Infineon-Tochter Qimonda droht das Aus - über 13.000 Arbeitsplätze gefährdet

Seit über zwei Wochen demonstrieren Beschäftigte und Leiharbeiter vor dem Werk des Chip-Herstellers Qimonda in Dresden mit einer Mahnwache gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Es wurden bereits zahlreiche Kündigungen ausgesprochen. 500 Leiharbeiter verlieren Ende November ihren Arbeitsplatz, obwohl sie zum großen Teil viele Jahre bei Qimonda gearbeitet haben. Der Abbau von weiteren Arbeitsplätzen steht auf der Tagesordnung.

Die ARD-Tagesthemen ließen am 11. November einige Betroffene kurz zu Wort kommen. So berichtete der 52-jährige Eckhard Meißner, er brauche bereits seit 14 Tagen nicht mehr zur Arbeit zu kommen und werde ab 30. November arbeitslos sein. Er hat vier Jahre lang als Leiharbeiter bei Qimonda gearbeitet und sorgt sich um die Zukunft seiner Familie. Er befürchtet, dass er in seinem Alter und bei der derzeitigen wirtschaftlichen Krise keinen Arbeitsplatz mehr findet.

Meißners Frau und Sohn arbeiten ebenfalls bei Qimonda und bangen auch um ihre Arbeitsplätze, obwohl die Frau bereits zwölf Jahre dort beschäftigt ist. Bei der drohenden Schließung des Werks würde die ganze Familie arbeitslos.

Qimonda ist ein Tochterunternehmen des Chip-Herstellers Infineon und produziert Speicherchips, wie sie in Handys und Computern eingesetzt werden. Es beschäftigt etwa 13.000 Mitarbeiter weltweit, unter anderen in Werken in Dresden, München und Raleigh in den USA. Dresden mit bisher 3.400 Arbeitsplätzen ist der größte Standort von Qimonda.

Die Muttergesellschaft Infineon ist 1999 durch die Ausgliederung des Speichergeschäfts von Siemens entstanden und hat eine stürmische Geschichte hinter sich, in deren Verlauf Tausende Arbeitsplätze vernichtet wurden. Zurzeit beschäftigt der Konzern weltweit noch etwa 30.000 Menschen.

2006 wurde die Speicherchip-Tochter Qimonda an die Börse gebracht und in den letzten Monaten wurde intensiv nach einem Käufer gesucht. Infineon, das noch 77,5 Prozent der Anteile an Qimonda hält, will sich bis spätestens nächstes Jahr davon trennen.

Die Chip-Produktion ist international heftig umkämpft und leidet unter einem starken Preisverfall. So sind bei Qimonda allein von Januar bis September 2008 Verluste von 1,5 Milliarden Euro aufgelaufen. Die Aktie hat innerhalb eines Jahres 97 Prozent an Wert eingebüßt und wurde am 11.November an der Börse in New York nur noch mit 0,12 US-Dollar notiert.

Angesichts der internationalen Finanzkrise ist es für dieses wie für vergleichbare Unternehmen derzeit kaum möglich, an neue Kredite zu kommen. Die Konzernmutter Infineon ist nicht bereit, Qimonda weiter zu unterstützen, so dass die Existenz des Unternehmens und alle Arbeitsplätze akut bedroht sind.

Infineon-Vorstandschef Peter Bauer erklärte zu der Krise bei Qimonda: "Die Zeiten sind schlechter als wir je erwartet haben." Und: "Aus unserem Cash heraus werden wir Qimonda nicht finanzieren." Selbst eine Bürgschaft lehnte er mit den Worten ab: "Wir brauchen dieses Cash selber", wie die Süddeutsche Zeitung berichtete.

Bereits im Oktober hatte das Qimonda-Management Pläne bekannt gegeben, bis zum Sommer 2009 weltweit 3.000 von damals noch 14.000 Stellen zu streichen. 950 Stellen sollten allein im Werk Dresden wegfallen. Insgesamt sollten durch die Kostensenkungsmaßnahmen 450 Millionen Euro jährlich eingespart werden.

Alle Einsparmaßnahmen der vergangenen Jahre sind zu Lasten der Beschäftigten gegangen. Ähnlich wie in der Autoindustrie wurde eine erhebliche Anzahl der festen Arbeitsplätze in Leiharbeitsplätze umgewandelt. 2004 hatte die rot-grüne Bundesregierung im Rahmen der so genannten Arbeitsmarktreformen die gesetzlichen Regelungen zum Einsatz von Leiharbeitern geändert. Bis dahin war ihr Einsatz zeitlich befristet, und ein Unternehmen musste sie nach einer bestimmten Zeit fest übernehmen. Nun wurde die zeitliche Befristung abgeschafft. Seither können Leiharbeiter unbefristet in einem Unternehmen beschäftigt werden.

Das hat zu einer Verdoppelung der Leiharbeitsplätze von 400.000 im Jahr 2003 auf 800.000 in diesem Jahr geführt. Und wie in der Autoindustrie werden jetzt auch bei Qimonda, Infineon und anderen Unternehmen als Erstes die Leiharbeiter entlassen, selbst wenn sie mehrere Jahre lang im selben Betrieb gearbeitet haben.

Die Gewerkschaften, die den Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung keinen Widerstand entgegengesetzt hatten, regen auch jetzt keinen Finger um gegen die Entlassung der Leiharbeiter zu kämpfen, obwohl sie genau wissen, dass Tausende von weiteren Arbeitsplätzen auf dem Spiel stehen.

Stattdessen haben Betriebsräte und Management von Qimonda einen gemeinsamen Hilferuf an die sächsische Landesregierung gestartet, das Unternehmen mit öffentlichen Mitteln, sprich Steuergeldern, zu retten. Laut Süddeutscher Zeitung vom 12. November hat sich der sächsische Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) bereits mehrfach mit Vertretern der Konzernleitung getroffen. Über konkrete Hilfszusagen in Form von Kredithilfen, Landesbürgschaften oder neue Fördermillionen wurde nichts bekannt.

Selbst wenn es zu staatlichen Hilfen für Qimonda kommen sollte - für die sächsische Landeshauptstadt Dresden würden mit dem Aus für Qimonda auch ihre hoch fliegenden Pläne für ein "sächsisches Silicon-Valley" hart getroffen - wird es diese nur um den Preis von weiteren Zugeständnissen von Seiten der Arbeiter geben. Weiterer Arbeitsplatzabbau, verstärkte Arbeitshetze und Einbußen bei Löhnen und sozialen Leistungen sind regelmäßig die Bedingungen für solche Hilfen, während das Management ohne Einschränkungen davon kommt.

Die IG Metall und ihre Funktionäre im Betrieb stehen bereit, um diese Angriffe gegen die Belegschaft durchzusetzen.

Für Arbeiter ist es dringend notwendig, für eine internationale sozialistische Politik zu kämpfen, einschließlich der Vergesellschaftung von Unternehmen wie Qimonda und Infineon und ihrer Weiterführung unter demokratischer Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung. Die sozialen Bedürfnisse, sichere Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen und gutes Einkommen müssen Vorrang haben vor den Profit- und Renditeinteressen von Konzernen und Banken.

Siehe auch:
BMW-Geschäftsleitung schickt Arbeiter in Zwangsurlaub
(15. November 2008)
General Motors vor dem Bankrott
( 14. November 2008)
Metall-Tarifabschluss stößt auf Widerstand
( 14. November 2008)
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