Die Weltbank zählt Sri Lanka zu den "in besonders hohem Maße gefährdeten" Ländern

Ein Bericht der Weltbank, der kurz vor einem Treffen des Internationalen Währungsfonds der Weltbank am 10. Oktober veröffentlicht wurde, zählt Sri Lanka zu den 28 Ländern, die von der gegenwärtigen globalen Finanzkrise und Kreditknappheit "in besonders hohem Maße gefährdet " sind.

Bei den genannten Ländern handelt es sich allem um kleine, verarmte und wirtschaftlich rückständige Länder, darunter Eritrea, Äthiopien, Tatschikistan, Madagaskar, Nepal, Ruanda, Malawi, die Elfenbeinküste, die Fiji-Inseln, Haiti, die Seychellen and Mauretanien. Die Seychellen gaben am 1. Oktober bekannt, dass das Land zahlungsunfähig sei und die Zinsen für seine Auslandsschulden nicht bezahlen könne.

Bei einer Rede in New York vor dem Treffen vom 10. Oktober bestätigte Weltbank-Präsident Robert Zoellick, dass die internationale Finanzkrise viele Länder sehr hart trifft. "Die Ereignisse vom September könnten der entscheidende Wendepunkt für viele Entwicklungsländer sein. Ein Rückgang der Exporte könnte einen dramatischen Rückgang der Investitionen auslösen. Die Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse in Verbindung mit wachsender Kreditverknappung werden Firmenzusammenbrüche auslösen und möglicherweise Banken in große Schwierigkeiten bringen. Einige Länder werden in Zahlungsbilanz-Krisen schlittern", erklärte er.

Um einer Zahlungsunfähigkeit zuvorzukommen, fordern die Weltbank und der Internationale Währungsfond (IWF), die Haushaltsdefizite durch Kürzungen der Staatsausgaben zu beschränken, darunter Subventionen und Sozialsausgaben, und beschleunigte Privatisierungen. All diese Maßnahmen treffen die am meisten, die es am wenigsten tragen können - Millionen von Armen in den Städten und auf dem Land in den wirtschaftlich rückständigen Ländern.

In Sri Lanka versuchte der Gouverneur Zentralbank der Ajith Niward Cabral den Bericht der Weltbank zu verharmlosen. Auf einer Pressekonferenz vom 24. Oktober gab sich Cabral große Mühe sehr zu betonen, die Situation sei nicht so schlimm. Aber das Bild der Lage, das er zeichnete, war alles andere als beruhigend: rasch schwindende Devisenreserven, eine labile Rupie und eine Flucht aus den Investitionen.

Cabral räumte ein, dass Sir Lankas Devisenreserven in nur drei Monaten drastisch um 800 Millionen US-Dollar oder mehr als 30 Prozent gefallen sind. Die Reserven betrugen letzte Woche 2,6 Milliarden Dollar im Unterschied zu 3,4 Milliarden Dollar Anfang August. "[Die] Zahlungsbilanzprobleme in diesem Jahr sind wahrscheinlich durch [einen] Abzug ausländischer Gelder hervorgerufen worden, die in den Letzten zwei Jahren ins Land gebracht wurden, um das in die Höhe schießende Haushaltsdefizit auszugleichen", erklärte Cabral.

Die größte Belastung für die Staatskasse waren der von der Regierung wieder aufgenommene Krieg gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (Liberation Tigers of Tamil Eelam, LTTE) und die hohen Kosten für Treibstoff- und Nahrungsmittel-Importe. Seit Präsident Mahinda Rajapakse den Krieg Mitte 2006 wieder aufgenommen hat, sind die Verteidigungsausgaben von 96 Millionen Rupien auf 167 Millionen Rupien im Jahr 2008 in die Höhe geschnellt - ein Anstieg von mehr als 70 Prozent.

Seit letztem Jahr hat die Regierung Anleihen in Höhe von 800 Millionen Dollar zu hohen Zinssätzen aufgenommen. Anfang des Monats hat sie eine Ausschreibung gemacht, um weitere 300 Millionen Dollar aufzunehmen. Laut einem Zentralbank-Bericht von 2007 betrug die Gesamtverschuldung 85,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Auslandsfinanzierung des Haushalts stieg von 2,5 Prozent im Jahr 2006 auf 3,7 Prozent im Jahr 2007.

Um die Löcher in den Staatsfinanzen zu stopfen, hat die Zentralbank Schatzanweisungen und Schatzpapiere herausgegeben und Anleihen aufgenommen. Zum ersten Mal hat die Regierung den Verkauf von 10 Prozent der Schatzanweisungen an ausländische Investoren erlaubt. Ausländische Investoren stoßen jedoch zurzeit, der internationalen Kapitalflucht aus den so genannten Schwellenländern folgend, in Rupien ausgestellte Schatzpapiere ab.

Cabral wies darauf hin, dass die Bank auf dem Höhepunkt über 600 Millionen Dollar an ausländischen Investitionen in Schatzpapieren der Regierung verfügte, aber seit letzten August wurden 200 Millionen Dollar abgezogen. Er warnte davor, dass in den kommenden Monaten mindestens weitere 200 Millionen Dollar abgezogen würden.

In den letzten Jahren ist die sri lankische Rupie stark gefallen, was zu einer Inflationsrate beigetragen hat, die zurzeit etwa 28 Prozent beträgt. Da sie mit einer Welle von Streiks und Demonstrationen wegen Lohnforderungen konfrontiert ist, drängte die Regierung die Zentralbank, etwas gegen die Inflation zu unternehmen. Der freie Wechselkurs wurde zu Beginn des Jahres aufgegeben und ein festgelegter Austauschkurs von 108 Rupien zu einem Dollar eingeführt.

Der Rückzug der ausländischen Investoren hat die Nachfrage nach US-Dollar erhöht, was die Zentralbank dazu zwang, wiederholt einzugreifen, um die Austauschrate von 108 Rupien aufrecht zu erhalten. Die Folge war ein gewaltiger Kraftaufwand der Zentralbank, die im September 202 Millionen Dollar und weitere 150 Millionen Dollar in den ersten drei Wochen im Oktober ausgeben musste.

Die Großindustrie hat sich besorgt über den anhaltenden Abfluss von Devisen aufgrund des festen Umtauschkurses geäußert. Lanka Business Online schrieb kürzlich: "Kursstützungen und sterile Interventionen in Währungen führen letztendlich zu schroffen Währungsstürzen, was zum Zusammenbruch des Bankensektors und der Wirtschaft führen kann, wie wir es im Jahr 2000 in Ostasien und Sri Lanka gesehen haben und was jetzt in Island, der Ukraine, Weißrussland and Pakistan passiert."

Im Jahr 2000 stürzte der Wert der sri lankischen Rupie ab und die Devisen gingen dramatisch zurück, was zu einer heftigen Zahlungsbilanz-Krise führte. Der IWF zwang die Regierung, einen freien Wechselkurs einzuführen, die Subventionen zu kürzen und die Steuern zu erhöhen einschließlich einer Verteidigungsabgabe, was vor allem die arbeitende Bevölkerung und die Armen traf.

Obwohl die Börse von Colombo nicht so stark schwankte wie andere Aktienmärkte, sind die Aktien im Zuge der globalen finanziellen Instabilität dennoch gefallen. Der Kursindex sämtlicher Aktien (all share price index, ASPI) fiel um 8,4 Prozent und der Index der Industriewerte Milanka fiel in der Woche von 17. Bis zum 24. Oktober um 7,8 Prozent. Vom letzten Jahr bis diesen September ist der ASPI um 25 Prozent gefallen.

Die Exporte Sri Lankas leiden ebenfalls darunter. Tee ist der drittgrößte Devisenbringer des Landes, und auf den Teeplantagen sind eine halbe Million Arbeiter beschäftigt. Der Vorsitzende des Tee-Ausschusses Lalith Hettiarachchi erklärte am letzten Freitag gegenüber der Presse: "Sämtliche Anteilseigner sind besorgt über die Ereignisse auf den Tee-Auktionen. In den letzten Wochen wurden fast 65 Prozent der Tee-Lagerbestände wegen der niedrigen Nachfrage und den Preisen von der Auktion zurückgezogen."

Zusammen mit anderen Handelswaren war der Preis für Tee seit letztem Jahr gestiegen. Die Regierung Sri Lankas hat 1,5 Milliarden Dollar an Deviseneinnahmen aus dem Tee für dieses Jahr eingeplant. Aber dieses Ziel ist nicht mehr realisierbar. Die Plantagenunternehmer haben sich vor kurzem mit Präsident Rajapakse getroffen und einen Finanz-Rettungsplan in Höhe von sechs bis sieben Million Rupien gefordert. Der Zentralbank-Gouverneur wurde daraufhin angewiesen, einen Plan auszuarbeiten.

Es gibt außerdem Befürchtungen, dass die Bekleidungsindustrie, eine weitere wichtige Devisenbringerin, von der Rezession in den USA und Europa schlimm in Mitleidenschaft gezogen wird. Anura Ekanayake, zweiter Vorsitzender der Handelskammer von Ceylon, warnte, dass jede Rezession oder Wachstumsabschwächung auf diesen beiden Märkten eine "eindeutige und beträchtliche" Auswirkung auf die Nachfrage nach sri lankischen Produkten haben werde.

Mahesh Amalean, Vorstandschef des großen Bekleidungsexporteurs MAS Holdings, erklärte: "Die Auswirkungen der US-Rezession werden uns in der ersten Hälfte des nächsten Jahres treffen. Das ganze nächste Jahr wird schwierig werden, aber die erste Hälfte wird richtig hart." Die Bekleidungsindustrie beschäftigt 270 000 Arbeiter, in erster Linie weibliche, und macht 10 Prozent des BIP aus.

Die vollen Auswirkungen der globalen Wirtschaftsturbulenzen werden in Ländern wie Sri Lanka erst nach und nach sichtbar. Millionen Menschen werden betroffen sein, wenn Fabriken geschlossen werden, die Produktion von Tee und anderen Waren zurückgeschraubt wird und die Regierung die Lasten der Wirtschaftskrise und des Krieges, durch weitere Kürzungen von Subventionen und Sozialleistungen auf die arbeitende Bevölkerung abwälzt.

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