Der Präsident gibt eine Pressekonferenz

In seinem Buch Bush at War berichtet Bob Woodward von der Washington Post, der Präsident habe ihm gesagt: "Ich bin der Kommandant - sehen Sie, ich brauche nichts zu erklären - ich brauche nicht zu erklären, warum ich bestimmte Dinge sage. Das ist das Interessante daran, Präsident zu sein. Vielleicht müssen andere Leute mir erklären, warum sie bestimmte Dinge sagen, aber ich bin, glaube ich, niemandem eine Erklärung schuldig."

Man muss es der Zuhörerschaft des Präsidenten wahrhaft nachsehen, wenn sie sich zuweilen fragt, ob Bush selbst wirklich weiß, warum er all das sagt, was ihm aus dem Mund quillt. Es deutet wenig darauf hin, dass bei ihm der physische Prozess, Worte zu formulieren, mit einer bewussten Hirntätigkeit in Verbindung steht. Selbst wenn von Bush nichts weiter verlangt wird, als einen vorbereiteten Text abzulesen, scheint die Aufgabe seine intellektuellen Fähigkeiten bis an die Grenzen zu strapazieren.

Die Pressekonferenz vom Montag war ein typisches Beispiel dafür. Er hatte Schwierigkeiten, die einleitende Erklärung abzulesen, verhedderte sich mehrmals und verlor den Faden. Als die Reporter später Fragen direkt an ihn richten konnten, unterbrach Bush seine Antworten mehrmals und gestand, die Frage vergessen zu haben. Bush war weit davon entfernt, die Besorgnis über den Ausgang des israelischen Krieges gegen die Hisbollah und die Außenpolitik seiner Regierung zu zerstreuen. Vielmehr konnten seine verwirrten, abschweifenden und oft absurden Bemerkungen und die durchweg verlogenen Äußerungen die Bedenken in gebildeten Schichten der herrschenden Elite nur verstärken, dass der Präsident wohlmöglich der Realität nicht gewachsen ist.

Wie üblich versuchte Bush gar nicht erst, sein Publikum für sich zu gewinnen oder zu überzeugen. Seine einleitende Stellungnahme war keine logisch aufgebaute Argumentation. Bush stellte bloß Behauptungen in den Raum und gab sich keinerlei Mühe, sie mit Fakten zu untermauern. Diese Äußerungen waren durchweg absurd und bewegen sich auf dem Niveau der reaktionärsten, rückständigsten, ignorantesten und, offen gesagt, dümmsten Teile, die in der amerikanischen Öffentlichkeit zu finden sind.

Als Franklin Roosevelt 1933, mitten in der Großen Depression, seine berühmte Antrittsrede als Präsident hielt, bekräftigte er seinen "festen Glauben, dass das Einzige, was wir zu fürchten haben, die Furcht selbst ist - die namenlose, unvernünftige, ungerechtfertigte Angst". George Bushs gesamtes rhetorisches Repertoire besteht jedoch darin, an genau diese Art irrationaler Furcht zu appellieren, die Roosevelt so der Verachtung preisgegeben hatte. In der Stellungnahme von ungefähr fünf Minuten, mit der er die Pressekonferenz am Montag eröffnete, benutzte Bush nicht weniger als dreiundzwanzig Mal den Ausdruck "Terror" und "Terroristen".

In Bushs Sprachgebrauch sind diese zwei Wörter zu allgemeingültigen Synonymen für alle wirklichen und eingebildeten Gegner und Feinde der amerikanischen Außenpolitik geworden. Durch diesen universellen Gebrauch hat der Begriff Terror/Terroristen inzwischen jeden konkreten Inhalt verloren.

Der Präsident fasste den globalen Rahmen des Kriegs gegen den Terrorismus wie folgt zusammen: "Die Welt muss verstehen - muss verstehen, was es bedeutet, dem Terrorismus gegenüber zu stehen, denke ich. Es ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Der Kampf gegen Terror, eine Gruppe von Ideologen, übrigens, die Terror benutzen, um ein Ziel zu erreichen - das ist die Herausforderung."

Bush ist nicht in amerikanischer Geschichte bewandert, aber auf seine Art - unter dem Einfluss seiner politischen Berater - knüpft er an die hässlichen politischen Traditionen des Landes an. Ungefähr vor vierzig Jahren lenkte der Historiker Richard Hofstadter die Aufmerksamkeit auf den "paranoiden Stil amerikanischer Politik" und bezeichnete ihn als "eine Art, die Welt zu sehen und sich auszudrücken".

Der "paranoide Stil" in der Politik der Vereinigten Staaten, argumentierte Hofstadter, war nicht mit der klinisch definierten Paranoia eines Individuums gleichzusetzen. Obwohl die individuelle und die politische Form der Paranoia "dazu neigen, im Ausdruck überhitzt, übermisstrauisch, überaggressiv, grandios und apokalyptisch zu sein, fasst der klinisch Paranoide die feindliche und verschwörerische Welt, in der er zu leben glaubt, als direkt gegen sich selbst gerichtet auf, wohingegen der Vertreter eines paranoiden Stils den Eindruck hat, sie sei gegen seine Nation, seine Kultur, seine Lebensart gerichtet, deren Schicksal ihn nicht alleine betrifft, sondern Millionen andere mit ihm".

Vor der Bush-Regierung fand die politische Paranoia der amerikanischen Rechten ihren vollkommensten Ausdruck im McCarthyismus, der eine Massenbasis für politische Reaktion zu schaffen versuchte, indem er fast hysterische Angst vor einer "internationalen kommunistischen Verschwörung" schürte. Im Juni 1951 erklärte McCarthy, die Vereinigten Staaten seien "von einer großen Verschwörung bedroht, einer Verschwörung von so großem Ausmaß, dass sie jedes frühere Projekt dieser Art in der Geschichte der Menschheit in den Schatten stellt. Eine schändliche Verschwörung - so bedrohlich, dass ihre Lenker hoffentlich für ewig den Fluch aller rechtschaffenen Menschen auf sich ziehen, wenn sie schließlich aufgedeckt wird."

Mit dem rhetorischen Schwulst, der den jungen Senator aus Wisconsin auf seinem politischen Höhepunkt vor über einem halben Jahrhundert auszeichnete, kann Bush nicht mithalten. Aber viele der für den McCarthyismus kennzeichnenden politischen Methoden - vor allem sein Schüren von Angst und Ignoranz - leben im "Krieg gegen den globalen Terror" der Bush-Regierung wieder auf.

Die Bemerkungen Bushs über den Krieg im Libanon selbst bestanden aus einer Reihe politischer Ausweichmanöver und offener Lügen. Er erklärte: "Amerika erkennt an, dass Zivilisten im Libanon und Israel unter der Gewalt gelitten haben" - als ob die Kriegsfolgen in diesen beiden Länder gleichzusetzen wären. Oder als ob Amerikas "Anerkennung" der Leiden in irgend einer Weise die Tatsache kompensieren würde, dass die Vereinigten Staaten drei Wochen lang einen Waffenstillstand hinauszögerten, weil sie - letztlich vergeblich - erwarteten und hofften, die israelische Armee werde die Hisbollah vollkommen zerstören und ihre Führung ermorden. Die Szene, in der Condoleezza Rice fröhlich die Geburt eines neuen Nahen Ostens verkündete, während Bomben amerikanischer Herkunft aus Flugzeugen amerikanischer Herkunft auf Beirut fielen, hat sich in das kollektive Gedächtnis hunderter Millionen Araber und Muslime eingebrannt.

Bushs Behauptung, "dieser Konflikt wurde durch einen unprovozierten Angriff der Hisbollah auf Israel ausgelöst", war eine blanke Lüge. Selbst wenn man außer Acht lässt, dass sich Israel seit Langem um die militärische Beherrschung des Libanon bemüht und im Zuge dessen seit 1978 die Verantwortung für den Tod zehntausender Libanesen trägt, ist es doch kein Geheimnis, dass Israel in den Monaten vor dem Kriegsausbruch häufig die territoriale Souveränität des Libanon verletzt hat.

Außer den ziemlich alltäglichen Zwischenfällen, wie den Flügen über libanesisches Territorium, tauchen jetzt Berichte auf, dass Israel und die Vereinigten Staaten Pläne für einen militärischen Angriff auf die Hisbollah diskutiert und entwickelt haben.

Nach einem längeren Artikel des renommierten Enthüllungsjournalisten Seymour Hersh, der nur wenige Tage vor Bushs Pressekonferenz im New Yorker erschien, war die Bush-Regierung "eng an der Planung von Israels Vergeltungsschlägen beteiligt".

Die Gefangennahme der zwei israelischen Soldaten durch die Hisbollah war ein Vorwand für den Krieg. Hersh schreibt: "Laut einem Nahost-Experten, der sowohl die aktuellen Überlegungen der Israelis wie auch der US-Regierung kennt, hatte Israel lange vor dem 12. Juli einen Plan zum Angriff auf die Hisbollah entworfen und Vertretern der Bush-Regierung mitgeteilt."

Aus zwei miteinander verbundenen Gründen waren die Vereinigten Staaten sehr daran interessiert, dass Israel eine breit angelegte Armeeoperation entfesselte. Erstens sollte die Zerschlagung der Hisbollah den iranischen Einflusses im Libanon zurückdrängen. Und weil die der Hisbollah mit Waffen aus dem Iran ausgerüstet ist, sollte der israelische Feldzug zweitens ein Testlauf für den bevorstehenden Angriff auf den Iran sein, auf den sich die Bush-Regierung vorbereitet.

Bushs Erklärung zur Ursache des Kriegs wurde auf der Pressekonferenz nicht hinterfragt von den anwesenden Reportern, die den Präsidenten im Übrigen auch nicht mit den von Hersh entdeckten Informationen konfrontierten. Nicht einer der versammelten Schreiberlinge hatte den Mut oder die Integrität, Bushs dreiste Lügen in Frage zu stellen.

Ein viel längerer Artikel wäre notwendig, um die ganzen politischen Unsinnigkeiten aufzuzählen, die Bush in seine halbstündige Pressekonferenz packte. Aber zwei Stellungnahmen fielen besonders auf.

"Wenn Israel ein Ziel ins Visier nahm und dabei unschuldige Bürger tötete, war das Land bestürzt", redete der Präsident. "Seine Gesellschaft war betrübt." Wie rührend! Die Mörder weinten über den Leichen der Opfer. Ist dies nicht ein Ausdruck ihrer Menschlichkeit?

Bush ging noch auf eine weitere moralische Tugend ein, die er den Vereinigten Staaten zusprach: "Wir kämpfen nicht gegen die Armeen von Nationalstaaten; wir bekämpfen Terroristen, die unschuldige Menschen töten, um politische Ziele durchzusetzen."

Es kam keinem der Reporter in den Sinn, den Präsidenten nach seiner Definition von "Nationalstaaten" zu fragen. Wie würde Bush Serbien definieren, das die Vereinigten Staaten 1999 zwei Monate lang bombardierten? Oder auch den Irak? Sie hätten auch fragen können: Wenn ein Terrorist als jemand definiert wird, der entschlossen ist, "unschuldige Menschen zu töten, um politische Ziele durchzusetzen", warum sollte der Ausdruck "Terrorist" dann nicht auf den Ministerpräsidenten von Israel angewandt werden, oder auch - könnte man hinzufügen - auf den amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten?

Siehe auch:
Vor Beginn des Waffenstillstands im Libanon: USA und Israel stehen vor politischem Debakel
(15. August 2006)
Die politischen Interessen hinter der jüngsten Terrorhysterie
( 16. August 2006)
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