Asylpolitik am Pranger

Herzog, Heike; Wälde, Eva: "Sie suchten das Leben. Suizide als Folge deutscher Abschiebepolitik", Hamburg/Münster, Unrast Verlag, 2004. ISBN 3-89771-810-3

"Jetzt, als Toter, bekommst du Asyl. Auf einem bayerischen Friedhof". So lautete der letzte Gruß an einem Blumenkranz am Grab des Äthiopiers Yohannes Alemu. In der Nacht vom 9. zum 10. Februar 1995 hatte er sich in Regensburg in die eiskalten Fluten der Donau gestürzt und war ertrunken. Einen Tag zuvor hatte das Ausländeramt Regensburg seinen Asylantrag endgültig abgelehnt und ihm die Abschiebung angedroht.

Der Suizid von Yohannes Alemu ist einer von insgesamt 17 Fällen, die Heike Herzog und Eva Wälde dokumentieren. Die beiden Autorinnen sind den insgesamt 23 Selbstmorden von Asylbewerbern in Bayern seit 1993 nachgegangen, haben Bekannte und Verwandte der Verstorbenen befragt und Gespräche mit Rechtsanwälten und Migrationssozialarbeitern geführt. Die einzelnen Fälle werden angereichert mit längeren Kapiteln über die schrittweise Verschärfung der Asylpolitik in Deutschland in den letzten Jahrzehnten, über die sonst selten thematisierten ökonomischen und politischen Fluchtursachen, über die Traumatisierung von Flüchtlingen und über die Folgen des Asylrechts für die Alltagsbewältigung Asylsuchender.

Herausgekommen ist eine scharfe Anklage gegen die deutsche Asylverhinderungspolitik. Die steten Vorwürfe des "Asylmissbrauchs", die alltäglichen bürokratischen Gängeleien, die Unterbringung in Aufnahmelagern und Abschiebehaftanstalten zermürben die Menschen, die hofften, in Deutschland Schutz und ein Auskommen für ihr Leben zu finden. Die dokumentierten Suizide stehen als letzte Verzweiflungstaten von Flüchtlingen, die für sich keine Chance auf ein menschenwürdiges Leben mehr sahen.

Die Stärke des Buches liegt dabei eindeutig in den zum Teil erschütternden Berichten der einzelnen Fluchtgeschichten. Die theoretischen Kapitel hingegen sind zwar gut recherchiert und komplettieren das Bild der menschenverachtenden Ausländerpolitik in Deutschland, doch als deren Ursache wird unterschwellig ein tief im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung verankerter Rassismus verantwortlich gemacht. Daraus resultiert ein in antirassistischen Texten häufig vorzufindender Pessimismus, der jede Perspektive auf die arbeitende Bevölkerung zur Überwindung der gesellschaftlichen Verhältnisse fallen gelassen hat. Bevor wir darauf zurückkommen, sollen jedoch zunächst die Vorzüge des Buches geschildert werden.

Wie in deutschen Amts- und Gerichtsstuben Asyl verweigert wird

Der bereits erwähnte 27-jährige Äthiopier Yohannes Alemu war Aktivist einer Oppositionsgruppe, die von der äthiopischen Regierung massiv unterdrückt wurde. Er wurde verhaftet, geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert. Zwei Wochen nach seiner Entlassung gelang ihm mit einem Touristenvisum die Flucht nach Deutschland.

Dort stellte er einen Antrag auf politisches Asyl. Der Antrag wurde abgelehnt, da Alemu als "nicht glaubwürdig" eingestuft wurde. Begründung des Entscheiders: Wer von der deutschen Botschaft ein Touristenvisum erhalten habe, könne so verfolgt nicht sein.

Die Klage Alemus gegen den negativen Bescheid wurde vom Verwaltungsgericht Regenburg abgewiesen. Yohannes Alemu konnte wichtige Dokumente aus finanziellen Gründen nicht übersetzen lassen, andere Unterlagen aus Äthiopien erhielt er viel zu spät. Nachdem ein Antrag auf Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgewiesen wurde, übergab er seine Unterlagen seinem Rechtsanwalt. Wenige Stunden später tötete er sich selbst.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie das Verwaltungsgericht Regensburg hatten stets neue Gründe erfunden, um die Glaubwürdigkeit Alemus anzuzweifeln. War es erst das Touristenvisum, wurde ihm später nachgesagt, seine Stellung im äthiopischen Finanzministerium deute darauf hin, dass er nicht verfolgt sein könne, wenn er in einer so exponierten Position tätig sei. Dabei war Yohannes Alemu nur wissenschaftlicher Mitarbeiter im Pressezentrum des Ministeriums.

Der "Glaubwürdigkeitstest" ist immer mehr zum zentralen Angelpunkt bei den Anhörungen vor dem Bundesamt geworden, um Flüchtlingen Asyl zu verweigern. Wie die Autorinnen schildern, wird der Schwerpunkt nicht auf die tatsächlichen Fluchtursachen gelegt, sondern auf den Reiseweg. Zum einen, um eine mögliche Drittstaatenregelung in Anschlag zu bringen, d.h. den Flüchtling in ein anderes, angeblich "sicheres" Land abzuschieben. Zum anderen, um den Flüchtling in Widersprüche zu verwickeln. Selbst wer anhand von Narben und Wunden oder Akten minutiös darlegen kann, dass er gefoltert wurde und bei einer Rückkehr in das Herkunftsland weiter verfolgt werden wird, erhält in Deutschland noch lange kein Asyl, wenn er sich beispielsweise nicht mehr korrekt an die Airline erinnern kann, die ihn nach Deutschland gebracht hat. Dem Antragsteller wird dann vorgeworfen, sich seiner "Mitwirkungspflicht" zu entziehen, und er wird als "nicht glaubwürdig" abgewiesen.

Die sich über Jahre hinziehenden Asylverfahren lassen zudem viele Flüchtlinge verzweifeln. Positive Bescheide werden fast schon routinemäßig einem Widerrufsverfahren unterzogen, wodurch der Flüchtling in einem ständigen Gefühl der Unsicherheit gehalten wird. Alabamou Mamah aus Togo gab nach vier Jahren Kampf um die Anerkennung seines Asylantrages auf und stürzte sich am 10. Mai 1999 in Würzburg in den Tod.

Als in Togo 1992 Parteien offiziell zugelassen wurden, hatte sich Mamah der neu gegründeten Union des Forces de Changement (UFC - Vereinigung der Kräfte für einen Wandel) angeschlossen. Er geriet immer wieder in Auseinandersetzungen mit der Polizei und wurde im Mai 1992 verhaftet. Zweieinhalb Jahre musste er ohne Anklage oder Gerichtsverfahren im Gefängnis sitzen, wurde dort misshandelt und gefoltert. Sein Haus wurde zerstört, sein Eigentum beschlagnahmt. Im März 1995 floh er nach Deutschland.

Im November des gleichen Jahres erhielt er Abschiebeschutz, das so genannte kleine Asyl, mit dem er sich für die nächsten zwei Jahre sicher glaubte. Doch der Beauftragte des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAF1) legte Beschwerde gegen den Bescheid ein, dem das Verwaltungsgericht Regensburg stattgab. Das kleine Asyl wurde Mamah nach vier Monaten wieder entzogen.

Klagen gegen diesen Entscheid endeten ebenso wie ein Asylfolgeantrag ergebnislos. Obwohl dem Gericht Stellungnahmen vorlagen, dass alleine schon die Asylantragstellung in Deutschland zu einer Gefährdung der Flüchtlinge bei deren Rückkehr über den Flughafen Lomé, der Hauptstadt Togos, führen kann, sah das Gericht keinerlei Abschiebehindernisse. Mamah hätte nach Auffassung des Richters auf dem angeblich "sicheren" Landweg über Ghana oder Benin einreisen können.

In einem anderen Verfahren gegen einen Togoer im Jahre 1996 hatte ein Augsburger Verwaltungsrichter sogar entschieden, dass es Flüchtlingen zumutbar sei, politische Aktivitäten wie Teilnahme an Demonstrationen "im Heimatland zu unterlassen, wenn sie sich gerade dadurch und damit der Gefahr politischer Verfolgung aussetzten". Mit anderen Worten: deutsche Richter machen die Flüchtlinge selbst dafür verantwortlich, dass sie politisch verfolgt werden.

Der Asylfolgeantrag Alabamou Mamahs wurde abgewiesen, da Mamah nicht überzeugend darlegen konnte, in Deutschland bei togoischen Oppositionsgruppen politisch aktiv gewesen zu sein. Doch das konnte er auch gar nicht. Durch die auferlegte Residenzpflicht konnte er keinen dauerhaften Kontakt zu Oppositionsgruppen in Deutschland halten. Im Mai 1999 gab er den Kampf gegen die deutschen Gerichte und das deutsche Asylverfahrensgesetz auf und ertränkte sich im Main.

Es sind diese ausführlichen Porträts von Einzelschicksalen hinter den nackten Zahlen, die einen Einblick in die Realität des deutschen Asylrechts geben. Und auch wenn die präsentierten Fluchtbiografien alle aus Bayern stammen, wo seit 1993 insgesamt 23 Suizide von Flüchtlingen, denen unmittelbar die Abschiebung drohte, dokumentiert sind, stehen sie doch exemplarisch für eine bundesweite Praxis, in der das Asylrecht faktisch nicht mehr existiert und Tod und Verletzung von Flüchtlingen fast schon billigend in Kauf genommen werden.

Nach Informationen der Antirassistischen Initiative Berlin haben sich seit 1993 mindestens 121 Flüchtlinge aufgrund der bevorstehenden Abschiebung das Leben genommen, davon 47 in Abschiebehaft. Knapp 500 Flüchtlinge haben sich aus Verzweiflung selbst verletzt oder versucht umzubringen. Fünf Flüchtlinge starben während ihrer Abschiebung, 21 kamen nach ihrer Abschiebung zu Tode, 57 Flüchtlinge verschwanden spurlos nach ihrer Deportation, über 360 wurden wieder misshandelt und gefoltert.

Heike Herzog und Eva Wälde decken Spitzfindigkeiten auf, mit denen ganzen Gruppen von Asylbewerbern Schutz vor Verfolgung verweigert wird. Seit 1986 ist es gängige Praxis, Folter unterschiedlich zu bewerten. Folter, die polizeilichen Ermittlungen diene und damit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts "strafrechtlich abgesichert" sei, wird ebenso wenig als Fluchtgrund anerkannt wie "gleichmäßige Folter", die "unterschiedslos" gegen ganze Menschengruppen ausgeübt wird. Damit konnten etwa die Asylanträge tamilischer Flüchtlinge aus Sri Lanka reihenweise abgelehnt werden.

Wie Flüchtlinge systematisch entrechtet werden

Das Buch glänzt durch eine Fülle an Details und Hintergrundwissen. Es zeichnet die Geschichte der Abschiebehaft seit der Weimarer Republik nach und zeigt dabei, dass der gültige Gesetzestext zur Anordnung der Abschiebehaft zum Teil wörtlich der Ausländerpolizeiverordnung der Nazis von 1938 entspricht.

Die in Europa einmalige "Residenzpflicht" verhindert nicht nur die politische Betätigung, die Teilnahme am sozio-kulturellen Leben und jede zwischenmenschliche Beziehung, sondern dient auch dazu, Flüchtlinge zu kriminalisieren. Eine einmalige Verletzung der Residenzpflicht gilt noch als Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld geahndet wird. Wer jedoch wiederholt gegen die Residenzpflicht verstößt, wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft - als sei es ein Kapitalverbrechen. Die bundesdeutsche Residenzpflicht hatte ihre Entsprechung - wie die Autorinnen darlegen - nur im "Passgesetz" des südafrikanischen Apartheidstaates.

Eine Arbeitsaufnahme ist den Flüchtlingen aufgrund behördlicher Auflagen praktisch nicht möglich. Dabei sind die Flüchtlinge auf ein eigenes Einkommen angewiesen. Die im Asylbewerberleistungsgesetz von 1993 festgelegten Sätze für Flüchtlinge wurden bis heute nicht angehoben. Danach erhält jeder Flüchtling Sachleistungen in Höhe von rund 184 Euro, wobei Ernährung und Unterkunft schon inbegriffen sind, und ein Taschengeld von 40,90 Euro pro Monat "zur Deckung des täglichen Bedarfs". Vom Taschengeld müssen auch Anwaltshonorare, Reise- und Telefonkosten bezahlt werden. Einkommen und Vermögen der Flüchtlinge werden voll auf die Leistungen angerechnet.

Das bedeutet auch, dass Flüchtlinge, die ein eigenes Einkommen haben, selbst für ihre Unterkunft im Flüchtlingslager aufkommen müssen. Für ein Bett in der Gemeinschaftsunterkunft werden etwa 153 Euro pro Monat fällig, für jedes weitere Familienmitglied noch einmal 77 Euro. Eine vierköpfige Familie zahlt so monatlich 384 Euro Miete - für ein 15 qm Zimmer. Der Quadratmeterpreis in einem Flüchtlingslager liegt damit bei etwa 26 Euro!

Herzog und Wälde zeigen zudem auf, dass die seit den 1980er Jahren von allen deutschen Regierungen propagierte Aufteilung in politische Flüchtlinge und "Wirtschaftsflüchtlinge", denen kein Asylrecht zugestanden wird, unhaltbar ist. Sie legen dar, dass das Regime in Togo von den europäischen Staaten mit Waffen und Geld unterstützt wird, um Regimegegner mundtot zu machen. Am Beispiel Ghanas weisen sie nach, wie die von den imperialistischen Staaten durchgesetzten Strukturanpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu verschärfter Armut und damit zur Auswanderung führen.

Der westafrikanische Staat Ghana mit seinen knapp 20 Mio. Einwohnern zählt zu den Musterschülern des IWF, obwohl er zu den 50 ärmsten Staaten der Welt gehört und die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung völlig ungesichert ist. Unter dem 1983 eingeführten ökonomischen Diktat des IWF driftete die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Heute leben über 30 Prozent der ghanaischen Bevölkerung in absoluter Armut, über 40 Prozent sind Analphabeten. Über 50 Prozent haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, da die Wasserversorgung privatisiert wurde und große Teile der Bevölkerung sich Trinkwasser schlichtweg nicht mehr leisten können.

Seit 1987 zahlt Ghana mehr Geld an den IWF zurück, als es im Rahmen der Strukturanpassung erhalten hatte. Bis heute übersteigen Schuldendienst und Zinszahlungen an die Gläubigerländer die staatlichen Ausgaben für Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit. Deutschland zählt zu den fünf wichtigsten Handelspartnern Ghanas und ist daher auch eines der Hauptziele der Migranten, die aus Elend und Not fliehen.

Die politische Einschätzung der Autoren

Doch trotz dieser kenntnisreichen Darstellung der Hintergründe von Flucht und Migration, der Entwicklung der Asylgesetzgebung und der Auswirkungen des deutschen Asylrechts auf das Leben von Flüchtlingen, bleiben Heike Herzog und Eva Wälde bei der Einschätzung der politischen Zusammenhänge hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Herzog und Wälde betrachten die bundesrepublikanische Gesellschaft en bloc, als einen Monolithen, der geschlossen den Flüchtlingen feindlich gegenübertritt. Man stößt öfter auf Sätze wie, "Vorurteile und Rassismen, die in der Bevölkerung weit verbreitet sind, wurden kultiviert und erhielten schließlich Einzug im politischen Alltag" (S. 33). Es ist die Rede von der "Passivität der Mehrheitsbevölkerung", alltäglichem Rassismus und Denunziantentum.

Es wäre falsch, die vorhandene Ausländerfeindlichkeit einfach zu leugnen. Aber es ist völlig fatal, wenn in fast naiver Weise nahe gelegt wird, dass politische Entscheidungen und ideologische Konzepte der herrschenden Elite nur ein Reflex der ausländerfeindlichen Stimmung der Bevölkerung seien.

Rassistische Begriffe wie "Asylantenschwemme", "Scheinasylant" und "Wirtschaftsflüchtling" stammen nicht, wie Herzog und Wälde glaubhaft machen wollen, aus der Bevölkerung, sondern von Politikern und Medien. Unter dem Vorwand, die "Ausländerproblematik" nicht rechtsextremen Demagogen zu überlassen, wenden sich die führenden Parteien selbst scharf nach rechts. Flüchtlinge und Ausländer werden zu Sündenböcken der sozialen und wirtschaftlichen Krise gestempelt. Die von den Gewerkschaften mitgetragene "Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland" durch Lohnverzicht und Arbeitszeitverlängerung tut ein Übriges, um nationalistische Konzeptionen zu verbreiten. Die Gewerkschaftsbürokratien haben zudem die Propaganda unterstützt, dass Migranten und Flüchtlinge den Arbeitsmarkt belasten, damit Ausländern den Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert und schließlich der Spaltung der Arbeiterklasse nach Herkunft und Hautfarbe Vorschub geleistet.

Auch wenn der Klappentext zu verstehen gibt, dass das vorliegende Buch "einen Anstoß für Diskussionen über den gesellschaftlichen Umgang mit Minderheiten geben" möchte, spricht aus dem Buch eine typisch kleinbürgerlich-radikale Haltung, die in antirassistischen Kreisen gerade in Deutschland weit verbreitet ist. Die "gemeine Bevölkerung" wird dabei als bloße Masse gesehen, die ihre Privilegien sichern will und daher von Grund auf rassistisch sei. Diese Haltung geht auf die Frankfurter Schule zurück, die für den Aufstieg des Nationalsozialismus die Manipulierbarkeit und Rückständigkeit der Arbeiterklasse (mit)verantwortlich gemacht hat. Seither wird in solchen selbst ernannten "linken" Zirkeln jede Perspektive, die sich auf die Arbeiterklasse stützt, abgelehnt.

Daher ziehen Herzog und Wälde nicht die offensichtlichen Schlussfolgerungen, obwohl sie selbst auf die Entrechtung von Migranten und Flüchtlingen und deren Ausbeutung als billige Arbeitskräfte hinweisen.

Es ist die globale Offensive des Kapitals gegen die Arbeiterklasse, die überall auf der Welt Arbeiter dazu bringt, ihre Heimat zu verlassen, um woanders ein Auskommen zu haben. Und es ist die Verschärfung des Asylrechts, die Flüchtlinge und Migranten in Deutschland in einen permanenten Zustand der Unsicherheit versetzt und sie in die Illegalität treibt. Flüchtlinge werden systematisch ihrer sozialen und demokratischen Rechte beraubt und können dann als billige, flexible und weitgehend entrechtete Arbeitskräfte eingesetzt werden. Dadurch werden Löhne und Sozialstandards insgesamt nach unten gedrückt. Die von der bundesdeutschen Politikerkaste als "unnütz" diffamierten Flüchtlinge und Migranten erweisen sich dabei als ausgesprochen hilfreich. Sie dienen der Schaffung eines Niedriglohnsektors, mit dem Konzerne und Unternehmen ihre Profite in den Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs sichern. Die Angriffe gegen Flüchtlinge sind daher auch ein Angriff auf den Lebensstandard der gesamten Arbeiterklasse.

Die institutionalisierte Ausgrenzung von Flüchtlingen, die von Herzog und Wälde eindrücklich beschrieben wird, dient nicht der Wohlstandsmehrung der deutschen Bevölkerung im Ganzen sondern einer kleinen herrschenden Elite. Doch Heike Herzog und Eva Wälde sehen hier ein "rassistisches System" am Werk, das die Bevölkerung als Ganze umfasst und alles Fremde aussondert, um den "deutschen Wohlstand" und die "politische Vorherrschaft gegenüber Flüchtlingen und Migranten" zu erhalten (S. 203).

Durch die schlichte Trennung in deutsche Bevölkerung auf der einen und Flüchtlinge auf der anderen Seite entgeht den Autorinnen jedoch, dass die entscheidende Grenze nicht zwischen Staaten sondern zwischen Arm und Reich verläuft. In vereinfachender Weise stellen Herzog und Wälde die "reichen" Länder des Nordens den "armen" Ländern des Südens gegenüber. Und wenn die Fluchtursachen in den bestehenden ökonomischen Verhältnissen der Weltwirtschaft gesehen werden, wird damit im Wesentlichen nur die Ungleichheit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Staaten angesprochen und nicht das auf Profitmaximierung beruhende System des Kapitalismus, das die Löhne, Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen von Arbeitern auf der ganzen Welt, ungeachtet ihrer Hautfarbe, angreift.

Nur durch die Arbeiterklasse können soziale und demokratische Rechte von Ausländern und Flüchtlingen verteidigt werden. Die Hetze gegen Immigranten und die Spaltung der Arbeiterklasse nach Herkunft und Hautfarbe, mit der die arbeitende Bevölkerung in Schach gehalten werden soll, kann nur durch die internationale Einheit der Arbeiterklasse und die Umgestaltung der Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage beendet werden.

Siehe auch:
Die Abschiebepraxis des Berliner SPD/PDS-Senats
(22. Juli 2004)
Tod während der Abschiebung
( 1. April 2004)
Die tödlichen Folgen deutscher Flüchtlingspolitik
( 24. Dezember 2003)
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