Osterschulung von PSG und WSWS

Die sozialen Bewegungen in Frankreich: Politische Lehren aus zehn Jahren

Teil 2

Den folgenden Vortrag hielt Peter Schwarz auf einer internationalen Schulung, die die Partei für Soziale Gleichheit und die Redaktion der World Socialist Web Site vom 17. bis zum 21. April in Berlin durchführten. Dies ist der zweite und letzte Teil.

Das EU-Referendum vom Frühjahr 2005

Hatten die bisherigen Bewegungen vorrangig gewerkschaftliche Formen angenommen, so kam es im Frühjahr 2005, anlässlich des Referendums über den europäischen Verfassungsentwurf, erstmals zu einer breiten politischen Mobilisierung.

Hunderttausende besuchten die zahlreichen Versammlungen, auf denen für oder gegen die Verfassung argumentiert wurde. Fernsehdiskussionen fanden ein Millionenpublikum. Schließlich herrschte im Land eine Wahlkampfstimmung, wie man sie sonst nur vor wichtigen Parlaments- oder Präsidentenwahlen kennt. Bei vielen Wählern hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, sie könnten durch ihr Votum einer unerwünschten gesellschaftlichen Entwicklung einen Riegel vorschieben.

Je breiter sich die politische Mobilisierung entwickelte, desto stärker traten die so genannten "Angstthemen" der extremen Rechten - wie Immigration und Fremdenfeindlichkeit - in den Hintergrund und soziale und politische Themen in den Vordergrund. Der neoliberale und undemokratische Charakter der Verfassung stand im Mittelpunkt der Nein-Kampagne. Sie richtete sich nicht gegen "Europa", sondern gegen den unsozialen und reaktionären Inhalt einer Verfassung, die die Interessen der Wirtschaft vertrat. Während das Ja-Lager für "ein starkes Frankreich" warb, lautete die populärste Parole im Nein-Lager: "Für ein anderes Europa".

Obwohl Präsident Jacques Chirac, die Regierungsparteien, die großen Oppositionsparteien und die Medien alle verfügbaren Mittel einsetzten, um ein Ja zu erreichen, wurde die Verfassung schließlich mit einer eindeutigen Mehrheit von 55 Prozent abgelehnt. Die Spaltung zwischen den beiden Lagern entsprach der sozialen Spaltung des Landes. Drei Viertel der Arbeiter, zwei Drittel der Angestellten und die Mehrheit der Landwirte stimmten mit Nein, Angehörige der Mittel- und Oberschichten dagegen mehrheitlich mit Ja.

Ein Flügel der Sozialistischen Partei, die Kommunistische Partei und die "extreme Linke" traten für die Ablehnung der Verfassung ein. Sie taten dies nicht auf der Grundlage eines sozialistischen Programms. Ihre Agitation richtete sich ausschließlich gegen den so genannten "Neoliberalismus". Sie verbreiteten die Illusion, im Rahmen der bestehenden kapitalistischen Verhältnisse sei auch eine andere Politik möglich, man könne die herrschenden Kreise durch Druck von unten zu einer Rückkehr zum Sozialreformismus der siebziger Jahre zwingen.

Diese Kampagne diente dazu, für den Fall, dass sich die Rechte nicht an der Macht halten konnte, die Rückkehr einer bürgerlichen Linksregierung vorzubereiten. In ihrem Verlauf rückten die verschiedenen Strömungen eng zusammen und enthielten sich jeder gegenseitigen Kritik.

Bezeichnenderweise schloss sich mit Laurent Fabius einer der rechtesten Führer der Sozialistischen Partei dem Nein-Lager an. Fabius hatte sich offensichtlich seinen Lehrmeister François Mitterrand zum Vorbild genommen. Mitterrand, ein bürgerlicher Politiker, der seine politische Karriere unter dem Vichy-Regime begonnen hatte und auf dem Höhepunkt des Algerienkriegs französischer Innenminister war, hatte sich in den sechziger Jahrn als "Linker" dargestellt und mit der Sozialistischen Partei einen Mechanismus geschaffen, der es der herrschenden Klasse erlaubte, die damalige militante Bewegung der Arbeiterklasse aufzufangen und zu neutralisieren.

Eine wichtige Rolle bei diesem neuerlichen Versuch, die Arbeiterklasse in eine politische Sackgasse zu locken, spielte die LCR. Sie integrierte sich völlig ins bürgerliche Nein-Lager und bemüht sich seither, dessen einzelne Bestandteile zu einer politischen Sammelbewegung zu vereinen. In ihren Veröffentlichungen unterscheidet sie nicht mehr zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie, sondern nur noch zwischen dem "Lager des Ja" und dem "Lager des Nein". Ihre Vorbilder beim Aufbau einer solchen Sammelbewegung sind die Arbeiterpartei in Brasilien, die dort mittlerweile zur vollen Zufriedenheit des internationalen Finanzkapitals den Präsidenten und die Regierung stellt, und die Partei Rifondazione Comunista in Italien, die sich anschickt, in eine Regierung des ehemaligen Präsidenten der EU-Kommission, Romano Prodi, einzutreten.

Die Jugendrevolte vom Herbst 2005

Ende Oktober 2005 löste der Tod zweier Jugendlicher, die auf der Flucht vor der Polizei ums Leben gekommen waren, eine wochenlange Revolte in den Vorstädten aus. Sie machte deutlich, welches Ausmaß die sozialen Spannungen in Frankreich mittlerweile angenommen haben. Die Unruhen, die oft zerstörerische Formen annahmen, waren eine Reaktion auf die grassierende Armut, Jugendarbeitslosigkeit und Diskriminierung in den Vorstädten sowie auf die rassistisch gefärbte Law-and-Order Kampagne des Chefs der Regierungspartei, Nicolas Sarkozy, der die rebellierenden Jugendlichen als "Eiterbeulen" und "Abschaum" beschimpfte, die mit dem Hochdruckreiniger von der Straße gespült werden müssten.

Die offizielle Linke und die kleinbürgerlichen Radikalen tragen eine direkte Verantwortung für die unhaltbaren Zustände in den Vorstädten und für die destruktive Form, welche die Revolte annahm. Nicht nur, dass die meisten betroffenen Gebiete Jahrzehnte lang von Kommunistischen oder Sozialistischen Bürgermeistern regiert wurden, die Weigerung dieser Parteien, den politischen Status Quo in Frage zu stellen, ist auch verantwortlich für die Orientierungslosigkeit der Jugendlichen. Sie haben die ärmsten Schichten der Jugend im Stich gelassen und diese reagieren ihre Wut mangels einer Perspektive in teilweise sinnlosen Zerstörungsakten ab.

Die Regierung antwortete auf die Revolte mit der Verhängung des Ausnahmezustandes. Sie stützte sich dabei auf ein Gesetz, das 1955 während des Algerienkriegs erlassen worden war und bisher noch nie auf dem französischen Festland zur Anwendung kam. Dennoch stieß die Maßnahme bei den Gewerkschaften und den Linksparteien kaum auf Widerstand.

Insbesondere Lutte Ouvrière demonstrierte ihre Nähe zum Staat. Auf einem nationalen Kongress, der kurz danach stattfand, denunzierte sie die Revolte.

Natürlich handle es sich um einen Wutausbruch, heißt es in einer von 97 Prozent der Delegierten unterstützten Resolution, aber er richte sich gegen Mitmenschen. Die Jugendlichen würden noch nicht einmal zwischen Polizei und Feuerwehr unterscheiden. Sie begingen "Handlungen, die sich gegen ihre eigene Interessen richten und die Meinung der Bevölkerung gegen sie einnehmen". Daher sprach ihnen Lutte Ouvrière kurzerhand das Recht ab, Bestandteil der Arbeiterklasse zu sein: "Das Vorgehen zeigt, dass die Jugendlichen bei weitem nicht über das Bewusstsein verfügen, das die Arbeiterbewegung in den Augen von Marxisten auszeichnet."

Diese Reaktion auf eine elementare soziale Explosion sagt viel über die Mentalität dieser Gruppe aus, die sich seit Jahrzehnten im konservativen Milieu der Gewerkschaften eingenistet hat. Von der Abkanzelung der Jugendlichen als nicht zur Arbeiterklasse gehörig ist es nur noch ein kleiner Schritt, den Einsatz der Polizei gegen sie zu unterstützen.

Lediglich 3 Prozent der Delegierten wandten sich gegen diese Haltung und unterstützten eine Minderheitsresolution, die die sozialen Wurzeln der Revolte anerkennt. Ein Teil der proletarischen Jugend sei auf die Straße gegangen, heißt es darin, und nur eine Offensive der Arbeiterklasse könne ihnen eine Orientierung geben. Diese Offensive wird aber nicht politisch definiert, sondern rein gewerkschaftlich aufgefasst.

Die Bewegung gegen den "Ersteinstellungsvertrag"

Die Bewegung gegen den "Ersteinstellungsvertrag" (CPE) war in vieler Hinsicht die Kulmination der vergangenen zehn Jahre. Die Bewegung war breiter und umfassender als die vorangegangenen und unabhängiger von den alten Organisationen.

Tragende Kraft waren Schüler und Studenten. Sie gaben auf den Demonstrationen den Ton an. Viele Teilnehmer waren unter zwanzig Jahre alt. Sie waren kaum geboren, als 1991 die Sowjetunion zusammenbrach, und während der Streikbewegung von 95/96 waren sie noch im Kindesalter.

Gehässige Kommentare haben versucht, diese Schüler und Studenten als Vertreter einer "privilegierten Jugend" darzustellen und ihnen die "casseurs" als Verkörperung der Unterschichten gegenüber gestellt. Aber das ist eine Verleumdung. Die "casseurs" - organisierte Schlägerbanden, die teilweise auch Demonstranten angriffen - waren ein Randphänomen mit deutlichen Hinweisen auf eine gezielte staatliche Provokation. Und die heutigen Studenten und Gymnasiasten verkörpern weit breitere Gesellschaftsschichten als etwa noch die Studenten von 1968, als der Prozentsatz der Hochschulabsolventen relativ gering war. Auf den Demonstrationen war der hohe Anteil von Kindern aus Immigranten- und Abeiterfamilien unübersehbar.

Die Bewegung brachte eine tief verwurzelte Opposition gegen alles zum Ausdruck, was in der offiziellen Sprache der europäischen Politik beschönigend als "Reform" und "Modernisierung" des Sozialstaats bezeichnet wird. Der CPE wurde zum Symbol für eine gesellschaftliche Entwicklung, die insgesamt auf heftige Ablehnung stößt.

Auf den Demonstrationen fiel als erstes die grenzenlose Phantasie ins Auge, mit der die Abkürzung CPE abgewandelt wurde. Es gab unzählige handgemalte Plakate mit eben so vielen Variationen: "Contrat poubelle embauche" - Mülleimer-Einstellunsvertrag; "Contrat premières emmerdes" - Vertrag des ersten Ankotzens; "Villepin cherche pigeon à exploiter" - Villepin sucht Taube zum ausbeuten; usw. usf.

Die Botschaft war unmissverständlich. Die Demonstranten lehnten eine Politik ab, die von der gesamten politischen Elite Europas für überfällig und unverzichtbar erachtet wird: Ihre Verwandlung in eine rechts- und willenlose Verfügungsmasse des Kapitals mittels einer grenzenlosen Flexibilisierung der Arbeit. Oft wurde dafür der Sammelbegriff "précarité" verwendet, der Ungewissheit oder prekäre Verhältnisse bedeutet.

Die Unterstützung in der Bevölkerung war überwältigend, wie alle Meinungsumfragen bestätigten. Die ältere Generation ist nicht nur selbst von der précarité betroffen, viele sind auch Eltern und sorgen sich um die Zukunft ihrer Kinder. Hinzu kommt, dass viele Eltern als Jugendliche in der 68er Bewegung aktiv waren.

Die Bewegung hatte die Regierung überrascht. Das "Gesetz über die Chancengleichheit" war von Premierminister de Villepin als Reaktion auf die Vorstadt-Revolte vom vergangenen Herbst erlassen worden. Es enthielt Maßnahmen, die von der Europäischen Kommission empfohlen und auch in den Nachbarländern verwirklicht werden: Den Abbau von Arbeiterrechten wie dem Kündigungsschutz, die Senkung des Mindestalters für bestimmte Formen der Arbeit, usw. Solche Maßnahmen werden auch von den reformistischen Parteien und Gewerkschaften unterstützt. Ein nahezu identisches Gesetz, der Contrat nouvelle embauche (CNE), der für Beschäftigte aller Altersgruppen für Betriebe mit weniger als zwanzig Beschäftigten gilt, war im vergangenen Jahr ohne nennenswerten Protest der Gewerkschaften verabschiedet worden.

Die Gewerkschaften beteiligten sich zwar an der Bewegung. Sie waren aber von Anfang an bemüht, sie zu drosseln und unter Kontrolle zu halten. Auf den Demonstrationen spielten sie nur eine untergeordnete Rolle. Auch die Streiks waren so organisiert, dass ihre Wirkung beschränkt blieb. So gelang es uns am 28. März trotz eines offiziellen Metro-Streiks mühelos, mit der Metro zum Ausgangspunkt der Großdemonstration in Paris zu gelangen.

Interessant war die Rolle der Studenten-Koordination. 300 bis 450 Delegierte, die in den bestreikten Universitäten gewählt wurden, trafen sich jedes Wochenende in einer anderen Stadt. Sie diskutierten stundenlang, manchmal die ganze Nacht hindurch, und verabschiedeten Resolutionen, die im Allgemeinen weit links von den Gewerkschaften und politischen Organisationen, einschließlich der "extremen Linken" standen. Sie wandten sich an die Gewerkschaften mit der Forderung nach einem Generalstreik und riefen die Studenten auf, direkt zu den Arbeitern an die Betriebe zu gehen.

Als Präsident Chirac Ende März in einer Fernsehansprache geringfügige Änderungen am Gesetz vorschlug, lehnte die Studenten-Koordination dies kategorisch ab. Sie beschloss, "jede von Arbeitern im Kampf formulierte Forderung, wie Lohnerhöhungen und die Umwandlung von unsicheren Arbeitsplätzen in Normalarbeitsplätze, zu unterstützen," und rief zu einem Aktionstag "zur Mobilisierung an den Arbeitsplätzen, gemeinsam mit den Arbeitern und ihren örtlichen Gewerkschaften, mit Hilfe von Flugblättern, Blockaden, Fabrik- und Bürobesetzungen" auf. Außerdem forderte sie den Rücktritt der Regierung.

Es wäre sicherlich falsch, die Studenten-Koordination zu idealisieren. Auch die offiziellen Studentenorganisationen, wie die UNEF, Mitglieder diverser politischer Organisationen und anarchistische Elemente waren auf den Treffen vertreten. Trotzdem ist die Arbeit der Studenten-Koordination ein Indiz, dass die Kontrolle der alten Organisationen nachlässt und dass es eine starke Suche nach einer neuen politischen Orientierung gibt.

Der Aufbau einer neuen revolutionären Führung

Ich hatte schon eingangs gesagt, die zentrale Lehre aus den sozialen Bewegungen der vergangenen zehn Jahre bestehe in der Notwendigkeit, die Arbeiterklasse von den maroden gewerkschaftlichen und reformistischen Apparaten zu brechen und eine unabhängige politische Bewegung aufzubauen.

Diese Aufgabe stellt sich heute in viel unmittelbarerer Form als noch vor einem Jahrzehnt. Die Gewerkschaften, die linken bürgerlichen Parteien und ihre kleinbürgerlich radikalen Anhängsel sind so weit nach rechts gerückt, dass es zwischen der revolutionären sozialistischen Perspektive, die vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale vertreten wird, und dem bürgerlichen Establishment politisch nichts mehr gibt. Die Degeneration der kleinbürgerlichen Radikalen hat ein neues Stadium erreicht. Sie sind zu einem festen Bestandteil des bürgerlichen Herrschaftsapparats geworden.

Auch dabei handelt es sich um ein internationales Phänomen.

In Italien haben sich die meisten "linken" kleinbürgerlichen Organisationen, einschließlich der Schwesterorganisation der LCR, in Rifondazione Comunista aufgelöst, die ihrerseits ein fester Bestandteil des Wahlbündnisses Unione von Romano Prodi ist.

Das italienische Beispiel zeigt, was von dem Gerede über die Ablehnung des "Neoliberalismus" zu halten ist. Prodi, der fünf Jahre lang an der Spitze der Europäischen Kommission stand, verkörpert den neoliberalen Kurs der EU, der in Frankreich so entschieden zurückgewiesen wurde, wie kaum ein anderer Politiker. Gewichtiger Bestandteil von Unione ist zudem auch die Partei Margherita, die auf europäischer Ebene mit den deutschen Freidemokraten und der französischen UDF zusammenarbeitet, beide vehemente Verteidiger eines freien Marktes. Doch das hindert die kleinbürgerlichen Radikalen in Italien nicht daran, sich voll in Prodis Bündnis zu integrieren.

In Deutschland hat die Sozialdemokratische Partei eine Große Koalition mit den Christdemokraten gebildet. Sie hat darin, in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, die Aufgabe übernommen, alle sozialen Errungenschaften der Vergangenheit rückgängig zu machen. Unter diesen Bedingungen ist es schlicht unmöglich geworden, einen Unterschied zwischen SPD und Union zu machen. Die Behauptung, die SPD stehe irgendwie links von der Union, ist offensichtlich absurd. Als Reaktion darauf ist auch in Deutschland eine "Linkspartei" entstanden, der sich fast alle Organisationen der kleinbürgerlichen Linken angeschlossen haben.

Es handelt sich um einen Zusammenschluss von Gewerkschaftsbürokraten und unzufriedenen Sozialdemokraten aus dem Westen mit dem Restbestand der alten stalinistischen Staatspartei aus dem Osten, der PDS. Wie Rifondazione in Italien verteidigt auch die deutsche Linkspartei uneingeschränkt die bürgerliche Ordnung. Zu ihrem Leidwesen ist dies bereits offen sichtbar geworden, bevor sie richtig auf die Beine gekommen ist. Das Land Berlin, wo die PDS seit vier Jahren gemeinsam mit der SPD die Regierung stellt, spielt eine bundesweite Vorreiterrolle beim Abbau von Arbeitsplätzen und bei Lohnsenkungen im öffentlichen Dienst, bei Kürzungen im Erziehungsbereich und bei der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände.

Wo man hinblickt wird deutlich: Die linken Sammlungsbewegungen, die sich aus verärgerten Sozialdemokraten, Gewerkschaftsbürokraten, Post-Stalinisten, und kleinbürgerlichen Radikalen zusammensetzen, sind keine Antwort auf die Krise der kapitalistischen Gesellschaft. Sie sind ein Mechanismus, um diese in einem fortgeschrittenen Stadium der Krise zu verteidigen.

Die rechten Kreise der Bourgeoisie treffen mittlerweile ihre eigenen politischen Vorbereitungen.

Der Konflikt zwischen Premierminister de Villepin und Innenminister Sarkozy innerhalb der gaullistischen UMP ist mehr als nur die persönliche Rivalität zwischen zwei ehrgeizigen Männern. Die herrschende Klasse ist dabei, neue, autoritäre Formen der Herrschaft zu entwickeln. Sarkozy verbindet den traditionellen Gaullismus mit Elementen, die für rechte Regime charakteristisch sind: Law-and-order, hartes Vorgehen gegen Immigranten, Schüren ethnischer und religiöser Gegensätze. Er vertritt eine politische Linie, die einen starken, autoritären Staat mit einer nationalistischen Wirtschafts- und Außenpolitik sowie mit korporatistischen Elementen verbindet. Im Unterschied zu Villepin, der den Gewerkschaften während der Bewegung gegen den CPE die kalte Schulter zeigte, war Sarkozy bemüht, sie einzubinden, was ihm schließlich auch gelang. Unter seiner Regie wurde das Abkommen ausgehandelt, das die Bewegung schließlich zum Erliegen brachte.

Sarkozy bemüht sich, die Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Organisationen in den Staat einzubinden, und diese folgten seinen Lockungen bereitwillig.

Dem Internationalen Komitee und der World Socialist Web Site fällt unter diesen Umständen die alleinige Verantwortung zu, die Grundlagen für eine unabhängige politische Bewegung der Arbeiterklasse, für den Aufbau einer neuen revolutionären Partei zu schaffen.

Militanz und Druck von der Straße, selbst wenn sie die Regierung zu taktischen Zugeständnissen zwingen, können das grundlegende Problem der politischen Orientierung und Führung nicht spontan lösen. Die Voraussetzung dafür bildet die Hebung und Entwicklung des politischen Bewusstseins. Die Arbeiterklasse muss die Unvereinbarkeit ihrer Interessen mit der gesamten bürgerlichen Ordnung verstehen. Sie muss lernen, über die nationalen Grenzen hinauszublicken und sich international zusammenzuschließen. Und sie muss sich unabhängig von den bürgerlichen Parteien und ihren primären und sekundären Agenturen organisieren.

Diese politische Erziehungsarbeit steht im Mittelpunkt der Arbeit der World Socialist Web Site. Betrachtet man unsere Arbeit in Frankreich während der letzten zehn Jahre - Hunderte von Artikeln, die in unseren Presseorganen und ab 1998 auf der WSWS erschienen sind - so stellen sie einen enormen Erfahrungsschatz dar, eine Vielzahl von politischen Analysen und Einschätzungen, die zu einem Verständnis der politischen Aufgaben beigetragen haben. Auf dieser Grundlage muss jetzt eine Sektion des Internationalen Komitees in Frankreich aufgebaut werden.

Siehe auch:
Die sozialen Bewegungen in Frankreich - Teil 1
(27. Mai 2006)
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