Griechische „Linke“ stellt der Arbeiterklasse eine neue Falle

Die griechischen Gewerkschaften und pseudo-sozialistischen Parteien wollen die Arbeiterklasse nicht für einen politischen Kampf gegen die neue technokratische Regierung in Athen mobilisieren, die auf Geheiß der europäischen und amerikanischen Finanzelite ins Amt gebracht wurde. Stattdessen treten sie für die Perspektive einer „linken“ bürgerlichen Einheitsregierung ein, um die Opposition der Arbeiterklasse gegen die neue Regierung und ihr Sparprogramm zu ersticken.

Das internationale Finanzkapital in Person der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds hat das neue Regime trotz der wachsenden Feindschaft in der Bevölkerung gegen die jüngsten Sparmaßnahmen von Ministerpräsident Giorgos Papandreou durchgesetzt. Die internationalen Medien und europäischen Regierungen verurteilten Papandreous Vorschlag vom 31. Oktober, diese Politik durch ein Referendum legitimieren zu lassen. Allein die Vorstellung, dass das Volk ein Mitspracherecht bei der Umsetzung von Maßnahmen haben sollte, die Millionen in die Armut treiben, um die Banken zu stützen, wurde als Gipfel der Verantwortungslosigkeit verurteilt.

Im gleichen Zeitraum, entließ Papandreou plötzlich die gesamte oberste militärische Führung Griechenlands, was darauf hinweist, dass er das direkte Eingreifen des Militärs fürchtete, möglicherweise in Form eines Staatsstreichs. (Siehe: "Planen Obama und die NATO einen Militärputsch in Griechenland?")

Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und die EU-Führung stellten Griechenland ein Ultimatum: es werde die benötigten Kredite aus dem Rettungsfonds in Höhe von acht Milliarden Euro nicht erhalten und aus der Euro-Zone geworfen, wenn Papandreou nicht entfernt und durch eine Regierung der "nationalen Einheit" ersetzt werde, die von einem vertrauenswürdigen Vertreter des Finanzkapitals geleitet werde.

Die neue "technokratische" Regierung, die von dem ehemaligen stellvertretenden Präsidenten der Europäischen Zentralbank Lucas Papademos geleitet wird, sieht ihre Aufgabe darin, die von der EU, dem IWF und den Banken geforderten Kürzungen bei Arbeitsplätzen, Löhnen, Renten und Sozialprogrammen umzusetzen. Die Regierung besteht aus einer großen Koalition aus der sozialdemokratischen PASOK, der konservativen Neue Demokratie (ND) und der rechtsextremen Orthodoxen Volksbewegung (LAOS).

Mit der Einwilligung zur Annahme des Amtes des Ministerpräsidenten machte Papademos klar, dass er nicht an Versprechungen zu Neuwahlen im Februar gebunden sei und dass die Koalitionsparteien vereinbart hätten, die "Politik" nicht in den Prozess der Umsetzung der Sparmaßnahmen hineinspielen zu lassen. Dieses faktische Verbot von politischem Dissens wird zweifellos verwendet werden, um Widerstand der Bevölkerung gegen diese Angriffe zu kriminalisieren.

Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) schrieb, dass die neue Regierung eine „schwarze Front“ gegen die Bevölkerung sei. Sie kritisierte die Regierung, weil sie die Partei LAOS aufgenommen habe, die sie als „ideologische Abkömmlinge des Diktators Metaxas“ bezeichnete. Metaxas hatte Griechenland von 1936-41 mit einem Militärregime regiert.

Der Vorsitzende der Koalition der radikalen Linken (SYRIZA), Alexis Tsipras, sagte, dass die neue Regierung „keine demokratische Legitimität“ habe und „eine offene Verzerrung der Volkssouveränität“ sei.

Trotzdem haben weder SYRIZA noch eine andere „linke“ Organisation zu Aktionen der Arbeiterklasse zum Sturz der neuen Regierung aufgerufen. Auch der wichtigste Gewerkschaftsbund Griechenlands GSEE hat als Reaktion auf diesen faktischen Putsch zu keiner einzigen Aktion aufgerufen. Der Gewerkschaftsbund erklärte am 2. November, dass er gegenüber den Koalitionsverhandlungen der Regierung keine Stellung beziehen werde, und sagte, Entscheidungen über einen allfälligen Streik würden aufgrund der "politischen Entwicklungen" getroffen werden.

ADEDY, der Verband der Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes, hat auf ähnliche Weise reagiert. Er rief zu einem auf Regierungsbeamte in Athen und Thessaloniki beschränkten symbolischen dreistündigen Streik am kommenden Dienstag auf. Diese Aktion, die die Durchsetzung der Angriffe der Regierung auf die Arbeitnehmer des öffentlichen Sektors nicht verhindern wird, hat zum Ziel, der Gewerkschaft eine politische Deckung zu geben, während sie mit dem neuen Regime zusammenarbeitet, und um der Wut der Arbeiter in einem harmlosen Protest ein Ventil zu geben.

Die „linken“ Parteien fordern eine Umgruppierung, die ihre Kräfte vereinen und die Grundlage für eine zukünftige Zusammenarbeit mit PASOK bereiten würde, falls PASOKs gegenwärtige Koalition mit den rechten Parteien zusammenbräche.

Alexis Tsipras (SYRIZA) rief vor kurzem alle "fortschrittlichen und demokratischen Kräfte" auf, sich zusammenzuschließen. Obwohl es Tsipras unausgesprochen ließ, müssten einer solchen Koalition mindestens große Teile der PASOK angehören, um realistischerweise regieren zu können. SYRIZA arbeitet nicht nur auf lokaler Ebene mit PASOK zusammen, sie hat auch schon wiederholt eine Koalition auf nationaler Ebene angeboten.

Die Antikapitalistische Linke Kooperation für den Umsturz (Antarsya), zu der auch die staatskapitalistische Socialist Workers Party (SEK) gehört, fordert eine „Einheitsfront“ der Gewerkschaften, der KKE, von SYRIZA und anderer so genannter „linker“ Kräfte.

Xekinima, die griechische Sektion des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI), ruft nicht nur zu einer "Einheitsfront" auf, sie fördert auch die Illusion, dass Organisationen wie die KKE, SYRIZA und die Gewerkschaften, die sie als die "Linke" bezeichnet, "ein sozialistisches Programm annehmen und entschieden für einen Systemwechsel kämpfen könnten".

Das ist eine Lüge. Eine Regierung aus diesen Organisationen und PASOK würde die Angriffe auf die Arbeiter fortsetzen. Alle diese Organisationen gaben Papandreou in der Vergangenheit politische Deckung und unterstützten die Isolation und Niederlage der Arbeiterstreiks, in einigen Fällen sogar durch staatliche Repression, wenn gravierende Auswirkungen auf die griechische Wirtschaft oder die Schwächung der Regierung drohten.

Ähnliche Regierungen anderswo in Europa haben sich als zutiefst reaktionär erwiesen. Die Prodi-Regierung in Italien von 2006-2008, an der Rifondazione Comunista beteiligt war, setzte weitgehende soziale Kürzungen durch und beteiligte sich an imperialistischen Kriegen. Die rot-rote Regierung in Berlin setzte weitgehende Angriffe auf Sozialprogramme, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen der Angestellten im Öffentlichen Dienst durch. Die Politik einer ähnlichen „linken“ bürgerlichen Regierung in Griechenland wäre angesichts der Schärfe der Krise in Europa und weltweit noch rechter. Eine solche Regierung würde die Arbeiterklasse demoralisieren und den Weg für ein diktatorisches Polizeiregime ebnen.

Die rechte Politik der sogenannten "linken" Parteien hat ihren Ursprung in den Klasseninteressen, die die vertreten. Sie rekrutieren sich aus der wohlhabenden Mittelschicht und der Staats- und Gewerkschaftsbürokratie und stehen in bitterer Feindschaft zu jeder unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse gegen das politische Establishment und das kapitalistische System. Weil die sozialen Spannungen anwachsen und die kapitalistische Krise sich verschärft, bewegen sich die Parteien immer weiter nach rechts. In ganz Europa bereiten sich so genannte "linke" Tendenzen auf die Teilnahme an Regierungen vor, um Sozialabbau umzusetzen und um die Interessen der Finanzelite zu verteidigen.

Syrizas Schwesterpartei in Deutschland, die Linkspartei, behauptet, sie sei die einzige Organisation mit einer "konstruktiven und tragfähigen Lösung für die Krise in Griechenland". Nach Angaben der linken Galionsfigur der Partei, Sarah Wagenknecht, beinhaltet diese Lösung die Verstaatlichung insolventer Banken und das hemmungslose Drucken von Euros, um den Staatshaushalt zu finanzieren. Diese Maßnahmen, die auf einer fatalen Unterschätzung des fundamentalen und systemischen Charakters der globalen Wirtschaftskrise basiert, würde eine weitere Rettungsaktion für das Bankensystem und die Verelendung der Arbeiterklasse in Form von Hyperinflation bedeuten, wenn sie umgesetzt würde.

Kapitalistische Regierungen verstaatlichen oftmals insolvente Banken, um die Schulden der Banken der Öffentlichkeit zu übertragen. Eine inflationäre Politik der Notenpresse würde zu einer massiven Abwertung der Löhne und Sparguthaben führen.

Die Orientierung der „linken“ Parteien auf PASOK und die Gewerkschaftsbürokratie macht sie mitverantwortlich für die antidemokratischen Manöver von PASOK mit der internationalen Finanzaristokratie und der griechischen Armee. Sie wollen und können nicht die wirkliche Bedeutung der Zusammenarbeit von PASOK mit diesen Kräften deutlich machen.

Unter der Überschrift „Widerstand zwingt griechischen Führer zum Rücktritt“ argumentiert die griechische SEK, dass die neue Regierung der Banken eine Errungenschaft der Arbeiterklasse sei. Ihr zufolge bedeutet die neue Koalition sogar „eine Erniedrigung für Nea Demokratia“.

Dies ist ein verräterischer Versuch, die Arbeiterklasse vor den Gefahren, mit der sie konfrontiert ist zu blenden und sie auf die kommende Intensivierung der Repression völlig unvorbereitet zu lassen.

Auch Xekinima spielt die Bedeutung der neuen Regierung herunter. Sie tun so, als sei nichts Neues passiert. Sie schrieb am Dienstag: „Die Politik der neuen Koalitionsregierung wird die gleiche sein wie bisher.“

Diese Organisationen spielen die Gefahr einer Diktatur herunter, weil sie keine prinzipiellen Differenzen mit der Sparpolitik der neuen Regierung haben und die revolutionäre Mobilisierung der Arbeiterklasse im Kampf für den Sozialismus ablehnen. Es ist bezeichnend, dass SYRIZA Papandreou kritisierte, weil er die griechische Militärführung absetzte. Damit stützte sie Kräfte im politischen Establishment Griechenlands, die auf einen Militärputsch hinarbeiten.

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