Perspektive

Neue japanische Regierung stärkt Militarismus

Die Rückkehr der Liberaldemokratischen Partei (LDP) an die japanische Regierung ist ein Wendepunkt nicht nur der japanischen, sondern auch der internationalen Politik. Der Nationalismus und Militarismus, der im Wahlkampf allgegenwärtig war, signalisiert die Entschlossenheit der herrschenden Klasse Japans, ihre Interessen in Asien und weltweit mit allen, auch militärischen, Mitteln zu vertreten.

Nächste Woche wird LDP-Führer Shinzo Abe zum Ministerpräsidenten gewählt, und schon jetzt hat er eine harte Linie im Territorialstreit mit Peking über die Inselchen signalisiert, die in Japan Senkaku-Inseln und in China Diaoyu-Inseln genannt werden. Im nationalen Fernsehsender NHK erklärte Abe, die Senkakus seien „rechtmäßiger Teil des japanischen Territoriums“. Er warnte: „Wir haben die Absicht, die Herausforderung durch China zu stoppen.“

Im Wahlkampf war die LDP dafür eingetreten, feste Gebäude auf den unbewohnten Inseln zu errichten. Das würde die Beziehungen zu China zweifellos dramatisch verschlechtern. Schon jetzt existiert im Ostchinesischen Meer eine gespannte Situation, nachdem die scheidende Regierung der Demokratischen Partei Japans (DPJ) die Inselgruppe im September „verstaatlicht“ hatte. Vergangene Woche schickte Japan Kampfflugzeuge, um eine chinesische Maschine zur Meeresüberwachung abzufangen, die in den Luftraum über den Inseln eingedrungen war.

Beide Regierungen, sowohl die japanische, als auch die chinesische, heizen den Nationalismus an, weil die globale Wirtschaftskrise ihre Wirtschaften zunehmend in Mitleidenschaft zieht. Breite Teile der Bevölkerung werden unruhig, weil ihr Lebensstandard sinkt. Peking gab als Reaktion auf die „Verstaatlichung“ der Senkakus grünes Licht für eine anti-japanische Protestkampagne mit offen rassistischen Zügen.

Die japanische Wirtschaft ist bereits in die fünfte Rezession in fünfzehn Jahren abgerutscht. Die japanischen Exporte leiden unter dem hohen Yen und den schrumpfenden Märkten in den USA, Europa und China. Nach zwei Jahrzehnten wirtschaftlicher Stagnation gibt es in herrschenden Kreisen eine enorme Frustration über den andauernden Niedergang des Landes. Dieser zeigte sich im vergangenen Jahr, als China Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ablöste.

In der Wirtschafts- wie in der Außenpolitik ist die neue Regierung entschlossen, den Niedergang auf Kosten von Japans Rivalen und auf Kosten der japanischen Arbeiterklasse umzukehren. Abe hat eine aggressive Geldpolitik angekündigt, ähnlich der der amerikanischen Notenbank, um inflationäre Tendenzen zu bewirken und den Wert des Yen zu senken. Diese Schritte werden den heraufziehenden internationalen Währungskrieg anheizen. Die LDP ist auch für eine massive Erhöhung der Mehrwertsteuer, um die Lasten der hohen japanischen Staatsverschuldung auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen.

Abe verkörpert die aggressive Agenda der “neuen LDP”. Er ist ein Abkömmling des LDP-Establishments. Sein Großvater mütterlicherseits, Nobushuke Kishi, war im Gefängnis, wurde von den amerikanischen Besatzungsbehörden aber nie wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Später wurde er Ministerpräsident und versuchte mit Macht, die Pazifismusklausel der japanischen Verfassung zu kippen. Wie sein Großvater versucht auch Abe die Verfassung zu ändern, um die Rolle des japanischen Militärs zu „normalisieren“ und zu stärken und die, wie er es nennt, „selbstquälerische Geschichtsdarstellung“ zu beenden, d.h. die Anerkennung der japanischen Kriegsverbrechen.

Die gegenwärtige Situation erinnert in beunruhigender Weise an die 1930er Jahre. Japan war von dem Zusammenbruch des Welthandels hart getroffen und stürzte in eine tiefe wirtschaftliche und politische Krise. Das verzweifelte Militärregime in Tokio versuchte Japans Wirtschafts-Malaise durch Kriege um Märkte und Rohstoffe zu überwinden. Japan fiel 1931 in die Mandschurei ein und griff 1937 ganz China an. Die militärische Besetzung Chinas verschärfte die Spannungen mit dem US-Imperialismus enorm, der in China seine eigenen räuberischen Interessen verfolgte und eine Politik der „offenen Tür“ verlangte, die seine Position verbessert hätte. Die konkurrierenden Interessen brachen sich 1941 im Pazifikkrieg Bahn.

Der japanische Militarismus unterdrückte rücksichtslos die Arbeiterklasse im eigenen Land, und die Besetzung Chinas und später Südostasiens ging mit den brutalsten Massakern an der Bevölkerung einher. Auch die schon bestehende Kolonialherrschaft über Korea und Formosa (Taiwan) wurde mit solchen Methoden verteidigt. Vergangene Woche war der 75. Jahrestag des Massakers von Nanking, bei dem japanische Besatzungstruppen Hunderttausende chinesische Zivilisten und Soldaten abschlachteten. Das japanische Establishment vertritt inzwischen immer stärker eine Haltung, wie sie anfangs des Jahres der Tokioter Gouverneur Shintaro Ishihara ausdrückte, der heute die Japanische Restaurationspartei (JRP) führt. Er leugnete schlicht, dass die Vergewaltigung von Nanking je stattgefunden habe.

Die Welt hat sich natürlich dramatisch verändert, seit die USA den Pazifikkrieg 1945 mit dem Abwurf von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki beendeten. Die USA versuchen, ihre beherrschende Position der Nachkriegszeit in Asien durch ihre Konzentration auf die asiatisch-pazifische Region zu halten. Als Teil dieser aggressiven Kampagne zur Unterminierung des Einflusses Chinas ermutigt Obama Japan, sein Militär zu stärken und härter gegen China aufzutreten. Diese Politik wird unter Abe noch beschleunigt werden.

Unterdessen ist es China, das seine Position weltweit am stärksten verändert hat. In den letzten dreißig Jahren hat die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) die wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften der Revolution von 1949 fallengelassen, wieder kapitalistische Eigentumsverhältnisse eingeführt und China in das weltgrößte Billiglohnland verwandelt. Der Nationalismus, den die KPCh schürt, um ihre Herrschaft zu festigen, ist Ausdruck der Klasseninteressen der aufsteigenden Bourgeoisie. Sie ist zutiefst frustriert über die gegenwärtige, von den USA dominierte Weltordnung, die ihren Ambitionen Grenzen setzt. Die KPCh verurteilt die Kriegsgräuel Japans nur, weil sie damit ihre eigenen Ziele verfolgt: Sie möchte Chinas „nationale Erniedrigung“ durch die Großmächte im 19. und 20. Jahrhundert überwinden und ihre eigene Einflusssphäre etablieren.

Der Arbeiterklasse in Asien und weltweit drohen große Gefahren, weil die globale Wirtschaftskrise die Bruchstellen wieder aufbrechen lässt, die zum Krieg im Pazifik geführt hatten. Erneut stürzen sich die konkurrierenden herrschenden Klassen verantwortungslos in einen neuen, noch katastrophaleren Konflikt.

Diese Kriegstreiberei kann nur gestoppt werden, wenn der Kapitalismus und seine veraltete Aufteilung der Welt in Nationalstaaten beendet werden. Arbeiter in China, Japan und weltweit müssen das Gift des Nationalismus und Militarismus zurückweisen, gemeinsam das Profitsystem abschaffen und eine rational geplante sozialistische Weltwirtschaft aufbauen. Für dieses Programm kämpft nur das Internationale Komitee der Vierten Internationale.

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