Kinderarbeit und Kindersklaverei

Der folgende Artikel wurde dem World Socialist Web Site von Dr. Dipak Basu, Professor für Ökonomie an der Universität von Nagasaki in Japan, zugesandt. Ihm folgt ein Kommentar von Jerry White im Namen der Redaktion des WSWS zu den politischen Schlussfolgerungen, die Dr. Basu am Ende seines Artikels zieht.

Das WSWS begrüßt die Zusendung von Artikeln und Essays von Lesern zur Veröffentlichung auf unserer Site. Wir behalten uns das Recht zu eigenen Stellungnahmen vor.

Die sogenannten Entwicklungsländer haben bei dem jüngsten Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle die Einbeziehung von Standards für Arbeitsbedingungen in Handelsfragen verhindert. Dieser Sieg der Entwicklungsländer ist wertlos, da das Problem der Ausbeutung der Arbeitskraft im allgemeinen, der Kinderarbeit und sogar das der Sklaverei in diesen Ländern wächst.

In bestimmten Gebieten in Indien, Ghana, Indonesien und im Senegal arbeiten nach jüngsten Erhebungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) 25 Prozent der Kinder. Wenn man die Saisonarbeiter des Senegal mit einbezieht, erreicht der Prozentsatz 40. In Ghana waren mehr als 75 Prozent der arbeitenden Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren weiblich.

Im Jahre 1995 arbeiteten etwa 73 Millionen Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahre, das sind 13,2 Prozent der 10- bis 14-Jährigen weltweit. Die Anzahl der Kinderarbeiter zwischen 5 und 14 Jahren weltweit wird auf 250 Millionen geschätzt, wobei nicht solche Kinder in die Statistik aufgenommen wurden, die mit ihrer Familie und hauptsächlich im eigenen Haushalt arbeiten.

Die größte Anzahl an Kinderarbeitern leben in Asien, 44,6 Millionen; gefolgt von Afrika, 23,6 Millionen; und Lateinamerika, 5,1 Millionen. Schätzungen für einzelne Länder zeigten, dass sogar die entwickelten europäischen Länder nicht davon ausgenommen sind. Unter den 10- bis 14-Jährigen beträgt die Arbeitsrate 41,2 Prozent in Kenia, 31,4 Prozent im Senegal, 30,1 Prozent in Bangladesch, 25,8 Prozent in Nigeria, 24 Prozent in der Türkei, 20,5 Prozent an der Elfenbeinküste, 17,7 Prozent in Pakistan, 16,1 Prozent in Brasilien, 14,4 Prozent in Indien, 11,6 Prozent in China, 11,2 Prozent in Ägypten, 6,7 Prozent in Mexiko, 4,5 Prozent in Argentinien, 1,8 Prozent in Portugal und 0,4 Prozent in Italien.

Aber dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Verlässliche Statistiken über Arbeiter unter 10 Jahren sind nicht erhältlich, obwohl ihre Anzahl beachtlich ist. In Zentral- und Osteuropa führten die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Übergang von einer zentral geplanten Wirtschaft zur Marktwirtschaft zu einem beträchtlichen Anstieg der Kinderarbeit. Das gleiche gilt für die Vereinigten Staaten, wo das Wachstum des Dienstleistungssektors, der starke Anstieg im Angebot der Teilzeitarbeit und die Suche nach flexibleren Arbeitskräften zur Ausweitung des Kinderarbeitsmarkts beigetragen haben.

Die größte Gruppe unter den arbeitenden Kinder sind solche, die unbezahlt für die eigene Familie arbeiten. Ein hoher Anteil der Kinder gibt den Lohn an die Eltern oder andere Verwandte, mit denen sie leben, weiter. Kinder in ländlichen Gebieten arbeiten mehr als Kinder in Städten, wobei die landwirtschaftliche Arbeit die Hauptform von Arbeit auf den Land ist und Aktivitäten im informellen Sektor die Hauptbeschäftigung in Städten. Kinderarbeit wird als wesentlicher Beitrag zur Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Niveaus des Haushalts angesehen, sei es in der Form der Lohnarbeit oder der Hilfe im Familienunternehmen oder der Übernahme der Hausarbeit, so dass erwachsene Haushaltsmitglieder anderen wirtschaftlichen Aktivitäten nachgehen können.

In Indien, wie auch in vielen anderen Ländern, arbeiten Kinder in der Textil-, Kleidungs-, Teppich-, Schuh- und Glasindustrie, in der Feuerwerksproduktion, schleifen Diamanten und andere Edelsteine, fördern und bearbeiten Salz, Kalkstein und Mosaiksteine in Steinbrüchen. Viele dieser Beschäftigungen sind für die Kinder gefährlich.

Viele dieser Kinder haben keine Möglichkeit eine Schule zu besuchen. Viele ihrer Eltern, die selbst an Analphabetismus und Unwissenheit leiden, verstehen die Bedeutung von Bildung nicht. Weiterhin bilden die hohen Kosten der Bildung ein Hindernis. Da die Regierung den Bereich von Erziehung und Bildung fallen und durch den privaten Sektor ersetzen lässt, als Bestandteil des strukturellen Anpassungsprogramms auf Veranlassung von IWF und Weltbank, müssen viele Kinder arbeiten, um ihren Schulunterricht bezahlen zu können. Aber viele der Schulen für die Armen sind so abgrundtief schlecht, dass die Kinder sie frustriert abbrechen. Vor kurzem wurde eine große Anzahl von städtischen Schulen im ärmeren Norden von Kalkutta geschlossen, weil ihnen die Schüler fehlten.

Die Mehrheit der arbeitenden Kinder arbeitet neun Stunden am Tag oder länger, und viele arbeiten an sechs oder sieben Tagen in der Woche, Feiertage eingeschlossen, insbesondere in ländlichen Gebieten. In vielen Fällen arbeiten Mädchen mehr Stunden als Jungen.

Kinderarbeiter in gefährlicher und anderer Industriearbeit führen ein Leben der Erniedrigung und des Elends, ihrer Rechte als Kinder beraubt. Die Mehrheit wird in der Landwirtschaft beschäftigt und ist regelmäßig rauem Klima, scharfen Werkzeugen, schwerer Last und zunehmend giftigen Chemikalien und motorisierter Ausrüstung ausgesetzt. Aufgrund ihrer geistigen Unreife sind sie sich der möglichen Risiken bei ihrer spezifischen Beschäftigung und an ihrem Arbeitsplatz selbst weniger bewusst, teilweise sogar gar nicht bewusst.

Ein sehr hoher Anteil der Kinder wird während der Arbeit körperlich verletzt oder krank. Unter den Verletzungen finden sich Stiche, Schnitte, Brüche und der komplette Verlust von Gliedmaßen, Verbrennungen und Hautkrankheiten, Schädigung der Sinnesorgane, Erkrankungen der Atemorgane und des Verdauungstraktes, Fieber, Kopfschmerzen durch die übermäßige Hitze auf den Feldern und in den Fabriken.

Die Landwirtschaft beschäftigt mehr als Zweidrittel (70 Prozent) der arbeitenden Kinder insgesamt und daher kommt ein hoher Anteil (70 Prozent) der kranken oder verletzten Kinder aus diesem Sektor. In der ganzen Welt werden Kinder in der gewerblichen Landwirtschaft eingesetzt und sind infolgedessen verschiedenen Risiken ausgesetzt. In Teeplantagen sind die üblichen Gefahren für Kinder Blutergüsse, nachdem sie für eine lange Zeit Tee gepflückt haben, häufiges Fieber durch die langen Arbeitsstunden in der Feuchtigkeit, Schlangenbisse, das Unterworfensein unter raues Klima und fehlender Schutz für sowohl Jungen wie auch vor allem für Mädchen.

In Kaffee- und Tabakplantagen gibt es ähnliche Gefahren. In Sisalplantagen, der Hauptnutzpflanze in Afrika, bestehen die Gefahren in Schlangenbissen, langen Arbeitstagen, einer staubigen und ungesunden Arbeitsumgebung, dem Fehlen von Schutzausrüstung, Wunden durch Dornen beim Auflesen des Sisals. In Zuckerrohrplantagen sind die typischen Gefahren Rückenschmerzen durch das Bücken über längere Zeit, giftige Insektizide und Düngemittel, Übelkeit erregender Geruch, der langsame Hungertod aufgrund der Arbeitsbedingungen. Ausbeutung, Qual und Folter sind tagtägliche Erfahrungen von Kindern in jedem Bereich der Landwirtschaft.

Etwa 13 Prozent der kranken oder verletzten Kinder arbeiten im Groß- und Einzelhandel, in Restaurants und Hotels. Weibliche Kinder tragen 25 Prozent der Verletzungen durch die Arbeit in diesem Sektor davon. Das Auftreten von Verletzungen ist bedeutend häufiger im Bereich des Bergbaus und der Bauindustrie. Durchschnittlich 35 Prozent der weiblichen Kinder und 26 Prozent der männlichen Kinder werden während der Arbeit auf dem Bau verletzt. 19 Prozent der Kinder tragen ernste Verletzungen durch die Arbeit im Transportsektor davon.

Mädchen, die außerhalb ihrer Familie als Hausmädchen arbeiten, was vor allem in Ländern des Mittleren Ostens vorkommt, sind häufig Opfer von körperlicher, psychischer und sexueller Misshandlung, was verheerende Folgen für ihre Gesundheit haben kann. Der IAO-Bericht über Kinderarbeit vom Dezember 1999 beschreibt detailliert die Bedingungen der "erzwungenen Prostitution", der weibliche Kinder unterworfen sind. "Die Seuche AIDS ist ein fördernder Faktor in dieser Entwicklung, da Erwachsenen die Ausnutzung von Kindern für sexuelle Zwecke als bestes Mittel zur Verhinderung von Ansteckung betrachten. Das gesamte Ausmaß des Problems ist unbekannt, aber in Thailand wird die Zahl der minderjährigen Kinder im Sexhandel auf 250.000 bis 800.000 geschätzt. Die gleichgültige Haltung der Autoritäten zum Vorteil des nationalen und internationalen Tourismus ist mitverantwortlich für die derzeitige Situation."

Die sozialen Kosten der Kinderarbeit sind enorm, aber können nicht in Zahlen erfasst werden. Eine Studie der IAO in Kenia fand heraus, dass 35 Prozent der arbeitenden Kinder gerne zur Schule gehen würden, es aber nicht können.

Bergbauindustrie in Niger

Niger, eines der ärmsten Länder in Afrika, stellt ein typisches Beispiel für die Ausbeutung von Kindern dar. Niger ist für den Abbau von Uran, Gold, Phosphaten, Zinn, Kohle, Kalkstein, Salz und Gips berühmt. In Madaoua, einer der Hauptlagerstätten für Gips in Niger, sind 43 Prozent der Arbeiter in der Gipsförderung Kinder. Von diesen sind 6,5 Prozent im Alter von 6 bis 9 Jahren und 16 Prozent im Alter von 10 bis 13 Jahren. Diese Kinder sind unzähligen Gefährdungen ausgesetzt. Während der Förderung besteht die Gefahr der Verletzung an ihren Werkzeugen und durch Erschöpfung, da sie ein gewaltiges Gebiet auf der Suche nach Gips bearbeiten. Andere Gefahren sind Schlangen- und Skorpionbisse und Fußverletzungen durch Steine und Holzsplitter, weil die meisten von ihnen barfuss sind.

Liptako ist ein Hauptabbaugebiet von Gold in Niger. Golderz wird unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen gefördert, da die Arbeitsmethode primitiv ist, ohne jede Zuhilfenahme von mechanischem, elektrischem oder anderem Gerät. Kinder sind in den meisten Bereichen der Goldproduktion ohne Einschränkungen eingesetzt. 17 Prozent der Arbeiter sind Kinder. Sie arbeiten auch in den damit verbundenen Bereichen wie Transport, Drogenverkauf und Prostitution. Beim Abbau werden Kinder als Träger für Erz und Abfallprodukte an die Oberfläche eingesetzt.

Die Kinderarbeiter tragen Säcke, die zwischen 5 und 10 Kilo wiegen. Zusätzlich zu der Gefahr des Steinschlags können die Kinder auch in die Minenschächte hinunterstürzen. Sie sind Gefahren wie Explosionen, Erstickung, Staub, Hautkrankheiten, Überschwemmung und Ertrinken in den Minen ausgesetzt. Des weiteren müssen sie sehr hohe oder sehr niedrige Temperaturen ertragen, sie sind schädlicher Luft und gefährlichen Räumen und Materialien während Förderung und Verarbeitung ausgesetzt und können von Bilharziose befallen werden durch das verseuchte Wasser, in dem sie das Golderz waschen. Die nächste medizinische Versorgungsstation ist 60 km weit entfernt.

Kinder in Russland

Millionen russischer Kinder, Opfer des ökonomischen Zusammenbruchs nach dem Untergang der Sowjetunion, drohen unmittelbar aus dem Schulsystem zu fallen und Verarmung, Kinderarbeit und krimineller Ausbeutung entgegenzugehen. Einer der Hauptgründe dafür ist der Niedergang des russischen Bildungssystems. Bis zu 5 Prozent der Kinder unter 15 Jahre arbeiten mehr als 20 Stunden pro Woche; diese Zahl wird in der nahen Zukunft mit Sicherheit weiter ansteigen.

Immer mehr Kinder werden von kriminellen Syndikaten benutzt, insbesondere für den Verkauf und die Verbreitung illegaler Drogen. Es gibt auch zunehmend Hinweise darauf, dass Kinder zu Opfern von Erpresserbanden von nur wenig älteren Heranwachsenden werden. Ein Bericht des Internationalen Bunds Freier Gewerkschaften (IBFG) spricht über "eine neue Subkultur der Gesellschaft", unter ihnen "Kinder von nur fünf Jahren, die in den Kellern und auf den Straßen von Moskau leben". Einige dieser Kinder arbeiten in Bordellen, nehmen Drogen und erleiden entsetzliche seelische Schäden.

Auf dem Land arbeiten Kinder auf Bauernhöfen bis zu 14 Stunden am Tag und werden dafür in Naturalien bezahlt. (Dies ist nicht ungewöhnlich in Russland, wo bis zu 50 Prozent der Arbeiter keinen regulären Lohn erhalten.) Viele von diesen Kindern sind mit Tuberkulose infiziert, während die Zahl der Krankenhausbetten für Kinder zwischen 1994 und 1996 um 20 Prozent zurückgegangen ist. Das Bildungssystem bricht zusammen aufgrund der Nichtauszahlung von Löhnen an die Lehrer und der Nichtverfügbarkeit von Büchern und anderen Materialien. So werden Kinder auf den Arbeitsmarkt gedrängt.

Kindersklaverei

Es gibt Kindersklaven sowohl in Südasien, wie auch in Ländern des Mittleren Ostens, Lateinamerika und in Afrika südlich der Sahara. In vielen Fällen wird das Kind in die Sklaverei verkauft infolge eines Arbeitsvertrags, den seine Eltern unterschrieben haben im Austausch für eine Geldsumme, die oft als Vorauszahlung des Lohns bezeichnet wird. Kindersklaven findet man in der Landwirtschaft, der Sexindustrie, der Teppich- und Textilindustrie, als Haushaltshilfen, im Steinbruch und in der Ziegelei. Die Kindersklaverei tritt hauptsächlich dort auf, wo es soziale Systeme gibt, die auf der Ausbeutung der Armut basieren, so wie Schuldscheine. Sie ist auch einfach ein Mittel, um zu überleben. Die Arbeiter einer Ziegelbrennerei in Pakistan sind ein deutliches Beispiel für Kindersklavenarbeit.

Ziegelsteine werden in Pakistan in Handarbeit und industriell gefertigt. Besitzer von Ziegelbrennereien bekommen ihren Bedarf an Arbeitskräften von sogenannten Zamadars, Arbeitskräftevermittlern, deren Job darin besteht sicherzustellen, dass die Arbeiter nicht weglaufen.

Die Arbeiter werden an ihren Besitzer gebunden durch ein System von Vorauszahlungen (peshgis), deren Zinsraten derart hoch sind, dass die Arbeiter sie niemals vollständig zurückbezahlen können. Dadurch werden ihre Frauen und Kinder gezwungen, die Verantwortung für die Schulden zu übernehmen. So entsteht ein Ring von Verpflichteten oder Kindersklaven, die ihr Leben lang an den Besitzer der Ziegelfabrik gekettet sind und keine Möglichkeit haben, ihren "Verpflichtungen" zu entkommen. Arbeiter und ihre Familien werden von einem Besitzer an den anderen verkauft. Einige Arbeiter werden öfter als zehnmal verkauft. Die Frauen der Arbeiter sind auch verpflichtete Arbeitskräfte; sie werden am stärksten ausgebeutet, körperlich und sexuell.

Die Kinder haben keinerlei Zugang zu Bildung oder medizinischer Versorgung. Flucht ist unmöglich durch die engen Verbindungen zwischen den Besitzern und der örtlichen Polizei. Etwa 60 Prozent der Kinder beginnen zu arbeiten bevor sie 13 Jahre alt sind. Die Sterblichkeit unter den Kindern ist hoch, und häufig erblinden sie durch die hohe Bleikonzentration im Ton. 15 bis 20 Prozent der älteren Arbeiter sind blind. Die Besitzer bestehen darauf, dass die Kinder arbeiten, außer sie passen auf jüngere Geschwister auf. Die seelische Folter an diesen Kindern ist entsetzlich. Sie leben in Angst, sind Zeuge der körperlichen Gewalt, die an ihren Eltern verübt wird. Ihre Reaktionen unterscheiden sich von denen normaler Kinder, laut Asma Jehangir, einer Anwältin für Menschenrechte in Pakistan: "Sie umringen nicht ein Auto oder Fahrzeug, das auf das Grundstück der Brennerei fährt, sondern laufen vor Angst fort."

Obwohl Frauen ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitskräfte sind, erhalten sie keinen eigenständigen Lohn. Die Heirat von jungen Mädchen wird nicht unterstützt. Die Arbeitskräftevermittler betreiben Prostitutionsgewerbe und versorgen die Besitzer mit Frauen. Es wurde von mehreren Vorfällen berichtet, wo Witwen und verlassene Frauen verkauft wurden, um die ausstehenden Schulden des Mannes zu decken. Die analphabetischen Arbeiter sind nicht in der Lage, ihre ausstehenden Schulden zu überprüfen. Infolgedessen sind sie, gemeinsam mit ihren Kindern, Sklaven für den Rest ihres Lebens.

Kindersklavenmarkt in Indien

Die Zeitung Times of India berichtete am 7. Dezember 1999, dass in Bihar, einem der rückständigsten Teile Indiens, ein Sklavenmarkt offen geführt wurde. Auf dem Viehmarkt von Sonepur im Staat Bihar werden Kinderarbeiter wie Tiere verkauft.

"Eine gut organisierte Bande von etwa 15 Personen ist nach Berichten in dieses Geschäft verwickelt. Die Bande schickt nicht nur Kinderarbeiter in verschiedene Bundesstaaten wie Punjab, Haryana und Delhi, sondern ‚vermittelt‘ sie auch an mehrere Fabriken in einigen industrialisierten Staaten", sagte die Zeitung.

Nach diesem Bericht gab ein Ladenbesitzer auf dem Markt zu, dass er zwei Kinderarbeiter gekauft hatte, darunter ein 12-jähriges Mädchen. Er musste dem Makler und Auftragnehmer, der die Kinder vermittelte, 900 Rupien bezahlen. Der Sklavenmarkt war über ein Jahrzehnt lang in Betrieb, wobei die Kinder von den Auftragnehmern aus Raxaul, Sitamarhi, Jogbani und anderen Städten in der Nähe der Grenze zu Nepal nach Bihar gebracht wurden.

"In den Anfängen wurden einige von Armut geschlagene Kinder von ihren Eltern hierher geschickt, damit sie etwas verdienten. Indem sie ihre Hilflosigkeit ausnutzten, ergriffen einige Auftragnehmer, die Arbeiter an Fabriken ‚vermitteln‘, die Gelegenheit, diese Kinderarbeiter zu verkaufen", berichtete die Times.

Der Verbleib dieser verkauften Kinder ist nicht bekannt. Viele von der UNICEF finanzierte, regierungsunabhängige Organisationen haben ihren Stand auf dem Markt aufgebaut, aber es nicht geschafft, den Missbrauch von Kindern zu verhindern.

Silberstreifen am Horizont

So überraschend es sein mag, in einem Teil Indiens, im Bundesstaat Kerala, gibt es keine Kinderarbeit. Auch in Kuba gibt es keine Kinderarbeit. Der Grund dafür ist unschwer zu erkennen. Dank der kontinuierlichen Bemühungen der aufgeklärten Regierung von Kerala ist der Analphabetismus beinahe verschwunden, es gibt ein umfassendes System sozialer Leistungen und eine Bevölkerung, die sich ihrer Rechte vollständig bewusst ist. Die Regierung hat umfassende Bodenreformen durchgeführt (nur ein weiterer Staat in Indien, Westbengalen, hat Bodenreformen durchgeführt), die den landlosen Bauern zugute kamen. Überall wurden neue Schulen eröffnet, die Gewerkschaften gestärkt und Gesetze über Mindestlohn erlassen. Der Besuch von Schulen ist kostenfrei und unentgeltliche Schulmahlzeiten veranlassen arme Familien, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Der Mindestlohn, der höher ist als sonst irgendwo sonst in Indien, erlaubt es den Eltern zu überleben, ohne dass ihre Kinder arbeiten müssen. Jeder, der seine Kinder nicht in der Schule einschreibt, steht unter dem Druck der anderen Dorfbewohner. Es gibt breite Möglichkeiten der Erwachsenenbildung. Auf diese Weise gewöhnt sich jeder Einwohner von Kerala daran, die Zeitung zu lesen, und entwickelt ein aktive Interesse daran, seine Rechte zu verteidigen. In ähnlicher Weise hat die Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Kinder in Sri Lanka den Prozentsatz der arbeitenden Kinder auf 5 Prozent der gesamten Arbeitskräfte reduziert.

Die Argumente der Entwicklungsländer, dass die Aufnahme von Arbeitsrechten und Umweltschutzfragen dazu dient, ihre Exporte an entwickelte Länder zu unterbinden, sollten nicht zuviel Eindruck machen. Entwicklungsländer leiden viel mehr unter freien Importen. Die Folge davon ist eine wachsende Arbeitslosigkeit in den Entwicklungsländern, deren Industrie und Landwirtschaft nicht wettbewerbsfähig ist.

Die Akzeptanz eines neuen produktbasierten Patentsystems wird ebenfalls viele Industrien zugrunde richten, insbesondere die pharmazeutische Industrie. Dadurch werden Entwicklungsländer technologisch von der entwickelten Welt abhängig. Wenn ein Entwicklungsland einen Kredit der Weltbank für ein Projekt annimmt, büßt es sein Recht ein, Materialien aus landeseigenen Ressourcen zu beziehen oder eigene Auftragnehmer auszusuchen. Maßnahmen zur Preisbindung werden gegen die Entwicklungsländer eingesetzt, um ihnen den Wettbewerbsvorteil zu nehmen.

Während die meisten Entwicklungsländer die ungleichen Verträge der Welthandelsorganisation willig akzeptieren, widersetzen sie sich allerdings der Aufnahme von Arbeitsrechten und Umweltschutzfragen, von denen die armen Arbeiter und Kinder in den Entwicklungsländern profitieren würden. Zum Beispiel waren alle 4.000 Opfer der Katastrophe in der Düngemittelfabrik im indischen Bhopal äußerst verarmte Slumbewohner. Die gesetzlichen Grundlagen sind vorhanden, aber die Gesetze werden nicht umgesetzt. Unter dem Druck von Handelssanktionen durch die Welthandelsorganisation wären die Entwicklungsländer gezwungen, die grundlegenden Menschenrechte für Arbeiter und Kinder durchzusetzen.

Fortschrittliche Maßnahmen entstehen manchmal vor einem reaktionären Hintergrund. Die Gesetzgebung, die nach der langen Kampagne von Lord Wilberforce gegen den Sklavenhandel erlassen wurde, oder Abraham Lincolns Kampf gegen die Sklaverei im Süden der Vereinigten Staaten sind Beispiele dafür. Die Welthandelsorganisation ist zweifellos eine unterdrückerische und reaktionäre Organisation, aber die Aufnahme von Arbeitsrechten, die bei der Abschaffung von Kinderarbeit und Sklaverei helfen können, ist tatsächlich eine fortschrittliche Maßnahme.

Entgegnung von Jerry White, WSWS -Korrespondent

Sehr geehrter Herr Dr. Basu,

vielen Dank für Ihren informativen Artikel über Kinderarbeit und Kinderversklavung. Er zeichnet ein erschreckendes Bild der Ausbeutung von Kindern, die, wie Sie nachweisen, nicht nur zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts fortbesteht, sondern sich in der ganzen Welt stark verbreitet, besonders in den ärmsten Ländern.

Gegen Ende Ihres Artikels, unter der Überschrift "Silberstreifen am Horizont", treffen Sie eine Reihe von politischen Aussagen, mit denen wir nicht übereinstimmen. Insbesondere nehmen Sie an, dass Kinderarbeit und Kindersklaverei abgeschafft werden könnten, wenn die Welthandelsorganisation Arbeitsstandards aufnehmen würde, um diese Praktiken zu verbieten und Länder, die diese Vorschriften brechen, durch Handelssanktionen zu bestrafen.

Das WSWS spricht sich nicht gegen Arbeitsstandards aus. Es sollte Richtlinien geben, um Arbeitern in allen Teilen der Welt das Recht auf eine sichere Arbeit und einen ausreichenden Lohn zu garantieren. Weiterhin sollten Kinderarbeit und Kinderversklavung als Verbrechen angesehen werden und Arbeitgeber, die Kinder ausbeuten, bestraft werden. Die Frage ist allerdings: Sollten arbeitende Menschen ihr Vertrauen in die Welthandelsorganisation setzen - eine Institution, die von den mächtigsten transnationalen Konzernen und den reichsten Ländern kontrolliert wird und die von Ihnen völlig richtig als "unterdrückerisch und reaktionär" gebrandmarkt wird - um Kinderarbeit und Kindersklaverei abzuschaffen?

Arbeitende Menschen haben eine lange und bittere Erfahrung mit kapitalistischen Institutionen, die behaupten, die Interessen der Massen zu vertreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Vereinten Nationen geschaffen, angeblich um den Weltfrieden zu sichern und die Demokratie zu fördern. Statt dessen waren sie hauptsächlich ein Instrument der Vereinigten Staaten und anderer imperialistische Mächte, um eine militärische Intervention nach der anderen zu rechtfertigen, vom Koreakrieg zu Vietnam und zu der buchstäblichen Zerstörung des Iraks.

Eine Vereinbarung zur Ächtung von Kinderarbeit und Sklaverei durch die Welthandelsorganisation oder eine ähnliche Institution wäre ein unwirksames Gesetz. Die Ausbeutung von Kindern ist nicht, wie von den kapitalistischen Handelsministern und meisten Medien dargestellt, einfach ein Makel in einer ansonsten gesunden Gesellschaftsordnung. Sie ist ein Ergebnis des Profitsystems selbst. Die Wirkungsweise des globalen kapitalistischen Marktes - mit seinen transnationalen Konzernen und Investoren, die um den ganzen Globus reisen, um die billigsten Arbeitskräfte zu finden - hat eine ökonomische Nachfrage nach der Ausbeutung der verwundbarsten Teile der Gesellschaft erzeugt.

Jene Nationen - so wie Indien, Pakistan, die ehemalige Sowjetunion und afrikanische Länder - die in Ihrem Artikel als die krassesten Ausbeuter von Kindern genannt werden, sind alle den "strukturellen Anpassungsprogrammen" vom IWF und Weltbank unterworfen. Diese von den USA unterstützten Maßnahmen, die dazu dienen fremde Märkte für weltweit agierende Konzerne und Investoren aufzubrechen, haben zu massiven Kürzungen bei den sozialen Leistungen geführt, darunter die Bildung, zur Abschaffung von Subventionen für die Landwirtschaft, zur Privatisierung von Staatsbesitz, zur Schließung von nicht wettbewerbsfähigen Industrien und zur Einführung von "flexiblen" Arbeitsgesetzen. Alle diese Maßnahmen haben, wie Sie betonen, die Ausbreitung von Kinderarbeit und Kinderversklavung gefördert.

In Ihrem Artikel sagen Sie: "Die Argumente der Entwicklungsländer, dass die Aufnahme von Arbeitsrechten und Umweltschutzfragen dazu dient, ihre Exporte an entwickelte Länder zu unterbinden, sollten nicht zuviel Eindruck machen." Aber tatsächlich setzte sich Clinton auf dem Treffen der WTO genau deshalb für Arbeitsstandards ein, weil er von diesen Ländern durch die Androhung von Handelssanktionen weitere Zugeständnisse erreichen wollte.

Das heißt allerdings nicht, dass wir die Argumente der kapitalistischen Regierungen in Indien, Pakistan und anderen unterdrückten Ländern akzeptieren, die den Einsatz von Kinderarbeit im Namen des Schutzes ihrer "nationalen Souveränität" verteidigen. Die indische Bourgeoisie zum Beispiel hat oft einen vorgeblichen Antikolonialismus benutzt, um ihre Unterdrückung der Arbeiterklasse zu rechtfertigen. Indische Vertreter haben behauptet, dass ein Ende der Kinderarbeit nur zur weiteren Verarmung der Familien führe, die auf das Einkommen ihrer Kinder angewiesen sind. Diese Argumente widerspiegeln die Befürchtung der nationalen Bourgeoisie, dass Handelssanktionen, die die Kinderarbeit einschränken, eine Bedrohung der Hauptware darstellen, die diese Länder attraktiv für globale Investoren macht, nämlich die billige Arbeitskraft.

In Ihrer Zusammenfassung scheinen Sie die Idee zu unterstützen, dass ökonomischer Nationalismus eine Alternative zur "liberalisierten" Handelspolitik wäre. Aber alle Formen des ökonomischen Nationalismus, von der Politik der Importbeschränkung zur nationalen Autarkie des stalinistischen Regimes in der ehemaligen Sowjetunion, sind angesichts der zunehmenden Integration der Weltwirtschaft gescheitert. Die Aufgabe besteht nicht darin, das veraltete System der Nationalstaaten wiederzubeleben, sondern die Weltwirtschaft auf rationale, demokratische und egalitäre Weise zu integrieren, das heißt durch die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft.

Jede kapitalistische Regierung auf der Welt, einschließlich die deutsche, französische und italienische, die von Sozialdemokraten oder ehemaligen Vertretern der Kommunistischen Partei geführt werden, hat einen systematischen Angriff auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse durchgeführt. Wobei die Genannten nicht einmal unmittelbare Reaktionen der globalen Märkte befürchten mussten. Letztendlich sind alle Regierungen, die den kapitalistischen Markt und das Nationalstaaten-System verteidigen, dazu gezwungen, die Forderungen der mächtigsten transnationalen Konzerne und Banken anzunehmen. Wenn die angeführten Regierungen in Europa soziale Leistungen abschaffen, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass dasselbe nicht in Indien oder einem anderen der weniger entwickelten Länder der Fall sein wird.

Das führt mich zu der Frage Ihrer Charakterisierung des Regimes der Linken Front unter der Führung der Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten) in Kerala als "aufgeklärte Regierung", die die Interessen der Massen beschützt habe. Während die Bedingungen in Kerala im Vergleich zu anderen indischen Bundesstaaten vielleicht tatsächlich relativ günstig abschneiden, führt die CPI (M) dennoch eine bürgerliche Regierung, die die Interessen des indischen Kapitals verteidigt und daher unfähig ist, die grundlegendsten Bedürfnisse der Massen zu befriedigen. Die Arbeiter und Bauern in Kerala sehen sich einer immer größer werdenden sozialen Ungleichheit ausgesetzt und einer kapitalistischer Ausbeutung, die mit der Unterdrückung durch das Kastensystem verbunden ist.

Weiterhin hat die Regierung der Linken Front in Kerala, sowie ihre Gegenstücke in Westbengalen und Tripura, die "neue ökonomische Politik" der indischen Kapitalisten begrüßt und wetteifert mit anderen Staaten darum ausländisches Kapital anzulocken, indem Zugeständnisse bei den Steuern gemacht und die Zügelung von Arbeitsunruhen versprochen werden.

Die Linke Front war eine Stütze der Vereinigten Front-Koalition, die Indien von 1996 bis zum März 1998 regierte und die Privatisierung der Industrien im öffentlichen Sektor, Einschnitte in den Staatsausgaben für Wohlfahrtsprogrammen und die Reduzierung der Preissubvention für Waren des Grundbedarfs vorantrieb. Diese Politik hat die Ausbreitung von Kinderarbeit begünstigt.

Dasselbe kann von Sri Lanka und Kuba gesagt werden. Je stärker diese jeweiligen Regierungen ihre Länder für die Ausbeutung der transnationalen Konzerne und globalen Investoren und den Diktaten von IWF und Weltbank öffnen, desto mehr Bedingungen sind für die starke Zunahme von Kinderarbeit und noch schlimmere Formen der Ausbeutung vorhanden. In Sri Lanka beispielsweise gibt es, besonders im Zusammenhang mit der Tourismusindustrie, ein Wachstum des Sexhandels, der auch Kinder betrifft.

In Ihrem letzten Abschnitt, in Bezug auf die Möglichkeiten der Welthandelsorganisation gegen Kinderarbeit und Sklaverei vorzugehen, sagen Sie: "Fortschrittliche Maßnahmen entstehen manchmal vor einem reaktionären Hintergrund" und führen Abraham Lincolns Kampf gegen die Sklaverei in den Vereinigten Staaten als Beispiel an. Es ist eine historische Tatsache, dass Lincoln, der alles andere als eine reaktionäre Figur war, eine führende Rolle spielte zu einer Zeit, als die aufstrebende industrielle Bourgeoisie in den Vereinigten Staaten noch eine fortschrittliche Rolle zu spielen hatte. Lincoln führte an, was zu einem revolutionären Kampf wurde - den amerikanischen Bürgerkrieg -, die Sklavenhaltergesellschaft in den Südstaaten zerstörte und die Sklaverei abschaffte.

Ihr Beispiel spricht tatsächlich gegen jegliche Illusionen, dass die gegenwärtigen kapitalistischen Institutionen solchen entsetzlichen Formen der Unterdrückung wie Kinderarbeit ein Ende setzen können. Statt dessen verweist es auf die Notwendigkeit einer revolutionären Bewegung gegen den Kapitalismus und seine Institutionen, gerade so wie vor 140 Jahren eine Massenbewegung der Menschen notwendig war, um der Geißel der leibeigenen Sklaverei gewaltsam ein Ende zu bereiten. Selbstverständlich sind heute der Kapitalismus und die Lohnsklaverei Hindernisse für den menschlichen Fortschritt, und die führende gesellschaftliche Kraft für den revolutionären Wandel ist die Arbeiterklasse.

Ich hoffe, dass diese Anmerkungen im Geiste eines konstruktiven Dialogs über die politischen Probleme, denen die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen gegenüberstehen, aufgenommen werden. Wir begrüßen es, wenn Sie und andere Leser des WSWS fortfahren, unserer Web Site Briefe, Artikel und Essays zuzusenden.

Siehe auch:
Trostlose Bilanz zur Lage der Kinder - UNICEF stellt Studien vor
(30. Dezember 1999)
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