Sri Lanka: Regierung peitscht Kriegsbudget durchs Parlament

Am 19. November setzte sich die Regierung Sri Lankas mit ihrem Kriegsbudget im Parlament durch. Mit 118 gegen 102 Stimmen hatte sie nur 16 Stimmen Mehrheit. Obwohl die Oppositionsparteien im Parlament formal dagegen stimmten, ließ weder die rechtsgerichtete United National Party (UNP), noch die [singhalesisch-rassistische] Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) einen Zweifel daran, dass sie die Verschärfung des Krieges gegen die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) weiterhin unterstützen.

Präsident Mahinda Rajapakse, der gleichzeitig auch Finanz- und Verteidigungsminister ist, hatte am 7. November ein Budget vorgelegt, das die Verteidigungsausgaben um weitere 20 Prozent auf insgesamt 166 Milliarden Rupien (über eine Milliarde Euro) aufstockt. Seit seiner Amtseinführung im November 2005 hat Rajapakse das Waffenstillstandabkommen von 2002 systematisch sabotiert. Er hat eine neue Militäroffensive lanciert und Gebiete im Osten und Norden des Landes besetzt, die unter Kontrolle der LTTE standen.

Das Budget sieht die Einführung zahlreicher neuer indirekter Steuern vor, die die Preise noch stärker in die Höhe treiben. So wird die ganze Finanzlast des Kriegs auf die Schultern der Arbeiterklasse gelegt. Um Geld für das Militär freizumachen, kürzt die Regierung soziale Leistungen und Subventionen, und um die noch verbliebenen Löcher im Budget zu stopfen, lässt sie einfach die Druckerpressen der Zentralbank laufen, was die Inflation weiter anheizt.

Die Regierung wollte sich unbedingt die Unterstützung der JVP sichern, die ebenfalls als blindwütiger Kriegsbefürworter gilt. Die JVP gehört zwar nicht zur regierenden Koalition, gibt jedoch der Regierung immer wieder Rückendeckung im Parlament. Dabei setzt sie ihr populistisches und zuweilen sozialistisches Gehabe als Sprecher der Arbeiter und ländlichen Armen (zumindest der Singhalesen) aufs Spiel.

Bis zuletzt wurde spekuliert, die JVP könnte mit der Regierung stimmen oder sich enthalten. In beiden Fällen hätte sie sich als offener Parteigänger der Regierung und Befürworter der ständigen Angriffe auf den Lebensstandard geoutet. Offenbar war die JVP hin- und hergerissen und zögerte bis zur letzten Minute, ehe sie mit der UNP und der LTTE-freundlichen Tamil National Alliance (TNA) gegen den Haushalt stimmte. Das Budget wird am 14. Dezember endgültig verabschiedet.

Bis zur Abstimmung vom 19. November war Rajapakse zutiefst besorgt, seine schwer zu kontrollierende Koalition aus dreizehn Parteien und Gruppen könnte auseinander brechen. Das Geschacher hinter den Kulissen war dermaßen offensichtlich, dass Minister Rauf Hakeem am Dienstag im Parlament warnte: "Die Massen sehen die Parlamentarier als käufliche Waren mit Preisschild." Jeder Abgeordnete der regierenden Koalition hat irgendeinen Ministerposten inne, damit er bei der Stange bleibt.

Am 14. November wechselte Wijedasa Rajapakse, Abgeordneter der Regierungspartei Sri Lanka Freedom Party (SLFP), die Seiten und trat der Opposition bei. Er war bisher Vorsitzender des Komitees für Staatsunternehmen (Committee on Public Enterprises, COPE) und in dieser Funktion für die Aufklärung von Korruption in staatlichen Betrieben zuständig. Er forderte eine Verkleinerung des gegenwärtigen Kabinetts auf dreißig Personen und die strafrechtliche Verfolgung von zwei Kabinettsmitgliedern, die von der COPE der Korruption beschuldigt werden.

Mahinda Ratnatilleke, ein UNP-Abgeordneter, wechselte auf die Seite der Regierung und erklärte, jeder müsse Rajapakse und seinen Kriegskurs unterstützen. Zwei Tage nach der Budget-Abstimmung wurde Ratnatilleke als der 109. Minister der Regierung Rajapakse vereidigt.

Rajapakse hat eine hysterische patriotische Kampagne geführt, um das Budget zu rechtfertigen und jede Opposition, auch innerhalb der Regierung, mundtot zu machen. Der Präsident und seine Minister haben die Rhetorik von George Bushs "Krieg gegen den Terrorismus" übernommen. Sie verleumden systematisch jede Opposition gegen den Krieg als Sympathie für den "Tiger-Terrorismus".

Vergangenen Freitag sagte der Präsident zu arbeitslosen Schulabgängern: "Wir haben dieses Budget verabschiedet, um den Terrorismus zu zerschlagen, während wir das Land weiter entwickeln... Die Tiger und andere wollen diesen Haushalt kippen." Als Wijedasa Rajapakse vergangene Woche zur Opposition überging, wurde dies von Regierungsseite mit "Tiger, Tiger"-Rufen quittiert.

Die Regierung und ihre Verbündeten ließen es nicht lange bei leeren Drohungen bewenden. Drei prominente Abgeordnete der UNP wurden zu einem Polizeiverhör geladen und wegen angeblicher Korruption vernommen. Die TNA beschwerte sich am Montag, drei ihrer Abgeordneten hätten Drohungen von einer regierungsfreundlichen Miliz namens Tamileela Viduthalai Makkal Pulihal (TVMP) bekommen. Ein TNA-Abgeordneter, T. Kanagasabai, war nicht zur Abstimmung erschienen, da einer seiner Angehörigen entführt worden war. Kurz nach der Abstimmung tauchte der Angehörige plötzlich wieder auf.

Teile der Massenmedien beteiligen sich an der Hetzkampagne. Die rechtsgerichtete Zeitung Island titelte am 19. November "Mahinda gegen Prabhakaran" (der Präsident gegen Velupillai Prabhakaran, den Anführer der LTTE). Die Island gab zu, dass das Budget, "alle Merkmale eines Kriegsbudgets" trage. Sie beschuldigte Gegner des Budgets, sich "praktisch" mit den Kriegsgegnern einzulassen, "um die Regierung zu Fall zu bringen".

Die Parteien der Opposition

Die Island legte in ihrem Editorial den Finger auf die heuchlerische Rolle von UNP und JVP, die den reaktionären Krieg der Regierung zwar unterstützen, mit ihrer Opposition gegen das Budget jedoch versuchen, sich als Verteidiger der arbeitenden Bevölkerung auszugeben.

UNP-Politiker beschuldigen die Regierung der Korruption und kritisieren lautstark die wirtschaftlichen Aspekte des Haushalts, der auf hohen Krediten und der Einführung neuer Steuern beruht und die Inflation anheizen wird. Allerdings vermeiden sie sorgfältig jede Kritik an den gewaltigen Militärausgaben oder am Krieg selber.

Die UNP, die den Bürgerkrieg 1983 begonnen hatte, ist mit Sicherheit kein Kriegsgegner. Im Jahr 2002 wurden in ihren Reihen jedoch Bedenken der herrschenden Klassen laut, der Krieg könne sich negativ auf die Wirtschaft auswirken. Die UNP unterzeichnete ein Waffenstillstandabkommen und eröffnete Friedensgespräche mit der LTTE. Nachdem sie 2005 die Präsidentschaftswahlen verloren hatte, schwenkte auf den Kriegskurs der Rajapakse-Regierung ein. Zur selben Zeit drückten sich in der Politik der UNP die anhaltenden Bedenken der Bourgeoisie aus, die befürchtete, die Regierungspolitik werde eine gewaltige wirtschaftliche und politische Krise hervorbringen, nicht zuletzt aufgrund der wachsenden öffentlichen Feindschaft gegen den Krieg.

Der Balanceakt der JVP fiel sogar noch gequälter aus. Die Partei hatte für die letzten beiden Haushalte von Rajapakse gestimmt, die die Verteidigungsausgaben dramatisch erhöhten und die Kosten dafür der arbeitenden Bevölkerung aufbürdeten. Diesmal lehnte die JVP nach größeren inneren Konflikten das Budget ab und kritisierte die stagnierenden Löhne im öffentlichen Dienst. Sie kritisierte auch die Unfähigkeit der Regierung, in der Privatwirtschaft für vernünftige Löhne zu sorgen, wie auch die steigenden Preise, die Korruption und die übermäßigen Regierungsausgaben.

Die JVP befürchtet, durch ihre engen Verbindungen mit der Rajapakse-Regierung ihre Glaubwürdigkeit bei den Arbeitern zu verlieren. 2004 profitierte sie stark von der allgemeinen Unzufriedenheit mit SLFP und UNP und konnte ihre Parlamentssitze beträchtlich vermehren. Vor kurzem hat die JVP sich gegen mögliche vorgezogene Neuwahlen gesträubt, weil sie genau weiß, dass sie in der nächsten Wahl Parlamentssitze verlieren wird.

Während sie sich im Parlament als Verteidigerin eines vernünftigen Lebensstandards gebärdet, verlangt die JVP zum Lohn für ihre Bündnistreue die Ausweitung des Kriegs. Ehe der neue Haushalt vorgestellt wurde, stellte JVP-Führer Somawansa Amarasinghe vier Bedingungen auf: die offizielle Aufkündigung des Waffenstillstands von 2002, die Auflösung des All Party Representative Committee (APRC) [eine Art runder Tisch aller Parteien, um einen Ausweg aus dem Krieg zu finden], außerdem ein Verbot aller UN-Besuche auf Sri Lanka und eine offizielle Verpflichtung der Regierung zur Souveränität und territorialen Integrität Sri Lankas.

Keins der von Amarasinghe angestrebten Ziele hat etwas mit der Beendigung des Kriegs zu tun. Rajapakse hat den Waffenstillstand zwar nicht formell aufgekündigt, aber das hat der militärischen Eroberung eines Großteils des LTTE-Territoriums im Osten keinen Abbruch getan. Auch war es kein Hindernis für eine weitere Offensive im Norden. Die Regierung berief das APRC ein, um den Schein von Verhandlungen mit der LTTE zu wahren, und um die Großmächte bei der Stange zu halten. Was die UN betrifft, so hat die JVP die verhaltene Kritik der Vereinten Nationen an der ungezügelten Verletzung demokratischer Rechte durch das Militär heftig angegriffen.

Besonders empfindlich reagiert die JVP auf die Kritik der Regierung, sie unterstütze das Kriegsbudget zu wenig. Auf einer Pressekonferenz letzten Dienstag wies Amarasinghe Beschuldigungen zurück, die JVP sei "nicht patriotisch genug". Er erklärte, die Partei habe gegen den Haushalt gestimmt, weil die Steuerlasten die einfachen Menschen zu schwer belasteten und die Schulden in die Höhe trieben.

Bezeichnenderweise wählte Amarasinghe das Beispiel des britischen Premierministers Winston Churchill, den er der Regierung als Vorbild hinstellte. "Er bekam Unterstützung von allen Teilen des Landes, weil er sein persönliches Wohl hintanstellte und so ein Zeichen setzte", führte der Vorsitzende der JVP aus.

Mit anderen Worten, Rajapakse solle keineswegs die militärischen Ausgaben reduzieren, sondern er solle es machen wie der ehemalige konservative Führer des britischen Imperialismus und so tun, als würden "alle Opfer bringen", um den Volkszorn zu beschwichtigen. Würde der srilankische Präsident eine solche Haltung einnehmen, erklärte Amarasinghe, dann wäre die JVP bereit, am 14. Dezember für den Kriegshaushalt zu stimmen.

Im Kampf zur Verteidigung der demokratischen Grundrechte und des Lebensstandards gerät die arbeitende Bevölkerung unweigerlich in Konflikt mit dem Kriegskurs und der Regierung selbst. Doch die Auseinandersetzung um den Haushalt hat gezeigt, dass sie sich dabei auf keine einzige der Oppositionsparteien im Parlament verlassen kann.

Siehe auch:
Sri Lanka: JVP-Gewerkschaft bedroht Socialist Equality Party
(6. November 2007)
Sri Lankas Regierung feiert "Sieg" nach Besetzung des Ostens
(2. August 2007)
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