Sri Lanka:

Die Niederlage der LTTE und die Sackgasse des Nationalismus

Die vernichtende militärische Niederlage der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) geht einher mit enormem Leid des tamilischen Volkes im Norden Sri Lankas. Der gnadenlosen Offensive der srilankischen Armee und der rechten Rajapakse-Regierung sind Tausende zum Opfer gefallen, noch viel mehr wurden verwundet, mehr als eine Millionen Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben und Hunderttausende in üble Internierungslager gepfercht.

Die LTTE-Kämpfer und ihre Führung wurden von der srilankischen Armee kaltblütig ermordet. Sympathie für das Los des tamilischen Volkes und für das grausame Schicksal der Kämpfer der LTTE darf aber nicht daran hindern, einige grundlegende Lehren zu ziehen.

Letztlich ist das Debakel der LTTE das Ergebnis einer Perspektive, der jede progressive wirtschaftliche und politische Begründung fehlte: Sie ging davon aus, dass die Antwort auf von der Regierung geförderte anti-tamilische Diskriminierung ein eigener ethnisch definierter Staat für die tamilische Minderheit auf einem Teil der kleinen Insel Sri Lanka sei.

Die Methoden dieser Bewegung, darunter Terrorangriffe auf die zivile singhalesische Mehrheitsbevölkerung, waren kein Exzess oder taktischer Fehler, sondern waren vielmehr das Ergebnis dieser falschen Perspektive, die den Klassenkampf durch ethnischen Kampf ersetzte.

Diese Bewegung war völlig außerstande, die singhalesischen Arbeiter oder Unterdrückten zu mobilisieren, oder den zahllosen Versuchen der singhalesischen Bourgeoisie entgegenzuwirken, anti-tamilischen Chauvinismus aufzuputschen. Wegen ihrer separatistischen Haltung konnte sie nicht einmal die tamilischen Arbeiter in Indien mobilisieren. Und ihre antidemokratische Haltung, die sich in der Unterdrückung jeglicher politischer Opposition - besonders in der Arbeiterklasse - in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ausdrückte, führte schließlich sogar zur Entfremdung breiter Schichten der tamilischen Bevölkerung in Sri Lanka.

Seit dem Beginn des Bürgerkriegs vor 26 Jahren war der bewaffnete Kampf der LTTE immer mit der Strategie verknüpft, die Unterstützung der einen oder anderen imperialistischen Macht für die Bildung eines Kleinstaates im Norden und Osten der Insel zu gewinnen.

1987 kam aufgrund des indo-srilankischen Abkommens die indische Armee mit Unterstützung der LTTE in den Norden Sri Lankas, wo sie Tausende tamilische Zivilisten abschlachtete. Die LTTE hatte sich der indischen Bourgeoisie in der Hoffnung untergeordnet, dass sie ihr helfen werde, einen unabhängigen Staat zu errichten.

In den folgenden Jahrzehnten appellierte die LTTE an die Unterstützung der Imperialisten. Sie machte unmissverständlich klar, dass es ihr bei der Schaffung eines Ministaats nicht um die Verbesserung der Lebensverhältnisse der tamilischen Massen ging, sondern um die Schaffung einer kapitalistischen Wirtschaft, die dem internationalen Kapital billige Arbeitskräfte zur Verfügung stellen werde.

Die gesamte Erfahrung der Nachkriegszeit hat den Bankrott nationalistischer Programme gezeigt. Die formale Unabhängigkeit und die Schaffung neuer Nationalstaaten in Afrika, Asien und dem Nahen Osten konnten in keinem grundlegenden Sinn die demokratischen und sozialen Bestrebungen der Massen erfüllen. Diese Staaten wurden vielmehr zum Instrument für die Wahrung der Interessen der Imperialisten und der neuen nationalen Bourgeoisien. In vielen Fällen wurden - wie in Sri Lanka - ethnische und kommunale Spannungen manipuliert, um die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen zu spalten und zu schwächen.

In jüngerer Zeit sind alle sogenannten nationalen Befreiungsbewegungen, von der PLO in Palästina bis zum ANC in Südafrika, Vereinbarungen mit den Imperialisten eingegangen, die für die Massen neue Unterdrückung bedeuteten.

Veränderungen in der Struktur des Weltkapitalismus - das Aufkommen transnationaler Produktion und die globale Integration des Finanzsystems und der Produktion - haben die Grundlagen dieser Bewegungen und all der sozialen und politischen Organisationen erschüttert, die sich politisch auf den Nationalismus stützen.

Die militärische Niederlage der LTTE hat keins der Probleme belöst, die dem Bürgerkrieg zugrunde lagen. Sie hat lediglich gezeigt, dass die Einheit des bürgerlichen Staates in Sri Lanka nur durch blutige Unterdrückung und Gräueltaten zu erhalten war.

Das rechte singhalesisch-chauvinistische Regime in Colombo verteidigte gewissermaßen seine eigene Form von Nationalismus: das "Recht", die Einheit des bürgerlichen Staates mit Hilfe militärischer Gewalt zu verteidigen.

Das Ergebnis ist, dass Diskriminierung und Armut fortbestehen, während der "Sieg" des Regimes in Colombo den Hass der tamilischen arbeitenden Bevölkerung nur weiter verstärkt hat.

Diese bittere Erfahrung hat noch einmal bestätigt, dass der Kampf gegen den Imperialismus und der Kampf für die Verteidigung demokratischer Rechte und für soziale Gleichheit nur auf der Basis eines internationalistischen Programms geführt werden kann.

Die Antwort auf Diskriminierung und kommunalistische Unterdrückung liegt nicht in einem eigenen Staat, sondern darin, die Unterdrückten in einem gemeinsamen Kampf für die sozialistische Revolution zu vereinen.

Für diese Perspektive kämpfen das Internationale Komitee und seine Sektion in Sri Lanka. Sie ist erneut mit aller Deutlichkeit bestätigt worden.

Die Socialist Equality Party in Sri Lanka hat immer wieder die demokratischen Rechte des tamilischen Volkes gegen alle Formen von singhalesischem Chauvinismus verteidigt und unaufhörlich den sofortigen bedingungslosen Rückzug der srilankischen Armee aus dem Norden und Osten des Landes gefordert, aber sie hat der LTTE keine politische Unterstützung gewährt. Sie betonte, dass das Programm dieser nationalen separatistischen Bewegung die Interessen der sich entwickelnden tamilischen Bourgeoisie ausdrückte. Tamilische Arbeiter und Bauern könnten ihre Interessen nur im gemeinsamen Kampf mit den singhalesischen Arbeitern gegen den Kapitalismus vertreten, erklärte sie.

Die tragischen Ereignisse in Sri Lanka markieren das Ende einer ganzen Periode, haben aber die grundlegenden Widersprüche des Landes nicht gelöst. In der kommenden Periode wird der Kampf der SEP, tamilische und singhalesische Arbeiter gegen alle Formen von Nationalismus und Kommunalismus und für den gemeinsamen Kampf für eine Sozialistische Republik Sri Lanka und Tamil Eelam zu vereinen, den Massen auf der Insel einen Weg nach vorne weisen. Sie wird auch ein internationalistischer Anziehungspunkt für die Arbeiterklasse in ganz Südasien und Teil des Kampfs für die sozialistische Vereinigung der Arbeiterklasse im Weltmaßstab sein.

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