Kanadas neue konservative Regierung wird Angriffe auf Arbeiter und demokratische Rechte verschärfen

In Kanada haben die Konservativen mit ihrem Spitzenkandidaten, dem neo-konservativen Ideologen Stephen Harper, bei den Parlamentswahlen am Montag vergangener Woche die Mehrheit der Sitze im Unterhaus gewonnen. So sah sich Premierminister Paul Martin gezwungen, die baldige Übergabe der Regierungsgeschäfte an eine konservative Minderheitsregierung kundzutun. Martin war seit Dezember 2003 Chef der liberalen Regierung, die insgesamt schon zwölf Jahre an der Macht ist. Er kündigte in seiner Rücktrittsrede außerdem an, das Amt des Parteiführers der Liberalen niederzulegen.

Im Gegensatz zu früher haben die einflussreichsten Schichten des kanadischen Unternehmertums im Wahlkampf 2006 die Konservativen unterstützt, weil sie damit den Kurs der Regierung scharf nach rechts drücken wollen. Am deutlichsten trat diese Wende in den Leitartikeln führender Tageszeitungen zutage, die sich klar für die Konservativen aussprachen. Die gesamte Presse griff die Vorwürfe der Konservativen gegen die Liberalen auf, wonach letztere so korrupt seien, dass sie zum Regieren moralisch nicht taugten. Außerdem beschönigten die Medien die rechten Ursprünge, Ziele und Verbindungen von Harpers neuen Konservative. Vorbild dieser Partei, die aus einem Zusammenschluss der rechts-populistischen Reform-/ Kanadischen Allianzpartei mit den Progressiven Konservativen entstanden ist, ist die Republikanische Partei von George W. Bush.

Mit einer von Harper geführten konservativen Regierung will das kanadische Unternehmertum die letzten Reste des einstigen Sozialstaats wegfegen. Gleichzeitig sollen durch die vergrößerten und neu bewaffneten kanadischen Streitkräfte sowie engere Beziehungen zur Bush-Regierung die räuberischen Interessen der kanadischen Bourgeoisie auf der Weltarena aggressiver durchgesetzt werden.

Der designierter Ministerpräsident Stephen Harper sprach diese beiden Ziele in seiner Siegesrede an. Ein strahlender Harper versprach "ausgeglichene Haushalte, niedrige Inflation und Schuldenrückzahlung". Er lobte Kanadas Militärtradition als Bollwerk der Demokratie und verteidigte den laufenden Einsatz der Canadian Armed Forces (CAF) zur Stützung der US-Marionettenregierung in Afghanistan.

Harper rief aus: "Wir werden weiter dazu beitragen, unsere Werte und demokratischen Ideale auf der ganzen Welt zu verteidigen. Das demonstrieren jene mutigen jungen kanadischen Soldaten, die in Afghanistan dienen und soviel geopfert haben."

"Auch wenn wir immer einen Weg im Sinne Kanadas vorzeichnen", fügte er hinzu, "werden wir versuchen, mit unseren Freunden und Alliierten kooperativ zusammenzuarbeiten."

Die National Post, das Medien-Flaggschiff von West-Kanada, begrüßte die Wahl Harpers und forderte ihn auf, die starke christlich-fundamentalistische Fraktion seiner Partei in Zukunft an die Kandare zu nehmen und sich mehr auf den unternehmerfreundlichen Kurs der Partei zu konzentrieren. Das bedeutet Kürzungen im öffentlichen und sozialen Bereich, Privatisierungen, Deregulierung sowie einer Niedrigsteuerpolitik für Unternehmer und die privilegiertesten Schichten der Gesellschaft. "Die Konservativen", erklärte die Post, "müssen in jenen Bereichen stark regieren, die eindeutig in die Verantwortung der Regierung fallen, wie z.B. die nationale Verteidigung. Aber außerhalb dessen sollten sie, wenn überhaupt, wenig regieren. Das Geniale am siegreichen Wahlkampf der Konservativen war gerade, dass sie eine Politik versprachen, die Entscheidungen, wie zum Beispiel beim Steuerausgleich für Kinderbetreuung, dorthin überträgt, wo sie hingehören: an die Bürger."

"Unter den Liberalen schien es, als rücke der Traum von weniger Staat jedes Jahr in weitere Ferne. Dank Mr. Harper ist er jetzt wieder da."

Obwohl die Massenmedien erfreut sind, dass der Sieg der Konservativen Gelegenheit zu einer Rechtswende in der Politik bietet, mussten sie dennoch zugeben, dass die Konservativen mit ihren gerade mal 124 Sitzen - das sind 31 weniger als für die absolute Mehrheit erforderlich - oder 36,3 Prozent der Stimmen beträchtlich hinter den Voraussagen der Meinungsforscher zurückgeblieben sind. Viele Wähler waren zwar mit den Liberalen unzufrieden, zögerten aber dennoch, die Konservativen mit der uneingeschränkten Macht einer parlamentarischen Mehrheit auszustatten.

In Wirklichkeit zeigen die Wahlresultate, wie dünn die politische und gesellschaftliche Basis ist, auf die sich die neue Regierung stützen kann.

Obwohl die Medien ohne Unterlass die liberale Korruption beklagten und aus Harper einen "gemäßigten Mainstream-Politiker" machten, haben die Konservativen schließlich - wenn man die 36 Prozent Stimmenthaltungen mitberücksichtigt - gerade mal die Unterstützung von 23,5 Prozent, also noch nicht einmal einem Viertel der wahlberechtigten Kanadier erhalten.

Die Unterstützung für die Konservativen war in ländlichen Gebieten besonders groß und, wenn auch in geringerem Ausmaß, ebenfalls überdurchschnittlich in den Vorstädten und den vier Westprovinzen, besonders im ölreichen Alberta, dessen 28 Sitze komplett an die Konservativen fielen.

In Quebec und Ontario erhielten die Konservativen nur 50 von 181 Sitzen. Dort leben in den Provinzen der Region St.Lawrence Valley-Great Lakes beinahe zwei Drittel der gesamten kanadischen Bevölkerung.

Von besonderer Bedeutung war die Tatsache, dass die Konservativen in den drei wichtigsten städtischen Ballungszentren - Montreal, Toronto und Vancouver - kein Bein auf den Boden bekamen: Nicht einen einzigen Sitz gewannen die Konservativen auf der Insel Montreal, im Großraum Toronto oder in Vancouver. Und obwohl die Konservativen schon im Vorfeld den erwarteten Erdrutschsieg in Torontos Vorstädten gefeiert hatten, konnten die Liberalen in diesem Gürtel fast alle Sitze verteidigen.

Politischer Einbruch

Die übrigen drei Parteien erlebten einen politischen Einbruch, der sich jedoch in Ausmaß und Art unterscheidet.

Für die Liberalen, die bei den Wahlen 2004 noch 135 Sitze gewonnen hatten, reduzierte sich die Gesamtzahl der Sitze auf 103 oder 30,2 Prozent der Stimmen, was einen Rückgang um 6,5 Prozent seit 2004 darstellt.

Während die Liberalen 21 Sitze in Ontario verloren, erlitten sie ihre härtesten Niederlage in Quebec, der Provinz, die über fast das ganze 20. Jahrhundert hinweg die wichtigste Bastion dieser Partei war. In Quebec waren die Liberalen durch den Korruptionsskandal und ihre Verbindung zur Provinzregierung, die einen rechten Kurs staatlicher Kürzungen verfolgt hatte, in Verruf geraten und konnten ihre Stellung nur unter den hauptsächlich Englischsprachigen und Einwandererschichten von Montreal verteidigen. Mit kaum zwanzig Prozent der Stimmen und nur 13 Sitzen fuhren die Liberalen in Quebec das schlechteste Wahlresultat ihrer Geschichte ein.

Der für die Unabhängigkeit eintretende Bloc Québécois (BQ) hatte sich bei den Korruptionsvorwürfen gegen die Liberalen besonders hervorgetan und war auch für eine Vorverlegung der Wahlen eingetreten, weil er sich dadurch einen beträchtlichen Wahlsieg erhoffte. Während der BQ in der Tat seinem jahrzehntelangen Erzrivalen, der Liberalen Partei, einige Sitze abnehmen konnte, wurde er jedoch durch das plötzliche Wiederaufleben des lange tot geglaubten Quebec-Flügels der Konservativen Partei an die Seite gedrängt.

Die Konservativen, die Quebec größere Autonomie und mehr Gewicht für die Quebecer Regierung bei internationalen Angelegenheiten versprachen, konnten rechte Quebec-Nationalisten in ihr Boot holen und die Unterstützung wichtiger Teile der wirtschaftlichen und politischen Elite Quebecs für sich gewinnen. Sie eroberten zwar am Ende nur die vergleichsweise kleine Zahl von zehn Sitzen, doch ihr plötzlicher Aufstieg führte dazu, dass der BQ überraschend drei Sitze und fünf Prozent weniger als erwartet erhielt. Diese Verlagerung der politischen Gewichte wird die Spannungen innerhalb der Unabhängigkeitsbewegung vermutlich noch erhöhen, wo die vehementen Befürworter einer baldigen Sezession jenen gegenüberstehen, die mehr Vollmachten für die Provinzregierung von Quebec verlangen und eine Abtrennung vom kanadischen Bundesstaat nur bei Zustimmung der Bevölkerungsmehrheit für denkbar halten.

Die Sozialdemokraten von der Neuen Demokratischen Partei (NDP) konnten bescheidene Gewinne an Sitzen und Wahlprozenten verbuchen. Die NDP gewann vor allem in Ontario und British Columbia elf zusätzliche Sitze, so dass sie jetzt mit 29 Abgeordneten im Unterhaus vertreten ist und ihren Stimmenanteil um 1,8 Prozent auf 17,5 Prozent erhöhen konnte.

Aber es gelang der NDP nicht, ihr selbst gestecktes Ziel zu erreichen und eine ausreichende Anzahl an Sitzen zu erobern, um bei einer Minderheitsregierung im Parlament das Zünglein an der Waage spielen zu können. Dies hätte der NDP erlaubt, ihren Kurs fortzusetzen, den sie in der letzten Regierung verfolgt hatte: Dort hatte sie zuerst die liberale Minderheitsregierung gestützt und später den Konservativen geholfen, die Wahl als Referendum gegen Korruption auszugeben.

Die NDP, die eine neue Machtteilung nach dem 23. Januar anstrebte, führte den rechtesten Wahlkampf ihrer Geschichte. Sie verabschiedete sich sogar von ihren eigenen Forderungen aus dem letzten Wahlkampf, als sie noch eine bescheidene Erhöhung der Steuern auf die Vermögen und Grundstücke der Reichen gefordert hatte. Zudem stimmte sie für das demokratiefeindliche Gesetz Clarity Act und stimmte in den Chor von Liberalen und Konservativen ein, die mehr Unterstützung für das Militär und eine härtere Verbrechensbekämpfung forderten.

Die reaktionären parlamentarischen Manöver der NDP trugen schließlich dazu bei, eine weit rechtere konservative Regierung ins Amt zu bringen - eine Regierung, die umgehend mit den bescheidenen sozialen Verbesserungen aufräumen wird, die die Sozialdemokraten noch im vergangenen Frühling durchsetzten, als sie den Liberalen eine parlamentarische Niederlage ersparten und die Minderheitsregierung ins Amt brachten.

Verschärfung des Klassenkonflikts

Um die Arbeiterklasse einzulullen, hat ein großer Teil der Medien, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokraten schnell versichert, dass die Mehrheitsverhältnisse den Konservativen wenig Spielraum lassen, ihr rechtes Programm umzusetzen, und dass sich in Wirklichkeit nicht viel geändert habe.

Der Kommentar von Henri Massé, dem Präsidenten des Gewerkschaftsdachverbands von Quebec, kann als ein typisches Beispiel hierfür gelten: "Ich bin glücklich, dass die Konservativen keine Mehrheit haben. Das wird es ihrem Führer (Harper) leichter machen, seinen rechten Flügel zu kontrollieren. Ich mache mir wegen der Arbeiter keine großen Sorgen. Mr. Harper hat nicht versprochen, den Staat zu amputieren oder Sozialleistungen zu kürzen. Er wird lediglich bei den oberen Schichten des öffentlichen Dienstes ein wenig ausmisten."

Das ist natürlich Unsinn. Die Arbeiterklasse muss die Wahl als Warnung verstehen, dass der Klassenkonflikt sich in der nächsten Zeit enorm verschärfen wird.

Die liberalen Regierungen unter Jean Chrétien und Paul Martin in den vergangenen zwölf Jahren waren die rechtesten Bundesregierungen, die Kanada seit der Großen Depression erlebt hat. Sie haben die umfassendsten Sozialkürzungen in der kanadischen Geschichte durchgesetzt und durch Steuersenkungen den Reichtum in großem Umfang zu Gunsten der Konzerne und der Reichen umverteilt. Sie haben die Position des Bundesstaats gegenüber der Unabhängigkeitsbewegung in Quebec zu stärken versucht, indem sie Gesetze verabschiedeten, die Quebec im Falle einer Loslösung mit einer Spaltung der Provinz drohen. Und sie haben nicht zuletzt seit dem Jahre 2001 die kanadische Armee stark ausgebaut und die kanadische Luftwaffe zur Unterstützung der USA in den Kriegen gegen Jugoslawien und Afghanistan eingesetzt.

Trotzdem war die herrschende Klasse zunehmend enttäuscht von der liberalen Regierung, weil diese es nicht schaffte, einen noch radikaleren rechten Kurs durchzusetzen. Die Kritik lautete, dass sie die "umverteilenden" Sozialleistungen in zu geringem Umfang zusammengestrichen sowie die kanadisch-amerikanischen Beziehungen belastet habe. Außerdem halte sie immer noch an den Phrasen des kanadischen "Friedensauftrags" fest, wodurch sie der Verwandlung des kanadischen Militärs in ein wirkungsvolleres Werkzeug für die Vertretung der geopolitischen Interessen Kanadas in den Kriegen des 21. Jahrhunderts im Wege stehe.

Weil es ihr nicht gelang, mit traditionellen Mitteln den politischen Kurs in ihrem Sinn zu ändern, griff Kanadas Wirtschaftselite zu anderen Methoden. Zunächst ermunterte sie Martin zu seinem letztlich erfolgreichen Putsch gegen Jean Chrétien. Als Martin dann zögerte, unpopuläre politische Maßnahmen durchzusetzen, sammelte sich die Elite hinter den neuen Konservativen, die, wie selbst die Globe and Mail eingesteht, von "dem konservativsten Politiker geführt werden, der seit Menschengedenken zum Premierminister gewählt worden ist - ein völlig anderes Kaliber als [die früheren progressiv-konservativen Premierminister] Brian Mulroney und Joe Clark". Durch das Lostreten einer Skandalkampagne half sie schließlich den Konservativen, sich an die Macht zu schleichen.

Parallel dazu schaffte es die herrschende Klasse im Juni letzten Jahres, mit der Entscheidung des obersten Gerichtshofs im Fall Chaouilli die Tür zur Privatisierung der Krankenversorgung aufzustoßen. Das Urteil kam praktischerweise gerade zu dem Zeitpunkt, als die Politiker bemüht waren, das Programm der Medicare-Krankenversicherung gegen massenhaften Widerstand in der Bevölkerung zu schleifen.

Während Harper im Wahlkampf viele Worte über den Erhalt der allgemeinen staatlichen Krankenversicherung verlor, verhielten sich zwei seiner engsten Verbündeten, der Premierminister von Quebec (ein Ex-Vorsitzender der Progressiv-Konservativen), und Ralph Klein, der konservative Premierminister von Alberta, bis zum Wahltag still. Dann erst verkündeten sie ihre Pläne, die Privatisierung des Gesundheitswesens einzuleiten, da sie nicht mehr fürchten mussten, dadurch die Wahl zu "stören".

Nach derartigen Bemühungen, die Politik entschieden nach rechts zu rücken, wird sich die kanadische Wirtschaft wohl kaum die Butter vom Brot nehmen lassen, nur weil die neue Regierung keine stabile parlamentarische Mehrheit hat. Derzeit verzichtet sie allerdings noch darauf, die deutsche Lösung zu fordern, wo die herrschende Klasse die beiden großen Parteien, Sozialdemokraten und Christdemokraten, dazu drängte, eine große Koalition einzugehen, um weitere Sozialkürzungen und Umverteilungsmaßnahmen zu Gunsten der Reichen durchzusetzen.

Schon beginnen die wirtschaftsfreundlichen Medien zu argumentieren, die Wahl Harpers und seiner Konservativen zeige, dass die kanadischen Wähler nach rechts gerückt seien. Mit dieser Begründung fordern sie alle Parteien auf, ihre Programme dementsprechend anzupassen, und zumindest insoweit zusammenzuarbeiten, dass eine "unerwünschte" dritte Wahl innerhalb von drei Jahren vermieden werden könne.

Durch seinen Rücktritt vom Vorsitz der Liberalen Partei signalisiert Martin, dass er den Vertrauensverlust von Seiten der kanadischen Elite in seine Person akzeptiert und dass die Liberalen zumindest im kommenden Jahr keine ernsthafte Opposition darstellen werden.

Die NDP hat schon bekannt gegeben, dass sie mit der kommenden Regierung zusammenarbeiten wird. Der Führer der NDP Jack Layton erklärte am Wahlabend in einer Ansprache: "Wir werden alles tun, um Wege der Kooperation mit der neuen Regierung und mit allen Parteien im Parlament zu finden, um Kanada nach vorne zu bringen."

Harper und seine Konservativen werden ihrerseits versuchen, wechselnde "Koalitionen der Willigen" zu bilden, um im Parlament Mehrheiten für ihr rechtes Programm zusammenzubekommen. Sie werden sich vermutlich mit den Liberalen zusammen tun, um weitere Steuersenkungen für die Wirtschaft und höhere Verteidigungsausgaben zu beschließen, mit Unterstützung des BQ die Staatsausgaben senken und mit der NDP ihr Anti-Korruptionspaket und vielleicht neue Law-and-Order-Maßnahmen durchsetzen.

Bezeichnenderweise hob Harper in seiner Siegesrede besonders seine Pläne hervor, "den Föderalismus auf eine neue Grundlage zu stellen". Das ist ein Euphemismus für die Absicht der Konservativen, den Sozialstaat durch Dezentralisierung und durch grundlegende Änderungen am System des Finanzausgleichs zwischen der Zentralregierung und den Provinzen abzubauen. Dieses System bedeutete bislang, dass Ottawa Ausbildungs-, Gesundheits- und Sozialprogramme der Provinzen mitfinanzierte und dafür Geld von den wohlhabenderen Provinzen in die ärmeren transferierte.

Die Elite von Quebec kann sich in dieser Frage mit Harpers Vorstellungen anfreunden, weil sie sich davon größere Autonomie verspricht. Deswegen erklärte BQ-Führer Gilles Duceppe noch in der Wahlnacht, dass er bereit sei, mit den Konservativen bei der Beseitigung des fiskalischen Ungleichgewichts zwischen Ottawa und den Provinzen zusammenzuarbeiten.

Es steht außer Frage, dass die Versuche der Konservativen und ihrer Herren in der herrschenden Klasse, den Angriff auf die Arbeiterklasse zu verschärfen, auf massive Opposition treffen werden.

Aber wenn diese Opposition nicht politisch geschwächt werden soll, dann muss die Arbeiterklasse bewusst mit der nationalistischen und pro-kapitalistischen Politik der Sozialdemokraten und der Gewerkschaftsbürokraten brechen.

Die Gewerkschaftsführer in Quebec bereiten sich schon auf eine Zusammenarbeit mit den Konservativen und ihren reaktionären Dezentralisierungsplänen vor, indem sie für den BQ und die Verteidigung der Interessen Quebecs stark machen. Die NDP und die Gewerkschaftsführer im englischsprachigen Kanada werden darauf reagieren, indem sie noch enger mit den Liberalen und jenen Teilen der herrschenden Klasse Kanadas zusammenarbeiten, die befürchten, dass Harpers Versuch, den "Föderalismus auf eine neue Grundlage zu stellen", den Zentralstaat schwächen könnte, durch den das kanadische Kapital seine Interessen in der Weltarena vertritt.

Die Arbeiterklasse braucht eine völlig andere, entgegengesetzte Politik: Die Arbeiterklasse muss sich als unabhängige politische Kraft formieren und sich mit einem sozialistischen Programm bewaffnen. Sie muss im Streit um die kanadische Staatsstruktur in Opposition zu allen Lagern der herrschenden Klasse stehen. Sie muss jede Unterordnung von gesellschaftlichen Bedürfnissen unter die Profitinteressen des Kapitals ablehnen. Und sie muss die arbeitende Bevölkerung Kanadas - die englischsprachigen und französischsprachigen Kanadier ebenso wie die Neueinwanderer - mit den Arbeitern in den USA und weltweit im gemeinsamen Kampf gegen den globalen Kapitalismus und das mit ihm verbundene überholte Nationalstaatensystem zusammenschließen.

Siehe auch:
Kanadische Wahlen: Liberale bleiben aufgrund der Opposition gegen die Rechten an der Macht
(12. Dezember 2000)
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