Italienwahl: Monti kandidiert mit neuem Bündnis

Premierminister Mario Monti will im Februar 2013 doch an den italienischen Wahlen teilnehmen. Wie er am 28. Dezember bekanntgab, will er an der Spitze einer Koalition namens „Agenda Monti für Italien“ in den Wahlkampf ziehen, um seinen strikten Sparkurs fortsetzen zu können.

Noch wenige Tage zuvor hatte der zurückgetretene Premier ausdrücklich erklärt, er wolle nächstes Jahr nicht persönlich kandidieren. Er hat jedoch in jedem Fall gute Chancen, vom Präsidenten Giorgio Napolitano erneut zum Premierminister ernannt zu werden, sofern die Parteien, die ihn unterstützen, in den Parlamentswahlen Erfolg haben. Er könnte aber auch einen wichtigen Ministerposten in der kommenden Regierung einnehmen.

Ehe Monti seine Entscheidung bekanntgab, traf er sich mit führenden Politikern zu einem vierstündigen, höchst geheimen Meeting. Anwesend waren Pier Ferdinando Casini von der katholischen UDC, Vertreter der Partei Italia Futura des Ferrari-Chefs Luca Cordero di Montezemolo, sowie von der Partei Futuro e Libertà von Gianfranco Fini.

Bezeichnenderweise wird Monti auch von jenen unterstützt, die in der Wahl eigentlich als seine größten Rivalen fungieren: von der Demokratischen Partei (PD) und der rechten Berlusconi-Partei Volk der Freiheit (PdL). Führungsmitglieder dieser beiden Parteien nahmen offensichtlich auch an Montis Meeting teil.

Mario Monti wurde im November 2011 als unpopulärer, von niemandem gewählter Premierminister auf Geheiß der Banken und der Europäischen Union (EU) ernannt. Heute versucht er, sein Amt zu behalten, obwohl er in der Öffentlichkeit immer weniger Rückhalt hat. Mittlerweile lehnen bereits über sechzig Prozent der Bevölkerung eine weitere Amtszeit Montis ab. Der Premier lädt die Kosten der Wirtschaftskrise vollständig auf die arbeitende Bevölkerung ab und setzt immer neue Sozialkürzungen in Milliardenhöhe, Angriffe auf das Arbeitsrecht und Steuererhöhungen durch.

Die “Agenda Monti für Italien” ist die Vorlage für eine neue Offensive des Finanzkapitals. Darin sind weitere Deregulierung des Arbeitsmarktes, Steuersenkungen für Reiche, eine „Liberalisierung“ der Schlüsselindustrien und die Rückzahlung von jährlich fünf Prozent der Staatsschulden vorgesehen. Da sich das italienische Defizit auf über zwei Billionen Euro beläuft, belastet allein dieser Punkt den Staatshaushalt mit weiteren hundert Milliarden Euro.

Als Monti nach dem Meeting vor die Presse trat, betonte er, seine Agenda genieße die starke Unterstützung der herrschenden Klasse. Sowohl die Rechte als auch die bürgerliche „Linke“ stehe hinter ihm. Er sagte: „Die traditionelle Links-Rechts-Achse hat historische und symbolische Bedeutung. […Aber] die wahre Achse, die für Italien arbeitet, ist eine, die auf Europa und die notwendigen Reformen setzt.“ Er fügte hinzu, die Übereinstimmung all jener, die an der Versammlung teilgenommen haben, „ermutigt mich zu den bevorstehenden Wahlen“.

Monti wird den sozialen Kahlschlag seiner ersten Amtszeit fortsetzen, der die Arbeiterklasse mit Kürzungen und Massenentlassungen in die Armut getrieben hat. Die staatliche Statistikbehörde Istat korrigierte vor kurzem ihre Einschätzung über Italiens Wirtschaft nach unten: Diese sei „als Folge der schrumpfenden Inlandsnachfrage“ im Jahr 2012 um 2,3 Prozent zurückgegangen.

Dies wird sich in diesem Jahr sogar ohne neue Kürzungen fortsetzen. Istat schreibt: „Voraussichtlich wird der private Konsum weiter sinken, worin sich die steigende Arbeitslosigkeit und ein Rückgang der Kaufkraft der Haushalte ausdrückt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird 2013 voraussichtlich um ein halbes Prozent sinken. Das BIP wird sich hauptsächlich auf Exporte stützen. (…) Es wird erwartet, dass der Beitrag der Inlandsnachfrage zum Wachstum negativ sein wird.“

Allen katastrophalen Auswirkungen auf die Wirtschaft zum Trotz genießt Montis Politik die Unterstützung des Finanzkapitals. Er hat dafür gesorgt, dass gewaltige Geldsummen an Italiens Gläubiger zurückfließen, und seine drastischen Kürzungen haben die Arbeitskosten in einem Maße reduziert, dass Italien seine Konkurrenzfähigkeit und seine Exporteinnahmen steigern konnte. Seitdem Monti vor einem Jahr Berlusconis Platz als Premier einnahm, haben die Banken die Zinssätze auf italienische Staatspapiere von 7,56 auf 4,48 Prozent gesenkt und damit ihre Zustimmung signalisiert.

Montis Bemerkung, die Rechts-Links-Achse sei für die italienische Politik nicht mehr maßgebend, bringt die starke Rechtswende zum Ausdruck, die das gesamte italienische Establishment vollzogen hat, und betont die Krise in der Führung der Arbeiterklasse. Die Unterstützung für Monti, den ehemaligen Berater der Wallstreet-Bank Goldman Sachs, reicht von den Demokraten bis zur äußersten Rechten. Die Demokratische Partei (PD) ist nach dem Kollaps der Sowjetunion aus der stalinistischen KPI entstanden, und Gianfranco Fini, ein weiterer Unterstützer Montis, gilt als „Postfaschist“. Keine einzige Partei spricht für die Arbeiterklasse, die in Wirklichkeit die größte Abscheu gegen die Austeritätspolitik der EU hegt.

Nach den aktuellen Umfragen zu schließen, wäre Montis wahrscheinlichster Koalitionspartner die bürgerlich-„linke“ PD. In einer SWG-Umfrage vom 21. Dezember führt die PD mit dreißig Prozent, gefolgt von der populistischen Bewegung Fünf Sterne (18,5%) des Komikers Beppe Grillo. Die PDL hätte sechzehn Prozent und Montis Koalitionsparteien fünfzehn Prozent.

PD-Chef Pier Luigi Bersani reagierte auf die Nachricht von Montis Kandidatur mit dem Hinweis, die PD könne sich eine Allianz mit Monti vorstellen. In einem TV-Interview fragte er: „Sehen sie in uns eine Alternative, als Konkurrenz zu ihnen, – oder sind sie offen für eine Allianz?“

Während Bersani seine Manöver mit Monti betreibt, stützt er sich gleichzeitig auf andere Kräfte der bürgerlichen „Linken“, wie die Partei Linke Ökologie Freiheit (SEL), sowie auf den stalinistischen Gewerkschaftsverband CGIL. Diese Kräfte sollen ihm Auftrieb verschaffen und die rechte PD-Politik in „linken“ Farben darstellen.

Deshalb sagte SEL-Chef Nichi Vendola der stalinistischen Tageszeitung L’Unità: „Wir haben uns entschieden, Bersanis Programm an die Macht zu verhelfen. Wir werden im Wesentlichen den eingeschlagenen Weg weitergehen: Keine Fortsetzung der Monti-Politik.“

Tatsächlich wird in Finanzkreisen wohl verstanden, dass es zwischen der Politik einer Monti-Regierung und der einer Bersani-Regierung praktisch keinen Unterschied gäbe. Mit der Unterstützung der CGIL hat Bersani im November die Vorwahlen der Demokraten gewonnen und wurde damit zum Kandidaten für das Amt des Regierungschefs für die bevorstehenden Wahlen bestimmt. Seither gibt er sich alle Mühe, von Wirtschaftsmanagern und der Finanzpresse ernst genommen zu werden.

Bloomberg News berichtet, dass Bersani “jetzt seine Bereitschaft betont, mit derselben Strenge weiterzumachen, mit der Monti begonnen hat“. Darauf folgte ein Zitat von Gian Maria Gros-Pietro, dem früheren Vorstandsvorsitzenden des Ölkonzerns ENI, der mit Bersani zusammen mehrere italienische Staatsunternehmen privatisiert hatte, als dieser in den 1990er Jahren Industrieminister war. „[Bersani] ist ein ehemaliger Kommunist, mit Betonung auf ‚ehemalig’“, sagte Gros-Pietro. „Er hat das Gespür für das, was der Wähler denkt, und welche Schritte notwendig sind.“

Silvio Peruzzo, ein Ökonom bei Nomura International in London, bemerkte, eine Bersani-Regierung wäre für die Banken „das zweitbeste Ergebnis“ nach einem Sieg Montis

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