Deepwater Horizon Katastrophe – zwei Jahre danach

Genau am Freitag vor zwei Jahren tötete eine Explosion auf der BP-Ölförderplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko elf Arbeiter und bewirkte die schlimmste Umweltkatastrophe der amerikanischen Geschichte.

Bis das Leck geschlossen werden konnte, strömten fast fünf Millionen Tonnen Öl in den Golf von Mexiko. Damit ist dies die größte je durch einen Unfall verursachte Ölverseuchung. Die Ölverschmutzung verursachte von Texas bis Florida Hunderte Milliarden Dollar Schaden an der lokalen Wirtschaft. Die Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und das Ökosystem des Golfs werden Jahrzehnte lang zu spüren sein. Das Ausmaß der Folgen ist noch gar nicht abzusehen.

Bis zum heutigen Tag ist noch nicht ein Schuldiger vor Gericht zur Verantwortung gezogen worden, weder BP-Manager, noch Führungspersonal von Transocean, dem Besitzer der Plattform, oder der Baufirma Halliburton, welche die Plattform gebaut hatte. Der Ölgigant BP hat bis heute noch keinen Cent Strafe an die amerikanische Regierung bezahlt.

Gleichzeitig macht BP schon wieder Superprofite. Für 2011 wies die Firma einen Profit von 26 Milliarden Dollar aus, nach einem Verlust von vier Milliarden Dollar im Jahr zuvor. In den kommenden Jahren erwartet die Firma noch höhere Gewinne, weil ein Ansteigen der Ölpreise zu erwarten ist, und neue Bohrungen in Aussicht stehen.

Im November erhielt BP seit dem Unfall die erste Erlaubnis der Küstenwache für eine neue Bohrung. Sie wird 250 Meilen südwestlich von New Orleans liegen und 330 Meter tiefer ansetzen als bei dem Macondo-Feld, wo die Deepwater Horizon Katastrophe stattfand. Der Konzern bemüht sich verstärkt um die Erlaubnis, in noch abgelegeneren Gebieten, wie der Arktis, zu bohren.

Am Mittwoch erzielte BP eine Einigung mit ca. einhunderttausend Fischern, Hotelbesitzern und weiteren Betroffenen, deren Lebensgrundlage und Gesundheit der Ölausbruch beeinträchtigte. Das Abkommen beendet die Spekulationen, dass der Ölkonzern die gesamten dafür beiseitegelegten zwanzig Milliarden Dollar an Schadenersatz auszahlen müsse.

Nach dem Clean-Water-Gesetz müsste der Konzern bis zu siebzehn Milliarden Dollar Strafe an die Regierung zahlen. Die Firma ist zuversichtlich, weniger zahlen zu müssen, und hat dafür nur 3,6 Milliarden Dollar beiseite gelegt.

Der Grund, warum BP so schnell wieder so profitabel arbeiten und seine gefährlichen Unternehmungen wieder aufnehmen kann, liegt in der Politik der Obama-Regierung. Die amerikanische Regierung handelte vor, während und nach der Umweltverschmutzung im Interesse des Ölgiganten.

Wie zahlreiche andere Projekte, genehmigte die Regierung (erst unter Bush und später unter Obama) die Deepwater Horizon Bohrung des BP-Konzerns in einem verkürzten Verfahren. Die Firma durfte mit der Arbeit anfangen, ohne eine Umweltbelastungsstudie durchzuführen, und Obamas Innenminister Ken Salazar schaltete sich ein, um ein Gerichtsurteil zu stoppen, welches das Projekt verzögert hätte.

Weil Deepwater Horizon hinter der Planung herhinkte, trafen BP-Vorstände spezifische Entscheidungen, um die Kosten zu senken und die Sicherheit zu opfern. Die Aufsichtsbehörden schauten weg und segneten die Pläne des Konzerns ab, ohne Fragen zu stellen.

Als die Katastrophe zuschlug, ließ das Weiße Haus alle Reinigungs- und Rettungsmaßnahmen in den Händen von BP und ermöglichte dem Konzern, Beweismittel zu fälschen und zu zerstören. Faktisch erwiesen sich die Aufsichtsbehörden und die Küstenwache als verlängerter Arm des Konzerns, dem in den Monaten nach dem Unglück an der Golfküste quasi diktatorische Vollmachten verliehen wurden.

Von Anfang an machte die Obama-Regierung klar, dass die Katastrophe keinen Moment lang ihre Entschlossenheit mindern werde, Probebohrungen vor den Küsten auszuweiten. Drei Tage nach der Katastrophe, die schon elf Menschen das Leben gekostet hatte, erklärte der Pressesprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, den Medien: „Wir brauchen eine gesteigerte Produktion. (…) Das war wohl nicht der erste Unfall, und es wird auch nicht der letzte sein.“

Noch Wochen nach der Explosion akzeptierten und verbreiteten die Regierung und die Medien kritiklos die eigennützigen Angaben des Konzerns über den Umfang des Ölaustritts und seine Konsequenzen. Die Falschinformationen spielten eine wichtige Rolle dabei, Wissenschaftler, Ingenieure und andere zu hindern, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Katastrophe in Grenzen zu halten.

Als das Ausmaß der Katastrophe nicht mehr zu verheimlichen war, beeilte sich die Regierung, BP und seine Vorstände zu schützen. Der „unabhängige“ Wiedergutmachungs-Zar Kenneth Feinberg wurde mit Zustimmung von BP eingesetzt, um die Entschädigung der Betroffenen zu regeln. Er bemühte sich, die Ansprüche zu begrenzen, und erklärte, seine Beteiligung sei „ein hilfreiches Signal“ an Investoren.

Die Reaktion der Regierung auf die BP-Katastrophe entsprach ihrer Reaktion auf die Finanzkrise. Mit ihrer rücksichtslosen Jagd nach Profiten verursachen die Konzerne Chaos in Wirtschaft und Umwelt. Unter dem Schutz der Regierung können sie ihren kriminellen Aktivitäten straflos nachgehen. Am Ende machen sie mehr Profit denn je.

Die BP-Katastrophe und ihre Folgen sind eine Anklage an das kapitalistische System, das sämtliche Aspekte des Lebens der Anhäufung von Reichtum auf Seiten einer privilegierten Elite unterordnet. Die elementarsten Erfordernisse eines zivilisierten Lebens sind nicht mit einem System vereinbar, das politisch wie ökonomisch von einer Wirtschafts- und Finanzaristokratie dominiert wird.

Wenn die Macht der Konzerne und Banken nicht gebrochen wird, muss die Gesellschaft mit weiteren, noch schlimmeren Katastrophen rechnen. Und in der Tat: Nur ein Jahr nach der schlimmsten Ölverschmutzung der Geschichte ereignete sich mit der Kernschmelze im japanischen Atomkraftwerk von Fukushima die zweitschlimmste zivile Nuklearkatastrophe aller Zeiten. Im letzten Jahr hat es zudem drei weitere große Ölunfälle gegeben: in China, vor der Küste Brasiliens und in der Nordsee.

Die BP-Katastrophe ist ein Argument für den Sozialismus. Die globale, komplexe und verwobene moderne Massengesellschaft darf nicht länger dem irrationalen, anarchischen und gesellschaftlich schädlichen Streben nach persönlichem Profit und Bereicherung untergeordnet bleiben. Die Konzerne müssen dem Privateigentum entzogen und unter die demokratische Kontrolle der gesamten Gesellschaft gestellt werden.