Perspektive

Nach den Wahlen:

Obama verstärkt Kriegsvorbereitungen im Nahen Osten

Der Krieg in Syrien wird von einer breiten Schicht sogenannter Liberaler und “Linker” als eine Krise hingestellt, die eine “humanitäre” Intervention erfordert. Dabei erweist er sich immer deutlicher als ein rücksichtsloser und brutaler Eroberungskrieg. Washington und sämtliche Großmächte heizen gemeinsam einen blutigen sektiererischen Bürgerkrieg an und bereiten immer direkter eine militärische Intervention vor, um das Regime von Bashar al-Assad zu stürzen und einen noch viel größeren Krieg gegen dessen Verbündeten, den Iran, zu führen.

Wie die New York Times vom Donnerstag berichtet, bereitet die Obama-Regierung ein “tieferes Eindringen” in Syrien vor, „um Präsident Assad endlich aus dem Amt zu jagen.“

Der Hauptartikel der Times auf der ersten Seite stützte sich auf Aussagen ungenannter amerikanischer „Strategen“ und „hoher Regierungsvertreter“. Deren Indiskretionen dienen regelmäßig dazu, die öffentliche Meinung auf bevorstehende Entwicklungen oder – was noch wahrscheinlicher ist – auf bereits erfolgte heimliche Schachzüge Washingtons einzustimmen.

In dem Artikel wird erwähnt, dass die Obama-Regierung und die Nato entschlossen sind, nächste Woche dem Ersuchen der Türkei nach Entsendung des Raketenabwehrsystems Patriot an seine Grenze zu Syrien nachzukommen. Als Vorwand für die Entsendung dient der Schutz der Türkei vor einer nichtexistenten Bedrohung durch Raketenangriffe Syriens. Der wirkliche Zweck ist nach Meinung der Times, die Luftwaffe Syriens einzuschüchtern und sie davon abzuhalten, Grenzgebiete in Nordsyrien zu bombardieren, die von syrischen „Rebellen“ gehalten werden

Das wiederum würde den Weg zur Verhängung einer Flugverbotszone und für die Einsetzung eines Marionettenregimes auf angeblich “befreitem” Territorium frei machen. Beides wären entscheidende Voraussetzungen für eine unmittelbarere Intervention der USA und der Nato.

Darüber hinaus überlegt die Obama-Regierung der Times zufolge unter anderem, die Oppositionskämpfer direkt mit Waffen zu beliefern, anstatt andere Länder wie Katar dabei zu unterstützen. Sie prüft auch, „CIA-Agenten oder andere befreundete Geheimdienste nach Syrien zu schicken und enger mit den Oppositionskämpfern in Gebieten zu kooperieren, die weitgehend unter ihrer Kontrolle stehen“.

In dem Artikel wird erläutert, dass diese Optionen alle schon „vor der Präsidentschaftswahl“ diskutiert wurden, dass die Wiederwahl Obamas aber „die Bereitschaft des Weißen Hauses gestärkt hat, größere Risiken einzugehen“.

Die politische Bedeutung dieses zeitlichen Ablaufs ist klar. Während Obama und seine Berater eine direktere militärische Aggression in Syrien schon vor dem 6. November diskutierten, wollten sie die Umsetzung dieser Pläne bis nach der Wahl verschieben. Sie wollten auf diese Weise vermeiden, dass die Ausweitung des Militarismus zu einem Thema für breite politische Diskussionen wurde. Genau wie sein Vorgänger im Weißen Haus will Obama die amerikanische Bevölkerung in einen Krieg ziehen, ohne sie vorher darüber zu informieren oder gar ihre Zustimmung einzuholen.

Die Unterstützung beider Parteien für diese Kriegspläne wurde in einer Kolumne von Condoleezza Rice, George W. Bushs Außenministerin und Nationaler Sicherheitsberaterin, in der Washington Post von der letzten Woche deutlich.

Rice beendete ihren Artikel mit dem Eingeständnis, dass der Präsidentschaftswahlkampf eine kurze Unterbrechung bei der Ausweitung der militärischen Intervention in Syrien erforderlich machte. „Der Krieg im Nahen Osten lässt nicht nach“, schrieb sie. „Er bewegt sich auf ein Crescendo zu. Unsere Wahl ist vorbei. Jetzt muss Amerika handeln.“

Rice empfiehlt in etwa die gleichen Maßnahmen, über die die Times schreibt, darunter auch die Verhängung einer Flugverbotszone und direkte Waffenlieferungen an die sogenannten Rebellen.

Sie argumentiert, “der große Fehler im letzten Jahr sei gewesen, den Konflikt mit Bashar al-Assads Regime als humanitäre Angelegenheit zu charakterisieren“. Ja, sagt sie, „viele Unschuldige sind dabei umgekommen“ aber „es geht um viel mehr“.

Rice zufolge geht es nicht nur um die Einsetzung eines Marionettenregimes von Washingtons Gnaden in dem einen Land, sondern um die neokoloniale Umorganisierung der ganzen Region. Mit Ausnahme von Ägypten, der Türkei und dem Iran „sind alle wichtigen Staaten moderne Konstrukte, die von den Briten und Franzosen geschaffen wurden, die die Grenzen auf der Rückseite eines Briefumschlags zogen“. Rice legt unmissverständlich nahe, dass diese „künstlichen Staaten“ durchaus entbehrlich sind, dass Grenzen neu gezogen werden und die strategisch wichtige ölreiche Region ganz nach den Interessen des amerikanischen Imperialismus umgestaltet werden könnte.

An diesem Projekt hat Rice selbst schon intensiv mitgearbeitet, als die amerikanischen Aggressionskriege in Afghanistan und Irak vom Zaun gebrochen wurden. Es wurde nach den Massenaufständen in Tunesien und Ägypten im vergangenen Jahr mit den Kriegen in Libyen und Syrien weiter vorangetrieben.

Für die Realisierung dieser weitreichenden Ziele braucht es sowohl direkte Militärinterventionen der USA als auch das Anheizen sektiererischer Kriege in der ganzen Region. Washington stellt sich dabei auf die Seite der sunnitischen Regimes in der Türkei, Saudi-Arabien, Katar und den Golfmonarchien, d.h. der Fraktion des sunnitischen Islamismus, der die Terroranschläge vom 11. September hervorgebracht hat und der jetzt das Rückgrat der syrischen „Revolution“ bildet. Die Gegner sind der Iran und seine Verbündeten. Das ist das blutige Crescendo, von dem sie spricht. Es könnte leicht außenstehende Mächte mit hineinziehen, darunter Russland und China, und potentiell Millionen Tote kosten.

Hier wird eine imperialistische Neuaufteilung der Region vorbereitet, ähnlich der Aufteilung Afrikas, Asiens und des Nahen Ostens durch die Großmächte in der Periode vor dem Ersten Weltkrieg.

Die Regimes unter der Herrschaft der nationalen Bourgeoisie in diesen Ländern sind nicht in der Lage, dieser erneuten Eroberung Widerstand zu leisten. Darüber hinaus hat sich in den Ländern, die jetzt im Visier der Imperialisten sind - von Libyen über Syrien bis zum Iran - eine beträchtliche Schicht der privilegierteren Klassen herausgebildet, die es geradezu begrüßt, wieder kolonisiert zu werden, und die dem Imperialismus wesentlich näher steht als der arbeitenden Bevölkerung im eigenen Land.

Das gleiche trifft auf eine ganze Reihe pseudolinker Organisationen in den Vereinigten Staaten und Europa zu, deren Politik die Interessen privilegierter Mittelschichten zum Ausdruck bringt. Ihre Rolle in diesen Entwicklungen ist inzwischen vollkommen entlarvt. Sie haben alle die schmutzige politische Arbeit geleistet, einen imperialistischen Eroberungsfeldzug als eine „humanitäre“ Intervention zu rechtfertigen. Den blutigen Bürgerkrieg der islamistischen Milizen und Selbstmordattentäter begrüßen sie als „soziale Revolution“.

Zu dieser Bande gehören die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) in Frankreich, die Linkspartei in Deutschland, die staatskapitalistische Socialist Workers Party (SWP) in Großbritannien und die International Socialist Organisation (ISO) in den USA.

Diese Organisationen haben trotz ihrer Namen nichts mit dem Sozialismus oder der Opposition gegen den Kapitalismus zu tun. Sie handeln als Anhängsel der CIA. Ihre Unterstützung für den Krieg für einen Regimewechsel in Syrien verwickelt sie in ein Verbrechen von ungeheurem historischem Ausmaß.

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