Der erste Abend des Parteitages der Demokraten:

Scheinheiliger Populismus einer Partei des amerikanischen Großkapitals

Der erste Abend des Parteitags der Demokraten zeigte ein grotesk verzerrtes Bild der Obama-Regierung: Eine rechte, wirtschaftsfreundliche und arbeiterfeindliche Regierung wurde als Neuauflage des New Deal dargestellt.

Ein Redner nach dem anderen verurteilte den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney als Kandidaten der Reichen und der Privilegierten und stellte Obama als Kämpfer für die arbeitende Bevölkerung und seine Wiederwahl als den Schlüssel zu sozialem und wirtschaftlichem Fortschritt dar.

Der völlige Zynismus dieser Behauptung zeigte sich daran, dass Obamas Rettungspaket für die Autoindustrie immer wieder als Höhepunkt seines Einsatzes für die Arbeiterklasse dargestellt wurde. Angeblich hat er damit „Millionen Arbeitsplätze gerettet,“ aber von den wahren Folgen der staatlichen Intervention bei General Motors und Chrysler für die Autoarbeiter war nicht die Rede.

Obamas Auto-Taskforce aus den obersten Schichten der Investmentbanker hatte mit der bevorstehenden Liquidierung der beiden Unternehmen gedroht, um die Löhne von neu eingestellten Arbeitern um 50 Prozent zu senken. Die Arbeitgeber wurden aus ihrer Verpflichtung entlassen, Krankenversicherung für die Rentner zu zahlen und sogar die zahn- und augenärztliche Versorgung für pensionierte Arbeiter und ihre Familien wurden gestrichen.

Vertreter des Weißen Hauses – die meisten davon aus der Wall Street – sprachen mit Verachtung über die „unbezahlbaren Löhne“ und die „vergoldeten“ Leistungen, die sich die Autoarbeiter seit zwei Generationen erkämpft hatten.

Das war nicht nur ein Angriff auf die Autoarbeiter. Es war ein Signal an das amerikanische Großkapital, dass das Weiße Haus eine gnadenlose Kampagne zur Kostensenkung unterstützt, die sich von bankrotten und halb-bankrotten Firmen auf Firmen wie Caterpillar ausgeweitet hat, die riesige Profite machen und trotzdem Löhne und Zusatzleistungen kürzen; außerdem auf Angestellte im öffentlichen Dienst der Gemeinden, Bundesstaaten und der Landesregierung.

Beim Angriff auf den öffentlichen Dienst nehmen Demokraten auf der Ebene der Bundesstaaten und Gemeinden beim Arbeitsplatzabbau, bei Lohnsenkungen und Leistungskürzungen eine genauso harte Haltung ein wie ihre republikanischen Gegenspieler. Mehrere von ihnen sprachen am Dienstag auf dem Parteitag, darunter der Bürgermeister von Chicago Rahm Emanuel, Obamas ehemaliger Stabschef, der von Lehrern und städtischen Beschäftigten große Opfer verlangt.

Deval Patrick, der als Demokrat Romneys Posten als Gouverneur von Massachusetts übernahm, brüstete sich damit, die Renten und Leistungen für staatliche Beschäftigte gesenkt zu haben, etwas „worüber Romney nur geredet hat.“ Der Unterschied war, dass bei Patrick die Gewerkschaften bei den Kürzungen mit am Tisch saßen.

Mit anderen Worten, die Demokraten ziehen es vor, die Gewerkschaften dabei zu Hilfe zu holen, den Lebensstandard der Arbeiterklasse zu senken, die Republikaner hingegen verzichten auf die Gewerkschaftsfunktionäre und machen es lieber selbst. Das Ergebnis für die Arbeiter ist jedoch das Gleiche.

Am ersten Abend des Parteitages wurde der populistischen Demagogie noch eine besonders üble Note von wirtschaftlichem Nationalismus hinzugefügt.

Der ehemalige Gouverneur von Ohio Ted Strickland bezeichnete Romneys Widerstand gegen die Rettung der Autoindustrie als Anzeichen für fehlenden „wirtschaftlichen Patriotismus“, woraufhin die Delegierten einen dümmlichen „USA! USA!“-Gesang anstimmten. Ähnlich chauvinistische Ausbrüche gab es letzte Woche auf dem Parteitag der Republikaner.

Der Gouverneur von Maryland Martin O Malley ging noch weiter: Er kritisierte Romneys Bankkonten in der Schweiz und auf den Cayman-Islands nicht als Anzeichen für obszönen Reichtum, sondern als unpatriotisch. „Gouverneur Romney,“ erklärte er, „wenn Sie gegen Amerika setzen wollen, heißt das nicht, dass wir das Land auch ausverkaufen wollen.“

Obama und Vizepräsident Joseph Biden hatten sich in den letzten Tagen auf Wahlkampfveranstaltungen vor dem Parteitag ähnlich geäußert. Beide Kandidaten erschienen in Zentren der Autoindustrie auf Veranstaltungen zum Tag der Arbeit am 3. September (dem ersten Montag im September) – Biden in Detroit und Obama in Toledo, Ohio – und feierten die Rettung der Autoindustrie als ihre größte Leistung.

Obama behauptete, ohne die Rettungsaktion für die Autoindustrie hätten „mehr als eine Million Amerikaner im ganzen Land mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Großer Depression ihre Arbeit verloren. Im Mittleren Westen wäre es eine zweite Große Depression gewesen.“

Tatsächlich ist in Städten wie Detroit und Toledo und im Mittleren Westen, eigentlich im ganzen Land der schlimmste Wirtschaftszusammenbruch seit der Großen Depression eine grauenhafte Realität.

In Toledo wurde Obama einem Publikum, das größtenteils aus Autoarbeitern bestand, von drei hochrangigen Gewerkschaftsführern vorgestellt: Bob King, Präsident der United Auto Workers; der Präsident des Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO Richard Trumka und Dennis Van Roekel, Präsident der Lehrergewerkschaft National Education Association. Darin zeigte sich die völlige Unterwerfung der Gewerkschaften vor dem Flügel des Großkapitals, den die Demokratischen Partei repräsentiert.

Laut einem Bericht, der am Dienstag in der New York Times erschien, werden die Gewerkschaften ganze 400 Millionen Dollar für kapitalistische Politiker ausgeben, hauptsächlich für Demokraten, die für lokale, bundesstaatliche und staatliche Ämter antreten. Dieselben Gewerkschaften verweigern streikenden Arbeitern regelmäßig Streikgeld oder zahlen nur wenig. Dabei arbeiten sie mit den Arbeitgebern zusammen, um Streiks zu untergraben und den Widerstand der Belegschaft gegen Entlassungen, Lohn- und Leistungskürzungen zu zerschlagen.

Obama und Biden versuchten, auf die Kritik der Republikaner an der schlechten Lage der amerikanischen Wirtschaft zu reagieren und fragten: „Geht es euch besser als vor vier Jahren?“ Für die arbeitende Bevölkerung ist die Antwort eindeutig „nein“ – vier Jahre nach dem Zusammenbruch der Wall Street sind 23 Millionen Menschen arbeitslos oder unterbeschäftigt, die Reallöhne sind ständig gesunken, die Sozialleistungen von denen Millionen abhängig sind, wurden ausgehöhlt.

Für die Kapitalisten und ihre politischen Diener aus beiden Parteien muss die Antwort aber eindeutig „Ja“ lauten: Aktienkurse, Unternehmensgewinne und Managergehälter sind auf Rekordniveau und eine beispiellose Flut von Geld fließt aus den Taschen der Milliardäre in die beiden Parteien.

Die Republikaner nutzen die Folgen des Abschwungs für die arbeitende Bevölkerung zynisch aus, um Stimmen zu bekommen, gleichzeitig fordern sie eine Politik, die die Lebensbedingungen für Arbeiter und ihre Familien noch schwieriger und drückender machen wird.

Obama und die Demokraten haben ihre Wiederwahlkampagne auf dem Erfolg der Bankenrettung und anderer Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft aufgebaut, mit denen die Regierung die Profite der Konzerne und den Reichtum der herrschenden Klasse gerettet hat. Aber das können sie nicht offen sagen, denn dies würde im Wahljahr die Behauptung widerlegen, die Demokratische Partei setze sich für die arbeitende Bevölkerung ein. Deshalb versuchen sie, das Thema auf die Rettung der Autoindustrie zu bringen. Die Verteidiger des Weißen Hauses können so den Geldsegen für die Konzerne als Triumph der arbeitenden Bevölkerung darstellen.

Es blieb Vizepräsident Biden überlassen, das Thema offen bei seiner Rede in Detroit anzusprechen: „Amerika steht heute besser da, als man es uns übergeben hat,“ erklärte er mit Anspielung auf den vorherigen Präsidenten Bush. „Lassen Sie es mich so sagen... Osama bin Laden ist tot, General Motors lebt.“

Das fasst im Wesentlichen in der üblich vulgären Weise das Regierungsprogramm von Obama zusammen, das dem von Romney und den Republikanern in jeder Hinsicht gleich ist: Es verteidigt die weltweiten Interessen des US-Imperialismus, vernichtet seine Feinde überall wo es möglich ist, und verteidigt die Profite und den Reichtum des amerikanischen Kapitals auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung.

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