Flugbegleiter beginnen Streik gegen Lufthansa

Am Freitagmorgen begann der Streik der 19.000 Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen gegen die Lufthansa. Die Gewerkschaft UFO (Unabhängige Flugbegleiter-Organisation) hatte die Flugbegleiter aufgefordert, am Drehkreuz Frankfurt, dem größten deutschen Flughafen, von fünf Uhr früh bis dreizehn Uhr die Arbeit niederzulegen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nicoley Baublies hatte bereits am Dienstag erklärt, die UFO befinde sich ab sofort im Arbeitskampf mit der Lufthansa, nachdem in der Nacht zuvor die Tarifverhandlungen gescheitert waren. (Siehe: „Kabinenpersonal bestreikt Lufthansa“) Bis zum Freitag organisierte UFO aber keine Kampfmaßnahmen.

Die Flugbegleiter der Lufthansa haben – abgesehen von einem mehrstündigen Warnstreik 2009 – noch nie gestreikt. Dennoch war die Unterstützung für den Streik überwältigend. In der Urabstimmung Anfang August hatten sich 97 Prozent der UFO-Mitglieder für Kampfmaßnahmen ausgesprochen, und am Freitag legten etwa tausend Flugbegleiter ihre Arbeit nieder.

Zwei Stunden nach Beginn der Aktion hatte noch keine Lufthansa-Maschine abgehoben. Weitere zwei Stunden später waren bereits 145 Flugausfälle zu verzeichnen. Im Zeitraum der Arbeitskampfmaßnahme konnten die meisten der geplanten 330 Lufthansaflüge nicht abheben. Die Beeinträchtigungen zogen sich noch bis weit in den Nachmittag hinein.

Die innerdeutschen und europäischen Verbindungen fielen fast komplett aus. Tausende Reisende saßen am Flughafen fest und mussten von der Lufthansa versorgt werden.

Vor dem Tor 20 des Flughafens versammelten sich ungefähr hundert Streikende in bester Stimmung. Auch an den anderen Toren gab es Streikposten.

Streikposten am Frankfurter Flughafen Streikposten am Frankfurter Flughafen

Ältere Beschäftigte, die schon mindestens zwanzig Jahre bei der Lufthansa arbeiten, erklärten der WSWS, dass sie nicht nur für 5 Prozent mehr Geld streikten. „Es geht um viel mehr“, sagten sie. „Es geht um die Abwehr von Ausgliederungen, Teilzeit- und Leiharbeit. Wir wollen uns vor allem mit den Jüngeren solidarisieren. Die sind ganz schlecht dran.“

Wie sie berichteten, hat sich die Situation über Jahre hinweg verschlechtert. Mit einem Sparprogramm Anfang der 1990er Jahre, nach dem ersten Golfkrieg, fing es an. Damals sparte der Konzern in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ÖTV (Vorgängerin von Verdi) 500 Millionen DM bei den Beschäftigten ein. Und so ging es weiter. Schon jetzt kämen Berufseinsteiger erst nach sieben Jahren auf den Stand, mit dem sie selbst damals angefangen hatten, berichteten die Streikenden.

Jetzt gehe es nicht nur um fünf Prozent, sondern um die Abwehr von neuen Lohntabellen, die für Neueingestellte 30 bis 40 Prozent Einbußen mit sich bringen würden.

„Man darf sich da nichts vormachen“, sagte ein Flugbegleiter. „Es dauert nicht lange, dann schlägt das auch auf die Gehälter der Altbeschäftigten zurück.“

Die Lufthansa will massiv Lohnkosten beim Flug- und Bodenpersonal einsparen. Zusätzlich sollen 3.500 Arbeitsplätze in der Verwaltung gestrichen werden.

Die älteren Beschäftigten, die sich schon in den obersten Lohngruppen bewegen, legten Wert darauf, dass ein Endgehalt von 7.000 Euro im Monat für einen Chefsteward, wie es teilweise durch die Medien geistert, ein Mythos sei. Das sei vielleicht vor zwanzig Jahren einmal so gewesen, habe mit der heutigen Realität aber nichts zu tun.

Sie wollten mit dieser Klarstellung einer Hetzkampagne vorbeugen, wie sie vor einem halben Jahr in den Medien gegen die angeblich exorbitanten Lohnforderungen der Vorfeldlotsen während eines Streiks am Frankfurter Flughafen entfesselt worden war.

Seit 20 Jahren bei der Lufthansa Seit 20 Jahren bei der Lufthansa

Mit der Bitte um Solidarität und Verständnis wandten sich die UFO-Mitglieder an andere Beschäftigte des Flughafens, die durch die Auswirkungen des Streiks betroffen sein könnten. Sie wiesen darauf hin, dass es bei den Streikzielen um Probleme gehe, von denen die nicht am Arbeitskampf beteiligten Gruppen genauso betroffen seien:

„Wir haben dreizehn Monate verhandelt, um weitere Ausflaggungen und Leiharbeit in der Lufthansa zu begrenzen. Wir sind uns dessen bewusst, dass dies auch bei euch ein großes Thema ist und teilweise seit Jahren zu eurer Realität gehört. Es ging in diesen Verhandlungen darum, genau diesen Trend zu stoppen“, heißt es in einem Flyer.

Wie es anschließend weitergehen soll, ist jedoch noch völlig unklar. Die Aktion vom Freitag hat gezeigt, dass die Wirkung der Arbeitskampfmaßnahme erheblich ist. UFO lehnt allerdings bisher einen umfassenden Arbeitskampf ab und verfolgt eine Politik der „Nadelstiche“, d.h. von zeitlich begrenzten und auf einzelne Flughäfen beschränkten Aktionen. UFO-Chef Baublies hatte schon unmittelbar nach der Urabstimmung erklärt, er halte einen Erzwingungsstreik wie etwa in der Metallindustrie für unrealistisch.

Offiziell wird der Streik für eine Lohnerhöhung von fünf Prozent und für eine Gewinnbeteiligung geführt. UFO-Pressesprecher Alexander Behrens erklärt die Entschlossenheit der Beschäftigten damit, dass der Konzern jetzt überreizt habe. Die Beschäftigten hätten in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie hinter dem Konzern stünden und auch zu Zugeständnissen bereit seien. Nach drei Nullrunden sei die Lufthansa auch heute nicht zu einer Lohnerhöhung bereit, sondern wolle die Lohnkosten sogar senken.

Ein ganz wichtiges Ziel sei bei den Verhandlungen auch gewesen, die Einführung von Leiharbeit und die Auslagerung von 2.000 Mitarbeitern in eine Tochterfirma zu verhindern, in der Billiglöhne gezahlt werden. Aber obwohl UFO sogar bereit gewesen wäre, beim Geld Zugeständnisse zu machen, sei der Konzern nicht darauf eingegangen.

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