begann er als Beamter für politische Angelegenheiten in Saigon von 1964-1968. Seine damalige Funktion diente oft der Deckmantel für die Tätigkeit von Geheimagenten der CIA.

Von 1969 bis 1971 war er bei den Pariser Friedensverhandlungen mit Hanoi Mitarbeiter von Henry Kissinger. Wiederholt soll er Kissinger kritisiert haben, weil er der vietnamesischen Seite zu viele Zugeständnisse gemacht habe. Von 1971 bis 1973 leitete er in Vietnam die Operationen des Nationalen Sicherheitsrats, der damals von Henry Kissinger geführt wurde. Er spielte also neun Jahre lang eine Rolle in diesem Krieg, der Millionen Vietnamesen das Leben kostete.

Trotz dieser Vergangenheit erfolgte seine Ernennung als Botschafter bei den Vereinten Nationen, unmittelbar nach dem 11. September 2001, schnell und problemlos. Die Demokraten waren eifrig bestrebt, ihre Unterstützung für Bushs "Krieg gegen den Terror" zu demonstrieren, und hatten keine Skrupel eine Person zu bestätigen, die direkt mit den Terrorakten gegen die Menschen in Mittelamerika verbunden war.

Es gibt kaum Zweifel, dass es auch bei seiner Ernennung für den Bagdad-Einsatz keine Schwierigkeiten geben wird. Einer seiner begeisterten Befürworter ist Richard Holbrooke, der unter der Clinton-Regierung US-Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen war und in einer Kerry-Regierung als Außenminister gehandelt wird.

Siehe auch:
Die Vergewaltigung des Irak
(15. Mai 2003)
Die imperialistischen Mächte bereiten neue Formen des Kolonialismus vor
( 20. Oktober 2001)
Bush-Regierung: Iran-Contra-Ganster erleben neuen Frühling
( 8. August 2001)
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