Asien 2013

Die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen Asiens sind von einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise und zunehmender Kriegsgefahr bedroht. Die herrschende Klasse greift zum Gift des Nationalismus und Militarismus. Die Arbeiterklasse kann dem nur durch ihre Vereinigung auf der Grundlage von sozialistischem Internationalismus begegnen.

Die neuen Konfliktlinien eines drohenden neuen Weltkriegs sind nirgends deutlicher erkennbar als in Asien. Der „Schwerpunkt“ der Obama-Regierung „auf Asien und den Pazifik“ hat die geopolitischen Spannungen in der Region erhöht. Im Namen dieser Strategie stärkt sie alte Militärbündnisse, bildet strategische Partnerschaften, schließt neue Stationierungsabkommen und ordnet ihre militärischen Kräfte neu. Alles ist darauf ausgerichtet, China einzudämmen.

In der ganzen Region haben die USA Brennpunkte entfacht, indem sie ihre Verbündeten ermutigen, ihre Interessen aggressiv zu verfolgen. Angestachelt von Washington suchen die Philippinen und Vietnam eine Front südostasiatischer Länder zu bilden, um ihre Position in Territorialstreitigkeiten mit China im Südchinesischen Meer zu stärken. Südkorea hat mit Unterstützung der USA seine vorherige Sonnenschein-Politik mit Nordkorea beendet und sorgt dafür, dass die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hoch bleiben.

Die Verantwortungslosigkeit der amerikanischen Außenpolitik kommt besonders deutlich in den Auseinandersetzungen zum Ausdruck, die zwischen Japan und China um die umstrittenen Senkaku/Diaoyu-Inseln im Ostchinesischen Meer entstanden sind. Seit Tokio im September die unbewohnten Felseneilande „verstaatlichte“, haben Japan und China riskante Schritte und Gegenschritte mit Schiffen und inzwischen auch mit Flugzeugen in den umliegenden Gewässern und Lufträumen unternommen. Jeder Zwischenfall droht sich in eine Konfrontation auszuwachsen, in die die drei wirtschaftlich größten Länder der Welt verwickelt wären –die USA, China und Japan.

Die Heuchelei der Obama-Regierung kennt keine Grenzen. Der stellvertretende amerikanische Außenminister Kurt Campbell rief gestern in der Inselfrage dazu auf, „kühlen Kopf zu bewahren“, während die USA gleichzeitig gemeinsam mit Japan Manöver abhalten, um die „Verteidigung der Inseln“ zu stärken. Amerikanische Sprecher haben zwar wiederholt ihre „Neutralität“ in dem Gebietsstreit erklärt, versichern aber gleichzeitig, dass die USA in einem militärischen Konflikt um die Inseln auf der Seite Japans stehen würden.

Indem die USA Tokio drängen, den Konflikt mit Peking zu suchen, leisten sie dem Wiederaufleben des japanischen Nationalismus und Militarismus Vorschub, die die Wahlen im letzten Monat beherrschten. Das Ergebnis ist eine rechte Regierung unter Ministerpräsident Shinzo Abe. Nur Wochen nach ihrer Amtsübernahme hat diese Regierung die erste Erhöhung der japanischen Verteidigungsausgaben seit einem Jahrzehnt bekannt gegeben, die japanischen Streitkräfte bei den umstrittenen Inseln aufgestockt und eine diplomatische Offensive begonnen, um ihre wirtschaftlichen und strategischen Beziehungen in Südostasien zu stärken.

Abe hat vor, die so genannte Pazifismusklausel in der japanischen Nachkriegsverfassung zu verändern, um die Selbstverteidigungsstreitkräfte in „eine normale Armee“ umzuwandeln, die in der Lage ist, die Interessen des japanischen Imperialismus wahrzunehmen. Die Wiederkehr des japanischen Militarismus beginnt bereits, die regionalen Allianzen zu verschieben. Die philippinische Regierung hat angekündigt eine engere Kooperation mit Tokio zu entwickeln und unterstützt öffentlich ein „militärisch stärkeres Japan“ als Gegengewicht zu China.

Die Triebkraft hinter Obamas “Konzentration auf Asien” ist die globale Wirtschaftskrise. Die USA versuchen ihren wirtschaftlichen Niedergang durch den Einsatz militärischer Macht auszugleichen, um ihre globale Vorherrschaft besonders in Asien zu sichern, das in der globalisierten Produktion einen zentralen Platz einnimmt. Die asiatischen Volkswirtschaften sind allerdings keineswegs ein unabhängiger Motor für Wirtschaftswachstum und werden jetzt von der Rezession auf ihren Exportmärkten in Europa und Amerika getroffen. Die Wachstumsrate in China ging 2012 scharf von 10,4 Prozent auf 7,7 Prozent zurück und in Indien von 8,9 auf 5,5 Prozent. Japan steckt schon wieder in einer Rezession.

Wie die herrschenden Klassen in Europa und Amerika haben auch die asiatischen Mächte nur eine Lösung für ihre ökonomischen Probleme: sie versuchen die wirtschaftliche Last auf die Arbeiterklasse im eigenen Land und auf ihre Rivalen im Ausland abzuwälzen. Der giftige Nebel des Nationalismus beginnt in der gesamten Region wieder zu wabern, weil die Regierungen versuchen, die wachsenden sozialen Spannungen, die Folgen ihrer Austeritätspolitik, auf einen ausländischen „Feind“ abzulenken.

Das nationalistische Gezeter, das die herrschenden Eliten Japans und Chinas anheizen, ist in ihrer Furcht vor sozialen Unruhen infolge des Schrumpfens ihres Wirtschaftswachstums begründet. Aus ähnlichen Ursachen flackert der Grenzstreit in Kaschmir zwischen Indien und Pakistan wieder auf, der schon zu zwei Kriegen geführt hat. Neu-Delhi und Islamabad stacheln zu kommunalistischen Feindseligkeiten an, um von ihren innenpolitischen Krisen abzulenken.

Die Welle von Nationalismus wird von einem Rüstungswettlauf begleitet. Washington versucht zwar den Verteidigungshaushalt Chinas in den Fokus zu rücken, aber die Rüstungsausgaben steigen in der gesamten Region. Dem Internationalen Institut für strategische Studien zufolge haben die Rüstungsausgaben in Asien die Europas im letzten Jahr wahrscheinlich überholt. Die Verteidigungsausgaben Chinas, Japans und Indiens betrugen 2011 89,9 Mrd. Dollar, 58,2 Mrd. Dollar bzw. 37 Mrd. Dollar. Die südostasiatischen Länder erhöhten ihre Ausgaben insgesamt um 13,5 Prozent auf 24,5 Mrd. Dollar. Die amerikanischen Rüstungsausgaben in Höhe von etwa 670 Mrd. Dollar stellen jedoch immer noch alle potentiellen Rivalen bei weitem in den Schatten.

Auch wenn es offensichtliche Unterschiede gibt, erinnert doch auch Einiges an die 1930er Jahre, die Periode vor dem Zweiten Weltkrieg, als sich der japanische Imperialismus mittels kolonialer Eroberungen aus seiner wirtschaftlichen Depression zu befreien suchte. Seine militärische Besetzung Chinas brachte ihn auf Kollisionskurs mit dem amerikanischen Imperialismus, was zum Krieg in ganz Asien und dem Pazifik führte. In den letzten zwei Jahrzehnten haben der Zusammenbruch der Sowjetunion, die kapitalistische Restauration in China und der Übergang Indiens zu marktwirtschaftlicher Politik ambitionierte kapitalistische Eliten hervorgebracht, die ihren Platz in der imperialistischen Ordnung suchen. Sie geraten dabei in heftige regionale Rivalitäten, was die Gefahr eines katastrophalen atomaren Konflikts heraufbeschwört.

Die gleichen Prozesse haben auch zu einem enormen Anwachsen der Arbeiterklasse in Asien geführt, wo die Hälfte der Weltbevölkerung lebt. Gemeinsam mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in aller Welt ist das die einzige gesellschaftliche Kraft, die die zunehmende soziale Verelendung und das Abgleiten in einen barbarischen Krieg aufhalten kann. Dazu muss sie seine Ursache, den Kapitalismus, abschaffen und eine weltweite sozialistische Planwirtschaft aufbauen. Das erfordert vor allem einen politischen Kampf gegen Nationalismus und Kommunalismus, um die Arbeiter international zu vereinen. Die Arbeiterklasse muss mit dem Stalinismus, insbesondere auch mit seiner maoistischen Variante abrechnen, die durch die Unterordnung des Proletariats unter die nationale Bourgeoisie für einen verheerenden Verrat nach dem anderen verantwortlich ist.

Das bedeutet, die Lehren aus dem langen Kampf der internationalen trotzkistischen Bewegung gegen den Stalinismus im zwanzigsten Jahrhundert zu ziehen und Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale in ganz Asien aufzubauen, die die vor uns liegenden revolutionären Kämpfe führen können.

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