Perspektive

Obamas nuklearer Abrüstungs-Schwindel

Das Treffen des Nuklearen Sicherheitsgipfels in Südkorea bot den Regierungschefs der Welt in dieser Woche reichlich Gelegenheit, sich in Fragen der nuklearen Abrüstung und des Weltfriedens auf zynische Weise in Positur zu bringen.

Den Vogel schoss US-Präsident Obama ab. Er erzählte Studenten der Hankuk-Universität, die Beratungen des Gipfels über „Nuklearterrorismus“ seien „Teil unserer Vision einer Welt ohne Atomwaffen.“

Unter seiner Präsidentschaft, so erklärte er, hätten die USA einen neuen START-Vertrag mit Russland geschlossen, um Atomsprengköpfe zu reduzieren. Außerdem hätte man sich verpflichtet, keine neuen Atomsprengköpfe zu entwickeln und die „Eventualitäten begrenzt, unter denen wir Atomwaffen einsetzen oder mit ihrem Einsatz drohen würden.“

Niemand sollte sich von dieser aufgeblasenen Rhetorik täuschen lassen. Die herrschenden Klassen haben sich immer unter dem Banner des Friedens auf Krieg vorbereitet. Die Losung der „Abrüstung“ dient nicht nur dazu, die arbeitende Bevölkerung zu täuschen, sondern auch dazu, sich militärische Vorteile gegenüber allen Rivalen, den unmittelbaren wie den potenziellen, zu verschaffen.

Wie Obama zugab, hätten die USA selbst dann, wenn der START-Vertrag vollständig durchgesetzt wird, ein massives Atomwaffenarsenal – mehr als 1.500 stationierte Atomwaffen und etwa 5.000 Sprengköpfe – das jeden potenziellen Rivalen oder jedes Bündnis von Rivalen jederzeit auslöschen kann. Was die „Begrenzung der Eventualitäten“ angeht, so haben die USA niemals einem Erstschlag abgeschworen – das heißt, dem „Recht“, Atomwaffen als erste in einem präventiven Angriffskrieg einzusetzen.

Während sie die Sprengköpfe nicht aufrüstet, hat sich die Obama-Regierung verpflichtet, im kommenden Jahrzehnt wenigstens 600 Milliarden Dollar für die Modernisierung der Waffenproduktionsanlagen und der Abschusssysteme auszugeben. Dazu gehören eine neue Generation ballistischer Landraketen, eine neue Flotte nuklear ausgerüsteter U-Boote und einhundert neue strategische Bomber.

Was sich gerade vollzieht, ist keine nukleare Abrüstung, sondern ein Aufrüstungswettlauf. Schlüssel zum Verständnis dieser Entwicklung ist nicht die absolute Zahl nuklearer Sprengköpfe, sondern die Ausgereiftheit der Einsatzsysteme und ihre Fähigkeit, unentdeckt zu bleiben und sich so jeglichen Verteidigungsmaßnahmen zu entziehen.

Darüber hinaus behalten die USA, während sie die Zahl “stationierter Nuklearsprengköpfe” begrenzen, die Fähigkeit, aus ihrem riesigen Vorrat an hoch angereichertem Uran in kürzester Zeit zehntausende neuer Sprengköpfe herzustellen.

Unter dem Deckmantel der “Abrüstung” sind die USA entschlossen, ihre absolute nukleare Vorherrschaft beizubehalten. Die wahre Absicht hinter dem südkoreanischen Gipfel war es, Ländern, die noch nicht über Atomwaffen verfügen, den Zugang zu spaltbarem Material zu verwehren. Auf diese Weise müssen die USA keine potenziell nuklear bewaffneten Gegner berücksichtigen, wenn sie weitere Aggressionskriege führen.

Obama, der Evangelist der nuklearen Abrüstung und des Weltfriedens, nutzte die Gelegenheit in Seoul auch, um seine Drohungen gegen den Iran und Nordkorea zu erneuern. An der Hankuk-Universität warnte er Teheran in bedrohlichem Ton, die Zeit laufe aus, um eine „diplomatische Lösung“ für die Konfrontation über das iranische Atomprogramm zu finden.

Nachdem sie praktisch eine Wirtschaftsblockade über den Iran verhängt haben, verlangen die USA und ihre europäischen Verbündeten, dass Teheran seine Anlagen abbaut und die rechtmäßig unter dem Atomwaffensperrvertrag (Nuclear Non-proliferation Treaty, NPT) entwickelten Programme stoppt.

Obamas Haltung gegenüber dem Iran ist absolut heuchlerisch. Iran hat den NPT unterzeichnet, seine Atomanlagen werden von der Internationalen Atomenergiebehörde (International Atomic Energy Agency, IAEA) überwacht und seine Führer betonen, dass sie keine Atomwaffen bauen werden.

Dennoch bereitet die Obama-Regierung einen Krieg gegen den Iran vor, während sie sich gegenüber Israel, Indien und Pakistan blind stellt, die alle über Atomwaffen verfügen und sich weigern, den NPT zu unterzeichnen oder IAEA-Inspektoren in ihre Länder zu lassen.

Obama hat wiederholt erklärt, “alle Optionen” seien “auf dem Tisch”, um mit dem Iran abzurechnen – das heißt, der Einsatz von Atomwaffen wird nicht ausgeschlossen. Mehr als einmal haben die amerikanischen Medien berichtet, dass die Pentagon-Planer die Anwendung von Atombomben in Erwägung gezogen haben, um die unter der erde liegenden Uran-Anreicherungs-Anlagen des Iran zu zerstören.

Wie im Fall der Invasionen Afghanistans und des Iraks, besteht das Hauptziel eines illegalen Angriffskrieges gegen den Iran in der Einsetzung eines Regimes in Teheran, das den wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA zuträglich ist.

Wie ihre Vorgängerin ist die Obama-Regierung entschlossen, die amerikanische Vorherrschaft über die energiereichen Regionen des Nahen Ostens und Zentralasiens zu behaupten, um Washingtons europäischen und asiatischen Rivalen so ihre Bedingungen aufdiktieren zu können.

Die globale kapitalistische Krise verschärft die geopolitischen Spannungen erheblich. Weit davon entfernt, die Gefahr eines Atomkrieges zu verringern, hat die Obama-Regierung sie entscheidend vergrößert. In den vergangenen drei Jahren hat sich der strategische Brennpunkt der USA ganz gewaltig in Richtung China verlagert.

In der gesamten Region haben die USA ihre Bündnisse und strategischen Partnerschaften verstärkt, Arrangements über neue Militärstützpunkte getroffen und China diplomatisch und militärisch provoziert.

Obamas Kommentare in Seoul über die Gefahren nordkoreanischer Atomwaffen richteten sich in erster Linie nicht gegen Pjöngjang, sondern gegen seinen Verbündeten Beijing. Auf einer Pressekonferenz warf Obama China vor, es belohne ständig schlechtes Verhalten und sei den vorsätzlichen Provokationen Nordkoreas gegenüber „blind“.

Die räumlich begrenzten Kriege der 1990er und 2000er Jahre nehmen jetzt eine weitaus gefährlichere Form an, da der amerikanische Imperialismus einem nuklear bewaffneten China in einer Region mit zahlreichen potenziellen Brandherden gegenübersteht-

Leo Trotzki erklärte 1938 im Übergangsprogramm, dem Gründungsdokument der Vierten Internationale, dass “Abrüstung” eine der Abstraktionen sei, die die Bourgeoisie und ihre Agenten einsetzten, während Kriege vorbereitet würden.

“Die ganze Frage läuft darauf hinaus, wer wen entwaffnet“, schrieb er. „Die einzige Abrüstung, die den Krieg verhindern oder beenden kann, ist die Entwaffnung der Bourgeoisie durch die Arbeiter.“

Die einzige Kraft auf dem Planeten, die in der Lage ist, einen katastrophalen Atomkrieg zu verhindern, ist eine vereinigte, revolutionäre Bewegung der internationalen Arbeiterklasse zur Abschaffung des Kapitalismus und zum Aufbau des Sozialismus.

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