Perspektive

Neues libysches Regime verfolgt Schwarzafrikaner

In Libyen werden afrikanische Wanderarbeiter und schwarze libysche Staatsbürger von den Aufständischen in großem Stil verfolgt. Die rassistische Treibjagd der Gaddafi-Gegner wirft ein bezeichnendes Licht auf den Nationalen Übergangsrat (NTC) und dessen westliche Hintermänner.

Die USA und ihre europäischen Verbündeten begannen ihren neokolonialen Krieg gegen das Gaddafi-Regime unter dem Vorwand, sie müssten die Zivilbevölkerung schützen. Sie feierten ihr neues Marionettenregime in Libyen als Beginn einer neuen Ära der Demokratie. Die rassistischen Massenübergriffe in Gebieten, die der NTC kontrolliert, entlarven diese Behauptungen vollends als schäbige Lüge. Die Nato hat damit nicht nur die Toten und Verletzten zu verantworten, die das Resultat ihrer anhaltenden Bombenangriffe sind, sondern auch willkürliche Verhaftungen, Misshandlungen und den Mord an Tausenden Schwarzafrikanern.

Human Rights Watch aus Amerika forderte ein Ende der systematischen Verhaftung von Schwarzafrikanern, denen vorgeworfen wird, für Gaddafi als Söldner gekämpft zu haben. Die Regionaldirektorin von HRW, Sarah Leah Winston, erklärte: „Schwarze leben in Tripolis zurzeit gefährlich. Der NTC muss aufhören, afrikanische Wanderarbeiter und schwarze Staatsbürger zu verhaften, solange er keine konkreten Beweise für kriminelle Aktivitäten hat. Er sollte außerdem konkrete Schritte einleiten, um sie vor Gewalt und Misshandlung zu schützen.“

Vor Beginn des Krieges gab es etwa ein bis zwei Millionen schwarzafrikanischer Einwanderer in Libyen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen waren keine Söldner, sondern Hilfsarbeiter.

HRW-Gesandte besuchten zwei der zahlreichen improvisierten Gefängnisse, die über ganz Tripolis verteilt sind. Hier werden Hunderte von Gefangenen – hauptsächlich Schwarze jeden Alters – festgehalten. Die Gefängnisse sind verdreckt und überfüllt. In den allermeisten Fällen ist der einzige Beweis für die Schuld der Gefangenen ihre Hautfarbe. Es gibt Berichte, in ganz Tripolis seien Tausende willkürlich verhaftet worden.

Im Gespräch mit HRW verteidigten Mitglieder des NTC die Verhaftungen. So sagte NTC-Mitglied Abdulrazag Elaradi, sie seien nötig, um „die Revolution zu verteidigen“. Der vom NTC zum Justizminister ernannte Mohammed al-Alagi sagte den Medien diese Woche, die Bedingungen in den Gefängnissen entsprächen „internationalen Standards“.

Der NTC habe seine Truppen ermahnt, keine Gefangenen zu misshandeln. Dies ist jedoch ein bloßes Alibi, um nach außen hin den Schein zu wahren. Bei seiner Propaganda gegen Gaddafi schürt der NTC Rassismus gegen afrikanische Wanderarbeiter, die angeblich Libyern die Arbeit wegnähmen, und gegen Gaddafis Wirtschaftshilfe für andere afrikanische Staaten.

Die Verteufelung von afrikanischen Wanderarbeitern und schwarzen Staatsbürgern dient auch dazu, die Aufmerksamkeit vom korrupten und kriminellen Charakter des NTC abzulenken. Dieser besteht aus ehemaligen Gaddafi-Funktionären, CIA-Mitarbeitern und Islamisten. So haben beispielseise der NTC-Vorsitzende Mustafa Abdel Dschalil und der Interims-Premierminister Mahmud Dschibril Blut an den Händen; sie waren vor ihrem Seitenwechsel unter Gaddafi Justizminister, bzw. Chef des Nationalen Wirtschaftsentwicklungsrates. Der ehemalige Oberbefehlshaber der NTC-Truppen, der im Juli unter ungeklärten Umständen ermordete Abdel Fattah Junis, war Gaddafis früherer Innenminister.

Viele afrikanische Arbeiter haben das Land bereits verlassen. Zehntausende sind aus ihren Häusern geflohen und sitzen jetzt zusammengepfercht in improvisierten Lagern, in denen sie Schutz suchen. Aminu Zimbo aus Ghana sagte der Voice of America, Anti-Gaddafi-Milizen machten Jagd auf schwarze Ausländer.

„Sie kamen plötzlich. Sie hatten Schusswaffen und feuerten. Wir liefen weg. Unsere Pässe blieben in der Wohnung zurück. Wir sind einfach geflohen, weil sie dort sehr viele Ghanaer getötet haben. Sie töten alle Schwarzen. Deshalb haben wir beschlossen zu fliehen“, sagte er.

Letzte Woche hieß es bei Reuters: „An einem Strand bei Tripolis sahen Reporter am Samstag die Leichen von 22 Männern, offenbar afrikanischer Herkunft. Die Ortsansässigen sagten, das wären Söldner gewesen, die von bewaffneten Gaddafi-Gegnern getötet worden seien. In ganz Libyen sind die Leichen von Afrikanern zu einem nicht ungewohnten Anblick geworden, genau wie die Misshandlung von Afrikanern durch Gaddafi-Gegner.“

Schwarze Libyer, die den Stämmen im Süden angehören, sind besonders gefährdet, da sie nirgendwohin fliehen können. Amnesty International fordert ein Ende der Repressalien und der willkürlichen Verhaftungen von Angehörigen des Stammes der Tawarghas, die in Tripolis verhaftet und brutal verprügelt wurden. „Andere sind einfach verschwunden, nachdem sie an Checkpoints verhaftet wurden, oder wurden von bewaffneten Revolutionären aus Krankenhäusern geholt“, berichtet die Menschenrechtsorganisation.

In den amerikanischen und internationalen Medien, die den imperialistischen Krieg begeistert unterstützt haben, wird die systematische Misshandlung von Schwarzafrikanern entweder ignoriert, oder ihr Ausmaß und ihre Bedeutung werden heruntergespielt und durch das Gerede vom Anbruch einer neuen Ära der Demokratie verdrängt.

Tatsächlich liegt der Grund für das brutale Vorgehen gegen afrikanische Arbeiter direkt im Charakter des Libyenkrieges und des NTC. Die USA und die europäischen Mächte, die in den letzten zehn Jahren eng mit Gaddafi zusammengearbeitet hatten, haben ihren ehemaligen Verbündeten verraten, um die wichtigen Ölressourcen in die Hände zu bekommen. Dazu haben sie den NTC als Marionettenregime installiert. Außerdem wollen sie damit ein Bollwerk gegen die revolutionären Unruhen errichten, welche die von den USA unterstützten Diktaturen in Ägypten und anderen arabischen Ländern bedrohen.

Der NTC und seine imperialistischen Geldgeber sind jetzt damit beschäftigt, Verträge abzuschließen, um Libyens Ölreichtum an die großen westlichen Energiekonzerne verteilen. Dies wollen sie gegen jeden Widerstand der Bevölkerung mit Gewalt durchsetzen. Dabei bauen sie auf die Beschönigung ihres Images durch die internationalen Medien, um jeder internationalen Kritik aus dem Weg zu gehen.

Eine besonders üble Rolle spielen dabei diverse linksliberale und pseudoradikale Organisationen, welche die „humanitäre“ Intervention der Nato in Libyen von Anfang an unterstützt haben. Einer von Ihnen, Professor Juan Cole von der University of Michigan, verteidigt sowohl den Krieg als auch den NTC, die Marionette der Nato in Libyen.

In seinem Blog bezeichnete er letzte Woche die Berichte, dass „einige afrikanische Söldner möglicherweise bei Vergeltungsmaßnahmen ermordet worden seien“, als „zweifelhaft“ und wiederholte die offizielle Behauptung des NTC, es würden keine Vergeltungsmaßnahmen vorgenommen. Dabei ignorierte er geflissentlich die sich häufenden Beweise für systematische, rassistisch motivierte Misshandlungen.

Die Verfolgung und Ermordung von schwarzen Wanderarbeitern und libyschen Staatsbürgern widerlegt auf schreckliche Weise die Behauptung, der imperialistische Krieg brächte Libyen die Demokratie. Die Befürworter dieses Krieges tragen die volle Verantwortung für die durch ihn verlorenen und zerstörten Menschenleben.

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