Perspektive

Das verfaulte Fundament amerikanischer Nahost-Politik

Am 11. Januar starben dreizehn Wanderarbeiter bei einem Feuersturm in einem Arbeitslager. Das Lager, das sich in einem verfallenen Gebäude in Manama befand, war stark überfüllt. Manama ist die Hauptstadt des Golfscheichtums Bahrain, doch die meisten der betroffenen Arbeiter stammten aus Bangladesch.

In Bahrain und den anderen Monarchien, die zum Golfkooperationsrat gehören, sind solch schreckliche Zwischenfälle an der Tagesordnung. Erst im vergangenen Mai hatte ein Feuer in einem anderen, überbelegten Arbeitslager in Manama zehn Arbeitern aus Bangladesch das Leben gekostet.

Die bahrainische Monarchie weist alle Forderungen nach verbesserten Gebäude- und Sicherheitsstandards in der Produktion zurück; unterstützt wird sie darin von privaten Baufirmen.

Dem tödlichen Brand ging die Hinrichtung durch Enthauptung eines srilankischen Hausmädchens in Saudi-Arabien voraus, die weltweit Abscheu erregt hatte. Rizana Naffek hatte über ihr Alter gelogen, als sie ihre verarmte Familie im Nordosten Sri Lankas auf der Suche nach einem besseren Einkommen verlassen hatte. Sie wurde verurteilt, weil ein Kleinkind in ihrer Obhut gestorben war. Sie musste das Baby versorgen, obwohl sie erst siebzehn war und keinerlei entsprechende Ausbildung oder Erfahrung hatte. Die saudischen Behörden prügelten ein Geständnis aus ihr heraus, das sie später widerrief. Sie erklärte, das Baby habe sich beim Fläschchen Trinken verschluckt, und sie habe ihm nicht helfen können.

Die saudische Monarchie hatte sich vehement gegen Kritik an der barbarischen Hinrichtung verwahrt und nannte diese eine “Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten und ihr Justizsystem”. Das Urteil verstößt gegen internationale Verträge, welche die Todesstrafe für Minderjährige verbieten.

Auch dieses abstoßende Vorgehen ist keineswegs eine Ausnahme. Das saudische Regime richtete im vergangenen Jahr 79 Menschen durch Enthauptung hin. Im Jahr davor waren es 82 Menschen.

Berichten in den Medien zufolge, die nach dem staatlichen Mord an Rizana Nafeek ans Licht kamen, sitzen mindestens 45 indonesische Hausmädchen in saudischen Gefängnissen in der Todeszelle und warten auf ihre Enthauptung. Offenbar droht dasselbe Schicksal auch Hausmädchen aus Sri Lanka, den Philippinen, Äthiopien und Indien, aber ihre Zahl ist nicht bekannt.

In vielen Fällen werden diese Frauen wegen Mordes verurteilt, weil sie sich gegen gewaltsame Angriffe und Vergewaltigungen ihrer Arbeitgeber wehren. In anderen Fällen erleiden Frauen psychische Zusammenbrüche, nachdem sie jahrelang Misshandlung und erzwungener, täglich fünfzehn- bis zwanzigstündiger Arbeit ausgesetzt sind, sieben Tage die Woche, ohne Pause und freie Tage und oftmals ohne Lohn.

Selten werden die schweren und oft tödlichen Misshandlungen der anderthalb Millionen Hausmädchen in Saudi-Arabien bestraft. Zu den berüchtigten Fällen zählt der von Sumiati Binti Salan Mustapa, einem indonesischen Hausmädchen, dessen saudischer Arbeitgeber ihr die Lippen mit einer Schere abschnitt, ihr den Kopf mit einem Bügeleisen verbrannte, ihr über einen längeren Zeitraum teuflische Misshandlungen und schließlich zahlreiche Stichwunden und Knochenbrüche zufügte. Ein saudisches Gericht sprach den Mann frei, weil es angeblich keinen Beweis für Folter gab. In zahlreichen anderen Fällen wurden Frauen, die vom Dach oder aus dem Fenster gestoßen worden waren, als Selbstmörderinnen registriert.

Hinter diesen Gräueltaten, sowohl den tödlichen Bränden wie den Enthauptungen, steht ein System moderner Sklaverei. Die traditionelle Sklaverei, bei der Menschen direkt gekauft und verkauft werden, wurde im saudischen Königreich erst 1962 abgeschafft.

Das neue System arbeitet nicht mehr mit Entführung und gewaltsamer Versklavung von schwarzen Frauen aus der afrikanischen Subsahara, sondern speist sich aus dem global integrierten kapitalistischen System. Vor allem in Asien verarmen Milliarden Menschen, wodurch sie gezwungen sind, sich im Ausland Arbeit zu suchen.

Die ArbeiterInnen werden zu Opfern von Vermittlungsagenturen, die exorbitante Gebühren für die Vermittlung eines Arbeitsplatzes verlangen. Dadurch geraten die Wanderarbeiter in vertragliche Knechtschaft, wenn sie in Saudi-Arabien und den anderen monarchischen Golfstaaten eintreffen. Einmal angekommen, fallen sie unter das System der Kafala, eines Bürgensystems, das die bürgenden Arbeitgeber mit unbegrenzter Macht über die Wanderarbeiter ausstattet. Gewöhnlich ziehen sie den Pass der Arbeiter ein, sodass diese nicht mehr nach Hause fahren können.

Wer versucht, aus gefährlichen und ausbeuterischen Beschäftigungsverhältnissen auszubrechen, kann ohne die Erlaubnis seines Bürgen keine andere Beschäftigung aufnehmen und wird in der Regel deportiert, oftmals ohne den ihm oder ihr zustehenden Lohn. Für diese Arbeiter sind alle Gewerkschaften illegal, und die Löhne stagnieren seit zwanzig Jahren, obwohl die Lebenshaltungskosten schnell steigen. Es ist gang und gäbe, dass Arbeitgeber ihre Arbeiter „ausleihen“, um zusätzlich Profit zu machen.

Es gibt in den Golfstaaten fünfzehn Millionen solcher Arbeiter. Sie stellen mehr als die Hälfte der Beschäftigten und die große Mehrheit der im Privatsektor Beschäftigten. Sie bauen die Wolkenkratzer, Luxusherbergen, Paläste und Autobahnen in Manama, Dubai und Riad, die mit den Öleinnahmen der parasitären herrschenden Dynastien bezahlt werden.

Ihre schrecklichen Lebens- und Arbeitsbedingungen sind kein Geheimnis. Sie sind in den jährlichen Länderberichten des Büros für Demokratie, Menschrechte und Arbeit des US-Außenministeriums aufgelistet.

In dem Bericht über Bahrain heißt es zum Beispiel, Hausmädchen müssen „ihren Pass abgeben, haben wenig Freizeit, sind schlecht ernährt und werden verbal und physisch misshandelt; sie werden auch sexuell belästigt und vergewaltigt“. Der Bericht fährt fort: „In zahlreichen Fällen hielten die Arbeitgeber die Löhne ausländischer Arbeiterinnen monatelang oder sogar jahrelang zurück und verwehrten ihnen, das Land zu verlassen.“ Solche Worte beschreiben sklavenähnliche Verhältnisse.

Das US-Außenministerium stellte ähnliche Verhältnisse in Saudi-Arabien fest, wo ca. 8,5 Millionen ausländische Arbeitskräfte schuften. In beiden Ländern sind politische Parteien verboten und Folter an der Tagesordnung; Zensur wird ausgeübt, religiöse Minderheiten werden brutal unterdrückt (bzw. in Bahrain die schiitische Mehrheit), und politische Dissidenten werden ermordet oder ins Gefängnis geworfen.

Diese Berichte sind allerdings nicht ernst gemeint. Sie beeinflussen keineswegs die Politik der USA in der Region, die sich auf die diktatorischen Regimes in der Region stützt. Saudi-Arabien ist der wichtigste Verbündete Washingtons, in Bahrain hat die amerikanische Fünfte Flotte ihren regionalen Heimathafen, und in Katar unterhält das Pentagon ein wichtiges Hauptquartier und ein Zentrum der Air Force.

So sehen also die Verbündeten der Obama-Regierung aus, mit denen sie in Syrien im Namen von „Menschenrechten“ und „Demokratie“ einen konfessionellen Krieg anstachelt und bewaffnet.

Nichts könnte die räuberische Nahost-Politik des US-Imperialismus schärfer anklagen, als der Zustand dieser Länder, in denen ultra-reaktionäre und mittelalterliche Regimes herrschen, und in denen die Arbeiterklasse überwiegend aus halb versklavten Wanderarbeitern besteht.

Die Grundlagen dieser imperialistischen Politik sind verfault bis auf die Knochen und werden eher früher als später zu revolutionären Explosionen führen.

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