Die Polizei im NS-Staat – Ordnung und Vernichtung

Lange wurde in der Nachkriegszeit behauptet, nur die Gestapo habe sich am Massenmord und an der Vernichtungspolitik der Nazis beteiligt. Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin räumt mit dieser Legende gründlich auf. Die Polizei war in allen ihren Teilen, auch der Ordnungs- und Kriminalpolizei, ein williges Werkzeug der Nazis.

Ausstellungsplakat Deutsches Historisches Museum Ausstellungsplakat
Deutsches Historisches Museum

Das Beeindruckende der Ausstellung ist aber mehr als das: Sie zeigt, welche Kontinuität der Polizeiapparat nicht nur von der Kaiserzeit bis zur Hitlerdiktatur, sondern auch bis in die Zeit nach 1945 aufweist. Kaum ein Polizist wurde nach dem Krieg für die Verbrechen vor Gericht gestellt, die wenigen, die angeklagt wurden, beriefen sich auf den Befehlsnotstand, deckten sich gegenseitig mit Falschaussagen und wurden, wenn überhaupt, lediglich für „Hilfe zum Mord“ verurteilt. Viele NS-Polizisten setzten ihre Karriere in der Polizei fort, und nicht wenige kamen in Führungspositionen.

„Die Berliner Straßenkämpfe“, Das Illustrierte Blatt, Nr. 19, 11. Mai 1929 (Berlin, Stiftung Stadtmuseum Berlin; Foto: Oliver Ziebe) „Die Berliner Straßenkämpfe“,
Das Illustrierte Blatt, Nr. 19, 11. Mai 1929
(Berlin, Stiftung Stadtmuseum Berlin; Foto: Oliver Ziebe)

Initiiert wurde das Projekt vom ehemaligen Polizeipräsidenten von Potsdam, Detlef Graf von Schwerin, dem Sohn eines Widerstandskämpfers; aufgegriffen und finanziert wurde es von der Innenministerkonferenz und vorbereitet von der Deutschen Hochschule der Polizei, Münster, in Zusammenarbeit mit einem Historikerteam. Der Präsident der Deutschen Hochschule der Polizei, Klaus Neidhardt, erklärt in seinem Grußwort zur Ausstellung, Polizisten in der Ausbildung sollten mit der Vergangenheit konfrontiert werden, um „sensibel zu bleiben gegen Gewaltmissbrauch“. Die Polizei „im demokratischen Rechtsstaat“ sei „das direkte Gegenteil zur Polizei des NS-Staats“ und müsse die „Freiheits- und Bürgerrechte, die Grundrechte des Einzelnen“ schützen.

Allerdings sprechen die harten Fakten, die in der Ausstellung dargestellt werden, eine andere Sprache! Die gleiche Vorstellung wie Klaus Neidhardt propagierte auch der sozialdemokratische Innenminister Carl Severing in der Weimarer Republik, der 1920 den ebenfalls sozialdemokratischen Reichswehrminister Gustav Noske ablöste. Seine Reformen änderten jedoch nichts daran, dass das Personal der Polizei nahezu nahtlos in den faschistischen Staatsapparat überging, als Hitler 1933 die Macht übernahm.

Die SPD und „Die Polizei – Dein Freund und Helfer“

Die ersten beiden Stationen der Ausstellung schildern, wie Noske nach Ende des Ersten Weltkriegs paramilitärische Freikorpsverbände und Teile des kaiserlichen Heeres mitsamt ihrer Ausrüstung in die Polizei integriert hatte und mit ihrer Hilfe die revolutionären Arbeiteraufstände blutig niederschlagen ließ. Als sich daraufhin die Reaktion gestärkt fühlte und im März 1920 unter den Generälen Kapp und Lüttwitz einen Putsch versuchte, sympathisierte der größte Teil der von Noske befehligten Polizeieinheiten mit den Putschisten. Nur durch den Generalstreik und den Kampf der Roten Ruhrarmee konnte die Reaktion zurückgeschlagen werden.

Auch unter Carl Severings Führung wurde die Polizei zur blutigen Unterdrückung von Arbeiterunruhen, beispielsweise 1921 in Sachsen und 1923 in Hamburg, eingesetzt. Erst als die revolutionäre Welle nach dem missglückten Oktoberaufstand 1923 abebbte und eine wirtschaftliche Stabilisierung einsetzte, begann Severing die Polizei umzustrukturieren und zu entmilitarisieren, indem Personal rekrutiert wurde, das vorher nicht der Armee und den Freikorps angehört hatte. Er übertrug der Polizei neue Aufgaben, insbesondere die Verkehrsregelung, machte den Polizeidienst zum Ausbildungsberuf und ließ auch Frauen anwerben.

All dies diente einer Imagekampagne, mit der die SPD versuchte, die Polizei nun als Garant einer demokratischen Verfassung darzustellen. Zu ihrem Symbol wurde die Haltekelle des Schupos im Straßenverkehr, zu ihrem Slogan „Die Polizei – Dein Freund und Helfer“. Im Herbst 1926 fand eine groß angelegte Polizeiausstellung auf dem Berliner Messegelände statt, die mit Sport- und Musikveranstaltungen eine halbe Million Besucher anlockte.

Neben Bildobjekten und einer Eintrittskarte dieser Großveranstaltung ist das Geleitwort zum damaligen Katalog von Albert Grzesinski, dem Nachfolger von Carl Severing und ebenfalls Sozialdemokrat, an die Wand projiziert: „Nun hatte die Polizei-Ausstellung sich auch zum Ziel gesetzt, zu beweisen, dass die Polizei im modernen Volksstaat eine Volkspolizei ist und sein will, dass sie ihre Organisation, ihren Ausbau und ihre Ausbildung bewusst stellt unter die Devise: Freund, Helfer und Kamerad der Bevölkerung zu sein.“

Mit solchen Kampagnen versuchte die SPD, der Bevölkerung Sand in die Augen streuen. Nach wie vor gab es viele Freikorpsangehörige in den Reihen der Polizei, und die neuen Rekruten kamen überwiegend aus den Kreisen der Mittelschichten, die später zu den Anhängern der NSDAP zählten. In der Arbeiterklasse war das Misstrauen in den Polizeiapparat seit ihren blutigen Erfahrungen von 1918 bis 1923 noch sehr lebendig.

Zudem fürchtete auch die SPD, dass erneut revolutionäre Unruhen aufflammen und die 1919 gegründete KPD erstarken könnte. Am Eingang zur Polizeiausstellung 1926 stand daher neben der Haltekelle des Schupos und der freundlichen Aufforderung „Treten Sie näher“ auch ein moderner Panzerwagen zur Aufstandsbekämpfung. Der lange Degen aus der Kaiserzeit, den etliche Offiziere noch als Standessymbol trugen, wurde zwar durch eine kürzere Waffe ersetzt, und 1924 wurde der Gummiknüppel eingeführt – den die Nazis wieder abschafften. Zugleich wurde jedoch die Polizei mit mobilen Wasserwerfern und Kampffahrzeugen sowie mit effizienteren Techniken der Spurensicherung und Datensammlung ausgestattet, auf die später die Nazis zurückgreifen konnten.

In München entstand bereits vor 1933 eine Zentrale zur Erfassung von „Zigeunern“, auf die die Nazis später ihre Deportationslisten stützten. In der Ausstellung ist ein Karteikartenschrank aufgebaut, der nach dem Krieg im Keller des Polizeipräsidiums Köln gefunden wurde. Die Besucher können eine Auswahl der dort entdeckten 3.458 Karteikarten in die Hand nehmen – die zahllosen Toten, die mithilfe der örtlichen Polizeibehörden als so genannte Volksschädlinge verhaftet und in die KZs oder Sammelhinrichtungen geschickt wurden, bekommen plötzlich einen Namen. Es sind hauptsächlich Arbeiterinnen und Arbeiter, die mit genauen Daten zu Beruf, Größe, Haar- und Augenfarbe, Alter, frühere Mitgliedschaft in Arbeiterparteien und natürlich Rasse, sowie angebliches Vergehen und Datum ihres Tods registriert sind. Im Falle von Roma oder Sinti gibt es einen großen roten Stempel „Zigeuner“ auf den Karteikarten.

In der Endphase der Weimarer Republik waren es letztlich erneut die Sozialdemokraten, die – ungeachtet des demokratischen Mäntelchens, das sie zuvor der Polizei umgehängt hatten – die inzwischen gut ausgerüsteten Polizeieinheiten wieder gegen Arbeiterdemonstrationen einsetzten: So beim Blutmai 1929, als der Berliner SPD-Polizeipräsident Karl Friedrich Zörgiebel Mai-Kundgebungen in den Arbeitervierteln niederschießen ließ, mit nahezu 40 Toten. Albert Grzesinski, zu diesem Zeitpunkt noch preußischer Innenminister, gab Zörgiebel dafür seine volle Unterstützung. Die zunehmend autoritäre und polizeistaatliche Herrschaft unter General von Papen, der die letzte sozialdemokratische Koalitionsregierung in Preußen und damit auch Grzesinski 1932 abgesetzt hatte, konnte sich auf diese Vorarbeit der Sozialdemokratie stützen.

„SA und Schupo vereint“ aus dem „Roten Album“, erstellt von einem unbekannten Anhänger der NSDAP / Heilbronn, 1933 (Stadtarchiv Heilbronn) „SA und Schupo vereint“ aus dem „Roten Album“, erstellt von einem unbekannten Anhänger der NSDAP / Heilbronn, 1933 (Stadtarchiv Heilbronn)

Während die SPD bis zuletzt den Geist der Weimarer Verfassung beschwor, setzten immer mehr Polizeibeamte und andere Teile des Staatsapparats ihre Hoffnungen auf die NSDAP, die gegen die Arbeiterklasse durchzugreifen versprach.

Übrigens hatte auch Zörgiebel eine Nachkriegskarriere bei der Polizei. Nachdem er während der Nazizeit vier Monate im KZ saß und danach in seiner Heimatstadt Mainz unter Beobachtung der Gestapo stand, baute er nach 1945 die Polizei wieder mit auf. Er war SPD-Vorsitzender von Mainz und wurde von 1947 bis zum Ruhestand 1949 Landespolizeipräsident von Rheinland-Pfalz.

Bei der Machtübernahme der Nazis stellte sich endgültig heraus, dass der freundliche Schupo, der „Freund und Helfer“, nicht die Verkehrsregelung als seine ureigenste Aufgabe verstand, sondern die Organisierung von Razzien und Massenverhaftungen. Eine Rundfunkreportage zu einer Razzia im Berliner Scheunenviertel am 5. April 1933, wenige Tage nach der Machtergreifung, kann man sich in der Ausstellung in guter Tonqualität anhören. Es ist schockierend, wie manches auch für heutige Ohren vertraut klingt.

Der Reporter spricht einen beteiligten Polizisten an und geht mit ihm zu einem Lastwagen, in dem bereits 15 Verhaftete sitzen. Sozusagen als Sprachrohr für den Polizeibeamten fragt er einen älteren jüdischen Bewohner nach dem Grund seiner Verhaftung: „Ich habe meinen Ausweis nicht dabei gehabt“. Es entspann sich in etwa folgender Wortwechsel: Der Reporter sagt in einem aufgehetztem Tonfall „Warum nicht?“ – Ich habe ihn am letzten Freitag zum Verlängern gegeben. „Da bekommen Sie doch eine Bescheinigung!“ – Ich habe nur eine Nummer erhalten – „Wo ist sie?“ – Zu Hause, ich wohne doch da vorne – „Wo kommen sie her?“ – Ich wohne seit 36 Jahren in dieser Straße. – „Wo sind Sie geboren?“ – In Krakau – „Aha, also Ausländer, was machen Sie hier“ – Ich habe ein Möbelgeschäft, usw.

Die Legende von der sauberen Polizei

Die Ausstellung „Ordnung und Vernichtung“ zeigt in ihrem Hauptteil eine Fülle von Dokumenten und Fotomaterial über die zahllosen Verbrechen von Polizeieinheiten zwischen 1933 und 1945 – von der Organisierung von Razzien, Verhaftungen, Deportationen bis zu Massenerschießungen und Mordkommandos sowohl an der so genannten Heimatfront als auch hinter der Front in den besetzten Gebieten Ost- und Westeuropas.

Manches ist bekannt; doch wie sehr sich die Polizei während des Kriegs an Massakern beteiligte, ist erstmals umfassend dargestellt. Ihre Brutalität ging selbst manchen Wehrmachtsführern zu weit, wie eine Notiz des Oberbefehlshabers im Grenzabschnitt Süd, General Wilhelm Ulex von 1940 zeigt: „Die sich gerade in letzter Zeit anhäufenden Gewalttaten der polizeilichen Kräfte zeigen einen ganz unbegreiflichen Mangel menschlichen und sittlichen Empfindens, so dass man geradezu von Vertierung sprechen kann.“

Umso wichtiger, und das ist vielleicht das größte Verdienst der Ausstellung, ist die konkrete Darstellung der Vertuschung dieser Verbrechen nach dem Krieg. Vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal gab 1946 Generalleutnant Adolf von Bomhardt, der zweitwichtigste Mann der Ordnungspolizei nach deren Chef Kurt Daluege und Leiter der Berliner Schaltstelle, die Marschrichtung vor. Er behauptete, für die Verbrechen könne man nur die Gestapo und die SS verantwortlich machen. Die Kriminalpolizei und die Schutzpolizei, ab 1936 Ordnungspolizei genannt, habe bei den Deportationen lediglich Amtshilfe geleistet, und falls ein Beamter auf jemanden geschossen haben sollte, habe er im „Befehlsnotstand“ gehandelt.

Dies war in den kommenden Jahrzehnten die Richtschnur für die Justiz und die Grundaussage aller Beamten, gegen die ermittelt wurde. Hinzu kam ein Persilschein, den der Deutsche Bundestag zahllosen NS-Tätern der Polizei und anderer Staatsorgane am 10. April 1951 erteilt hatte: das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen. Dieses sogenannte 131er-Gesetz besagte, dass alle Beamten, die beim Entnazifizierungsverfahren nicht als Hauptschuldige oder Belastete eingestuft worden waren, wieder Beamte werden durften. Alle Parteien des Bundestages einschließlich der KPD stimmten zu.

Das Gesetz lieferte die Legitimation für einen bruchlosen Übergang der NS-Polizei in die Polizei der bundesdeutschen Demokratie: Wie bruchlos – das symbolisiert eine Vitrine mit der Dienstuniform des bayrischen Polizisten Kaspar Ebner, der von der späten Kaiserzeit bis in die 1950er Jahre im bayerischen Polizeidienst tätig war. Die Uniform, die er 1936 als Meister der Gendarmerie in Ingolstadt erhalten hat, trägt er nach Kriegsende immer noch, als er in Ansbach seinen Polizeidienst fortsetzt – wie eindeutig auf dem großformatigen Foto auf der Tafel daneben zu sehen ist. Lediglich die Abzeichen wurden abgetrennt.

Die Mörder blieben unter uns

Nur wenige Mitglieder der Polizeibataillone, die in den besetzten Ostgebieten Massaker verübt hatten, wurden angeklagt. Eine der Ausnahmen war der Wuppertaler Prozess gegen Angehörige des Kölner Polizeibataillons 309, der im Jahr 1967 eröffnet wurde. Das Bataillon war am 27. Juni 1941 in der ostpolnischen Stadt Bialystok eingerückt, organisierte dort brutale Razzien in jüdischen Wohnvierteln und sperrte schließlich mindestens 800 Juden in der großen Synagoge ein, zündete das Gebäude an und ließ die Menschen bei lebendigen Leib verbrennen. Manche versuchten, von innen hochzuklettern und durch die Fenster zu fliehen. „Das war aber gar nicht möglich, weil sie sofort abgeknallt wurden“, so Karl S. aus Saalhausen in einer Vernehmungsaussage im September 1960. Von den zwölf Angeklagten wurden schließlich 1968 drei zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil allerdings aufgrund eines Verfahrensfehlers wieder auf.

Von den Polizeibeamten, die nach dem Krieg trotz ihrer Belastung ihre Karriere fortsetzen konnten, sei hier nur eine Auswahl genannt:

Adolf von Bomhard, geboren 1891 in Augsburg, Freikorpsmitglied nach dem Ersten Weltkrieg, ab 1936 Chef des Kommando-Amtes im Hauptamt Ordnungspolizei, 1942 Befehlshaber der Ordnungspolizei in Kiew. Nach dem Krieg war er 1960 bis 1966 Bürgermeister in Prien am Chiemsee und starb 1976 als Ehrenbürger von Prien, ohne je vor Gericht belangt worden zu sein.

– Georg Heuser, Gestapochef in Minsk und dort maßgeblich an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung beteiligt, kehrte 1954 aufgrund der 131er-Regelung in den Staatsdienst zurück und wurde bis 1958 Leiter des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz. Bei Ermittlungen gegen einige seiner Mitarbeiter in Minsk kam er 1959 ins Visier der Justiz und wurde 1963 als einer der wenigen Ausnahmen verurteilt: allerdings nur wegen „Beihilfe zum Mord“ an 11.000 Menschen. Von den 15 Jahren Zuchthaus verbüßte er nur sechs Jahre.

– Aufgrund einer DDR-Kampagne leitete die westdeutsche Justiz 1958 ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Generalleutnant der Waffen-SS und Polizei Heinz Reinefarth wegen Verbrechen bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 ein, das sie jedoch nach wenigen Wochen wieder einstellte. Reinefarth war zu diesem Zeitpunkt gerade zum Bürgermeister von Westerland auf Sylt gewählt worden. Erst 1961 wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Allein in den ersten Augusttagen 1944 hatten Einheiten der „Kampfgruppe Reinefarth“ mehr als 15.000 Zivilisten in Warschau erschossen. In der Ausstellung wird die Mitschrift eines Telefongesprächs zwischen Heinz Reinefarth und seinem Befehlshaber Nikolaus von Vormann vom 5. August 1944 zitiert: „Was soll ich mit den Zivilisten machen? Ich habe weniger Munition als Gefangene.“ Reinefarth war noch bis 1964 Bürgermeister auf Sylt.

– Bernd Wehner, ehemals Leiter der Abteilung für Tötungsdelikte im Reichskriminalpolizeiamt und ab 1954 Leiter der Düsseldorfer Kriminalpolizei. Er wurde 1949 durch eine 30-teilige Serie im „Spiegel“-Magazin bekannt, in der er ein Forum erhielt, um die Kriminalpolizei des NS-Staats als unpolitische Organisation zu beschreiben. Danach verhalf er zahlreichen früheren Nazi-Kollegen zu neuen Stellen in der bundesdeutschen Polizei. 1959 umfasste der Leitende Dienst des Bundeskriminalamts 47 Beamte, von denen nur zwei unbelastet waren, schreibt der Historiker Andreas Mix in seinem Katalogbeitrag zur Ausstellung.

Auch in der DDR, in der nach 1945 zumindest das Polizeipersonal ausgewechselt worden war, gab es nur wenige Strafverfahren gegen ehemalige NS-Polizisten. Nach einem Auslieferungsantrag der westdeutschen Ermittlungsbehörden wurde Josef Blösche entdeckt, der als „Schrecken des Ghettos“ in Warschau galt, nach dem Krieg sich aber unbehelligt unter seiner richtigen Identität in der DDR niedergelassen hatte. 1967 wurde er verhaftet, von der DDR-Justiz 1969 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt und drei Monate später hingerichtet.

Die Ausstellung „Ordnung und Vernichtung“, die aufgrund des großen Interesses verlängert wurde, ist sehenswert und erschreckend aktuell. Mit der heutigen katastrophalen Wirtschaftskrise und den wachsenden sozialen Spannungen wird der Ruf nach dem starken Staat wieder laut. Die Worte der Weimarer SPD von der bürgernahen Polizei noch im Ohr, kommt einem beim Verlassen der Ausstellung unwillkürlich in den Sinn, wie gerade erst der sozialdemokratische Innensenator Berlins versucht hat, Udo Hansen als neuen Polizeipräsidenten durchzusetzen, und nur wegen formaler Fehler vorläufig gestoppt wurde. Ex-Bundesgrenzschützer Hansen, berüchtigt für sein hartes Vorgehen gegen Flüchtlinge, würde bei Arbeiterunruhen vermutlich ähnlich handeln wie Karl Friedrich Zörgiebel 1929.

Zu sehen noch bis 28. August 2011:

Polizei im NS-Staat – Ordnung und Vernichtung

Deutsches Historisches Museum, Pei-Bau (1. und 2. OG)

Täglich 10 bis 18 Uhr

Der Katalog zur Ausstellung ist im Sandstein Verlag erschienen. (320 S., 19,80 €).

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