Perspektive

Das Basiskomitee der New Yorker Schulbusbeschäftigten und die Verschärfung des Klassenkampfs

Viereinhalb Jahre nach dem Finanzcrash von 2008 gibt es weltweit zahlreiche Anzeichen für eine wachsende Militanz der Arbeiterklasse.

Als Reaktion auf die Krise verhängt die herrschende Klasse beispiellose Sparmaßnahmen, gleichzeitig finden Entlassungen und Lohnsenkungen statt. Der Konsens in Parlamenten, Regierungssitzen und Vorstandsbüros ist, dass die Arbeiterklasse, die große Mehrheit der Weltbevölkerung, für eine Krise bezahlen soll, die sie nicht geschaffen hat und an der sie keine Schuld trägt.

Die sozialen Massenkämpfe, die 2011 ausbrachen, treten jetzt in ein neues Stadium ein. In Ägypten gehen die Streiks gegen das pro-amerikanische Regime und den Internationalen Währungsfonds weiter; die Transport- und Fährenarbeiter in Griechenland streiken und in Spanien gibt es massive Proteste der Arbeiter gegen den Sparkurs der Europäischen Union; in Frankreich haben Autoarbeiter Fabriken besetzt, die geschlossen werden sollen; in Indien haben letzte Woche dutzende Millionen Arbeiter durch einen zweitägigen Generalstreik das Land lahmgelegt.

In allen diesen Kämpfen gibt es die gleichen Probleme. Es mangelt den Arbeitern zwar nicht am Willen zu kämpfen, oder am Mut zum Durchhalten, aber jede Sektion der Arbeiterschaft ist gezwungen, sich mit der Frage der Führung und Organisation auseinanderzusetzen. Sofern die Kämpfe unter der Kontrolle der Gewerkschaften und der angeblichen „linken“ Parteien bleiben, werden sie wieder vor den Karren des politischen Establishments gespannt und verraten.

Die objektive Logik des Klassenkampfes treibt die Arbeiterklasse jedoch in eine andere Richtung. Die Arbeiter versuchen, sich aus dem jahrzehntelangen Würgegriff der rechten Bürokratien und der künstlichen Unterdrückung der sozialen Konflikte zu lösen.

Ende letzten Jahres rebellierten die südafrikanischen Platinbergarbeiter gegen die National Union of Mineworkers (NUM), die als Lieferant billiger Arbeitskräfte für die internationalen Bergbauunternehmen auftritt. Die NUM kollaborierte daraufhin mit dem African National Congress und unterdrückte die Rebellion mit Gewalt.

In Deutschland haben Autoarbeiter des Opel-Werkes in Bochum dazu aufgerufen, keine Gewerkschaftsbeiträge mehr zu zahlen und in Massen aus der IG Metall auszutreten, die nichts gegen die Schließung des Werks unternommen hat.

Für die herrschende Klasse ist die Vorstellung von Arbeitskämpfen außerhalb des Rahmens der offiziellen Gewerkschaften sehr beunruhigend. Nirgendwo sind die Folgen dieser Entwicklung so explosiv wie in den Vereinigten Staaten.

Amerika ist die Industrienation mit der höchsten sozialen Ungleichheit. Obwohl der Reichtum der Finanzaristokratie seit dreißig Jahren gewachsen ist, während sich die Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung verschlechtert haben, wurde jeder Kampf der Arbeiterklasse isoliert und besiegt. Die offiziellen Gewerkschaften haben dabei eine entscheidende Rolle gespielt.

Vor diesem Hintergrund ist die Entstehung eines Basiskomitees der New Yorker Schulbusbeschäftigten eine höchst bedeutsame Entwicklung.

Die Arbeiter haben das Komitee nach dem Verrat des Streiks von 9000 Schulbusfahrern Betreuern und Mechanikern durch die Amalgamated Transit Union und der übrigen städtischen Gewerkschaften gegründet. Obwohl es viel Rückhalt für einen Kampf gegen den milliardenschweren Bürgermeister der Stadt, Michael Bloomberg gab, isolierten die ATU, der AFL-CIO, die U-Bahn- und Busfahrergewerkschaften, die Lehrergewerkschaft und die übrigen städtischen Gewerkschaften den Streik und brachen ihn ohne ein Mitgliedertreffen oder eine Abstimmung ab, und ohne dass eine ihrer Forderungen erfüllt worden wäre.

Die ATU stellte von Anfang an klar, dass sie bereit sei, Bloombergs Plan zu akzeptieren, die Schulbusbeschäftigten zu schlechtbezahlten Teilzeitarbeitern zu machen, solange die ATU weiter ihr Geschäft machen und Beiträge von den Arbeitern einsammeln könne, egal wie wenig sie verdienen. Die ATU-Führung hat versucht, die Arbeiter als Schachfiguren zu benutzen und gehofft, Bloomberg und das Großkapital davon überzeugen zu können, dass sie mit der Gewerkschaft die Kosten effektiver senken können als ohne sie.

Der Streik der New Yorker Arbeiter ist so verlaufen wie zahllose andere. Die Arbeiter stehen einer gnadenlosen herrschenden Klasse gegenüber und sind in Organisationen gefangen, die die Herrschaft der Konzerne akzeptieren und aktiv die Niederlage der Beschäftigten herbeiführen, die sie angeblich repräsentieren. Dass die Arbeiter in die Armut abrutschen, wirkt sich in keiner Weise auf die Einkommen der gut gestellten Mittelschicht aus, die die Gewerkschaften anführt.

Die Vorbedingung für einen ernsthaften und effektiven Kampf ist der organisatorische Bruch mit den offiziellen Gewerkschaften. Die Arbeiter selbst beginnen, das zu erkennen.

Zu Beginn des Treffens in New York, auf dem das Basiskomitee gegründet wurde, erklärte ein langjähriger Schulbusfahrer, dies sei „kein Gewerkschaftstreffen“, sondern ein Treffen „der Mitglieder und für die Mitglieder.“ An dieser Aussage zeigt sich das wachsende Bewusstsein für die Tatsache, dass die Interessen der Gewerkschaft und die Interessen ihrer Mitglieder sich gegenseitig grundlegend ausschließen.

Die Wandlung der Gewerkschaften in arbeiterfeindliche Organisationen ist nicht nur die Schuld korrupter Funktionäre, sondern des Versagens ihres ganzen Programms, das auf der Unterordnung der Arbeiterklasse unter das Profitsystem und die weltweiten Bedürfnisse des amerikanischen Kapitalismus basiert und durch die politische Unterordnung der Arbeiter unter die Demokratische Partei durchgeführt wird.

Während der Kampf der Arbeiter der Kontrolle der Gewerkschaften entgleitet, wächst zusätzlich zur Militanz der Arbeiter die Empfänglichkeit für die Perspektive des Sozialismus. Im Laufe des New Yorker Schulbusstreiks erkannten viele Arbeiter, dass die World Socialist Web Site die einzige Publikation war, die ihre Interessen ausdrückte. Unsere Warnungen vor dem Verrat der Gewerkschaft und unsere Hinweise auf die Rolle der Demokraten wurden durch die Erfahrung der Arbeiter vollkommen bestätigt.

Es müssen noch viele politische Fragen geklärt werden, aber die wachsende Bereitschaft der amerikanischen Arbeiter, mit den pro-kapitalistischen Gewerkschaften zu brechen, und ihre Offenheit für den Sozialismus ist ein historischer Wandel mit weitreichenden Folgen für den weltweiten Klassenkampf. Millionen von Arbeitern kommen zu der Erkenntnis, dass sie nicht nur gegen ein Unternehmen oder ein Regierungsmitglied kämpfen, sondern gegen ein ganzes sozioökonomisches System.

Die Militanz, Wut und Entschlossenheit der Arbeiter muss mit einem gründlich ausgearbeiteten politischen Programm ausgestattet und bereichert werden, das die wahren Interessen der arbeitenden Bevölkerung im Kampf gegen die Politik der herrschenden Elite in den USA und auf der Welt ausdrückt. Die Erfahrung des Schulbusstreiks in New York City hat gezeigt, dass nur die Socialist Equality Party dafür kämpft, die Arbeiterklasse mit einem solchen Programm zu bewaffnen. Wir rufen alle Arbeiter, die die Notwendigkeit eines solchen Kampfes erkennen, dazu auf, sich der SEP anzuschließen und mitzuhelfen, sie als neue revolutionäre Führung der Arbeiterklasse aufzubauen.

Loading