Obama und die Arbeitslosigkeit

Auch angesichts einer Rekordsteigerung der Arbeitslosigkeit verharrt die Obama-Regierung in ihrem kalten Desinteresse am Schicksal von Millionen Arbeitslosen und ihrer Familien.

Die offizielle Arbeitslosenrate stieg im Oktober auf 10,2 Prozent, den höchsten Wert seit 1983. Fast sechzehn Millionen Menschen sind arbeitslos, eine Zunahme um sieben Millionen seit dem Beginn der Rezession. Wenn man die Arbeiter mitzählt, die aufgegeben haben nach Arbeit zu suchen, und diejenigen, die gezwungenermaßen kurzarbeiten, dann beträgt die wirkliche Rate 17,5 Prozent. Das ist die höchste seit der Großen Depression.

Das Weiße Haus reagierte auf die Arbeitslosenzahlen mit seinem routinemäßigen Spruch, dass die Beschäftigung generell hinter der wirtschaftlichen Situation herhinke. Der Präsident gab zwar zu, dass zehn Prozent eine "ernüchternde Zahl" sei, sagte aber: "Die Geschichte lehrt uns, dass das Beschäftigungswachstum immer hinter dem Wirtschaftswachstum herhinkt." Er fügte selbstzufrieden hinzu: "Es erfordert zwar Zeit und Geduld, aber ich bin zuversichtlich, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen."

Schon die Behauptung, der Trend der Arbeitslosigkeit werde sich bald umkehren, ist eine Lüge. Die meisten Ökonomen gehen inzwischen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit noch mehrere Jahre zweistellig bleiben wird. Trotzdem lehnt die Regierung jedes von der Regierung finanzierte Programm öffentlicher Arbeiten zur Beschäftigung von Arbeitslosen ab. Die Washington Post berichtete kürzlich, dass ein Sprecher des Weißen Hauses die Idee abgelehnt habe, weil sie "keine längerfristigen Werte schaffe"; d.h. weil sie keinen Profit für die Wirtschaft schafft.

Die Frage der Arbeitslosigkeit steht schon seit langem im Zentrum des wirtschaftlichen und politischen Lebens der USA. Im vergangenen Jahrhundert gab es die öffentlichen Arbeitsbeschaffungsprogramme des New Deal, und Programme für "Vollbeschäftigung", die zwar entschieden unzureichend waren, aber im Namen des Kampfs gegen die Geißel der Massenarbeitslosigkeit aufgelegt wurden. Für die Obama-Regierung ist diese Frage überhaupt kein Thema.

Diese Inaktivität und Gleichgültigkeit hat eine Reihe von Warnungen von Seiten liberaler Anhänger Obamas hervorgerufen, die über die explosiven sozialen Folgen und politischen Konsequenzen einer sich verschärfenden Arbeitslosenkrise besorgt sind.

Am Dienstag klagte New York Times Kolumnist Bob Herbert, dass immer mehr Amerikaner [Obamas] Prioritäten in Frage stellten. Zu diesen gehörten auch Millionen, die bei der Wahl im letzten Jahr für ihn in den Ring gestiegen seien." "Der Mangel an Arbeitsplätzen", fuhr er fort, "führt zu Nervosität, Angst und Verärgerung, die in der breiten Öffentlichkeit immer unübersehbarer werden."

In einem Artikel der Washington Post mit dem Titel "Warum Obama euch keinen Job gibt" beschwert sich Alec MacGillis, dass die Regierung "betont vermeidet, Leute dafür zu bezahlen, dass sie arbeiten", wie das Regierungen in den 1930 und 1970er Jahren getan haben. "Das unmittelbare Schaffen von Arbeitsplätzen könnte gewisse politische Fallstricke mit sich bringen (wie zum Beispiel den ständigen Vorwurf des Sozialismus), aber sind zweistellige Arbeitslosenzahlen wirklich ein geringeres politisches Risiko?"

Solche Appelle treffen allerdings auf taube Ohren. Obamas Desinteresse ist nicht die Folge eines taktischen Irrtums, sondern der gesellschaftlichen und Klasseninteressen, die der Präsident und beide Kongressparteien vertreten.

Die Regierung tut zwar nichts, um die Lage der arbeitenden Bevölkerung zu erleichtern, aber sie scheut keine Kosten und verliert keine Zeit, wenn es darum geht, den Reichtum und die Macht der Finanzoligarchie zu vergrößern, die Amerika beherrscht. Sie hat der Wall Street Billionen zur Verfügung gestellt, GM und Chrysler in die Insolvenz getrieben, um die Löhne der Autoarbeiter zu senken, und betreibt die Umstrukturierung des Gesundheitssystems, um Medicare auszubluten und die Gesundheitskosten für die Unternehmen zu senken. Außenpolitisch verschwendet die Regierung Hunderte Milliarden Dollar und setzt das Leben Tausender Soldaten in zwei Kolonialkriegen aufs Spiel, die um die Kontrolle über die energiereichen Regionen der Erde geführt werden.

Die hohe Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Unsicherheit sind ein bewusstes Ziel der Regierung. Der drohende Verlust des Arbeitsplatzes wird als Druckmittel benutzt, um den Widerstand der Arbeiter gegen eine dauerhafte Senkung ihres Lebensstandards und ihrer Arbeitsbedingungen zu brechen.

Im Dritten Quartal stieg die Produktivität einem Regierungsbericht zufolge mit einer Jahresrate von 9,5 Prozent. Obwohl die Zahl der Arbeitsstunden um fünf Prozent zurückging, nahm der Ausstoß um vier Prozent zu. "Folglich mussten die Beschäftigten kürzer arbeiten, aber das Gleiche leisten, wie zuvor", schrieb BusinessWeek. "Wer seinen Arbeitsplatz behielt, musste die Arbeit der ehemaligen Kollegen miterledigen" oder schlicht mehr Stunden leisten, die von der Statistik nicht erfasst wurden. Das führte im laufenden Jahr zu einem Sinken der Lohnstückkosten um 3,6 Prozent. Das ist der stärkste Rückgang, seit Beginn der Aufzeichnungen 1948.

Die Verschärfung der Ausbeutung steht im Zentrum der Umstrukturierungspläne der Regierung für den amerikanischen Kapitalismus im Interesse der mächtigsten Teile der Finanzelite. Die herrschende Klasse versucht, sich aus den Ruinen ihrer eigenen Wirtschaftskrise herauszuwinden, indem sie die USA in ein Billiglohnland verwandelt, um die Exporte zu erhöhen, im Inland eine Sparpolitik durchzusetzen und die Arbeiterklasse so zu zwingen, die Rettungsprogramme für die Wall Street zu bezahlen.

Wenn die Arbeiterklasse diesen Angriff abwehren will, dann muss sie sich ihrer eigenen Klasseninteressen bewusst werden und eine programmatische Antwort auf die Wirtschaftskrise entwickeln.

Die Socialist Equality Party fordert, dass jeder einen Arbeitsplatz und einen anständigen Lebensstandard garantiert bekommt. Das Leitprinzip der Arbeitsmarktpolitik muss sein, die arbeitende Bevölkerung vor dem Abstieg zu bewahren und Beschäftigung zu garantieren, um das materielle und kulturelle Niveau der Menschen zu erhöhen, und nicht die Profite der Kapitalisten.

Die SEP fordert die Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle Arbeiter ohne Lohnverlust. Jedem Arbeiter muss eine Dreißig-Stunden-Woche für den Lohn einer Vierzig-Stunden-Woche garantiert werden. Krankenversicherung und Rentenbeiträge müssen gesichert sein.

Ein Billionen schweres Programm öffentlicher Arbeiten muss aufgelegt werden, um Arbeitslose einzustellen, damit sie ihre dringenden sozialen Bedürfnisse befriedigen können. Es müssen erschwingliche Wohnungen gebaut, eine gute Gesundheitsversorgung und Bildung zur Verfügung gestellt, der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und andere Verbesserungen der gesellschaftlichen Infrastruktur vorgenommen werden.

Um die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen, muss die Macht der Finanzaristokratie gebrochen werden, indem die Banken verstaatlicht und unter öffentliche Kontrolle gestellt, und die unberechtigten Gewinne der Reichen und Superreichen konfisziert werden. Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, die sozialen Probleme zu lösen, die er selbst geschaffen hat. Er muss durch ein anderes gesellschaftliches System ersetzt werden: den Sozialismus.

An die Stelle des anarchischen und gesellschaftlich zerstörerischen "freien Marktes" muss eine demokratische Planung treten, um die Bedürfnisse der Gesamtgesellschaft zu befriedigen, anstatt nur die privaten Profitinteressen. Die sozialistische Umgestaltung der amerikanischen Wirtschaft muss Bestandteil einer global geplanten Wirtschaft sein, in der die arbeitende Bevölkerung den Reichtum kontrolliert, den sie selbst produziert.

Dafür muss eine neue Partei der Arbeiterklasse aufgebaut werden, um gegen die beiden Zwillingsparteien des Kapitals und für die politische Macht kämpfen zu können. Diese Partei muss für die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse, für Internationalismus und die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft kämpfen. Das ist das Ziel der Socialist Equality Party!

Siehe auch:
Ein Jahr Barack Obama
(5. November 2009)
Beschäftigungskrise zeigt Scheitern des Kapitalismus
( 8. Oktober 2009)
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