Universität Duisburg-Essen

Studenten protestieren gegen die Einführung von Studiengebühren

Die Zahl der Wortmeldungen von Studenten, die verärgert gegen die Einführung von Studiengebühren protestierten, brach nicht mehr ab, als am 6. April an der Universität Duisburg-Essen kurzfristig eine "offene Diskussion" zwischen dem Rektor und Studenten über das Thema anberaumt wurde. Die Diskussion wurde daraufhin vorzeitig abgebrochen.

Obwohl der vorgesehene Saal höchstens 300 Studenten fasste, erschienen etwa eintausend Studenten zu der Veranstaltung. Sie forderten einen Stopp der Pläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die eine weitere Privatisierung der Hochschulbildung anstrebt.

Die Universitäten im Ruhrgebiet, einer ehemaligen "Bergarbeiterregion", wurden in den 1970er Jahren gebaut und waren Bestandteil des damaligen sozialdemokratischen Programms sozialer Zugeständnisse. In den letzten Jahren wurden sie im Namen der "Reform" - oder Deregulierung - der öffentlichen Ausgaben einer teilweisen Privatisierung unterworfen. Nach der Fusion der Universitäten Essen und Duisburg an der Ruhr im Jahr 2003 wurden Personal und Dienstleistungen reduziert, um die Kosten zu senken.

Die rot-grüne nordrhein-westfälische Regierung wurde bei der letzten Landtagswahl aus Protest gegen ihre Kürzungspolitik durch eine Koalition von CDU und FDP abgelöst, die seither die gleiche Politik verstärkt fortsetzt. Der Landesminister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie in NRW, Andreas Pinkwart von der FDP, drängt auf die schnelle Einführung von Studiengebühren ab dem Sommersemester im nächsten Jahr, beginnend mit einer Gebühr von 500 Euro pro Semester.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Januar 2005 entschieden hat, dass der Bundesgesetzgeber die Erhebung von Studiengebühren nicht regeln darf, haben die Länder freie Hand. Das Urteil hat alle juristischen Hindernisse beseitigt, die die Einführung von Studiengebühren an deutschen Universitäten hätten blockieren oder zumindest hinauszögern können. Minister Pinkwart kann deshalb die optimistische Kalkulation aufstellen, dass etwa 470.000 registrierte Studenten ungefähr 320 Millionen Euro pro Semester in den Landeshaushalt zahlen werden, dessen Einnahmen seit Jahren systematisch unterhöhlt worden sind.

Ausländische Studenten, vorwiegend aus Südamerika, Afrika, Osteuropa und Asien, die bisher Deutschland als bezahlbaren Studienort gewählt haben, müssen zusätzliche Gebühren für den Besuch des "Studienkollegs" zahlen. Die Studienkollegs sind Kurse, die vor der Zulassung zur Universität für zwei Semester besucht werden müssen, um ausreichende Deutschkenntnisse als Voraussetzung für weitere Studien zu erlangen.

Für Tausende Studenten, die bereits durch steigende Lebenshaltungskosten, hohe Mieten und eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis belastet sind, bedeuten die zusätzlichen Studiengebühren, dass sie sich eine Universitätsausbildung kaum noch leisten können oder dass diese zum Luxus wird.

Bei der Veranstaltung an der Universität Duisburg-Essen wurden die Ausführungen von Rektor Zechlin, der die Einführung von Studiengebühren befürwortet, ständig durch wütende Studenten unterbrochen. Sie äußerten Bedenken über die Privatisierung des Hochschulstudiums in einem Bundesland, in dem Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit bereits stark verbreitet sind.

Die Landesregierung hat als "Erleichterung" ein "bezahlbares" Kreditangebot für Studenten vorgeschlagen, die nicht in der Lage sind, die zusätzlichen Ausgaben aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Dies bedeutet, dass ein Student Schulden in Höhe von mehreren tausend Euros ansammelt, bevor er einen ersten Studienabschluss machen und einen qualifzierten Job beginnen kann, vorausgesetzt er hat das Glück einen solchen zu finden. Diese Belastungen addieren sich zu den persönlichen Schulden aus dem Bafög, die mit Beginn des ersten bezahlten Jobs oder spätestens zwei Jahre nach Abschluss des Studiums ebenfalls zurückgezahlt werden müssen.

Die Stundenten, die sich gegen die Einführung von Studiengebühren wehren, sind mit sich ständig verschlechternden Studienbedingungen an den Universitäten konfrontiert. Das Fehlen grundlegender Einrichtungen - veraltete Bibliotheken, überfüllte Seminare, die Ersetzung der traditionellen Studienkurse durch Bachelor- und Master-Abschlusskurse - macht das Studentenleben zunehmend schwierig und stressig.

An der Universität Duisburg-Essen, an der die meisten Seminare auf 30 Personen begrenzt waren, werden diese jetzt in Form von Vorlesungen abgehalten, mit 50-70 Studenten als Norm in den meisten Kursen. Wenn die Anzahl der Studenten pro Kurs 100 übersteigt, wird die Anzahl der Kurstage pro Semester halbiert, und die Professoren und Dozenten werden gezwungen, ihre Vorlesungen in zwei Gruppen abzuhalten. Aufgrund des Personalmangels sind die wenigen vorhandenen Dozenten gezwungen, durchschnittlich 300-400 Studenten pro Semester zu beraten. Mit der Konsequenz, dass sie nur eine ungenügende Beratungszeit pro Student anbieten können und dennoch länger arbeiten müssen.

Das vor Kurzem eingeführte Online-Registrierungsprogramm für Englisch-Kurse für das aktuelle Semester ist mehrmals vollständig zusammengebrochen, weil Hunderte von Studenten versuchten, sich für die Kurse registrieren zu lassen und sich einen Platz zu sichern. Der Ausschluss von einem vorgeschriebenen Kurs kann eine längere Studiendauer zur Folge haben, was jetzt durch die Studiengebühren zu einer zusätzlichen Belastung führt. Aus diesem Grund sind Studenten gezwungen an Vorlesungen teilzunehmen, selbst in Notlagen oder wenn sie krank sind. Ansonsten laufen sie Gefahr, aus dem Kurs heraus zu fliegen, da bereits Hunderte auf der Warteliste stehen, die nur darauf warten, den Platz von jemanden, der nicht anwesend ist, einzunehmen.

Dieses unfreundliche Klima und die schlechtere Studienqualität werden durch eine vernachlässigte Infrastruktur und den Verkauf von wichtigen Dienstleistungen der Universität, wie zum Beispiel der Kantinen, an private Firmen zusätzlich verstärkt. Während eines vor kurzem durchgeführten Feueralarms an der Universität Duisburg-Essen fanden die überalterten Notfallregeln und das Fehlen von genügend Notausgängen Eingang in die Kommentare lokaler Zeitungen.

Angesichts dieser abstoßenden Studienbedingungen sind die Bemühungen der Regierung, Studiengebühren einzuführen, auf weit verbreiteten Widerstand unter den Studenten gestoßen. Die Studentenvertretungen verschiedener Universitäten haben im letzten Jahr wiederholt landes- und bundesweite Demonstrationen organisiert. Die Studentvertretungen setzen diese Protestaktionen unter dem Slogan "Bildung ist keine Ware" fort, in der Hoffung, dass die Landesregierung dem "Druck" der Proteste nachgeben und ihre Privatisierungspläne zurücknehmen wird.

Siehe auch:
Nordrhein-Westfalen: SPD begrenzt Hochschulzugang
(14. April 2005)
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