Frankreich verschärft Krieg in Mali trotz Geiseldrama in Algerien

Frankreich hat seine Truppenstärke in Mali auf 1400 erhöht, nachdem die Kämpfe mit islamistischen Rebellen eskaliert sind, die den Norden Malis kontrollieren. Derweil spielt sich in Algerien ein Geiseldrama ab, nachdem Islamisten als Vergeltung für den französischen Krieg gegen Mali einen algerischen Erdgasförderbetrieb eingenommen haben.

Am Donnerstag griff das algerische Militär den strategisch wichtigen Erdgasförderbetrieb bei In Amenas nahe der libyschen Grenze mit Panzern und Hubschraubern an. Bewaffnete Aufständische der Organisation „Bataillon des Blutes“, die mit Al Qaida verbunden ist, haben angeblich 41 Geiseln genommen. Bei dem Angriff wurden laut der algerischen Regierung etwa 30 Geiseln und elf islamistische Aufständische getötet. Dia Anlage In Amenas erwirtschaftet jährlich vier Milliarden Dollar und produziert zwölf Prozent der algerischen Erdgasproduktion und volle achtzehn Prozent der wichtigen Erdgasexporte. Italien meldete einen Rückgang seiner Gasimporte aus Algerien von siebzehn Prozent. Energieanalysten haben erklärt, Europa müsse sich angesichts der Kämpfe zunehmend auf Erdgasimporte aus Russland verlassen.

Die USA haben angeblich eine Aufklärungsdrohne in dem Gebiet eingesetzt, um die Kämpfe zu überwachen.

Paris hat den Angriff ausgenutzt, um seine Entscheidung für den Kriegseinsatz in Mali zu verteidigen und als Teil des Krieges gegen den islamischen Terrorismus darzustellen. Präsident Francois Hollande erklärte: „Was in Algerien passiert, zeigt, dass die Entscheidung, Mali zu Hilfe zu kommen, die ich im Namen Frankreichs getroffen habe, richtig war.“

Frankreich hat den Krieg in Mali am letzten Freitag begonnen, um die unpopuläre Militärjunta von Hauptmann Amdadou Sanogo zu verteidigen, die noch den Süden Malis kontrolliert, nachdem Rebellen die strategisch wichtige Stadt Konna eingenommen haben. Sie sind allerdings immer noch damit beschäftigt, den Vorstoß der Rebellen nach Süden zu stoppen. Frankreich plant, bis zu 2500 Soldaten einzusetzen und die Bombardierung seiner ehemaligen westafrikanischen Kolonie fortzusetzen.

Am Donnerstag gingen die Kämpfe zwischen französischen und malischen Truppen bei Diabaly weiter – in nur 350 Kilometern Entfernung von der Hauptstadt Bamako. Die französische Luftwaffe setzte ihre Angriffe auf die Kleinstadt fort.

Trotz der französischen Luft- und Bodenangriffe ist Diabaly immer noch in der Hand der Rebellen. Ein Bewohner von Niono sagte in einem Interview mit Associated Press: „Letzte Nacht gab es Luftangriffe auf Diabaly, Zivilisten sind hier nach Niono gekommen. Heute morgen habe ich Leute aus Diabaly gesehen, sie sagen, die Islamisten halten die Stadt immer noch besetzt.“

Während Truppen nach Norden verlegt wurden, wurden in der Stadt Banamba, nur 115 Kilometer von Bamako entfernt, islamistische Truppen gesehen. Daran zeigt sich die Unfähigkeit, den Vormarsch der Rebellen aufzuhalten. Die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) hat versprochen, Frankreich mit 3300 Soldaten aus ihren Mitgliedsstaaten zu unterstützen; sie sollen in diesen Gebieten eingesetzt werden.

Ein hoher Vertreter des malischen Militärs sagte in einem Interview mit Reuters: „Banamba befindet sich im Alarmzustand. Es wurde Verstärkung geschickt. In Bamako sollen heute nigerianische Truppen ankommen; sie können das Gebiet sichern.“

Es gab keine Berichte über zivile Opfer der letzten französischen Luftangriffe, allerdings werden die Bombenangriffe zweifellos die Zahl der Toten stark erhöhen. Laut ersten Berichten wurden bei den französischen Luftangriffen auf Gao und Konna Anfang der Woche jeweils zwischen 60 und 100 Menschen getötet, unter anderem wurden Zivilisten von Bombentreffern in Stücke gerissen, Kinder sind in einem Fluss ertrunken, als sie versuchten, vor den Explosionen zu fliehen.

Französische Regierungssprecher behaupteten zynisch, sie würden versuchen, zivile Opfer zu vermeiden. Admiral Edouard Guillaud sagte auf RTL Radio: „Frankreich würde alles tun, um zivile Opfer zu vermeiden. Im Zweifelsfall werden wir nicht schießen.“

Am Donnerstag trafen sich die europäischen Außenminister in Brüssel, um über die Krise in Mali zu diskutieren. Sie unterstützten dabei Frankreichs Vorgehen und genehmigten eine militärische Ausbildungsmission, um dem malischen Militär zu helfen.

Bei Frankreichs Krieg in Mali geht es weder um den Kampf gegen Terrorismus, noch um den Aufbau von Demokratie. Hollande führt einen reaktionären Krieg, um in Bamako ein Regime zu verteidigen, das von Sanogos Junta dominiert wird, und um seine Autorität im Norden Malis gegen Islamisten und nordmalische Separatisten zu festigen. Sein Endziel ist es, die beträchtlichen wirtschaftlichen und militärischen Interessen des französischen Imperialismus in Mali und den anderen ehemaligen Kolonien in Westafrika zu verteidigen.

Dabei nimmt Paris keine Rücksicht auf die bekannte Tatsache, dass das korrupte Regime in Bamako unter der nordmalischen Bevölkerung aus regionalen Gründen verhasst ist. Der Versuch, diesen Krieg als Kampf für Demokratie und gegen Terrorismus darzustellen, ist zutiefst zynisch angesichts der Tatsache, dass Paris und andere Nato-Mächte gleichzeitig in ihrem Krieg in Syrien mit Kräften zusammenarbeiten, die mit Al Qaida verbündet sind.

Der Norden Malis, der von Wüsten und Gebirgen geprägt ist, war lange ein quasi-autonomes Gebiet, das von Tuareg und Arabern dominiert wurde. Sie standen der Zentralregierung in Bamako, die nach der Entkolonialisierung von Französisch-Westafrika im Jahr 1960 entstanden war, feindselig gegenüber. In den Siebzigern und Achtzigern gab es im Norden Malis mehrere Aufstände und Proteste gegen Bamako, an denen sich vor allem die Tuareg beteiligten.

Nach einer Rebellion der Tuareg in den frühen 1990ern bot das Gaddafi-Regime Angehörigen dieses Volkes hohe Posten in der libyschen Armee an. Der ehemalige Präsident Malis, Amadou Toumani Touré, sagte 2012 in einem Interview mit dem französischen Magazin L’Express: „Nach den Rebellionen von Arabern und Tuareg begann Gaddafi, mit ihnen zu verhandeln, sie zu entwaffnen und den Rebellen Posten zu geben... Wir haben der Nato schon früh vor den Kollateralschäden gewarnt, die sich aus der Krise in Libyen ergeben könnten. Man hat uns nicht zugehört.“

Das libysche Regime hat der malischen Regierung auch nach der verheerenden Privatisierungs- und Sparpolitik in den 1980ern geholfen, durch die das französische Kapital in Mali großen Einfluss gewinnen konnte. Touré sagte zum L’Express: „Libyen hat viel in Hotels, Tourismus, Landwirtschaft und das Bankwesen investiert und somit zu unserer Entwicklung beigetragen.“

Die Krise in Mali eskalierte nach dem Nato-Krieg gegen Libyen. Tuareg, die bisher an der Seite von Gaddafis Truppen gekämpft hatten, mussten vor den „Rebellen“ fliehen, die Jagd auf Dunkelhäutige machten. Anfang 2012 kehrten sie nach Mali zurück, die meisten von ihnen schwer bewaffnet. Sie unterstützten nordmalische Rebellengruppen bei ihren Kämpfen gegen das malische Militär. Islamistische Aufständische – darunter Al Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM), die Bewegung für Dschihad und Einheit in Westafrika (MUJAO), Ansar Dine und die nigerianische Gruppe Boko Haram spielten ebenfalls eine wichtige Rolle dabei, einer zunehmend unzufriedenen Bevölkerung die Scharia aufzuzwängen.

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen im April setzte Sanogo Präsident Touré ab, da ihm das Militär vorwarf, nicht effektiv genug auf die Rebellion der Tuareg reagiert zu haben. Frankreich, ECOWAS und die imperialistischen Mächte versuchten anfangs, die Sanogo-Junta durch eine Wirtschaftsblockade zu stürzen, entschieden sich aber letzten Endes dafür, sie zu unterstützen, um sie gegen die Rebellen im Norden Malis einzusetzen.

Der französische Imperialismus fürchtet, dass der Zusammenbruch des Regimes in Bamako seinen Einfluss auf die Regimes der Region schädigen könnte. Frankreich verfolgt in Westafrika bedeutende wirtschaftliche Interessen, unter anderem im Energie- und Bergbausektor und als Billiglohnplattform für die französische Industrie. Bei der Verteidigung seiner Interessen gegen Rivalen in der Region, vor allem gegen China, setzt es auf militärische Stärke. Vor allem wird Frankreich diese Stärke einsetzen, um den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Vorherrschaft des französischen Imperialismus on der Region niederzuschlagen.

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