Der verbrecherische Krieg gegen Irak geht in das dritte Jahr

Am heutigen 19. März beginnt das dritte Jahr der amerikanischen Intervention in Irak, deren Folgen für die irakische und die amerikanische Bevölkerung immer tragischer werden.

Die irakischen Todesopfer, verursacht durch US-Luftschläge, Todesschüsse an Straßenblockaden und rücksichtslose Eroberung von Städten wie Falludscha im November, zählen nach Zehntausenden. Die amerikanischen Opferzahlen sind mittlerweile auf mindestens 1.520 tote und 11.200 verletzte Soldaten angestiegen, und bis zu 100.000 Soldaten sind infolge der Massaker, die sie im Irak erlebten, psychisch krank.

Eine amerikanische Besatzungsmacht von 150.000 Soldaten hat sich als unfähig erwiesen, den irakischen Widerstand zu brechen oder auch nur das Zentrum von Bagdad zu sichern. Nichts deutet daraufhin, dass das sinnlose Töten weniger wird oder gar aufhört. Amerikanische Politiker und Militärführer sprechen mittlerweile von einer Besatzung, die zehn Jahre oder länger dauern könnte. Das tägliche Leben des irakischen Volkes ist nach wie vor katastrophal: Millionen Menschen sind arbeitslos, grundlegende Dienstleistungen wie Strom, Wasser und sanitäre Einrichtungen liegen danieder, und überall lauert die Gefahr gewaltsamer Übergriffe.

Dennoch werben die US-Medien und die angebliche Oppositionspartei der Demokraten verstärkt dafür, die Regierung Bush vom Vorwurf eines unprovozierten und auf Lügen gestützten Kriegs freizusprechen und den amerikanischen Militarismus als Vorkämpfer für Demokratie im Irak und im ganzen Nahen Osten darzustellen. Die Behauptung, die Eroberung Iraks durch die USA diene der Einführung von Demokratie und begeistere die Völker der ganzen Region, ist noch grotesker, als es die Lügen über irakische Massenvernichtungswaffen und irakische Verbindungen zum Al-Qaida-Terrorismus waren.

Die US-Intervention im Irak ist kein demokratisches Vorbild, sondern ein Verbrechen. Ermöglicht wurde sie durch ein historisches Versagen der Demokratie in den Vereinigten Staaten, verursacht durch die beispiellose soziale Polarisierung zwischen der arbeitenden Bevölkerungsmehrheit und einer Finanzoligarchie, die beide Parteien, Demokraten wie Republikaner, kontrolliert.

Die Bush-Regierung, die unter Missachtung des Bevölkerungswillens an die Macht gelangte, hatte schon beim Amtsantritt fertige Kriegspläne zur kolonialen Unterwerfung des Iraks in der Schublade. Sie stürzte sich auf die Attentate vom 11. September 2001 und nutzte sie als Vorwand zur Verwirklichung dieser Pläne. Sie tat alles, um die amerikanische Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und so für den Krieg einzunehmen. Unterstützt wurde sie darin von den Demokraten und den Massenmedien, die den schamlosen Lügen der Regierung in keiner Weise entgegentraten.

Die stillschweigende Zustimmung der Medien und der Demokraten zeigt, dass es in der herrschenden Elite der USA Übereinstimmung über das Führen sogenannter Präventivkriege und den Einsatz der US-Armee zur Eroberung von Ölressourcen und zur Sicherung der globalen Hegemonie gibt.

Der 19. März 2003 wird als Tag der Schande in die Geschichte eingehen. Die größte imperialistische Macht der Welt hat unter frecher Missachtung des Völkerrechts ihre geballte Militärkraft gegen eine wehrlose Nation gerichtet, die keinerlei Bedrohung für die USA darstellte.

Der kriminelle Charakter der Invasion durchdringt wie ein Krebsgeschwür jede Facette der US-Operation im Irak. Alle Verbrechen, die in Verbindung mit den Kolonialkriegen in Nahost, Afrika, Asien und andern unterdrückten Weltregionen begangen wurden, werden hier in großem Maßstab wiederholt.

Das amerikanische Militär verfügt über ein ganzes Netz von Konzentrationslagern, in denen mindestens 10.000 Iraker darben, von denen kaum einer offiziell unter Anklage gestellt wurde. Lange Zeit haben die Massenmedien nur am Rande über die Empörung und Schande berichtet, die letztes Jahr die Enthüllungen von Folter und Missbrauch im Abu-Ghraib-Gefängnis hervorriefen. Und doch kommen ständig neue und noch schrecklichere Kriegsverbrechen an den Tag.

Inzwischen gibt selbst das Pentagon zu, dass im Irak und in Afghanistan 108 Menschen in Gefangenschaft ums Leben kamen, die meisten gewaltsam. Mindestens in jedem vierten Todesfall wird wegen Mordes ermittelt. In einigen dieser Fälle handelte es sich um Gefangene, die vor ihrem Tod über längere Zeit hinweg gefoltert oder geschlagen worden waren. Wenn schon soviel veröffentlicht wird, kann man mit Fug und Recht annehmen, dass noch viel schrecklichere Verbrechen als Militärgeheimnisse verschwiegen werden.

Die irakische Bevölkerung wurde zum Opfer von Kriegsverbrechen wie der vorsätzlichen Erschießung von Zivilisten durch das US-Militär oder der Verhängung von Kollektivstrafen. Der Name Falludscha wird als Synonym für entsetzliche Gräuel gleichrangig mit dem Warschauer Ghetto, Guernica, Lidice oder My-Lai in die Geschichte eingehen.

Die fast 300.000 Einwohner der Stadt wurden durch die US-Belagerung aus ihren Häusern vertrieben. Ein Bericht des Flüchtlings-Hochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) meldete Anfang des Jahres, dass zwar 85.000 von ihnen zurückgekehrt sind und die Checkpoints der US-Armee passieren, aber nur dreitausend über Nacht in der Stadt bleiben. Die überwältigende Mehrheit fand ihre Häuser in Schutt und Asche vor. In der Stadt sind Strom und Wasser abgestellt und die Krankenhäuser geschlossen. Laut einer Zusammenfassung des UNHCR-Berichts über Falludscha wurden "vierzig Prozent der Häuser komplett zerstört, zwanzig Prozent hatten große Schäden und vierzig Prozent erhebliche Schäden".

Wie Augenzeugen berichten, werden immer noch Leichen aus dem Schutt geborgen. Überlebende sind nach wie vor durch den Massenmord in dieser Stadt traumatisiert, und einige erzählen von Massakern, bei denen die Marines systematisch die Häuser durchkämmten und unbewaffnete Zivilisten umbrachten.

Der Journalist Dahr Jamail erzählt in einem Bericht für Inter Press Service über die Aussagen eines 16-jährigen Mädchens:

"Sie blieb drei Tage lang bei den Leichen ihrer Familie, die in ihrem Haus getötet worden waren. Als die Soldaten eindrangen, war sie in diesem Haus zusammen mit ihrem Vater, der Mutter, dem zwölfjährigen Bruder und zwei Schwestern. Sie sah, wie die Soldaten hereinkamen und sofort, ohne ein Wort zu sagen, ihren Vater und ihre Mutter erschossen. Darauf schlugen sie auf ihre zwei Schwestern ein und schossen sie in den Kopf. Während sie noch feuerten, griff der Bruder zornig ein, worauf sie auch ihn erschossen."

Das Gemetzel geht weiter. Nicht nur die US-Soldaten, sondern auch eine Armee von Söldnern, von denen nicht wenige vorher für faschistische Todesschwadronen in Ländern wie Südafrika und Chile arbeiteten, haben eine Lizenz zum Töten, wobei sie jede irakische Person - Mann, Frau oder Kind - als potentielle Gefahr betrachten können. Die Allgegenwart dieser Art von Gewalt wurde letzte Woche offensichtlich, als ein führender General der irakischen Armee an einer Straßenblockade erschossen wurde, weil er die Polizeistunde überschritten hatte.

Korruption im großen Stil

Im Irak wird nicht nur unausgesetzt getötet, das Land ist auch zum Schauplatz massenhafter Korruption und offenen Diebstahls durch Rüstungslieferanten mit politischen Beziehungen geworden. Der illegale Krieg hat eine Horde von Dieben angelockt.

Vor kurzem beschuldigten Buchprüfer des Pentagon die Firma Halliburton, deren Vorstandsvorsitzender früher Vizepräsident Dick Cheney war, sie habe der US-Regierung 108 Millionen Dollar zuviel für Treibstoffimporte in den Irak in Rechnung gestellt. In einem Fall hatte die Firma 27 Millionen Dollar für den Transport von Flüssiggas verlangt, das sie für nur 82.000 Dollar in Kuwait gekauft hatte. Die Überprüfung war schon im Oktober abgeschlossen, wurde von der Regierung aber bis nach der Novemberwahl zurückgehalten.

Ein Angestellter der Halliburton-Tochtergesellschaft Kellog, Brown & Root (KBR) wurde diese Woche in einem Fall von Bieterbetrug angeklagt, bei dem einem kuwaitischen Auftragnehmer fast fünf Millionen Dollar zuviel für Öltanker bezahlt worden war. Der KBR-Angestellte wird beschuldigt, für die Einfädelung dieses Deals eine Million Dollar Bestechungsgeld erhalten zu haben.

Transparency International, eine von ehemaligen Weltbank-Mitarbeitern geleitete Kontrollgruppe, warnte in einem kürzlich veröffentlichten Bericht, der Irak werde noch "zum größten Korruptionsskandal der Geschichte".

Die Behauptung, solch höllische, blutige und schmutzige Bedingungen könnten den Menschen in anderen Teilen der arabischen Welt als nachzueiferndes Beispiel dienen, ist grotesk und schamlos.

Nicht glaubwürdiger ist die Behauptung, die irakischen Wahlen vom 30. Januar hätten die Politik der Bush-Regierung bestätigt und seien eine Inspiration für die ganze Region. Erstens ist daran zu erinnern, dass Washington, das den Irakischen Regierungsrat als Marionette der amerikanischen Besatzungsbehörde eingesetzt hatte, zu dieser Wahl erst genötigt werden musste. Konfrontiert mit schiitischen Massendemonstrationen im Sommer letzten Jahres stimmten die USA einer Wahl nur zögerlich zu, um damit die Ausbreitung des bewaffneten Widerstands zu unterbinden.

Wahlsieger waren Parteien, die schiitischen Geistlichen nahe stehen und islamisches Recht einführen wollen, und kurdische Führer, die unbedingt eine halbautonome ethnische Enklave im Norden kontrollieren wollen, zu der auch die multiethnische Stadt Kirkuk mit ihren Ölfeldern gehören soll. Das ist kaum die Formel für eine demokratische Lösung der komplexen historischen Probleme des Irak.

Das Parlament, das aus dieser Wahl hervorgegangen ist, war bisher nicht in der Lage, eine Regierung zu bilden, und übt keinerlei Macht aus. Seine Eröffnungssitzung führte aller Welt die wirklichen Machtverhältnisse vor Augen: Sie fand in der schwer bewachten und US-kontrollierten Grünen Zone statt, und im Luftraum über ihr kreisten amerikanische Kampfhubschrauber.

Die Propagierung des Mythos, die Wahl im Irak sei ein Triumph der Demokratie und bereite den Weg für die demokratische Umgestaltung des Nahen Ostens, muss als Warnung verstanden werden: Der Irakkrieg ist nur der Auftakt für weitere militärische US-Aggressionen.

Im Zusammenhang damit stehen die neuesten Verlautbarungen der Bush-Regierung über ihren globalen Kampf für Demokratie und gegen "Tyrannei". Die "Tyrannen", die Washington im Visier hat, regieren fast ohne Ausnahme in Ländern, die entweder über bedeutsame Öl- und Gas-Vorkommen verfügen, wie der Iran und Venezuela, oder eine strategische Stellung in Ölförderregionen oder entlang der Transportrouten einnehmen, über welche die ökonomischen Rivalen der USA ihr Öl und Gas geliefert bekommen. Die diktatorischen Regimes am Persischen Golf, die als amerikanische Satellitenstaaten den USA Öl liefern und Militärstützpunkte zur Verfügung stellen, stehen natürlich nicht auf dieser Liste.

Es gibt zahlreiche Belege, dass die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung gegen den Krieg im Irak ist und eine Ausweitung der räuberischen US-Intervention im Nahen und Mittleren Osten im Namen des "Kampfs gegen Tyrannei" noch stärker ablehnt.

Die neueste Umfrage der Washington Post und von ABC News ergab, dass 53 Prozent der Meinung sind, der Irakkrieg lohne den Einsatz nicht, und dass siebzig Prozent meinten, 1.500 tote amerikanische Soldaten seien ein unakzeptabler Preis. Eine große Mehrheit der Befragten sagte, die Stellung und das Ansehen der USA in der Welt habe durch den Krieg gelitten.

Es ist bezeichnend, dass diese weit verbreitete Feindschaft gegen den Krieg in der bürgerlichen Presse und in der Demokratischen Parteiführung so gut wie keinen Ausdruck findet. Diese Opposition hat sich ohne Führung und gegen eine endlose patriotische Propaganda entwickelt.

Erst am Mittwoch bewilligte das Repräsentantenhaus weitere 81,4 Mrd. Dollar für die Fortsetzung des Kriegs. Der Beschluss wurde mit der überwältigenden Mehrheit von 388 zu 43 Stimmen gefasst. Die meisten Demokratischen Abgeordneten unterstützten die Regierung. Bush lobte die Entscheidung als eine "starke überparteiliche Unterstützung" für "unsere Strategie, den Krieg gegen den Terror zu gewinnen".

Die USA geben gegenwärtig fast fünf Mrd. Dollar im Monat für den Irakkrieg aus. Gleichzeitig bereitet die Regierung massive Einschnitte bei der Krankenversorgung Medicaid und anderen wichtigen Sozialleistungen vor, während der Senat am Donnerstag eine weitere Steuersenkung von 134 Mrd. Dollar für die Reichen beschloss.

Anstatt Demokratie im Ausland zu verbreiten, beschleunigt der Irakkrieg den Abbau demokratischer Rechte in den Vereinigten Staaten. Mit dem Heimatschutzministerium, dem Patriot Act, den Militärgerichten, dem unbefristeten Wegsperren "feindlicher Kämpfer", der enormen Ausdehnung von Spitzelei und Überwachung im Inland, umfassender staatlicher Geheimniskrämerei und weiteren Maßnahmen hat die Bush-Regierung die Infrastruktur eines Polizeistaats geschaffen.

Der Krieg vertieft noch die gesellschaftliche Spaltung zwischen der großen Mehrheit der Bevölkerung und der Finanzelite. Diese Elite verfolgt ihre eigenen Interessen mit dem Mittel des Kriegs und bürdet den amerikanischen Arbeitern die volle Last des Militarismus auf: Sie zerstört ihren Lebensstandard und schickt ihre Kinder in den Krieg, um zu töten und getötet zu werden.

Die weitverbreitete Stimmung, die ein Kriegsende herbeisehnt, und die wachsende Wut über die soziale Ungleichheit finden im Rahmen des Zweiparteien-Systems keinen Ausweg. Der Kampf gegen Krieg kann nur geführt werden, wenn die Arbeiterklasse ihre politische Unabhängigkeit erreicht. Das erfordert den Aufbau einer sozialistischen Massenbewegung für die revolutionäre Umgestaltung der amerikanischen Gesellschaft.

Am zweiten Jahrestag des Irakkriegs verpflichten sich die Socialist Equality Party und die World Socialist Web Site, ihre Anstrengungen zu verstärken und eine unabhängige politische Bewegung der Arbeiterklasse in den USA und weltweit aufzubauen, um die Geißel von Militarismus und Krieg zu beseitigen.

Siehe auch:
Die Bush-Regierung verstößt gegen das Völkerrecht
(19. März 2003)
Die weltweiten Massendemonstrationen vom 15. Februar 2003 waren ein historischer Wendepunkt
( 18. Februar 2003)
Jahrestag des Irakkriegs: Hunderttausende demonstrieren in Spanien
( 24. März 2004)
Rom: die größte Antikriegsdemonstration Europas
( 23. März 2004)
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