Bundestag verlängert Sudan-Einsatz der Bundeswehr

Die Bundestagsdebatte vom 16. Dezember über die Verlängerung des Bundeswehr-Mandats im Sudan wirft ein grelles Licht auf die Rolle der sogenannten parlamentarischen Opposition. Während mit den Fraktionen von CDU/CSU und SPD 73 Prozent der Abgeordneten fest in die Regierungsdisziplin eingebunden sind, spielen die drei Oppositionsparteien - FDP, Linkspartei und Grüne - bestenfalls die Rolle eines pseudodemokratischen Feigenblatts.

Der Bundestag beschloss die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes mit 487 zu 39 Stimmen. Bis zu 200 bewaffnete deutsche Soldaten werden die Mission "Amis" der Afrikanischen Union (AU) logistisch unterstützen. Die Bundeswehr soll vor allem Streitkräfte und Material per Lufttransport aus Staaten der AU in den Sudan befördern.

Der Sudan ist für die deutschen Interessen in Afrika von enormer Bedeutung. Das Land nimmt eine strategische Schlüsselposition zwischen dem Nahen Osten und Nordafrika ein und fördert gegenwärtig täglich etwa 250.000 Barrel Öl - die Tendenz ist steigend.

Gegen die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes sprach sich lediglich die Linkspartei aus - und dies auch nur, weil ein geltender Parteitagsbeschluss noch jede Form des Auslandseinsatzes der Bundeswehr ablehnt.

Ähnlich wie dies vor zehn Jahren bei den Grünen der Fall war, wird dieser Beschluss aber parteiintern längst in Frage gestellt. So hatten sich nach Angaben des Nachrichtenmagazins Der Spiegel bei einer fraktionsinternen Probeabstimmung fast ein Drittel der Linkspartei-Abgeordneten gegen eine Ablehnung des Einsatzes ausgesprochen. Im Plenum stimmten dann nur 39 der 54 Abgeordneten dagegen. Die Restlichen enthielten sich der Stimme.

Es kann keinen Zweifel geben, dass die Linkspartei ihre ablehnende Haltung ganz aufgeben wird, sobald sich die Chance für eine Regierungsbeteiligung ergibt. Schon die Grünen hatten 1998 ihren Eintritt in die Bundesregierung mit der Zustimmung zum Nato-Krieg gegen Jugoslawien erkauft. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die beiden Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi und Oskar Lafontaine eine Koalition mit SPD und Grünen anstreben, sollte die Große Koalition unter Angela Merkel vorzeitig scheitern. "Wer zu Wahlen Antritt", erklärte Gysi, "muss zu beiden Formen der Verantwortung bereit sein: in Regierung oder Opposition." Wahlkampfleiter Bodo Ramelow wurde noch etwas deutlicher: "Wir müssen regierungsbereit sein - auch im Bund."

Nachdem sich die Redner aller Parteien für den Militäreinsatz ausgesprochen und sich gegenseitig Beifall geklatscht hatten, konnten sich die Vertreter des Regierungslagers gelassen zurücklehnen, als Norman Paech für die Linkspartei begründete, weshalb seine Fraktion der Verlängerung nicht zustimmen werde - auch wenn den Abgeordneten diese Entscheidung nicht leicht gefallen sei. Bezeichnenderweise übernahmen anschließend die Grünen die Aufgabe, den Kurs der Regierung zu verteidigen. Sie gebärdeten sich dabei als aggressivste Vertreter einer aufs Militär gestützten Außenpolitik.

Paech sagte, die PDS habe den Sudan-Einsatz schon vor einem Jahr abgelehnt, weil "sie einen derartigen militärischen Einsatz für untauglich hielt, sowohl die ökonomischen und die sozialen Ursachen als auch deren furchtbare Auswirkungen in den Griff zu bekommen und zu beheben". Außerdem sei zu befürchten, dass der Militäreinsatz ausgeweitet werde und schließlich EU und NATO und nicht mehr die AU die Operation führten.

Paech verwies auf Aussagen des früheren Verteidigungsministers und jetzigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, dass die Bundeswehr bald auch in Afrika präsent sein müsse. Ferner zitierte er den Staatssekretär im Verteidigungsministerium Friedbert Pflüger: "Weil Europa... zunehmend Energie aus anderen Regionen importieren muss, müssen wir dem afrikanischen Ölreichtum als Potenzial zur Diversifizierung unserer Bezugsquellen mehr Aufmerksamkeit schenken.... Anders als wir haben die USA die Bedeutung des afrikanischen Öls bereits erkannt und werden 2015 ein Viertel ihrer Öleinfuhren aus Westafrika bestreiten."

Statt mit militärischen solle die Bundesregierung mit zivilen Mitteln ihre Politik durchsetzen, forderte Paech: "Im Auswärtigen Amt gibt es ein Referat, das sich mit Konfliktprävention und Mediation beschäftigt. Es gibt sehr viele Mittel zur Friedensförderung, die ohne militärische Einsätze auskommen. Diese Instrumente müssen wir nutzen."

Seine Rede wurde durch ständige Zwischenrufe aus allen Fraktionen unterbrochen. Am schwersten aber konnten die Grünen Paechs Beitrag ertragen. Gegen Ende der Rede meldete sich schließlich Hans-Christian Ströbele mit einer Zwischenfrage. Ströbele hatte den Grünen lange Zeit als linkes Aushängeschild gedient. Den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hatte er anfangs noch offiziell abgelehnt, dann aber dafür gesorgt, dass die parteiinterne Opposition in sich zusammenbrach. Etlichen Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan, Mazedonien und Afrika erteilte er schließlich seinen Segen.

Ströbele sagte: "Herr Kollege Paech, ich verstehe viele Ihrer Argumente, auch das mit dem Öl." In diesem Fall habe doch aber die Afrikanische Union selbst um Hilfe gebeten. Diese Hilfe zu verweigern, hieße laut Ströbele die Selbstbestimmung Afrikas zu unterlaufen.

Noch deutlicher äußerte sich die Grünen-Abgeordnete Uschi Eid. Paechs Argumente hätten sie "tief erschüttert". Währen ihrer gesamten Rede schrie sie hysterisch in Richtung Linkspartei. Paechs Argumentation schütze Mörder und Vergewaltiger. Auf der einen Seite stünden Regierung und Rebellen "und auf der anderen Seite das Volk: Frauen, Männer, Kinder, die vertrieben werden, die ermordet werden, die vergewaltigt werden. Dann frage ich Sie: Auf wessen Seite stehen Sie denn als Linke? Als Linker steht man doch auf Seite der Opfer und nicht der Seite der Täter! Doch auf der Seite der Täter steht man, wenn man sich raushält. Durch Wegschauen macht man sich schuldig!"

Eids Rede wurde von heftigem Applaus der Abgeordneten von Union, SPD, FDP und den Grünen selbst begleitet.

Die Grünen sind längst zu aggressiven Vertretern des deutschen Militarismus geworden. In ihrer siebenjährigen Regierungszeit haben sich deutsche Truppen das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg wieder an Kriegen beteiligt. Die Grünen spielten mit ihren anfangs heftigen inneren Auseinandersetzungen eine Schlüsselrolle dabei, die Kriegseinsätze gegen den verbreiteten Widerstand in der Bevölkerung durchzusetzen. Heute stehen sie mit der Forderung nach einer schlagkräftigen Berufsarmee am rechten Rand der Debatte.

Es ist bemerkenswert, dass die Grünen jetzt so hysterisch auf Argumente reagieren, die sie vor zehn Jahren noch selbst formuliert hatten. Sie haben mit jedem Ansatz alternativer Politik gebrochen und sind zu einer rechten Mittelstandspartei geworden. Mit ihren Tiraden gegen die Linkspartei wollen sie das unter Beweis stellen.

Während die Linkspartei eine Koalition mit SPD und Grünen anstrebt, bereiten sich die Grünen auf ein Zusammengehen mit Union und FDP vor. Sie hatten schon auf ihrem Parteitag im Oktober deutlich gemacht, dass sie in Zukunft die Koalition mit keiner Partei ausschließen wollen. Die jüngsten Auftritte von Eid und Ströbele sind in diesem Sinne als Werbung zu verstehen: Sie richten sich gegen die eigene Vergangenheit, weil diese zukünftigen Koalitionen im Weg stehen könnte.

Einen ersten Erfolg haben sie zu verbuchen: Die CDU Abgeordnete Anke Eymer begann ihre Rede mit den Worten: "Ich möchte von dieser Stelle aus Uschi Eid sehr herzlich zu ihren Worten gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!"

Siehe auch:
Rechtes Lob für rot-grüne Außenpolitik
(1. Oktober 2005)
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