US-Militär befürwortet Krieg gegen Syrien

Der Generalstabsvorsitzende General Martin Dempsey erklärte am Donnerstag vor der Presse, die Obama-Regierung habe den militärischen Planern im Pentagon mit ihrem Versuch, in Syrien eine diplomatische Lösung zu finden, strategische Fesseln angelegt.

Er beklagte sich über „mangelnde Konzentration“ und erklärte, mit klaren Anweisungen für einen Regimewechsel könne er „einen Plan entwickeln. Ich weiß, wie viele Divisionen, wie viele Fluggeschwader, etc. das braucht“.

Das ist schon das zweite Mal, dass Dempsey offen mit einem Militärschlag droht. Nach dem angeblichen Regierungsmassaker an über hundert Menschen in Hula am 25. Mai erklärte er auf Fox News: „Natürlich gibt es auch immer die militärische Option... Es könnte wegen der Gräueltaten in Syrien dazu kommen.“

Die Schuld an dem Massaker von Hula wurde sofort dem Regime von Bashar al-Assad angelastet. Dessen Truppen hätten angeblich die Stadt beschossen. Innerhalb der nächsten Tage zeigten Untersuchungen jedoch, dass die meisten Toten durch Erschießungen aus nächster Nähe oder Stiche hingerichtet wurden. Oppositionskräfte beschuldigten die regierungstreue, alawitische Miliz Shabihi, während die Regierung erklärte, es sei das Werk von Terroristen gewesen. Diese seien mit der sunnitischen Aufstandsbewegung verbündet und wollten den Waffenstillstand zerstören, der von Kofi Annan nach einem Besuch in Syrien ausgehandelt wurde.

Jetzt nutzt Dempsey erneut ein Massaker als Vorwand für seine Kriegstreiberei und drängt auf direkte Bewaffnung der syrischen Opposition und amerikanische Luftunterstützung. Hinter ihm steht die republikanische Lobby unter Führung der Senatoren John McCain und Joe Liebermann, einem ehemaligen Demokraten.

Das Massaker, um das es diesmal geht, soll sich am vergangenen Mittwoch im Dorf Qubair, zwanzig Kilometer von Hama entfernt, zugetragen haben. Aber die wenigen Details, die bekannt sind, sind noch vager und fragwürdiger als im Falle von Hula. Laut ersten Berichten gab es zwischen 87 und 100 Tote, über die Hälfte davon Frauen und Kinder. Angeblich verlief es ähnlich wie in Hula: schweres Artilleriebombardement, dann ein Angriff der Shabiha-Miliz.

Die Opferzahl wurde seither laut dem britischen Syrian Observatory for Human Rights, das die Opposition unterstützt, auf „mindestens 55 Menschen“ herunter gerechnet. Die Opfer sollen hauptsächlich aus einer einzigen Familie, Al-Yateem, kommen, die alleine achtzehn Frauen und Kinder zu beklagen hat.

Filmmaterial, das von dem Sender Mazraat al-Qubeir stammen soll, zeigt laut dem Kameramann die Leichen eines Dutzends Frauen und Kinder, sowie Überreste verbrannter Leichen. Ein anonymer Aktivist behauptet, die Mörder hätten weitere 25 bis 30 Leichen weggebracht.

Die syrische Regierung hat diese Darstellung zurückgewiesen. Die Zahl der Toten betrage neun, und verantwortlich seien Terrorgruppen. Diese hätten versucht, kurz vor der UN-Vollversammlung eine Militärintervention zu provozieren. Am Donnerstag sprachen Kofi Annan, UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und der Chef der Arabischen Liga, Nabil Elaraby, vor der UN. Auf die Vollversammlung sollte eine geheime Besprechung des UN-Sicherheitsrates folgen.

Vor der Vollversammlung erklärte Syriens ständiger Vertreter, Dr. Bashar al-Jaafari, das Massaker sei fünf Stunden vor Beginn der Zusammenstöße erfolgt; die Bilder, die auf Al-Jazeera und Al-Arabiya zu sehen waren, zeigten nicht die Opfer des Massakers. „Die aufwieglerischen Medien haben sich daran gewöhnt, vor Treffen des Sicherheitsrates solche Erfindungen zu senden“, erklärte er.

Al-Jaafari sagte, die örtliche Bevölkerung habe bestätigt, dass die Schützen, die das Verbrechen begangen hatten, aus einem nahegelegenen Dorf kamen. „Was in einigen Teilen von Syrien passiert, ist ein unentschuldbares Massaker, aber die Nationen, die Terroristen bei ihren Verbrechen unterstützen, sind an dem Blutbad mitschuldig,“ erklärte er. „Sind Selbstmordanschläge gegen Syrien wirklich noch Selbstverteidigung? Sind Anschläge auf Krankenhäuser, medizinisches Personal und Schulen Teil der Demokratie?“

Dempseys Attacken auf die Obama-Regierung bedeuten nicht, dass es in strategischen Fragen grundlegende Unterschiede zwischen dem Pentagon und dem Weißen Haus gibt. Obama hat genauso viel Blut an den Händen wie Dempsey. Die Regierung will einen Regimewechsel in Syrien, zuerst durch Destabilisierung, möglicherweise gefolgt von einem Stellvertreterkrieg mit ihren Verbündeten, den Golfmonarchien und der Türkei. Aber sie muss sich mit dem Widerstand von China, Russland, Indien und anderen Staaten auseinandersetzen und ihn neutralisieren.

Vor der UN erklärte Annan, sein Friedensplan werde „nicht umgesetzt“. Er erklärte vor dem Sicherheitsrat, es sei Zeit, mit „Konsequenzen“ zu drohen, wenn Assad den Kampf nicht einstelle, und sagte vor der Presse, wenn „der Plan nicht funktioniert, oder wir zum Schluss kommen, dass es nichts bringt,“ müsste ein anderes Vorgehen erwogen werden.

Auch Ban Ki-Moon beschuldigte Assads Regime. „Seit vielen Monaten ist es deutlich geworden, dass Präsident Assad und seine Regierung jegliche Legitimation verloren haben“, sagte er. „Die Blutspur führt zu den Verantwortlichen zurück.“

Während der UN-Versammlung organisierte der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner in Washington ein Treffen von Vertretern von 55 Ländern, um weitere Wirtschaftssanktionen zu verhängen. Sie sollen die syrische Wirtschaftselite dazu zwingen, das Assad-Regime fallenzulassen. „Starke Sanktionen zeigen der syrischen Wirtschaft und anderen Unterstützern des Regimes, dass ihre Zukunft düster aussieht, solange Assad an der Macht bleibt“, sagte er.

In Istanbul nahm US-Außenministerin Hillary Clinton am Mittwoch an einem kleinen Treffen der „Freunde Syriens“ teil, auf dem Außenminister und Abgesandte von sechzehn europäischen und arabischen Ländern und der Türkei Pläne für einen Regimewechsel diskutierten. Clinton bestand darauf, dass Assad abtreten und die Macht einer „repräsentativen Übergangsregierung“ übergeben müsse. Ihr Vorschlag soll die Unterstützung von Wladimir Putin für einen Regimewechsel wie im Jemen gewinnen.

Obwohl ein solches Ergebnis nicht ausgeschlossen wird, wehrt sich Moskau immer noch gegen den amerikanischen Versuch, Syrien in seine Gewalt zu bringen, den Iran zu isolieren und seine unumstrittene Hegemonie über den Nahen Osten auf Kosten Russlands und China zu sichern.

Am Donnerstag sagte der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, über das angebliche Massaker von Qubair: „Zweifellos haben bestimmte Kräfte wieder versucht, mit brutalen und verachtenswerten Provokationen Kofi Annans Plan zu sabotieren.“

Es sei „wichtig, dass die ausländischen Mächte, die sich mit dem syrischen Problem befassen, ihre Kanäle dazu benutzen, die bewaffneten Gruppen zu beeinflussen“, fuhr er fort. „Ihre Aktivitäten und immer lautere Forderungen nach Intervention von außen stören diesen Plan.“

Russland und China bekräftigten ihren Widerstand gegen eine Militärintervention vor der UN, der chinesische Vizeaußenminister Cheng Guoping sagte: „Bloß weil man das System eines Landes nicht mag, kann man nicht einfach versuchen, dessen Regierung zu stürzen.“

Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin sprach sich gegen einseitigen Druck und Sanktionen gegen Syrien aus und forderte stattdessen ein Ende der Waffen- und Geldlieferungen an die Opposition.

Moskau und Peking werden von Indien unterstützt, dessen Vertreter Hardeep Singh Puri sich besorgt zeigte über die wachsenden Angriffe auf Zivilisten und Sicherheitskräfte.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte am Mittwoch in Peking vor der Presse, Moskau schlage eine internationale Konferenz vor, um alle syrischen Oppositionsgruppen dazu zu bringen, die Kampfhandlungen einzustellen und zu Gesprächen zusammenzukommen. Zu dieser Konferenz gehörten die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, die Türkei, Iran, die Arabische Liga, die Islamische Kooperationsorganisation und die Europäische Union.

Er wird von der Schanghaier Kooperationsorganisation (SCO) unterstützt, die aus Russland, China und den zentralasiatischen Staaten, Usbekistan, Kirgistan, Kasachstan und Tadschikistan besteht. Sie rief am Donnerstag zu Verhandlungen über eine Beilegung des Syrienkonfliktes auf und lehnte jede „erzwungene Machtübernahme“ ab. Abgesehen von wirtschaftlicher Kooperation sieht die SCO auch militärische Kooperation, Geheimdienstaustausch und Antiterror-Operationen vor. Ihre Intervention in die Syrienkrise zeigt, dass der amerikanische Druck für einen Regimewechsel in Syrien einen größeren Krieg in der Region auslösen könnte.

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