Kühnes Denken: Psychoanalyse in der Sowjetunion

Im tiefsten und finstersten Winkel des Unbewussten, Elementaren und Untergründigen hat sich die Natur des Menschen selbst verborgen. Ist es denn nicht klar, dass die größten Anstrengungen des forschenden Gedankens und der schöpferischen Initiative darauf gerichtet sein werden? (Trotzki [1])

Erster Teil

Für einen Großteil dieses Jahrhunderts war die wirkliche Geschichte der Sowjetunion unter einem Berg von Lügen begraben. In den Jahren seit ihrem Zusammenbruch wurden jedoch einige wichtige Bruchstücke der historischen Wahrheit wieder aus den Trümmern hervorgeholt. Eins dieser Bruchstücke ist in einer neuen Darstellung der Geschichte der sowjetischen Psychoanalyse enthalten: "Freud und die Bolschewiki, Psychoanalyse im kaiserlichen Russland und in der Sowjetunion" (Yale University Press) von Martin A. Miller, Professor der Duke-Universität.

dass die Psychoanalyse sogar in der Sowjetunion eine Geschichte hat, ist eine überraschende Entdeckung. Freuds Ideen erging es unter dem Stalinismus wie praktisch jeder anderen fortschrittlichen Strömung in der Wissenschaft und der Kunst - und eigentlich genauso wie dem Marxismus selbst: sie wurden verboten und es wurden alle möglichen Anstrengungen unternommen, um jegliche Spur ihrer Existenz im sowjetischen Leben zu tilgen. (Natürlich wurde der Marxismus aus naheliegenden politischen und historischen Gründen in der Sowjetunion nicht offiziell verboten; sein Inhalt und seine Vitalität wurden auf eine andere Art und Weise angegriffen: indem man ihn in eine leblose Staatsreligion verwandelte.) Sexueller Puritanismus der erstickendsten Art herrschte überall und es war unmöglich, ein ernsthaftes Studium oder eine ernsthafte Diskussion über irgend etwas zu führen, das mit subjektiver Erfahrung zu tun hatte. Es überrascht nicht, dass diese Bedingungen zu einem fürchterlichen Niedergang auf dem Gebiet der Psychologie führten, der wahrscheinlich seinen drastischsten Ausdruck darin fand, dass in psychiatrischen Kliniken wie zum Beispiel dem Serbskii-Institut in Moskau in den sechziger und siebziger Jahren politische Dissidenten interniert und "behandelt" wurden.

Nichts stand jedoch in auffallenderem Kontrast zu dieser wütenden Unterdrückung wie die gewaltige Woge sozialer und intellektueller Energie, welche die ersten Jahre der bolschewistischen Herrschaft kennzeichnete. Die erstaunliche Kreativität auf dem Gebiet der Kunst in dieser Periode ist allgemein bekannt; aber auch alle anderen Aspekte der Kultur wurden in diesem revolutionären Gärungsprozess, in dem Kampf - wie man damals sagte - für ein "neues Leben" mitgerissen. Auf jedem Gebiet waren nur die fortschrittlichsten Ideen gut genug, und in der Psychologie bedeutete das im wesentlichen die Ideen von Freud. Das war die Atmosphäre, in der für ein paar wenige kostbare Jahre eine sowjetische psychoanalytische Schule florierte. Dies ist heute aus zwei Gründen von mehr als nur rein akademischem Interesse: Erstens trägt es dazu bei - wie jede ehrliche Darstellung der sowjetischen Geschichte -, die große Lüge zu entlarven, der Bolschewismus sei dasselbe gewesen wie der Stalinismus; zweitens sind die großen Themen, mit denen sich die sowjetischen Freudianer beschäftigten - speziell die Vereinbarkeit von Psychoanalyse und Marxismus - auch heute noch von Bedeutung.

Bei einem Rückblick auf diesen Abschnitt der Geschichte muss auch etwas zur Psychoanalyse selbst gesagt werden. Freud hat die Psychologie ungeheuer verändert; sein Einfluss war so tiefgehend wie der von Darwin oder Einstein auf ihren Gebieten. Mit Freud überwindet die Psychologie zum erstenmal überhaupt die klassische Antithese von Geist (oder Seele) und Körper, ein Widerspruch, der die früheren psychologischen Theorien entweder zu metaphysischen Spekulationen oder zu mechanischem Versimplifizieren verdammte. Dies ist nicht der Ort, um über die Bedeutung von Freuds Entdeckungen zu diskutieren (z. B. die Bedeutung von Träumen, das Unbewusste und das psychosexuelle Wesen von Beziehungen innerhalb der Familie) oder sich mit der augenblicklichen Kontroverse um die Psychoanalyse auseinanderzusetzen. Was gesagt werden muss, ist, dass die Psychologie in einer Klassengesellschaft notwendigerweise eine gefährliche Wissenschaft ist. Weil sie sich mit den persönlichsten und intimsten Aspekten des Lebens beschäftigt, weckt sie unausweichlich heftigen ideologischen Widerstand. Und es ist eine Tatsache, dass die Psychoanalyse seit ihren Anfängen an der Wende des Jahrhunderts für die bürgerliche öffentliche Meinung ein Skandal war und Freud laufend als Verfasser pornographischer Schriften (und ein jüdischer noch dazu) verunglimpft wurde. Heute ist die Methode ihn zu attackieren verfeinerter, aber der Antrieb dahinter ist grundsätzlich immer noch derselbe - Entrüstung über eine Theorie, die es wagt, das Licht der Vernunft auf die dunklen Geheimnisse der Seele zu werfen. Freud wurde einst folgendermaßen zitiert: "Die Psychoanalyse fordert ein Maß an Ehrlichkeit, das in der bürgerlichen Gesellschaft ungewöhnlich und sogar unmöglich ist."[2] Heute, scheint es, ist dieses Maß an Ehrlichkeit besonders rar.

Die Psychoanalyse hatte sich in Russland schon vor 1917 mit einer eigenen Zeitschrift und einer kleinen, aber aktiven Gruppe von Anhängern unter den Intellektuellen als wissenschaftliche Bewegung etabliert. Es war keine Überraschung, dass die Revolution zu einer Auslese innerhalb dieser Gruppe führte. Am auffälligsten war das Ausscheiden ihres führenden Kopfs, Nikolai Osipov, 1920. (Osipov war davon überzeugt, dass die Bolschewiki der Psychoanalyse gegenüber feindlich eingestellt sein würden; was sich als völlig falsch herausstellte.) Diejenigen, die blieben, waren, wie wahrscheinlich viele andere kleinbürgerliche Intellektuelle in dieser Zeit, entweder misstrauisch oder gleichgültig gegenüber der Revolution.

Eine entscheidende Rolle dabei, die Psychoanalyse während des unerhörten sozialen Aufruhrs des Weltkriegs und der Revolution am Leben zu erhalten, spielte eine der wenigen Psychoanalytikerinnen, die mit den Bolschewiki politisch übereinstimmte, die Psychiaterin Tatiana Rosenthal. Den kurzen Eindruck, den wir in Millers Darstellung von ihrem Leben bekommen ist faszinierend: Sie tritt der bolschewistischen Partei während der Revolution von 1905 bei, liest Freud während ihrer medizinischen Ausbildung, entscheidet sich Psychoanalytikerin zu werden und veröffentlicht 1911 als erste wissenschaftliche Untersuchung eine Studie über das Verhältnis von Psychoanalyse und Literatur, die sich mit dem Werk des dänischen Dichters Karen Michaelis beschäftigt. Ein Jahr später ist sie bei Freud in Wien und nimmt an den wöchentlichen Treffen der psychoanalytischen Gesellschaft teil; das nächste, was wir von ihr hören, ist, dass sie am Begrüßungskomitee für Lenin teilnimmt, der im April 1917 nach Russland zurückkehrt. Mitten im Bürgerkrieg von 1919-1920 gibt sie Vorlesungen über Psychoanalyse, gründet eine neue analytische Gruppe in Petrograd und eine neue experimentelle Schule für Kinder mit neurotischen Problemen; zur gleichen Zeit setzt sie ihre Pionierarbeit über Literatur mit einer Freudschen Studie von Dostojewski fort. Es ist wahrscheinlich, dass dieselbe grundlegende Motivation - derselbe Wunsch, "ein neues Leben" zu kreieren - diese bemerkenswerte Frau zu Freud wie auch an den Finnischen Bahnhof führte.[3]

Eine weitere Persönlichkeit, die eine Erwähnung wert ist - wenn auch nur kurz -, ist Sabina Spielrein, die Rosenthal bei ihren Besuchen bei Freud begleitete. Spielrein blieb während des Kriegs und der Revolution in Europa, und startete eine Karriere, die sie laut Bruno Bettelheim zu einer "der großen Pioniere der Psychoanalyse" machte. Unter anderem zollte ihr Freud Anerkennung dafür, dass sie seine umstrittene Theorie von der Todessehnsucht vorweggenommen habe. 1923 kehrte Spielrein nach Russland zurück; ihre Erfahrung und ihr Ansehen waren entscheidend dabei, die sowjetische Bewegung zu festigen und ihr die offizielle Anerkennung der politisch konservativen Mitglieder der Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft zu verschaffen.[4]

Die frühen 20er Jahre waren der Höhepunkt der psychoanalytischen Bewegung in der Sowjetunion. Ein Trainingsinstitut, eine ambulante Klinik und eine experimentelle Schule waren eingerichtet worden und liefen auf vollen Touren. Die Bewegung arbeitete an einem ehrgeizigen Programm, die Schriften Freuds auf Russisch herauszubringen, und leistete an verschiedenen Fronten Arbeit - der Psychologie der künstlerischen Kreativität, der klinischen Analyse und der Anwendung der Psychoanalyse auf die Erziehung. Es gab eine Offenheit und theoretische Kühnheit bei den meisten dieser Aktivitäten, die man nur im Zusammenhang mit der internationalen Entwicklung der Psychoanalyse richtig würdigen kann. In den meisten anderen Ländern, speziell in den Vereinigten Staaten, war die Psychoanalyse fast ausschließlich den Medizinern vorbehalten - Analytiker waren Ärzte und ihr Interesse konzentrierte sich auf die praktische Anwendung der Psychoanalyse in der Behandlung von Neurosen. Die sowjetische Bewegung war ganz anders: Die meisten ihrer Mitglieder kamen aus nichtmedizinischen Gebieten - Philosophie, Kunst, Naturwissenschaften, Pädagogik - und ihr Hauptinteresse lag in den breiteren kulturellen und gesellschaftlichen Folgerungen aus Freuds Ideen.

Bezeichnend dafür waren die Themen einiger Arbeiten, die auf den ersten Treffen der Moskauer analytischen Gesellschaft vorgelesen wurden: "Der Symbolismus in den Statuen von Flussgöttern und griechischen Vasen", "Die Melancholie in Albrecht Dürers Bildern", "Die unterschiedlichen sexuellen Eigenschaften von Jungen und Mädchen, ausgedrückt in ihren Zeichnungen".[5] Das Moskauer Institut war wahrscheinlich das einzige psychoanalytische Trainingsprogramm auf der Welt, das ein reguläres Seminar über die Psychologie der Kunst anbot, gehalten von Ivan Ermakov, Direktor des Verlagsprogramms des Instituts und Autor einer wichtigen Studie über Gogol.

"Vor unseren Augen entwickelt sich in Russland eine neue und originelle Richtung der Psychoanalyse." So sah Lev Vygotsky und sein engster Mitarbeiter, Alexander Luria, 1925 die sowjetische Bewegung. Lev Vygotsky sollte die größte Persönlichkeit werden, die sich aus der sowjetischen Psychologie entwickelte. Bemerkenswert ist, dass beide sich in dieser Zeit zur Psychoanalyse hingezogen fühlten und, was ihr Interesse erregte, war der Geist theoretischer Kühnheit: "Unter den großen Geistern unserer Zeit", schrieben sie, "war Freud einer der unerschrockensten... Ein Mann der Tat braucht Mut, aber es sieht so aus, dass ein noch größeres Maß an Kühnheit für das Denken erforderlich ist. Auf Schritt und Tritt trifft man in der wissenschaftlichen Forschung so viele unsichere Geister, ängstliche Ideen und rückgratlose Hypothesen, dass es fast den Anschein hat, als ob vorsichtige Behutsamkeit und anderen in ihren Fußstapfen zu folgen verbindliche Eigenschaften der offiziellen akademischen Arbeit geworden seien."[6]

Die sowjetische Bewegung war bei ihren praktischen Unternehmungen genauso "unerschrocken". Die ambulante Klinik verdient, in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden. Miller schreibt, dass "sie jedem in der Bevölkerung eine Psychoanalyse garantierte, der sich freiwillig dazu bereit erklärte, oder der wegen der Behandlung einer Störung überwiesen wurde".[7] In anderen Ländern bekamen nur diejenigen eine Psychoanalyse, die es sich leisten konnten - was bedeutete: nur die mittleren und oberen Schichten. Das war ein Problem, das Freud mehrmals angesprochen hatte (speziell in einer Rede in Budapest, am Vorabend der ungarischen Revolution 1918) - die Notwendigkeit, die Therapie den Massen zur Verfügung zu stellen, die nicht weniger unter Neurosen litten als die sozial Bessergestellten.[8]

Tatsächlich war die Eröffnung der Moskauer Klinik Teil der Bemühungen, dieses Problem anzupacken. In Berlin und Wien wurden in dieser Zeit zu demselben Zweck freie Kliniken errichtet und es ist nicht überraschend, dass die Initiative dafür von Analytikern kam, die sich als Sozialisten und Marxisten begriffen. Wilhelm Reich, der bekannteste der deutschen Freudschen Marxisten, schärfte seine analytischen Waffen in den zwanziger Jahren in der Wiener Klinik, eine Erfahrung, die ihn politisch radikalisierte und seine Ideen über den Vorrang sozialer Ursachen von Neurosen formte. Später arbeitete er daran, die Psychoanalyse breiteren Kreisen zugänglich zu machen, durch die Errichtung von freien Kliniken überall in Wien, und sogar, indem er einen Lastwagen in eine mobile Klinik verwandelte, mit dem man in Arbeiterviertel gelangen und therapeutischen Rat über emotionale Probleme zusammen mit einer politischen Botschaft verbreiten konnte, wie sexuelle Not und der Zusammenbruch der Familien den Sozialismus notwendig machen.[9]

Indem sie die finanzielle Barriere beim Zugang zur Psychoanalyse aufhoben, initiierten die ambulanten Kliniken einen Prozess, der die Kraft besaß, die Psychoanalyse selbst grundlegend zu ändern, sie aus der Abgeschlossenheit des Behandlungszimmers mit seiner stereotypen Couch herauszuholen in die turbulente Welt der Straßen, Wohnviertel, Fabriken und Kneipen. Es wäre hilfreich mehr über die Moskauer Klinik zu wissen - über den Umfang ihrer Praxis und die Art von psychologischen Problemen, mit denen sie sich befasste - aber die Tatsache, dass sie existierte, ist an und für sich schon ein Zeichen für den unkonventionellen Charakter der sowjetischen Analyse.

Viel mehr weiß man über eine weitere wichtige Aktivität der sowjetischen Bewegung - ihre experimentelle Schule. (Eigentlich gab es zwei solcher Schulen - Rosenthal hatte eine in Petrograd eröffnet - aber die Moskauer Schule scheint bedeutender gewesen zu sein.) Sie wurde "Heim für Kinder" genannt und war ein Internats-Kindergarten, untergebracht in einem prachtvollen Art-Nouveau-Gebäude, das vor der Revolution ein Bankiers-Haus gewesen war. Es begann seine Arbeit 1921 mit 30 Kindern im Alter von einem bis fünf Jahren, die aus ganz verschiedenen sozialen Schichten kamen: Einige waren aus Arbeiter- und Bauernfamilien, andere hatten Eltern, die Intellektuelle oder führende Parteiaktivisten waren. (Unter ihnen befand sich auch, so unglaublich es klingen mag, Stalins Sohn, Wassily.[10] Die offensichtliche historische Ironie dieser Tatsache unterstreicht nur, wie sehr in dieser Zeit die Psychoanalyse ein akzeptierter Teil der sowjetischen kulturellen Landschaft war.)

Das Internat wurde von Vera Schmidt geleitet. Ihr Ehemann, Otto, war Gründungsmitglied der sowjetischen psychoanalytischen Gesellschaft und als Vorsitzender des Staatlichen Verlags ein bekanntes Mitglied der sowjetischen Regierung. Vera Schmidt war, was Freud eine "Laien-Analytikerin" genannt hätte, weil sie keine medizinische Ausbildung besaß. In der sowjetischen psychoanalytischen Bewegung war dies jedoch kein Hindernis für sie, eine führende Rolle bei einem kühnen Experiment zu spielen, eins, das Reich als "den ersten Versuch in der Geschichte der Pädagogik" beschreibt, "die Theorie von der kindlichen Sexualität mit einem praktischen Inhalt zu füllen".[11] Diese Theorie besagt, dass Kinder bis zur Pubertät nicht asexuell sind, wie es der herkömmliche Glaube ist, sondern dass sie vielmehr "ein sehr reiches sexuelles Leben" haben, das allerdings offensichtlich andere Formen annimmt als das der erwachsenen (d. h. genitalen) Sexualität.[12] Die Auswirkungen, die dies für die Erziehung hatte, waren weitreichend.

Als erstes gab es keine Bestrafungen im "Heim für Kinder", und dem Personal war es nicht einmal erlaubt, laut zu werden, wenn sie mit den Kindern sprachen. Lob und Tadel waren immer auf die Taten ausgerichtet und nicht auf die Kinder: Wenn es zum Beispiel einen Kampf gab, dann wurde das Kind, das ihn angefangen hatte, nicht bestraft, sondern ihm wurde der Schmerz, den es jemandem zugefügt hatte, beschrieben. Kinder waren nicht "gut" oder "böse" - solche traditionellen moralischen Beurteilungen (die ihren Ursprung in der Vorstellung einer Ursünde haben) dienten nur dazu, Schuldgefühle zu fördern und ernsthafte psychologische Schäden anzurichten, eine der Hauptursachen für neurotische Krankheiten im späteren Leben. Was die Erwachsenen normalerweise als "ungezogenes" Benehmen verurteilten (z. B. Masturbation, Bettnässen, Daumenlutschen, Spielen mit Exkrementen) waren der unbewusste Ausdruck von Instinkten, speziell der Sexualität.

Im Heim für Kinder wurde mit Geduld und Unterstützung auf derartige Verhaltensweisen reagiert. Ein typischer Fall war der eines kleinen Mädchens, die sich gerne mit ihren eigenen Exkrementen einschmierte. Sie wurde einfach nur gewaschen und ihre Kleider gewechselt, ohne in irgendeiner Weise gerügt zu werden. Schließlich gab man ihr Farbe zum Spielen. Mit der Zeit ersetzte das Schmieren mit der Farbe (und später der Umgang mit Farbe und Pinsel) ihre frühere Befriedigung, die sie ohne Probleme aufgab. Wie Schmidt anmerkte, war die neue Befriedigung der alten entsprechend, aber gleichzeitig "kulturell und sozial höherstehend". (Dies ist ein klassisches Beispiel für das, was die Psychoanalyse Sublimation nennt, und nicht zufällig gibt es uns einen Eindruck von der Entstehung eines künstlerischen Antriebs.)

Um zu einer solchen Veränderung der Erziehung zu kommen, mussten die Erzieher umerzogen werden. Offensichtlich erlaubte Schmidt keine schroffen und moralistischen Verhaltensweisen der Lehrer. Es ist jedoch erwähnenswert, dass sie sich auch gegen übertriebene Zuneigungsbezeugungen wandte, wie zum Beispiel warme Küsse oder zärtliche Umarmungen, die, wie sie behauptete, mehr mit der Befriedigung der Erwachsenen als den Bedürfnissen der Kinder zu tun hatten. Im wesentlichen waren das zwei Seiten derselben Münze - Lehrer, die erlaubten, dass ihre subjektiven Gefühle (ob negativ oder positiv) ihr Verhalten gegenüber dem Kind bestimmten.

Wie Reich erklärte, war dieses Hin und Her zwischen Härte und übertriebener Zärtlichkeit charakteristische für die herkömmliche Kindererziehung: "Jeder, der sich berechtigt fühlt, ein Kind zu schlagen, fühlt sich auch berechtigt, seine unbefriedigte Sexualität mit einem Kind auszuleben... Wenn man die strenge Behandlung und die moralische Beurteilung von Kindern abschafft, dann ist es auch nicht mehr notwendig, mit Küssen die Verletzungen zu heilen, die durch die Schläge verursacht wurden." Was Schmidt von den Lehrern verlangte, war Objektivität und eine ruhige vernünftige Haltung, die die Kinder ernst nahm. Das schloss Zuneigung nicht von vornherein aus, ganz im Gegenteil, aber es machte die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes und nicht die Gefühle des Erwachsenen zum entscheidenden Faktor.

Pädagogisch bedeutete das, das Lern-Milieu an das Kind anzupassen (was ihre Bedürfnisse und ihre Altersstufe anging), statt das Kind an das Milieu anzupassen. "Wenn sich die Anpassung des Kinds an die äußere Wirklichkeit ohne große Schwierigkeiten entwickeln soll", schrieb Schmidt, "dann darf die es umgebende Welt nicht als feindliche Kraft erscheinen." Eine einfache Idee, sie rannte aber gegen sämtliche Beschränktheiten der herkömmlichen Erziehung an, eigentlich gegen alle Beschränktheiten einer feindlichen Welt. Wie Reich bemerkt, war das eine Idee, die "auch außerhalb des Kindergartens auf das gesamte gesellschaftliche Leben angewandt werden konnte; z. B. wirtschaftliche Bedürfnisse sollten nicht den wirtschaftlichen Institutionen angepasst werden, sondern vielmehr sollten die Institutionen den Bedürfnissen angepasst werden". Und, sollte man noch hinzufügen, dieses Konzept - das den Sozialismus seit der Zeit der Utopisten wie Fourier kennzeichnet - konnte nur voll in die Tat umgesetzt werden, nachdem die Erkenntnisse der Psychoanalyse den Weg für ein materialistisches Verständnis der menschlichen Bedürfnisse geöffnet hatte, einschließlich der Bedürfnisse des Kinds.

Für uns heute ist es schwierig, wirklich zu würdigen, was für eine radikale Änderung diese Schule bedeutete. In vieler Hinsicht - zum Beispiel der Art und Weise, wie das Toilettentraining gehandhabt wurde, ohne Angstgefühle im Kind zu erzeugen - wurde das, was in den zwanziger Jahren noch experimentell war, in den fünfziger und sechziger Jahren zum Allgemeingut der Erziehung (zumindest im Westen) dank der Arbeit von Leuten wie Benjamin Spock. (In einem umfassenderen Sinn bleibt natürlich die Perspektive, eine feindliche Welt zu ändern, damit sie den Bedürfnissen des Kinds entspricht, in ihrer weiteren Bedeutung genauso radikal wie damals.) Schmidts Kinderheim existierte zu einer Zeit, als sich gerade radikale Änderungen in der Erziehung anbahnten: Es wurde in demselben Jahr eröffnet, in dem der schottische Erzieher A. S. Neill (ebenfalls Freudianer und Sozialist) die erste seiner experimentellen Schulen, aufgebaut auf ähnlichen Prinzipien, ins Leben rief; sie wurde später unter dem Namen Summerhill bekannt. Und man sollte noch hinzufügen, dass Schmidt auf dem Gebiet der Psychoanalyse neue Entdeckungen machte. Freud und bekannte Schüler von ihm, wie Karl Abraham und Otto Rank, zeigten großes Interesse an der Arbeit des Kinderheims, als Schmidt und ihr Gatte sie 1923 in Wien besuchten. (Freud und seine Kollegen waren vor allem daran interessiert, wie sich die kollektive Erziehung auf den Ödipus-Komplex auswirkt - d. h. auf die emotionale Entwicklung der Kinder und speziell auf die Beziehung zu ihren Eltern. Das ist eine Problematik, die Marxisten und Freudianer gleichermaßen interessieren würde und in dem Bericht von Schmidt über das Kinderheim sieht es so aus, als ob die Auswirkungen nachweislich positiv waren.)

Dieses Experiment fand nicht in einem Vakuum statt. In dieser Zeit entstanden in der Sowjetunion alle möglichen Arten von Kinderkommunen und experimentellen Schulen, und die Bolschewiki machten sich daran, das Erziehungssystem grundlegend zu reorganisieren, weg von der Scholastik und vom rein mechanischen Auswendiglernen hin zu einem polytechnischen Schulmodell, das die Betonung auf Lernen durch Erfahrung legte und auf den fortschrittlichen pädagogischen Theorien von John Dewey basierte. Tatsächlich war der Grundsatz "keine Strafen" nicht einzigartig für die Schule von Schmidt: Die Politik des Kommissariats für Aufklärung unter der Leitung des Bolschewiken Anatol Lunatscharsky trat für die Abschaffung von Strafen, Prüfungen und Hausarbeit in allen Schulen ein. Und selbst im Rechtssystem wurden die Begriffe "Schuld", "Verbrechen" und "Bestrafung" aus dem ersten Strafgesetzbuch von 1919 gestrichen, weil sie dazu dienten, die gesellschaftlichen Ursachen von Verbrechen zu verschleiern.[13]

Das bringt uns zu der umfassenderen Frage der Haltung der Bolschewiki gegenüber der Psychoanalyse. Das Ausmaß an Aktivitäten der sowjetischen analytischen Gesellschaft in diesen Jahren wäre unvorstellbar gewesen ohne die Duldung und die aktive materielle Unterstützung durch das revolutionäre Regime. Wie Miller schreibt: "Ein Institut mit einem in allen Punkten anerkannten Trainingsprogramm wurde eröffnet, eine ambulante Klinik und das Kinderheim wurden errichtet, und alle basierten auf psychoanalytischen Prinzipien. Psychoanalytische Bücher und Artikel wurden in einer derart großen Zahl veröffentlicht, wie es wenige Jahre zuvor kaum denkbar gewesen wäre. Alle diese Aktivitäten wurden zu einem gewissen Maß vom Staat unterstützt. Man kann in der Tat sagen... dass keine Regierung zuvor und seither, die Psychoanalyse in einem solchen Maße unterstützt hat."[14]

Für Miller - das sollte man noch hinzufügen - ist das Ausmaß dieser Beteiligung problematisch, weil sie die Psychoanalyse von der Regierung abhängig machte und dadurch um so schutzloser gegenüber der späteren Unterdrückung durch den Stalinismus. Aber diese Sorge macht nur Sinn, wenn man davon ausgeht, dass Bolschewismus und Stalinismus im wesentlichen dasselbe waren. Die Geschichte jedoch, die Miller in seinem Buch darstellt, stellt diese Behauptung in Frage, weil sie zeigt, dass es keine Kontinuität, sondern vielmehr einen gewaltsamen Bruch zwischen der Politik der Bolschewiki und der der Stalinisten gegenüber der Psychoanalyse gab. Und dasselbe galt für das gesamte politische Wesen der beiden Regime: Wie gewaltsam dieser Bruch war, wird nicht nur durch die Opposition der Bolschewiki gegen den Stalinismus, angeführt von Trotzki, belegt, sondern auch durch die Zehntausende von kommunistischen Arbeitern und Intellektuellen, die dem stalinistischen Terror zum Opfer fielen.

Es war für die Stalinisten natürlich notwendig, den Deckmantel des Bolschewismus für sich zu beanspruchen, um ihre Verbrechen zu rechtfertigen. So wurde Lenin 1925 (zu dieser Zeit schon tot und damit nicht gefährlich) in die Kampagne gegen die Psychoanalyse miteinbezogen: Bemerkungen, in denen es den Anschein hatte, als sei er kritisch gegenüber Freuds Theorien, und die in einem Bericht der deutschen Kommunistin Clara Zetkin zitiert worden waren, wurden in der sowjetischen Presse in Leitartikeln abgehandelt.

Das war ein allzu vertrautes Beispiel stalinistischer Entstellung. Wie Miller unterstreicht, war die Textstelle mehrdeutig, die Bezugnahme auf Freud nur flüchtig und die Verlässlichkeit von Zetkins Erinnerung fraglich.[15] Die nachweisbaren Aktivitäten der Regierung zu Zeiten Lenins - der unerhört große Umfang an materieller Untertützung für die Psychoanalyse, und das zu einer Zeit großer wirtschaftlicher Not in der Sowjetunion - ist die beste Widerlegung dieser Entstellung. In der bolschewistischen Führung war Trotzki (seine Ansichten dazu werden später noch erörtert) der Psychoanalyse speziell verbunden, aber es gab auch andere, darunter Karl Radek und Nikolai Bucharin, die sich offensichtlich für die Ideen Freuds interessierten. Im engeren Kreis der Bolschewiki war tatsächlich auch ein ehemals praktizierender Analytiker - Trotzkis enger Freund und führender sowjetischer Diplomat Adolf Joffe.

Joffe war 1908 in Wien von Alfred Adler selbst analysiert worden und hatte offenbar bei seiner Rückkehr nach Russland selbst als Analytiker der Adler-Schule gearbeitet. Miller zitiert eine Arbeit, die 1913 in einer russischen psychoanalytischen Zeitschrift erschien und in der der Fall eines homosexuellen Patienten erörtert wurde, den er behandelt hatte.[16]

In breiteren Parteikreisen, speziell unter den Intellektuellen, gab es beträchtliches Interesse an der Psychoanalyse.

Die Toleranz der Bolschewiki gegenüber der Psychoanalyse und ihre materielle Unterstützung für sie, wirft eine wichtige theoretische Frage auf; denn in dieser Politik war ganz klar die Überzeugung enthalten, dass die beiden Doktrinen - die von Marx und von Freud - miteinander vereinbar waren. Niemand gab sich der Illusion hin, dass Freud ein Marxist sei (genausowenig wie Darwin einer gewesen war), die Frage war vielmehr, ob die beiden Theorien auf einer gemeinsamen theoretischen Grundlage standen. Mit anderen Worten, war die Psychoanalyse nicht so sehr mit der Politik, sondern vielmehr mit der materialistischen Weltanschauung des Marxismus vereinbar? Die Frage wurde in den zwanziger Jahren zum Gegenstand hitziger Diskussionen.

Unglücklicherweise schuf die aufstrebende stalinistische Bürokratie in der Mitte des Jahrzehnts eine immer feindlichere Atmosphäre für die Psychoanalyse; die deutlichsten Auswirkungen davon waren die Streichung der Mittel für das psychoanalytische Institut 1926 und die Schließung des Kinderheims zwei Jahre später. Wie Trotzki zu dieser Zeit beklagte, wurde vieles von der Schärfe in dieser Debatte nicht durch das Aufeinanderprallen von Ideen verursacht, sondern vielmehr durch Speichelleckerei und Kriecherei vor den Machthabern.[17]

Darüber hinaus war der Gegenstand der Kritik in diesen Debatten oft nicht Freud, sondern die verschiedensten Interpreten und Verfechter seiner Ideen. In den zwanziger Jahren, als die Ideen Freuds (und zwar in einer besonders oberflächlichen Form) im Westen Mode wurden, gab es unzählige solcher Werke von Nachkömmlingen mit einer breiten Qualitätsskala. Deshalb wäre es nicht schwierig gewesen, wenn man gegen die Psychoanalyse argumentieren wollte, jede Menge verückte Ideen zu finden, die als Freuds Ideen ausgegeben wurden - zum Beispiel die Behauptung irgendeines unbekannten Analytikers (die in einer sowjetischen Polemik gegen Freud zitiert wurde), die kommunistische Losung "Arbeiter der Welt vereinigt euch!" sei in Wirklichkeit ein unbewusster Ausdruck von Homosexualität.[18] Ein ähnlich primitives und eingeschränktes Denken kam auf einem Gebiet wie der Literaturkritik zum Vorschein, wo die Psychoanalyse angeblich kaum mehr erforderte, als das Auffinden von Phallus-Symbolen. Nichtsdestoweniger verdient es eine Theorie, die so konsequent war wie die Psychoanalyse, auf der Grundlage ihrer besten Vertreter beurteilt zu werden und nicht ihrer schlechtesten.

Trotz des vorher Gesagten ist es nicht schwer, zu verstehen, dass es an der Psychoanalyse vieles gibt, das Marxisten zumindest verwirrend finden. Das "Lustprinzip", das "Realitätsprinzip", der Wunsch, mit der eigenen Mutter zu schlafen und den Vater umzubringen (oder umgekehrt), eine bunte Vielfalt von Perversionen und Phantasien - auf den ersten Blick (der oft auch der letzte war) musste all das extrem idealistisch wirken. "Wenn wir Freud lesen", schrieb einer der sowjetischen Kritiker, "werden wir in die Halbtrance einer modernen Walpurgisnacht entführt, mit ihren wilden Schreien und besessenen Tänzen ... auf den Wellen der unbewussten Umrisse preußischer Logik."[19]

Solche Reaktionen waren verständlich, aber genauso verfehlt. Auf den ersten Blick sieht die Welt aus wie eine Scheibe; es gibt die Wissenschaft zum größten Teil deshalb, weil die Dinge nicht so sind, wie sie scheinen, die Wahrheit ist nicht offenkundig. Und das gilt auch für die Wahrheit über den Geist des Menschen. Wir sind nicht so, wie wir uns selbst erscheinen, es gibt vieles in unserem Inneren, dessen wir uns völlig unbewusst sind und das uns, wenn es von einem wissenschaftlichen Psychologen zutage gefördert würde, zunächst bizarr oder sogar absurd vorkommen würde. Der beste Beweis dafür sind unsere Träume. Jede Nacht gehen wir schlafen, und es öffnet sich eine fremde Welt in uns, ein Durcheinander von Gefühlen, Erinnerungen, Regungen und Phantasien, darunter auch jede Menge "wilder Schreie und besessener Tänze".

Zweiter Teil

Eine ausführliche Darstellung der sowjetischen Diskussionen ist an dieser Stelle nicht möglich; es wäre jedoch sinnvoll, auf einige der verbreitetsten Kritikpunkte näher einzugehen, damit das Problem der Vereinbarkeit von Marxismus und Psychoanalyse deutlicher wird.

An erster Stelle stand die Ansicht, dass laut Freud, Sex alles sei. Das ist in der Literatur als "Pansexualismus" bekannt, und es ist eine Karikatur, die die Psychoanalyse seit ihren Anfängen verfolgt hat. In der Stalin-Ära war dieses Bild der Psychoanalyse in der Sowjetunion so verbreitet, dass Freud und seine Ideen buchstäblich zu schmutzigen Redensarten wurden, assoziiert mit sexueller Entartung.[20]

In Wahrheit war der Pansexualismus (wie Alexander Luria erklärt) genauso eine Vulgarisierung der Psychoanalyse, wie die Vorstellung "die Ökonomie ist alles" eine Vulgarisierung des Marxismus ist.[21] Zunächst einmal war die Sexualität zu keiner Zeit der einzige Instinkt der Freudschen Theorie; genauso wesentlich war der Selbsterhaltungs-Instinkt. Dies ist entscheidend, weil das Kernstück der Psychoanalyse, die Theorie der Neurose, davon ausgeht, dass neurotische Krankheiten aus einem Konflikt zwischen den Instinkten entsteht, und damit ein Konflikt entstehen kann, kann der Sex nicht "alles" sein.[22] Aber es war natürlich auch richtig, dass Sexualität eine wichtige Rolle in der Psychoanalyse spielte, die sich damit ehrlich und objektiv befasste. Das war der wirklich entscheidende Punkt, weil die Sexualität über Jahrhunderte hinweg als Sünde und Schwäche, als etwas moralisch Abstoßendes und Entwürdigendes behandelt worden war. Die "Sünde" der Psychoanalyse bestand darin, dass sie die Sexualität ans Licht zerrte und ihre vielen "Verstecke" im Kopf, in der Familie und in der Gesellschaft ganz allgemein aufdeckte.

Es gab außerdem eine grundlegende Verwirrung über die Bedeutung der Sexualität. Viele von Freuds Kritikern verstanden den Begriff in seinem herkömmlichen Sinn, d. h. als genitaler Verkehr mit dem Ziel der Zeugung. Deshalb musste ihnen dieser Teil der psychoanalytischen Theorie, speziell über das sexuelle Leben der Kinder, absurd vorkommen. Aber die herkömmliche Vorstellung von Sexualität war in sich selber problematisch, sie konnte eine breite Skala von Verhaltensweisen, angefangen von masturbierenden Kindern über Homosexualität bis zu Perversionen, wie Sadismus und Masochismus, nicht erklären. Freud erweiterte die Konzeption der Sexualität (in einer durch und durch materialistischen Richtung), indem er sie als "die Funktion" definierte, "mit der von Zonen des Körpers Lust gewonnen wird".[23] Das öffnete den Weg, nicht nur die Vielgestaltigkeit, sondern auch die Entwicklung sexuellen Verhaltens zu erklären. Und über die Konzepte von Verdrängung und Sublimierung öffnete sie auch den Weg zu einem materialistischen Verständnis von Gefühlen. Indem sie zeigte, dass Liebe und Hass (und ihre verschiedenen Abwandlungen und Kombinationen) ihre triebmäßigen Wurzeln in der Sexualität haben, versetzte die Psychoanalyse der metaphysischen Vorstellung vom "Geist" und damit jeder Art von Religion und Mystifizierung, die sich darauf stützten, einen gewaltigen Schlag.

(Wenn man heute die sowjetische Kritik an Freud aus dieser Zeit liest, fällt auf, wie wenig über Sexualität diskutiert wurde. Zum größten Teil wurde die Frage von vornherein abgetan - sogar von Kritikern, die selber Gegner des Stalinismus waren. Das sei so offensichtlich ein Symptom der Dekadenz bürgerlicher Kultur, dass sie es nicht mal verdiene, ernsthaft darüber nachzudenken. Einer der Anmerkungen, die Trotzki sich in dieser Diskussion zu machen verpflichtet fühlte, war, dass die Analyse der Sexualität ein berechtigtes Anliegen sei und was immer die Meinungsverschiedenheiten bei der Einschätzung ihrer Bedeutung seien "ist dies schon eine Auseinandersetzung im Rahmen des Materialismus".[24] Der Stalinismus hatte es jedoch zu dieser Zeit schon ganz einfach unmöglich gemacht, eine offene und ehrliche Auseinandersetzung überhaupt zu beginnen. Das bedeutete, dass in einem Großteil der sowjetischen Kritik an der Psychoanalyse die Grundlagen dieser Theorie nicht einmal berücksichtigt wurden.)

Die zweite große Streitfrage war die des Verhältnisses von individueller zu gesellschaftlicher Psychologie. Freuds Kritiker beschuldigten die Psychoanalyse, sie sähe das Individuum als isolierte Einheit, völlig losgelöst von der Gesellschaft. Es gab gute Gründe für diese Kritik. Wie die meisten Wissenschaftler in der bürgerlichen Gesellschaft war Freud nur auf seinem Gebiet Materialist, und seine Theorie hatte keine einheitliche materialistische Perspektive in Bezug auf die Geschichte oder die Soziologie. (Und dieses Vakuum wurde - was nicht überrascht- meistens in idealistischer Weise gefüllt, oft mit einer Psychologie, die die Geschichte und die Soziologie ersetzte.)

Aber es stimmte genauso, dass eine Psychologie, die tief genug in den Leben von Individuen grub, an das Fundament des gesellschaftlichen Lebens stoßen musste. Wie Freud selbst bemerkte: "Am geistigen Leben jeden Individuums ist immer jemand anders beteiligt, als Vorbild als Objekt [zum Beispiel der Begierde], als Unterstützer, als Gegner; und so ist die Individualpsychologie von Anfang an... zur gleichen Zeit auch Sozialpsychologie."[25] (In der Tat kann nach der Freudschen Theorie ein Kind nur ein "Ego" oder "Ich" entwickeln, indem es eine Beziehung mit einem anderen menschlichen Wesen eingeht - seiner Mutter.) Deshalb konnte die Psychoanalyse, statt eine Flucht vor dem gesellschaftlichen Leben zu sein, eine einzigartige und potentiell wertvolle Sicht des gesellschaftlichen Lebens bieten, indem sie den psychologischen Prozess aufdeckt, durch den das Individuum ein gesellschaftliches Wesen wird.

Der erste Theoretiker, der diese wertvolle Seite erkannte, kam aus der sowjetischen psychoanalytischen Bewegung. Sein Name war Michael Reisner, eine weitere bemerkenswerte Persönlichkeit aus einer bemerkenswerten Generation. Er war einer der wenigen russischen Akademiker, die sich auf die Seite der Bolschewiki stellten; er war an der Ausarbeitung der ersten sowjetischen Verfassung beteiligt, arbeitete mit Lunatscharsky daran, die weiterführende Bildung zu verbessern, half bei der Gründung der Kommunistischen Akademie und leitete die sozialpsychologische Abteilung am Institut für Experimentelle Psychologie. (Außerdem war er der Vater der bekannten bolschewistischen Aktivistin und Schriftstellerin Larissa Reisner.[26])

In zwei sehr umfassenden Artikeln eröffnete Reisner in der Mitte der zwanziger Jahre die Diskussion über das Verhältnis von individueller und sozialer Psychologie. Sein erster Aufsatz handelte von der Religion, und hier warf er ein faszinierendes Problem auf: Vom marxistischen Standpunkt aus war klar, warum die Religion für die herrschende Klasse notwendig war, aber es war nicht klar, warum die Massen die Religion ansprechend fanden. Hier, argumentierte Reisner, müsse der Marxismus durch eine Psychologie der Religion ergänzt werden und der Schlüssel dazu läge in der Freudschen Theorie. Die Anziehungskraft der Religion lag darin, dass sie eine Linderung für Gefühle von Wertlosigkeit und Abhängigkeit (und Schuld könnte man noch hinzufügen) bot, Gefühle, die aus ungelösten kindlichen sexuellen Konflikten und Phantasien entstanden waren. Es war natürlich eine Art Trost, die darauf abzielte, die herkömmlichen Klassenhierarchien zu unterstützen. Indem sie Demut, Unterwerfung und Selbstverleugnung predigte, lenkte (oder "verdrängte") sie emotionale Konflikte derart in eine andere Richtung, dass daraus die psychologische Grundlage für gesellschaftliche Anpassung entstand.

(Marx erörterte in seinen frühen Schriften die Anziehungskraft, die die Religion auf die Massen hat, die ausgebeutet werden und in Elend leben. Er beschrieb die Religion als "die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt... Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist."[27] Dieses scharfsinnige Verständnis der gesellschaftlichen Psychologie religiösen Glaubens stimmte überein mit den Erkenntnissen der individuellen Psychologie, die Reisner von Freud abgeleitet hatte. Aus Millers Darstellung geht jedoch nicht hervor, inwieweit Reisner sich der Ideen von Marx bewusst war und wieweit er sie berücksichtigt hat.)

Auf jeden Fall kann die Erkenntnis über die Religion auch auf die Ideologie der herrschenden Klasse als ganzes angewandt werden, und in seinem zweiten Aufsatz beschäftigt sich Reisner mit diesen weitreichenderen Schlussfolgerungen. Da, wie der Marxismus behauptet, die bestimmende Ideologie jeder Klassengesellschaft die Ideologie der herrschenden Klasse ist, bedeutete das, dass die Unterdrückten zum größten Teil die Ideologie ihrer Unterdrücker akzeptierten, und dann war die Frage wieder, warum? Scharfsichtig lenkte Reisner die Aufmerksamkeit auf die Mythologie der patriarchischen Familie und wies auf die Manipulation der Massengefühle hin - wie z. B. durch das Bild des Zaren als "kleinem Vater" oder der Charakterisierung des Nationalstaats als "Vaterland" oder "Mutterland". Was hier genährt wurde, war eine symbolische Identifizierung, die dazu diente, soziale Probleme und unbewusste emotionale Konflikte in illusorischer Weise abzulenken. Reisner ist hier auf etwas sehr Wichtiges gestoßen - die Art und Weise, wie die Klassengesellschaft sich emotional in jedem einzelnen Individuum verankert. Der Schlüssel für diesen Prozess war die Familie, der "ideologische Kern der Gesellschaft", wie Reich sie einmal nannte.[28]

In der traditionellen herkömmlichen Familie werden die Eltern zu Prototypen von Autoritätsfiguren, denen sich das Kind weniger aus Angst als aus Liebe unterordnet, was eine viel effektivere Unterordnung ist, die von den verschiedenen Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft benutzt werden kann, von der Firma über die Regierung bis zur Armee. Mutter Jones, die bekannte amerikanische Arbeiterkämpferin, erzählte eine Geschichte, die anschaulich schildert, wie diese emotionale Identifizierung im Alltag funktioniert. Auf ihrem Weg zur Arbeit in eine Textilfabrik in Süd-Carolina traf sie eine Frau, die, von der Nachtschicht nach Hause kommend, ihr Baby trug. "Wie alt ist das Baby?" "Drei Tage. Ich bin gerade heute morgen zurückgekommen. Der Boss war gut zu mir und hat mir meinen Arbeitsplatz freigehalten." "Wann bist Du weggegangen?" "Der Boss war gut zu mir. Er hat mich an dem Tag, als das Baby geboren wurde, früher gehen lassen." "Was machst Du mit dem Baby, während Du arbeitest." "Oh, der Boss ist gut zu mir. Er erlaubt mir eine Kiste mit einem Kissen drin neben dem Webstuhl stehen zu haben. Das Baby schläft dort und wenn es schreit, stille ich es."[29]

Nirgendwo hat der Einsatz der Massenpsychologie ein solches Ausmaß erreicht wie in der faschistischen Ideologie, die durchtränkt war von Familien-Symbolen und -Metaphern, das offensichtlichste davon der "Führer" als strenge Vaterfigur und die Nation als Vaterland. Reisners Ideen hätten für eine revolutionäre Bewegung, die gegen die faschistische Mystifizierung kämpft, eine große Hilfe sein können, und tatsächlich entwickelten marxistische Analytiker wie Reich, Otto Fenichel und Erich Fromm, die den Aufstieg des Faschismus in den dreißiger Jahre erlebten, ähnliche Gedankengänge in Bezug auf die Massenpsychologie. Aber zu dieser Zeit war Reisners Werk schon in Vergessenheit geraten und die deutsche Arbeiterbewegung auf verhängnisvolle Weise desorientiert; die Ursache für beides war letztendlich der Stalinismus. Dennoch zeigt Reisners Beitrag zur sowjetischen Diskussion über die Psychoanalyse in den zwanziger Jahren wichtige theoretische Einsichten auf, die aus einer Überarbeitung der Freudschen Theorie auf der Grundlage des Marxismus gewonnen werden könnten.

Es bleibt noch eine weitere Frage, die eine Kommentierung verdient: Was ist eine Wissenschaft der Psyche? Zunächst einmal entspricht die Psychoanalyse nicht dem üblichen Bild einer Wissenschaft. Sie legt Dinge aus, statt sie empirisch zu untersuchen und liefert keine reproduzierbaren Experimente oder messbaren Daten, die man in einer "wirklichen Wissenschaft" wie Physik oder Chemie zu finden erwartet. Und darüber hinaus beschäftigt sie sich zu einem großen Teil mit Träumen, Gefühlen, Versprechern, Vergesslichkeit etc., - einige davon extrem flüchtige Aspekte des geistigen Lebens, und alle haben damit zu tun, wie wir uns selbst subjektiv erleben. In der Sowjetunion war zu dieser Zeit die Reflextheorie sehr in Mode; sie wurde allgemein mit der bekannten Persönlichkeit Iwan Pawlows assoziiert (ein einflussreicher Psychologe wie auch Wladimir Bechterew). Das war eine Methode die Psyche zu untersuchen, die durch und durch objektiv und wissenschaftlich war, und in den sowjetischen Debatten wurde es zur alltäglichen Übung, den Materialismus Pawlows dem angeblichen Idealismus Freuds gegenüberzustellen.

Aber diese Sicht des Problems verdeckte etwas zutiefst Problematisches an der Reflextheorie - ihre starke Vereinfachung. Gefühle, Träume und selbst das Bewusstsein - nichts davon wurde von den Verfechtern der "objektiven" Psychologie als wirklich angesehen. Ein typisches Beispiel war die Kritik an Freud durch den berühmten Theoretiker der Literaturkritik Michael Bachtin. Er argumentierte, wenn ein Mensch über sein psychisches Leben in Begriffen wie "Gefühlen, Begierden und Repräsentation [d. h. Wahrnehmungen]" denke, dann sei das eine Illusion, und dass man in einer objektiven Analyse "nirgendwo in der Struktur des Verhaltens derartige Elemente findet. Ein äußerlich wahrnehmbares, objektives Verständnis, muss sich auf andere - materielle - grundlegende Komponenten des Verhaltens stützen, Komponenten, die nichts zu tun haben mit Begierden, Gefühlen und Repräsentationen".[30]

Das Problem bestand in folgendem: Wenn die Psyche wirklich nur auf die Komponenten reduziert würde, die "nichts gemein" haben mit subjektiver Erfahrung, dann wäre fast nichts von ihr übrig. Wenn man sich etwas so einfaches wie ein Lächeln anschaut, dann könnte man wahrscheinlich ein Berg von Daten über die Reflexe, das Nervensystem, die Biochemie etc. sammeln, die daran beteiligt sind, dieses Verhalten hervorzubringen; aber diese ganzen Informationen, würden uns nichts über seine Bedeutung sagen, nichts über die Gefühle dieser Person (sie könnten vom Glücklichsein über Stolz und Angst bis zum Zynismus etc. reichen), die sie dazu veranlasst haben, so zu reagieren.

In einem solchen Konzept der Psyche geht der Mensch - das menschliche Subjekt - verloren. Und das hätte nicht nur Konsequenzen für die Individualpsychologie, sondern auch für die Sozialpsychologie, da im Prinzip das Klassenbewusstsein genauso auf "elementare einfache Verhaltensweisen" zurückführbar war wie Liebe oder Wut. Noch nicht einmal Marx war sicher vor dieser Art der Simplifizierung, wie die folgende Bemerkung eines sowjetischen Reflexologen zeigt: "Marx Gesetz, ,das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein‘, bezog sich natürlich nicht auf das ,Bewusstsein‘, sondern auf die äußere Form des menschlichen Verhaltens. Für die Gesellschaftswissenschaft hat das Bewusstsein keine Bedeutung. Ihre Aufgabe ist es nur, über Verhalten zu reden, über die Fähigkeit des Menschen sich anzupassen."[31] Man schaudert bei der Vorstellung, wie eine angeblich marxistische Soziologie aussehen würde, die die Meinung vertritt, dass "das Bewusstsein keine Bedeutung hat".

Engels hatte dieses Problem in einem Kommentar zur "Dialektik der Natur" mit großer Weitsicht vorhergesehen: "Wir werden sicher das Denken einmal experimentell auf molekulare und chemische Bewegungen im Gehirn ,reduzieren‘; ist aber damit das Wesen des Denkens erschöpft?"[32] Diejenigen, die dachten, das wäre so, vertraten eine im wesentlichen mechanische Auffassung des Denkens. Ihre Simplifizierung berücksichtigte nicht den qualitativen Unterschied zwischen Physiologie und Psychologie. Der Geist bestand nicht einfach aus Gehirnaktivität, genausowenig wie er nicht einfach eine spiegelartige Reflektion der äußeren Wirklichkeit war.

Hier sollte man einen wichtigen, aber bisher weitgehend unbekannten Beitrag berücksichtigen, den Trotzki gemacht hat. (In die Diskussionen der zwanziger Jahre griff Trotzki in erster Linie ein, um gegen das simplifizierende Gegenüberstellen von Pawlow und Freud zu intervenieren: "Die Idealisten erzählen uns, die Psyche sei eine unabhängige Einheit, die ,Seele‘ sei ein bodenloser Brunnen. Beide, Pawlow und Freud, meinen, der Grund der ,Seele‘ sei die Physiologie. Aber Pawlow steigt wie ein Taucher auf den Grund hinab und untersucht den Brunnen mühsam von unten nach oben, während Freud über dem Brunnen steht und versucht, mit durchdringendem Starren in seine ständig sich ändernden aufgewühlten Wellen einzudringen, um die Schatten der Dinge weiter unten zu erkennen oder zu erraten."[33] Trotzkis Interesse an der Psychoanalyse ging jedoch bis ins Jahr 1908 zurück, als er Alfred Adler durch Joffe kennenlernte, damals einer von Freuds führenden Anhängern, und er dem Studium der Freudschen Theorie einige Zeit widmete sowie an Treffen über Psychoanalyse teilnahm. Der Einfluss psychoanalytischer Ideen ist an vielen Stellen seiner Schriften zu erkennen, speziell denjenigen über Kunst und in seiner Biographie Mein Leben.) In den dreißiger Jahren - zu dieser Zeit war er im Exil - kehrte Trotzki in einigen unveröffentlichten Notizen zur Frage der Psychologie zurück, diese Notizen wurden erst ein halbes Jahrhundert später entdeckt. Sie bestanden aus einem halben Dutzend gedruckter Seiten und stellen seine ausführlichste Erörterung dieses Themas dar. Der Schwerpunkt lag auf der Frage, was ein dialektisches von einem mechanischen Herangehen an diese Frage unterscheidet. Im wesentlichen entwickelt er Gedankengänge, die in Engels Kommentar sinngemäß enthalten sind.

Trotzkis erste Feststellung ist, dass zwischen dem Bewusstsein und dem Rest der Natur keine einfache oder direkte Identität besteht. "Das Bewusstsein ist ein ganz eigener Teil der Natur, der Eigenheiten und Gesetzmäßigkeiten besitzt, die in der übrigen Natur überhaupt nicht existieren. Die subjektive Dialektik muss auf Grund dessen ein besonderer Teil der objektiven Dialektik sein - mit seinen eigenen speziellen Formen und Gesetzmäßigkeiten." Und zu der Auffassung, das Bewusstsein sei einfach nur eine Äußerung der Physiologie des Gehirns, sagt er: Wenn das der Fall wäre "dann müsste man fragen: Wofür braucht man das Bewusstsein? Wenn das Bewusstsein keine unabhängige Funktion hat, die sich über die physiologischen Prozesse im Gehirn und in den Nerven erhebt, dann ist es unnötig, nutzlos; es ist schädlich, weil es eine überflüssige Komplikation ist - und was für eine Komplikation!"

Was diese versimplifizierenden Ansichten ignorierten, ist die Tatsache, dass es "einen Bruch in der gleichförmigen Entwicklung gab, einen Übergang von Quantität zu Qualität" zwischen Physiologie und Psychologie: "Die Psyche, die aus der Materie entsteht, wird vom Determinismus der Materie ,befreit‘, so dass sie unabhängig - nach ihren eigenen Gesetzen - die Materie beeinflussen kann." Aus diesem Grund und trotz der wiederkehrenden Tendenz der Freudianer, in den Idealismus abzuschweifen "widerspricht die Methode der Psychoanalyse, die als ihren Ausgangspunkt die ,Autonomie‘ psychologischer Phänomene nimmt, in keiner Weise dem Materialismus. Ganz im Gegenteil, es ist gerade der dialektische Materialismus, der uns die Idee aufdrängt, dass sich die Psyche nicht hätte herausbilden können, wenn sie nicht eine autonome, d. h. innerhalb bestimmter Grenzen unabhängige Rolle im Leben des Individuums und der Spezie spielen würde."[34] Vom philosophischen Standpunkt aus wäre es schwer, die Vereinbarkeit von Marxismus und Psychoanalyse überzeugender zu beweisen.

(Trotzkis Ansichten über die Psychoanalyse verdienen eine ausführlichere Erörterung, als sie hier geleistet werden kann. Der Herausgeber der "Notizbücher", Philip Pomper, behauptet, dass Trotzki den Weg zu einer neuen und revolutionären Interpretation der Psychoanalyse gewiesen hat: "Trotzki hat das Unbewusste weniger zur Quelle des menschlichen Elends - das Reich der Dunkelheit und Primitivität - als zu einer Quelle primärer Energie gemacht... Er hat die pessimistische Freudsche Vision der Rolle des Unbewussten in eine optimistische revolutionäre verwandelt. Die unbewussten geistigen Reserven könnten in den Dienst der Revolution gestellt werden. In dieser Hinsicht war Trotzki ein Vorläufer von Philosophen wie Marcuse, der nicht nur eine Verbindung zwischen der Unterdrückung des Eros und gesellschaftlicher Herrschaft sah, sondern auch glaubte, dass das Unbewusste nicht nur eine Last sei, sondern kreative Reserven beherberge, die den historischen Fortschritt voranbringen könnten."[35] Das ist ein faszinierender Aspekt - einer von vielen in Bezug auf diese Geschichte -, der weitere Überlegungen wert ist.)

Das Ergebnis der Diskussionen über die Psychoanalyse wurde nicht durch die Macht der Argumentation, sondern durch ein bürokratisches Machtwort entschieden. Von 1930 an wurden sämtliche Aktivitäten der sowjetischen psychoanalytischen Gesellschaft eingestellt und die Freudsche Theorie durfte von da an nur erwähnt werden, um sie zu verurteilen. Wie so viele vielversprechende kulturelle Entwicklungen, die von der Revolution unterstützt wurden, wurde die Psychoanalyse durch den stalinistischen Terror entwurzelt und zerstört. Obwohl diese Unterdrückung im Namen des Marxismus durchgeführt wurde, war ironischerweise die instinktive Feindschaft der stalinistischen Bürokratie gegen die Psychoanalyse ein weiteres Anzeichen für die eigentliche Übereinstimmung von Psychoanalyse und wirklichem Marxismus. Und, was man noch hinzufügen muss, dieser Angriff war mehr als nur ein Fall von Intoleranz, der typisch ist für ein totalitäres Regime. Wenn die sowjetischen Freudianer Recht hatten - d. h. wenn die Psychoanalyse eine grundlegende Wahrheit über das menschliche Wesen entdeckt hatte -, dann wurde hier in Wirklichkeit im umfassendsten Sinne das sozialistische Ideal einer veränderten menschlichen Natur, einer wirklich menschlichen Persönlichkeit angegriffen.

Der Stalinismus repräsentierte - das muss verstanden werden - die Rache an der Revolution durch alles, was rückständig und rückschrittlich war. Die Bolschewiki hatten die Macht erobert und damit gerechnet, dass die Weltrevolution ihnen zu Hilfe kommen und die fürchterliche materielle Not lindern würde (hervorgerufen vor allem durch die Zerstörungen des Kriegs und die imperialistische Wirtschaftsblockade), mit der Russland konfrontiert war. Die Vorstellung, man könne "den Sozialismus in einem Land" aufbauen - ganz zu schweigen davon in einem Land, das so rückständig wie Russland war - wäre ihnen absurd vorgekommen. Der Sozialismus erforderte eine Ebene der wirtschaftlichen Entwicklung, die über dem entwickeltsten Kapitalismus lag, eine Ebene, die es erlauben würde, materiellen Mangel und den Konkurrenzkampf um Güter, der durch den Mangel unausweichlich hervorgerufen wird, zu beseitigen. Wo es nicht genug für alle gibt, bemerkte Marx, da muss "auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen."[36] Hier liegt, wie Trotzki betonte, der Schlüssel zum Verständnis des Stalinismus. Er war der politische Ausdruck der "ganzen alten Scheiße", die innerhalb der Sowjetunion wiederbelebt wurde, weil die Revolution außerhalb ihrer Grenzen nicht erfolgreich gewesen war.

Auf dem Gebiet des privaten Lebens, bedeutete die Wiederbelebung der "alten Scheiße" eine grundlegende Umkehrung des Verhältnisses von Individuum zur Gesellschaft. Wie ein russischer Gesellschafts-Historiker bemerkte: "Das Ziel, die gesellschaftlichen Bedingungen zu ändern und sie den Bedürfnissen des einzelnen Menschen anzupassen - das war das Wesen der ursprünglichen marxistischen Theorie der Entfremdung - wurde nach und nach zur Aufgabe, das menschliche Verhalten, seine Bedürfnisse und sogar seine Gefühle an die bestehenden ärmlichen und unmenschlichen gesellschaftlichen Bedingungen anzupassen."[38] Schnell wurde das Auswendiglernen wieder eingeführt und das in einem Ausmaß, dass in den sechziger Jahren Gegner einer progressiven Erziehung im Westen die sowjetischen Erziehungsmethoden zum Vorbild erklärten. Auf dem Gebiet des Rechts wurden die Begriffe "Verbrechen", "Strafe" und "Schuld" Anfang der 30er Jahre wieder in die Gesetzbücher aufgenommen und Kinder von 12 Jahren wurden vor Gericht wie Erwachsene behandelt. Ein Schreiber der Prawda erklärte zu dieser Zeit, dass man Kindern, die Verbrechen begingen, "klar machen müsste, dass sie nicht mit Lutschern belohnt würden".[39]

Auf dem Gebiet der Beziehungen in der Familie und der sexuellen Beziehungen wurde die Wiederbelebung der "alten Scheiße" besonders deutlich. Die Bolschewiki hatten die völlige legale Gleichstellung der Frau eingeführt, das Recht auf Abtreibung, das Ende der Ehe als legale und religiöse Institution und die Dekriminalisierung der Homosexualität - bei weitem die progressivste Politik im Vergleich zu allen Regierungen auf der Welt und eine Inspiration für die Gegner sexueller Unterdrückung überall. Es war ein eindrucksvoller Beginn, die enormen sozialen Probleme der Umstrukturierung der Familie anzupacken, aber es war nur ein Anfang. Tatsächlich produzierten einige dieser Maßnahmen auf kurze Sicht mehr Probleme, als sie lösten. Der Zusammenbruch der traditionellen Familie machte die Frauen anfälliger gegenüber sexueller Ausbeutung und führte dazu, dass mehr Kinder vernachlässigt wurden, während die legalisierte Abtreibung zu einem drastischen Rückgang der Geburtenrate führte. Die Schwierigkeit bestand darin, wie Trotzki erklärte, dass man "die Familie nicht ,abschaffen‘" kann, sondern sie "durch etwas ersetzen" muss.[40] Die alte patriarchalische Struktur brach unter dem Einfluss der Revolution zusammen, aber die neue Struktur der kollektiven Familie war noch zu unentwickelt - wirtschaftlich noch zu unterernährt -, um sie zu ersetzen.

Die stalinistische "Lösung" bestand darin, die alte tyrannische Struktur wieder zu stärken. Die Abtreibung wurde verboten, die Ehe wurde reinstitutionalisiert und Scheidungen schwieriger und teurer gemacht. Die Frau war wieder zurück an ihrem "Platz" heimischer Sklaverei, und um sie dazu zu bringen, das zu akzeptieren, pries die Regierung die "Freuden der Mutterschaft". Zur selben Zeit wurde die Homosexualität wieder unter Strafe gestellt, Pornographie wurde verboten (wobei bewusst vage formuliert wurde, was das sei), jegliche wissenschaftliche Untersuchung der Sexualität gestoppt und die Sexualerziehung durch "Moralerziehung" ersetzt.[41]

Die Erfahrungen der experimentellen Schule von Vera Schmidt wurden natürlich völlig ignoriert und die Existenz kindlicher Sexualität wurde in der Theorie einfach geleugnet und in der Praxis bestraft. Ein Erlebnis, das Reich 1929 hatte, als er eine sowjetische Schule besuchte, war in dieser Beziehung bezeichnend: "Ich stand am Fenster eines Kindergartenzimmers, das auf den Garten hinausging. Wir sprachen mit der Direktorin. Draußen spielten die Kinder, und ich sah, wie ein kleiner Junge seinen Penis hervorholte und ihn einem kleinen Mädchen zeigte. Die Kinder standen unter einem Baum. Das passierte gerade, als die Lehrerin uns versicherte, in ihrem Kindergarten gäbe es ,solche Dinge‘ wie Masturbation und Sexualität nicht."[42]

Trotzki beschrieb an einer Stelle treffend die stalinistische Haltung gegenüber Dingen wie Abtreibung als "Philosophie eines Pfaffen, der zudem die Macht des Polizisten ausübt."[43] Aber hinter der moralischen Heuchelei stand erneut die Anpassung der menschlichen Bedürfnisse an die unmenschlichen sozialen Bedingungen, und in Bezug auf die Sexualität ist eine dieser Bedingungen besonders erwähnenswert - die fürchterliche Wohnungssituation. Wie eine kürzlich erschienene Geschichte der russischen Sexualität erklärt: "Millionen von Menschen waren gezwungen jahrelang - und manche ihr ganzes Leben lang - in Herbergen oder städtischen Apartments zu leben, in denen mehrere Familien sich eine Wohnung teilten. Erwachsene Kinder lebten häufig in einem Zimmer mit ihren Eltern. Wie kann man von sexueller Intimität sprechen, wenn alles in Seh- und Hörweite passiert?" Und die Möglichkeit, etwas Unkonventionelles zu tun - z. B. vorehelicher, außerehelicher oder gleichgeschlechtlicher Sex - war sogar noch hoffnungsloser. Die Bemerkung eines Moskauers macht deutlich, wie erbarmungslos solche Lebensbedingungen waren: "Wir werden auf dem Gang geboren, wir lieben uns auf dem Gang und wir sterben auf dem Gang."[44] Dies waren die Bedingungen, die ein Wiederaufleben der "alten Scheiße" des sexuellen Puritanismus für die stalinistischen "Polizisten" zu einer ideologischen Notwendigkeit machte.

Die Psychoanalyse war nicht mit dem Marxismus unvereinbar, sondern mit einer Politik, welche die menschlichen Bedürfnisse unmenschlichen Bedingungen anpasste. Sie war unvereinbar mit der Propaganda über die Freuden der Mutterschaft und der Familie, weil sie die schändliche Wahrheit hinter dieser Propaganda aufdeckte - die psychosexuellen Spannungen innerhalb der Familienbeziehungen und der psychische Schaden, der Kindern durch eine Erziehung in der traditionellen Familie zugefügt wird. Die Psychoanalyse war unvereinbar mit sexuellem Puritanismus und mit der Kriminalisierung sexuellen Verhaltens, wie der Homosexualität. Sie war unvereinbar mit der Leugnung sexueller Bedürfnisse von Kindern und der falschen Behandlung der Kinder aufgrund dieser Leugnung.

Die Stalinisten verstanden das auf ihre Weise sehr klar. 1930 wurde in Moskau ein großes akademisches Treffen organisiert, der Kongress über menschliches Verhalten, unter anderem zu dem Zweck, die Totenglocke für die sowjetische Freudsche Schule zu läuten. Der Hauptredner, Aron Zalkind, hielt eine Schmährede gegen die Psychoanalyse, voller Zynismus und Spott (ungeachtet der Tatsache, dass er ein paar Jahre früher, in einem anderen politischen Klima, ein Verteidiger der Theorie gewesen war, die er jetzt anprangerte). Eine der Bemerkungen von Zalkind ist allerdings enthüllend, wenn auch ungewollt: "Wie können wir die Freudsche Auffassung vom Menschen für den sozialistischen Aufbau benutzen? Wir brauchen einen sozial ,offenen‘ Menschen, der einfach zu kollektivieren und schnell und gründlich in seinem Verhalten zu ändern ist - ein Mensch, der in der Lage ist, eine feste, bewusste und unabhängige Persönlichkeit zu sein, politisch und ideologisch gut ausgebildet."[45] Das war die Vorstellung vom Menschen als Nummer, bar jeden menschlichen Bedürfnisses - bar jeglicher Menschlichkeit -, der deshalb nach Belieben geformt werden konnte, um den politischen Erfordernissen des sogenannten "sozialistischen Aufbaus" zu entsprechen. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass der "Freudsche Mensch" sich für diesen Zweck absolut nicht eignete.

Was die sowjetischen Freudianer angeht, so verließen einige das Land, aber die meisten behielten ihre Gedanken entweder für sich oder passten sich an die neuen Gegebenheiten an. (Ob irgendeiner von ihnen in einem Gulag endete, geht aus Millers Bericht nicht hervor.) Reisner blieb vom Schlimmsten verschont, da er 1929 starb. Vygotsky und Luria wurden öffentlich kritisiert. In einem Brief an Luria, den er schrieb, nachdem er beim Besuch einer Vorlesung angegriffen worden war, bewertete Vygotsky die Situation folgendermaßen: Die Partei habe beschlossen, sie beide "zu schlagen, aber nicht zu töten."[46] Beide brachen alle organisatorischen Verbindungen ab, die sie zur psychoanalytischen Bewegung hatten, und Luria veröffentlichte eine Reihe von offiziell gebilligten Verunglimpfungen der Psychoanalyse, was seine Karriere rettete. Vygotsky starb 1934 an Tuberkulose. Obwohl er sich in seinen theoretischen Ansichten im letzten Abschnitt seines Lebens von der Psychoanalyse wegbewegt hatte, waren seine Ideen dem Stalinismus genausowenig "zweckdienlich", wie es Freuds gewesen waren. Deshalb wurden seine Werke verboten oder zwei jahrzehntelang nach seinem Tod unveröffentlicht gelassen. Die Versionen, die dann letztendlich veröffentlicht wurden, wurden so herausgegeben, dass Hinweise auf in Missfallen geratene Personen, darunter auch Trotzki, entfernt wurden.[47]

Was die anderen angeht, so schien Vera Schmidt ihren Frieden mit dem Stalinismus geschlossen zu haben, zumindest, wenn man nach einer Bemerkung urteilt, die Otto Fenichel ihr zuschreibt.[48] Sabina Spielrein leistete 1933 einen letzten theoretischen Beitrag zur Psychoanalyse. Alles, was man danach von ihr weiß, ist, dass sie von den einmarschierenden Nazi-Truppen 1941 erschossen wurde. Ihr Schicksal - mundtot gemacht von Stalin, ermordet von Hitler - hat etwas Symbolisches an sich.

Wir blicken von einem großen Zeitabstand auf diese Geschichte zurück, der gefüllt ist mit folgenschweren Ereignissen: vom Aufstieg des Faschismus und dem Weltkrieg bis zum Nachkriegsboom und schließlich dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Heute erklärt die konventionelle Weisheit, dass die Ideen sowohl von Freud als auch von Marx "tot" seien. Die Bemühungen der sowjetischen Freudianer, eine Synthese dieser Ideen zu entwickeln, müssen daher ziemlich weltfremd wirken, eine traurige Fußnote zu dem großen tragischen Missverständnis der russischen Revolution.

In einer Welt jedoch, die zermürbt wird von wirtschaftlichen Zusammenbrüchen und militärischen Konflikten, muss man konventionelle Weisheiten in Frage stellen. Kürzlich bemerkten zwei amerikanische Akademiker, die über die augenblickliche Krise in der Psychologie schrieben, dass ein Problem der Schulen, die derzeit die Psychologie beherrschen (kognitive Psychologie, Neuropsychologie, Entwicklungspsychologie und künstliche Intelligenz), darin bestehe, dass sie "das Menschliche aus der Psychologie entfernen".[49] Man kann sich kaum eine vernichtendere Kritik vorstellen, und man kann sie neben der Psychologie auf vieles andere in der zeitgenössischen Kultur anwenden. Die sowjetische Psychoanalyse war völlig anders ausgerichtet - auf ein tieferes Verständnis der Menschlichkeit (deshalb gedieh sie während der Revolution und deshalb mussten die Verräter dieser Revolution sie vernichten). Und das war auch die Ausrichtung der verschiedenen Versuche in diesem Jahrhundert - der sowjetischen Freudianer, der deutschen Freudschen Marxisten, der französischen Surrealisten und anderer -, die Psychoanalyse aus einer marxistischen Perspektive heraus zu überarbeiten, weil sich aus dieser theoretischen Synthese die Vision eines neuen Lebens entwickeln konnte - eines Lebens, das das volle Potential des Menschen ausschöpft in einer Welt, die so eingerichtet ist, dass sie die menschlichen Bedürfnisse erfüllt. Deshalb wird die Wiedergeburt des Marxismus auch eine Wiedergeburt der Psychoanalyse bedeuten. Wenn erneut auf der Tagesordnung steht, ein neues Leben aufzubauen, dann müssen wir wissen, wie man das Menschliche in die Psychologie zurückbringt. In diesem Sinne ist die Geschichte immer noch sehr lebendig, weil sie uns nicht nur die Vergangenheit zeigt, sondern auch einen Ausblick auf die Zukunft gibt.

Anmerkungen:

  1. Leo Trotzki, Literatur und Revolution (Essen 1994), S. 251
  2. Joseph Wortis, Fragments of an Analysis with Freud (New York: [1954]/1963), S. 22
  3. Traurigerweise beging Rosenthal 1921 im Alter von 36 Jahren aus unbekannten Gründen Selbstmord
  4. Spielrein ist wahrscheinlich in der psychoanalytischen Geschichte eher als Patient denn als Analytikerin bekannt: Während ihrer Behandlung durch Carl Jung 1907 hatten sie eine Affäre; ein Vorfall, der die wichtige ethische Frage der Patienten-Analytiker-Beziehung aufwarf
  5. Martin A. Miller, Freud and the Bolsheviks ( New Haven: 1998), S. 56-57
  6. Lev Vygotsky and Alexander Luria, "Introduction to the Russian translation of Freud's Beyond the pleasure principle" (1925) in The Vygotsky Reader (Oxford: 1994), S. 10-11
  7. Freud and the Bolsheviks, S. 60
  8. Sigmund Freud, "Turnings in the Ways of Psychoanalytic Therapy" in The Collected Papers of Sigmund Freud: Therapy and Technique (New York: [1919]/1963), S. 189-90
  9. Myron Sharaf, Fury on Earth: A Biography of Wilhelm Reich (New York: [1983]/1994), S. 131-34. Reich's Erfahrungen aus der Wiener Klinik sind in einem früheren Werk enthalten, The Impulsive Character (1925), in dem sehr eindrucksvolles und beunruhigendes Material über die psychologischen Leiden von Patienten aus der Arbeiterklasse enthalten ist
  10. Freud and the Bolsheviks, S. 158
  11. Wilhelm Reich, "The Struggle for a ,New Life' in the Soviet Union‘, Part Two of The Sexual Revolution (New York: [1936]/1975), S. 295-303
  12. Vera Schmidt, "Éducation Psychanalytique en Russie Soviétique," in Les Temps Modernes 273 (März 1969), S. 1626-47. Der Bericht erschien ursprünglich 1924 in Deutschland
  13. Über die sowjetische Erziehung in den ersten Jahren nach derRevolution, siehe Sheila Fitzpatrick, The Commissariat of Enlightenment (Cambridge: 1970), Kapitel 3. Über die sowjetische Srafgesetzgebung, siehe Raymond Bauer, The New Man in Soviet Psychology (Cambridge, Mass.: [1952]/1959), S. 38
  14. Freud and the Bolsheviks, S. 67-68
  15. Ibid., S. 85-86
  16. Ibid., S. 46
  17. Leon Trotsky, Culture and Socialism (1926) in Problems of Everyday Life (New York: 1973), S. 233
  18. Zitiert in René van der Veer and Jaan Valsiner, Understanding Vygotsky (Oxford: 1991), S. 93
  19. Freud and the Bolsheviks, S. 78. Der Kritiker war ein sowjetischer Philosoph, V. Iurinets
  20. Igor S. Kon, The Sexual Revolution in Russia (New York: 1995), S. 80
  21. A.R. Luria, "Psychoanalysis as a System of Monistic Psychology" (1925) in The Selected Writings of A. R. Luria (White Plains: 1978), S. 37, n.32
  22. Obwohl Freud seine Instinkt-Theorie in den frühen zwanziger Jahren revidierte, und die sehr spekulative Idee des Todesinstinkts entwickelte, so war die neue Theorie genausowenig "pansexualistisch" wie die vorherige
  23. Sigmund Freud, An Outline of Psychoanalysis (1938) in The Pelican Freud Library, Vol. 15 (London: 1986), S. 383
  24. Leon Trotsky, Culture and Socialism (1926) in Problems of Everyday Life (New York: 1973), S. 233
  25. Sigmund Freud, Group Psychology and the Analysis of the Ego (1921) in The Pelican Freud Library, vol. 12, (London: 1985), S. 95
  26. Einen Dank an Prof. Miller für diese Information
  27. Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEW Bd. 1, S. 378
  28. Wilhelm Reich, Dialectical Materialism and Psychoanalysis (1929) in Sex-Pol (New York: 1972), S. 26
  29. The Autobiography of Mother Jones (Chicago: [1925]/1980), S. 123-24
  30. V.N. Voloshinov, Freudianism: A Critical Sketch (Bloomington: [1927]/1987), S. 69. Voloshinov war ein Schüler Bakhtins and die Urheberschaft dieses Werks ist umstritten
  31. The New Man in Soviet Psychology, S. 69. Das Zitat stammt von G.N. Sorokhtin, einem Schüler Bekhterevs
  32. Friedrich Engels, Dialektik der Natur, MEW Bd. 20, S. 513
  33. Problems of Everyday Life, S. 234
  34. Leon Trotsky, Trotsky's Notebooks, 1933-1935: Writings on Lenin, Dialectics, and Evolutionism (New York: 1986), S. 101-7
  35. Philip Pomper, "Introductory Essay: Notes on Dialectics and Evolutionism" in Trotsky's Notebooks, 1933-1935, S. 72-73
  36. Marx/Engels, Die deutsche Ideologie, MEW Bd. 3, S. 34-35
  37. The Sexual Revolution in Russia, S. 56
  38. The New Man in Soviet Psychology, S. 45
  39. Ibid., S. 40-41
  40. Leo Trotzki, Verratene Revolution (Essen 1997), S. 184
  41. The Sexual Revolution in Russia, S. 70-76
  42. "The Struggle for a ‘New Life' in the Soviet Union", S. 289
  43. Verratene Revolution, S. 188
  44. The Sexual Revolution in Russia, S. 81
  45. Quoted in Freud and the Bolsheviks, S. 102
  46. Ibid., p. 107
  47. René van der Veer, "Some Major Themes in Vygotsky's Theoretical Work. An Introduction" in The Collected Works of L. S. Vygotsky, vol. 3 (New York: 1997), S. 2
  48. Russell Jacoby, The Repression of Psychoanalysis (Chicago: 1986), S. 121
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