Folk- und Blues-Künstler Dave van Ronk stirbt im Alter von 65 Jahren

Dave van Ronk, der angesehene Blues- und Folksänger, Gitarrist, Songwriter und Lehrer, starb am 10. Februar im Alter von 65 Jahren. Er war an Krebs erkrankt und drei Monate vor seinem Tod operiert worden.

In seiner mehr als 40-jährigen Karriere als Musiker gewann van Ronk die Anerkennung und Zuneigung zahlloser Kollegen und Musikliebhaber in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt. Sein erstes Album nahm er 1959 für Folkway Records auf, mehr als zwei Dutzend weitere folgten. Bis zum Ende seines Lebens stand er auf der Bühne und unterrichtete Gitarre.

Van Ronks Musikstil ist nicht leicht einzuordnen. Er sagte, er sei am stärksten vom Jazz beeinflusst worden, der ihn schon in den frühen 50-er Jahren prägte, als er mit Leuten wie Coleman Hawkins und Jimmy Rushing in den New Yorker Jazzclubs verkehrte. Ein anderer starker Einfluss ging von den alten Meistern des Blues aus, und van Ronk interpretierte Klassiker von Blind Lemon Jefferson und anderen Pionieren auf seine Art. Sein Werk zeichnete sich immer durch Ehrfurcht und ernsthaftes Studium dessen aus, was man heute unter dem Begriff American Roots Music als die Wurzeln der populären amerikanischen Musik versteht.

Er kannte legendäre Musiker wie Odetta und Pete Seeger und arbeitete mit ihnen ebenso wie mit Vertretern seiner eigenen Generation und jüngeren Musikern - am bekanntesten unter ihnen Bob Dylan, aber auch Jack Elliot, Phil Ochs, Tom Paxton, Joni Mitchell, Janis Ian, Christine Lavin, Suzanne Vega und viele andere. Als Dylan 1961 im Alter von 20 Jahren nach New Yorks Greenwich Village kam, war er ein häufiger Gast bei van Ronk und seiner Frau. Van Ronk, der damals 25 Jahre alt war, beeinflusste den jungen Dylan sowohl durch seine Gitarrentechnik als auch auf andere Art, indem er ihn drängte, Bertold Brecht und die französischen Symbolisten zu lesen.

Obwohl er mit Pete Seeger, Peter, Paul and Mary und anderen Folksängern arbeitete und sie schätzte, hob sich van Ronks Werk doch deutlich von ihnen ab, weil es umfassender und abwechslungsreicher war. Sein Repertoire umfasste die Werke von Louis Armstrong, Leonard Cohen, Randy Newman und den Meistern des Blues wie Rev. Gary Davis. Er machte Anleihen beim Jazz, Blues, Folk und Country.

Obwohl er normalerweise keine "politischen" Lieder oder Protestsongs vortrug, bestimmten van Ronks politische und intellektuelle Anschauungen, die sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts formten, sein gesamtes Leben und seine musikalische Karriere.

Der Musikkritiker der New York Times Jon Pareles beschreibt in seinem Nachruf auf van Ronk dessen "Gespür für Geschichte, Sinn für Humor und die Gabe, anderen Musikern das Gefühl zu geben daheim zu sein". Dies ist zweifellos wahr und man kann ohne Übertreibung sagen, dass van Ronk von Tausenden seiner Kollegen geliebt wurde. Dies zeigte sich beispielhaft an der gewaltigen Unterstützung, die ihm zuteil wurde, als im letzten Herbst seine Krankheit bekannt wurde.

Woher sein Gespür für Geschichte kam, muss allerdings erklärt werden. Sein ganzes Leben lang identifizierte sich van Ronk mit der Arbeiterklasse und bekundete seinen Hass auf die kapitalistische Ausbeutung und seine Sympathie für den Sozialismus. Als Teenager sympathisierte er mit den Ideen des Anarcho-Syndikalismus, und in den frühen 1960-er Jahren erklärte er seine Übereinstimmung mit der trotzkistischen Analyse und Perspektive. Er schloss sich der Workers League, der Vorgängerin der Socialist Equality Party, an und blieb ihr bis zum Ende der 60-er Jahre verbunden. Im Mai 1998 führte van Ronk ein langes und ausgedehntes Gespräch mit dem wsws -Redakteur David Walsh.

Geboren in Brooklyn im Jahre 1936, zog van Ronk als Kind nach Queens und besuchte die Richmond Hill High School. Mit 15 verließ er die Schule und eignete sich sein Wissen und Können in erster Linie autodidaktisch an. Er war ein unersättlicher Leser und sein großes Wissen und seine breitgefächerten Interessen standen miteinander in Verbindung. In Gesprächen und bei Auftritten zeigte er dies, aber auch seinen typischen selbstironischen Humor.

Van Ronk ging als Teenager zur Handelsmarine und lungerte zur gleichen Zeit am Washington Square in Greenwich Village rum, gerade als der Folk wieder aufkam, um Mitte der 60-er Jahre den Höhepunkt seines Revivals zu erleben. Er trat in berühmten Clubs wie dem Gaslight und Folk City auf, die jetzt schon lange nicht mehr existieren. Schon bei seinen ersten Aufnahmen und Auftritten wurde deutlich, dass er großes Talent hatte. Viele seiner bekanntesten Lieder und Interpretationen stammen aus den 60-ern, darunter "Cocaine Blues", "You're a Good Old Wagon", "He Was a Friend of Mine", "Stackerlee" und "House of the Rising Sun".

Als in den späten 60-ern und frühen 70-ern das Revival der akustischen Musik und des Folks zu Ende ging, blieb van Ronk seinem Werk treu. Er zeigte niemals das geringste Interesse an persönlichem Ruhm oder Reichtum. Mitte der 70-er Jahre trat er für kurze Zeit nicht mehr auf, kehrte aber bereits nach einem Jahr auf die Bühne zurück, da er ohne diesen überaus wichtigen Bestandteil seines Lebens nicht auskommen konnte. Er machte weiter, entwickelte seine Kunst und fügte ihr neue Elemente bei, so dass er weder seine Vergangenheit über Bord warf noch einfach fortfuhr dasselbe zu tun. In seiner ganzen Karriere blieb er neuen Wegen gegenüber aufgeschlossen - diese Eigenschaft passte vorzüglich zu seiner Arbeit als Musiklehrer, der mehreren Generationen von Schülern das Gitarrespielen beibrachte.

Van Ronks letztes Album "Sweet and Lowdown", das stark vom Jazz beeinflusst ist, erschien erst vor einem Jahr. Bis er krank wurde, war er auf Tour und sang vor altem und neuem Publikum in Clubs und Kaffeehäusern in ganz Amerika sowie Kanada und Europa.

Die Bewunderung und Liebe für van Ronk zeigte sich offen, als er krank wurde. Es fanden eine Reihe von Benefizkonzerten statt, um ihn während seiner Krankheit zu unterstützen. Im letzten November traten Arlo Guthrie, Tom Paxton und Peter, Paul and Mary in New Yorks Bottom Line auf, um Geld für ihren Freund zu sammeln.

Bereits im Dezember 1997 hatte van Ronk eine Auszeichnung für sein Lebenswerk von der Amerikanischen Vereinigung von Komponisten, Autoren und Verlegern (ASCAP) erhalten. Beinahe 100 Fans und Musikerkollegen hinterließen damals ihre Glückwünsche auf der Website, die von der Moderatorin der Preisverleihung Christine Lavin eingerichtet worden war.

Dave Van Ronks musikalisches Erbe wird lebendig bleiben, nicht nur durch seine Aufnahmen sondern auch in den Tausenden Menschen, die er im Laufe seiner lange Karriere unterrichtet und beeinflusst hat.

Siehe auch:
A conversation with Dave van Ronk
(7. Mai 1998)
Loading