Trotz Einflussnahme der USA und anderer Länder

UN-Klimareport zeigt die furchtbaren Auswirkungen der globalen Erwärmung

Am 6. April veröffentlichte die Zwischenstaatliche Sachverständigengruppe über Klimaänderungen (IPCC) die Zusammenfassung des Berichts der Sachverständigengruppe II zum Thema "Die Klimaveränderung - Auswirkungen, Anpassung, Verwundbarkeit".

Die IPCC wurde von den Vereinten Nationen im Jahr 1988 ins Leben gerufen, um den Ansichten von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt ein gemeinsames Forum zu bieten. Ihr jüngster Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die globale Erwärmung zu einer Zunahme von Trockenperioden, zu steigenden Meeresspiegeln, Überflutungen durch Flüsse, einem weit reichenden Absterben pflanzlichen und tierischen Lebens, sowie zur weiteren Ausbreitung von Unterernährung und Krankheit führen wird. Am schwersten wird sich die Erderwärmung auf die Armen auswirken, insgesamt jedoch Hunderte Millionen Menschen auf der ganzen Welt betreffen.

Die am Freitag veröffentlichte Zusammenfassung leitet sich vom zweiten Teil des insgesamt dreiteiligen Berichtes der IPCC über den Klimawandel her und behandelt die Auswirkungen desselben auf menschliches Leben und natürliche Lebensräume. Der erste, im Februar dieses Jahres veröffentlichte Teil des Berichtes untersucht die physikalischen Grundlagen der Klimaveränderung und stellt fest, diese sei real gegeben und "sehr wahrscheinlich" durch den Menschen verursacht. Teil drei schließlich soll Mittel und Wege untersuchen, mit denen die globale Erwärmung aufgehalten oder umgekehrt werden kann. Der vollständige Bericht wird später in diesem Jahr veröffentlicht werden.

Der düstere Ton des Dokuments kam zustande, obwohl es zuvor zu intensiven Auseinandersetzungen zwischen den an seiner Verfassung beteiligten Wissenschaftlern und den Diplomaten diverser nationaler Regierungen gekommen war. Ein Bericht von Associated Press stellte fest: "Die fünftägigen Debatten erreichten ihren Höhepunkt, als die Delegierten einen Passus aus dem zentralen Teil herausnahmen, in dem dramatische Auswirkungen durch die Klimaveränderung beleuchtet werden, die sich ab einem Temperaturanstieg von 1,8° C ergeben. Dazu kam es zu Reibereien über die wissenschaftliche Verlässlichkeit der Kernaussagen."

Weiter heißt es bei AP: "Die Vereinigten Staaten, China und Saudi Arabien brachten zahlreiche Einwände gegen Formulierungen des Berichts vor und suchten einigen der düstersten Voraussagen die Bestimmtheit zu nehmen, mit der sie formuliert waren." Dagegen "stellten sich die drei führenden Wissenschaftler und Verfasser des Berichts gegen die von den Diplomaten vorgenommenen Veränderungen, unter ihnen auch David Karoly von der Universität Oklahoma. Die Forscher bezeichneten sie als beispiellose Unterhöhlung des wissenschaftlichen Vertrauens. Sie seien während der vorherigen, siebenmonatigen Besprechungen des Berichts nicht vorgebracht worden."

Die Vereinigten Staaten scheinen führend bei den Versuchen gewesen zu sein, die Ergebnisse des Berichts abzuschwächen. Der Washington Post zufolge gelang es US-Unterhändlern, "Formulierungen aus einem zentralen Teil herauszunehmen, in der eine Beschränkung des Ausstoßes von Treibhausgasen gefordert wird". Die Zeitung beruft sich dabei auf Patricia Romero Lankao, eine der Hauptautorinnen des Berichts, die am National Center for Atmospheric Research in Boulder, Colorado, forscht.

Von der AP dokumentierte Veränderungen an dem Bericht beinhalten u.a. zuerst die Überarbeitung, dann die Streichung des Prädikats "sehr vertrauenswürdig", das einem Ergebnis über die Auswirkung der Klimaveränderung auf natürliche Ökosysteme verliehen worden war. Eine Aussage, der zufolge "Hunderte Millionen" von Überschwemmungen betroffen sein würden, wurde auf "viele Millionen" reduziert. Auch wurde eine Aussage, nach der 120 Millionen Menschen durch die globale Erwärmung von Hungersnöten bedroht seien, ganz herausgenommen.

Der Druck, die Einschätzungen der IPCC derart zu verwässern, geht parallel mit der politischen Einmischung der Bush-Administration in die Klimaforschungsaktivitäten von Regierungsinstituten in den USA. Es gibt zahlreiche Berichte über staatliche Wissenschaftler, die gedrängt wurden, Verweise auf den Klimawandel aus ihren Arbeiten zu streichen oder den Tonfall ihrer Schlussfolgerungen über Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen der globalen Erwärmung abzumildern.

In einer Pressekonferenz zu dem Bericht vermied es Sharon Hays vom Ministerium für Forschung und Technik wiederholt, auf Fragen zu antworten, welche Veränderungen die US-Delegation während der viertägigen Diskussionen gefordert habe. Währenddessen versuchte James Connaughton, der Vorsitzende der Kommission des Weißen Hauses zur "Umweltqualität", Bushs Vorschlag, das Benzin durch "erneuerbare Treibstoffe" zu ersetzen, als "verbindliche Obergrenze" darzustellen, die "zu einer signifikanten Verminderung der Treibhausgase führen wird."

Diese Selbstbeweihräucherung der Bush-Administration ist die Antwort darauf, dass der Klimawandel und seine Auswirkungen von der Öffentlichkeit immer mehr als wissenschaftlich belegte Tatsache akzeptiert werden. Die wirkliche Haltung der Bush-Administration dagegen ist, dass es keine Änderung der offiziellen Klimapolitik geben wird.

Die Zusammenfassung des Berichts stellt fest, dass durch die Klimaveränderung eine Beeinträchtigung der Gesundheit von Millionen Menschen zu erwarten ist. Darunter zählen zunehmende Mangelernährung und mehr Durchfallerkrankungen: "Zunahme von Todesfällen, Krankheiten und Verletzungen infolge von Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürmen, Bränden und Trockenheiten"; außerdem "eine gesteigerte Häufigkeit von Erkrankungen des Herzens und der Atemorgane aufgrund höherer Bodenkonzentrationen von Ozon, die mit dem Klimawandel einhergehen."

Bettina Menne von der Weltgesundheitsorganisation WHO, Hauptautorin des Kapitels über gesundheitliche Auswirkungen, gab an, für das Jahr 2000 könnten allein 150.000 Todesfälle durch Unterernährung und Durchfallerkrankungen direkt auf die Klimaveränderung zurückgeführt werden.

Der vollständige Bericht berücksichtigt 29.000 seit 1970 gesammelte Datensätze, die auf globale Trends in den Auswirkungen der Klimaveränderung hinweisen. Die Zusammenfassung umreißt dabei allgemeine Entwicklungsrichtungen, gibt aber wenige Zahlen oder Details über den Einfluss, den der Klimawandel bereits auf menschliches oder natürliches Leben gezeitigt hat.

Die Zusammenfassung enthält Vorhersagen, welcherart Auswirkungen für die Zukunft in unterschiedlichen Weltregionen zu erwarten sind. Graphische Tabellen zeigen dabei die zu erwartenden Auswirkungen auf Wasser, Ökosysteme, Nahrungsmittel, Küsten und menschliche Gesundheit, die der Temperaturanstieg mit sich bringt.

Bei einem Temperaturanstieg, der 1,5 bis 2,5° C überschreitet, wird demzufolge für 20-30% aller Tier- und Pflanzenarten ein erhöhtes Risiko angenommen, auszusterben. Dies brächte gewaltige Veränderungen der Struktur und des Funktionierens von Ökosystemen mit sich. Das Ergebnis wären "vorwiegend negative Folgen für die Biodiversität, sowie auch für aus Ökosystemen bezogene Güter wie z.B. Wasser und Versorgung mit Nahrungsmitteln", so der Bericht.

Es wird festgestellt: "Afrika ist derjenige Kontinent, der für Klimaschwankungen und -veränderungen am verwundbarsten ist." Dort werden bis zum Jahr 2020 "voraussichtlich 75 bis 250 Millionen Menschen unter zunehmender Wasserknappheit leiden". Für manche Länder Afrikas wird eine Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktion erwartet, bei der die Erträge aus vom Regen bewässertem Ackerbau "bis 2020 um bis zu 50% geringer ausfallen" werden. Der Bericht folgert, dies werde "die Nahrungssicherheit auf dem Kontinent weiter verschlechtern und Mangelernährung verschärfen".

In Asien wird eine geringere Verfügbarkeit von Süßwasser gemeinsam mit "Bevölkerungswachstum und zunehmender Nachfrage durch gesteigerte Lebensstandards bis etwa 2050 eine Milliarde Menschen nachteilig betreffen". Der Bericht stellt fest, "bis 2080 werden voraussichtlich viele Millionen weitere Menschen infolge der Anhebung des Meeresspiegels jedes Jahr von Überflutungen betroffen sein". Besonders gilt dies für Menschen auf kleinen Inseln und in den Küstengebieten Afrikas und Asiens.

Für Australien und Neuseeland sieht der Bericht zunehmende Probleme bei der Wasserversorgung voraus, außerdem "einen bedeutenden Verlust an Biodiversität", steigende Bedrohung durch den Anstieg des Meeresspiegels und durch Stürme in Küstengebieten, in denen die Bevölkerung wächst, sowie ein Sinken von landwirtschaftlicher Produktion in manchen Gebieten, bei gleichzeitigem Steigen derselben in anderen.

In Europa werden die Gletscher weiter zurückweichen, das Risiko für plötzliche Überschwemmungen, Hitzewellen und Trockenheit wird zunehmen. In Lateinamerika wird der Klimawandel erwartungsgemäß zu einem Rückgang der Tropenwälder, zur "Versalzung und Wüstenbildung von Ackerland" führen. Damit einhergehen wird ein Sinken der Produktion in Landwirtschaft und Viehzucht, die Wasserversorgung wird sich verschlechtern.

Nordamerika wird unter anderem von einer Zunahme von Tropenstürmen betroffen sein. Der Bericht bemerkt dazu: "Wo extreme Wetterereignisse intensiver und/oder häufiger werden, werden auch die wirtschaftlichen und sozialen Kosten derselben steigen." Viele Wissenschaftler sagen voraus, dass es mit der globalen Erwärmung zu einer Zunahme von Stärke und Häufigkeit von Wirbelstürmen wie dem Hurrikan Katrina kommen wird, der im Jahr 2005 New Orleans verwüstete.

Schließlich wird erwartet, dass das Eis der Polargebiete schmelzen wird, wobei kleinere Inseln durch steigende Wasserspiegel bedroht sein werden.

Der Bericht erklärt: "Arme Gemeinschaften können aufgrund begrenzter Anpassungsfähigkeit besonders verwundbar" sein und sind im höheren Maße "abhängig von klimasensiblen Ressourcen wie Wasser und Nahrungsmittelversorgung". Bei der Pressekonferenz der IPCC sagte deren Vorsitzender Rajendra Pachauri zusammenfassend: "Es sind die Ärmsten der Armen dieser Welt - die Armen in prosperierenden Gesellschaften eingeschlossen - die es am schlimmsten treffen wird."