Ausflüchte, Halbwahrheiten und Lügen

Bush drängt auf Rettungsplan für die Wall Street

Die Socialist Equality Party wendet sich entschieden gegen die Forderung nach einer massiven Rettungsaktion für die Wall Street, die US-Präsident Bush in einer Fernsehansprache am Mittwochabend erhoben hat.

Bushs dreizehnminütige Rede war ein Sammelsurium von Ausflüchten, Halbwahrheiten und offenen Lügen. Bush erklärte, die Vereinigten Staaten "stecken mitten in einer ernsten Finanzkrise", und forderte die sofortige Verabschiedung des Gesetzes, über das die Wall Street Banken mindestens 700 Milliarden Dollar erhalten sollen. Es ist vorgesehen, die unverkäuflichen Wertpapiere zu überhöhten Preisen abzunehmen und die Verluste Millionen von Arbeiterfamilien aufzuhalsen. Der Präsident bot keine glaubwürdige Erklärung für die Ursache der Krise. Auch erklärte er nicht, wie die geplante Rettungsaktion für die Banken durchgeführt, geschweige denn wie das wirtschaftliche Desaster von der Arbeiterklasse abgewendet werden soll.

Seine Behauptung, die "Rettungsbemühungen" würden "den amerikanischen Konsumenten und Geschäftsleuten wieder Kreditmöglichkeiten einräumen, um ihren täglichen Bedürfnissen nachzukommen und Arbeitsplätze zu schaffen", ist offensichtlich unzutreffend. Es ist Konsens in der Finanzpresse, besonders außerhalb der Vereinigten Staaten, dass die Rettungsaktion das Abgleiten der amerikanischen und globalen Wirtschaft in die tiefste Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eher beschleunigen wenn nicht gar eine Depression einleiten wird.

"Ich weiß, dass viele Amerikaner heute Abend Fragen haben", erklärte Bush. "Wie konnte es mit unserer Wirtschaft so weit kommen? Wie funktioniert die Lösung, die ich vorschlage? Und was bedeutet das für die finanzielle Zukunft jedes Einzelnen?"

"Das sind gute Fragen", fuhr er fort, "die klare Antworten verdienen."

Aber Bush gab keine Antworten. Stattdessen tischte er eine bizarre Geschichte auf, die das Desaster als Ergebnis unerklärlicher kosmischer Kräfte darstellte.

"Plötzlich hatten Investmentbanken riesige Mengen Wertpapiere in ihren Büchern, die sie nicht mehr verkaufen konnten. Sie hatten nicht mehr genug Geld, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, und ihnen drohte der unmittelbare Zusammenbruch."

"Andere Banken steckten plötzlich in ernsten finanziellen Problemen. Diese Banken begannen, ihr Geld festzuhalten, die Kredite trockneten aus und die Räder des amerikanischen Finanzsystems kamen langsam zum Stillstand."

Aber trotz aller Banalität und entgegen seinen eigenen Absichten war Bushs Rede eine vernichtende und beispiellose Anklage des sozialen, ökonomischen und politischen Systems in den Vereinigten Staaten. Vor dem nationalen und internationalen Publikum gab er zu, dass die größte kapitalistische Volkswirtschaft der Welt am Rande des Zusammenbruchs steht.

"Das Vertrauen ist weitgehend verloren gegangen", erklärte Bush, "und großen Teile des amerikanischen Finanzsystems droht das Aus."

Wenn das Rettungspaket nicht vom Kongress verabschiedet werden sollte, erklärte er, "könnte Amerika in eine Finanzpanik stürzen und ein bedrückendes Szenario wahr werden."

"Noch mehr Banken brächen zusammen, vielleicht auch in Ihrer Stadt. Die Börsen stürzten noch weiter ab, was Ihre Rentenvorsorge gefährden würde. Der Wert ihrer Häuser fiele ins Bodenlose. Die Zahl der Zwangsversteigerungen nähme dramatisch zu."

"Und wenn Sie ein Geschäft oder eine Farm besitzen, würde es für Sie viel schwieriger und teurer, einen Kredit zu erhalten. Mehr Unternehmen würden schließen und Millionen Amerikaner ihren Arbeitsplatz verlieren."

"Selbst wenn Sie nie im Zahlungsrückstand waren, würde es für Sie schwieriger, Kredite zu bekommen, um ein Auto zu kaufen oder die Kinder aufs College zu schicken. Und schließlich könnte das ganze Land in eine lange und schmerzhafte Rezession geraten."

Zum Zustandekommen dieser schlimmen Situation hatte Bush nur ein paar oberflächliche Bemerkungen übrig. Er erwähnte kurz die Immobilienkrise, äußerte sich vage über falsche Entscheidungen und das unverantwortliche Handeln einiger nicht näher bezeichneten Personen und bezog sich auf Exzesse an der Wall Street.

Aber er erklärte nicht, wie die Zahlung von Steuergeldern in Höhe von 700 Milliarden Dollar an Banken und Investmentfirmen die Krise lösen soll.

Tatsächlich ist der Rettungsplan ein unverhüllter Versuch des mächtigsten Teils der herrschenden Klasse, eine selbstverschuldete Krise auszunutzen, um sich noch weiter zu bereichern und gleichzeitig die Last der amerikanischen Arbeiterklasse und der ganzen Welt aufzubürden.

Bush schloss mit der Versicherung, dass "der demokratische Kapitalismus das beste System ist, dass die Welt je hervorgebracht hat". In Wirklichkeit hat sich der Kapitalismus als ein in seinem Innersten instabiles System erwiesen, das von Korruption durchdrungen ist und die gesellschaftlichen Interessen der großen Bevölkerungsmehrheit völlig der Willkür einer parasitären Wirtschaftselite unterordnet.

Die wohl größte Lüge in Bushs Rede war seine Behauptung, dass das Geschenk an die Wall Street notwendig ist, weil "der Markt nicht richtig funktioniert". In wirklich funktioniert der Markt genau, wie man es von ihm erwarten kann, nämlich nach den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus. Irrationalität und Kriminalität bei der Entscheidungsfindung sind in der Natur des Profitsystems selbst verankert.

Bushs Rettungsplan ist zu einem einzigen Zweck entwickelt worden, nämlich um die Finanzelite vor wirtschaftlichen Verlusten aus dem Zusammenbruch des Schuldenberges zu schützen, den sie selbst in ihrem Streben nach Superprofiten und unvorstellbarem persönlichen Reichtum aufgehäuft hat.

Bei den Kongressanhörungen am Dienstag konnten Finanzminister Henry Paulson und Zentralbankchef Ben Bernanke nicht überzeugend darlegen, dass ihr Rettungsplan mehr bringt als eine massive Bereicherung für die Banken und den Verlust von Häusern und der Lebensgrundlage für Millionen von Arbeitern.

Der nackte Klassencharakter des Rettungsplans wird noch deutlicher, da sich die Banken erbittert gegen jede Deckelung von Manager- und Vorstandsgehältern sperren. Auch die Übereignung von Aktienanteilen an den Staat als Gegenleistung für die Plünderung der öffentlichen Kassen lehnen sie vehement ab.

Bushs Rede erhöht den Druck auf den Kongress, den Rettungsplan schnell zu verabschieden. Die demokratischen Parteiführer in Repräsentantenhaus und Senat haben den grundlegenden Rahmen des Plans bereits akzeptiert. Ihre halbherzigen, halb theatralischen Einwände gegen diesen oder jenen Aspekt des Plans waren kaum mehr als zynische Zugeständnisse an die massive Opposition in der Bevölkerung gegen den Rettungsplan.

Senator Christopher Dodd, der Vorsitzende des Bankenausschusses im Senat wiederholte am Mittwochabend die alte Leier der Demokraten, es sei notwendig, "nach vorne zu schauen" und sich nicht den Kopf über die Ursachen der Krise zu zerbrechen. Als ob es möglich wäre, eine Lösung für den Zusammenbruch der amerikanischen und globalen Wirtschaft zu finden, ohne sich über die Ursachen klar zu werden!

Der Demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama unterstützt den Rettungsplan voll und ganz und überlegt sogar, Paulson als Finanzminister einer zukünftigen Obama-Regierung im Amt zu behalten. Hinter dem ganzen Gerede über "Wandel" und eine "neue Politik" tritt ein rechter Politiker hervor, der in das Weiße Haus gelangen will, indem er die Medien und die Finanzaristokratie davon überzeugt, dass er die Interessen des Finanzkapitals rücksichtslos verteidigen wird.

Die Ereignisse haben das Scheitern des kapitalistischen Systems und die fundamentale Klassenspaltung der amerikanischen Gesellschaft offen zu Tage treten lassen. Sie haben das Zwei-Parteien-System als Instrument der Finanzaristokratie entlarvt und gezeigt, dass hinter der demokratischen Garnitur eine Plutokratie existiert - der Herrschaft der Reichen.

Die große Frage ist: Wer wird für die Krise bezahlen?

Die Socialist Equality Party lehnt den gesamten Rahmen ab, in dem die Bush-Regierung und die Demokratische Partei das ganze Finanzdesaster behandeln wollen. Wie sehr sie auch über Einzelheiten streiten mögen, sie alle stimmen darin überein, dass die Arbeiterklasse, die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, die Last der Krise schultern muss.

Nach Auffassung der SEP verweist diese Krise auf die dringende Notwendigkeit, die politische Struktur und das Wirtschaftssystem der Vereinigten Staaten grundlegend zu verändern.

Die Arbeiterklasse muss als unabhängige politische Kraft gegen die Plutokratie mobilisiert werden, die die Vereinigten Staaten mittels der Demokraten und Republikaner, der zwei Parteien der Kapitalistenklasse, regiert.

Sie muss für eine sozialistische Lösung der kapitalistischen Katastrophe eintreten.

Die Socialist Equality Party tritt für die Verstaatlichung der Banken und großen Finanzinstitute ein - ohne Entschädigung für ihre vorherigen Besitzer. Sie müssen in öffentliche Dienstleistungsunternehmen umgewandelt und unter demokratische Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung gestellt werden. Die großen Finanzierungsinstrumente der Gesellschaft dürfen kein Privateigentum sein und müssen genutzt werden, um die Produktivkräfte im Interesse der Menschen zu entwickeln.

Die zig Milliarden Dollar, die auf privaten Konten von Spekulanten und Bankiers gelandet sind, müssen zurückgeholt und für Sozialprogramme zugunsten der Massen eingesetzt werden.

Der Betrug und die Korruption, die die Krise angeheizt haben, müssen öffentlich untersucht und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen und strafrechtlich verfolgt werden.

Die Bücher der Banken und großen Finanzhäuser, Versicherungsgesellschaften und Hedge Fonds sind offen zu legen, um illegales und die Gesellschaft schädigendes Verhalten aufzudecken.

Die Socialist Equality Party tritt für eine Arbeiterregierung ein, die Dringlichkeitsmaßnahmen zur Lösung der Krise im Interesse der arbeitenden Bevölkerung durchführt: Zwangsversteigerungen von Eigenheimen sind zu stoppen, im öffentlichen Sektor müssen Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden, Lohnsenkungen und Entlassungen sind zu verbieten und die öffentlichen Dienstleistungen stark auszuweiten.

Für dieses Programm kämpfen bei der Wahl 2008 der Präsidentschafts- und der Vizepräsidentschaftskandidat der SEP, Jerome White und Bill Van Auken.

Jeden, der die Notwendigkeit einer sozialistischen Perspektive erkennt, fordern wir auf, unseren Wahlkampf zu unterstützen und Mitglied der Socialist Equality Party zu werden.

Siehe auch:
Nein zu Obama und McCain! Unterstützt die sozialistische Alternative 2008! Baut die Socialist Equality Party auf!
(18. September 2008)
Rettungsaktion enthüllt Bankrott des amerikanischen Kapitalismus
( 17. September 2008)
Die Wall Street-Krise und der Niedergang des amerikanischen Kapitalismus
( 17. September 2008)
Demokraten signalisieren Unterstützung für Wall Street-Rettungsaktion
( 25. September 2008)
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