Bush kündigt Verschärfung des Irakkriegs an und verspricht mehr Blutvergießen

Die Fernsehrede von Mittwoch Abend, in der Präsident Bush die Entsendung von mehr als 20.000 zusätzlichen amerikanischen Soldaten in den Irak bekannt gab, bedeutet, dass das Blutvergießen in diesem Land im Verlauf des Jahres 2007 dramatisch zunehmen wird. Außerdem ist zu befürchten, dass die Bush-Regierung den Krieg auch auf Syrien, den Iran und weitere Ziele im Nahen Osten ausweiten wird.

Die Entscheidung, die US-Militärintervention auszudehnen, steht im direkten Gegensatz zum Ergebnis der Kongresswahlen 2006. Millionen amerikanischer Wähler taten in diesen Wahlen ihre klare Ablehnung des Irakkriegs kund, indem sie den Republikanern die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus nahmen.

Die ersten Verstärkungskontingente befinden sich bereits auf dem Weg in die Region. Insgesamt werden sechs zusätzliche Brigaden abkommandiert, fünf nach Bagdad und eine in die Provinz Anbar, dem Zentrum des sunnitischen Aufstands gegen die US-Besatzung. Zusätzlich schickte Bush eine weitere Flugzeugträgergruppe in den Persischen Golf, die mit Hunderten von Atomwaffen ausgerüstet ist.

Bush ging mehrmals darauf ein, dass diese militärische Eskalation höchstwahrscheinlich zu noch mehr amerikanischen und irakischen Verlusten führen wird. In wahrhaft Orwell’scher Manier präsentierte er seine Pläne für ein gigantisches Blutbad als ein Programm, "die Gewalt in Bagdad zu reduzieren".

Für das bisherige Scheitern der amerikanischen Besatzungstruppen machte er einen Mangel an Soldaten und " zu viele Einschränkungen" verantwortlich, "die den Truppen auferlegt wurden". Mit anderen Worten, eine militärische Kampagne, bei der in Abu Ghraib bereits gefoltert und gemordet wurde, die einen Massenmord in Haditha und Vergewaltigungen und Tötungen irakischer Schulmädchen zu verantworten hatte, soll nun "ohne Rücksicht" vorangetrieben werden.

Bush skizzierte Pläne, die Militäraktionen in der irakischen Hauptstadt entscheidend auszuweiten. Irakische und amerikanische Truppen würden in die Stadt strömen und "von Haus zu Haus gehen, um das Vertrauen der Bewohner Bagdads zu gewinnen". Was das praktisch bedeutet, zeigte sich am Vortag der Rede an der Haifa-Straße im Zentrum Bagdads, als schiitische irakische Soldaten und amerikanische Truppen in einem sunnitischen Wohnviertel wüteten, mindestens fünfzig Menschen töteten und ganze Häuserblocks niederrissen.

Sobald die sunnitischen Stadtviertel unterworfen sind, wird sich die Offensive den schiitischen Gebieten zuwenden, besonders den als Sadr City bekannten riesigen Arbeitergebieten im Osten Bagdads. Bisher waren der US-Armee in diesem Teil der Hauptstadt militärische Kampfhandlungen untersagt. Aber jetzt, erklärte Bush, "haben irakische und amerikanische Kräfte grünes Licht, in diese Viertel vorzudringen, und Ministerpräsident Maliki hat zugesagt, dass politische oder konfessionelle Einschränkungen nicht länger geduldet werden". Die Folge wird die Einäscherung ganzer Viertel durch amerikanischen Beschuss sein, und die Zahl der Todesopfer unter den Schiiten wird höher sein als zurzeit von Saddam Hussein.

Zunehmende Gewalt im Irak ist aber nur der Anfang. Bush drohte auch Iran und Syrien militärische Schritte an, mit der Absicht, die sich ständig verschlechternde Lage des US-Besatzungsregimes im Irak durch eine Ausweitung des Kriegs zu retten.

In Worten, die an die Erklärungen Richard Nixons zur Invasion Kambodschas und Laos’ während des Vietnamkriegs erinnerten, behauptete Bush, der Iran und Syrien unterstützten aktiv den irakischen Widerstand, und drohte mit Vergeltung: "Wir werden die Angriffe auf unsere Truppen unterbinden. Wir werden die Unterstützung aus Iran und Syrien unterbinden. Und wir werden die Netzwerke aufspüren und zerstören, die unsere Feinde im Irak mit hoch entwickelten Waffen und Ausbildung versorgen."

Bush versuchte sein Fernsehpublikum mit aufgewärmten Lügen für dumm zu verkaufen. Er behauptete erneut, der Krieg gegen den Irak verfolge das Ziel, eine terroristische Bedrohung der USA zu beseitigen, und er sei eine Antwort auf die Terroranschläge vom 11. September auf New York und Washington. Und er versuchte einmal mehr den Krieg mit dem noblen Motiv zu begründen, er werde dem Nahen Osten "Demokratie" bescheren. In Wirklichkeit will die herrschende amerikanische Elite mit diesem Krieg die Kontrolle über das Land mit den weltweit drittgrößten Ölreserven und einer strategisch wichtigen Lage erringen.

"Von Afghanistan über den Libanon bis zu den Palästinensergebieten haben Millionen Menschen genug von der Gewalt", sagte er. "Und sie schauen auf den Irak. Sie wollen wissen: Wird sich Amerika zurückziehen und die Zukunft des Landes den Extremisten überlassen, oder werden wir die Iraker unterstützen, die die Freiheit gewählt haben?"

Dutzende Millionen von Menschen im Nahen Osten und die große Mehrheit der Weltbevölkerung lehnen die US-Invasion und die Eroberung des Irak ab und verstehen sie, völlig zu Recht, als eine besonders brutale und krasse Form des westlichen Kolonialismus’. Laut einer Studie der John Hopkins School of Public Health hat die US-Intervention im Irak schon jetzt 655.000 Menschen das Leben gekostet. Aber Bushs wahrhaft wahnsinnige Vorstellung stellt die Welt auf den Kopf, und die Iraker, die gegen die US-Besatzung kämpfen, sind "Extremisten, die Unschuldige töten".

Die Verlogenheit und der Zynismus von Bushs Gerede über Freiheit und Demokratie im Irak und im Nahen Osten werden an seiner Haltung zur Demokratie in den Vereinigten Staaten deutlich. Er begann seine Rede mit einem Lobgesang auf die Wahlen im Irak von 2005, erwähnte aber die Kongresswahlen in den USA vor nur zwei Monaten mit keinem Wort.

Die Wahl vom 7. November drückte eine überwältigende Ablehnung von Bushs Irakpolitik durch die Bevölkerung aus, und wenn Bush selbst zur Wahl gestanden hätte, dann wäre er aus dem Amt gefegt worden. Indem er sich über diese Frage ausschwieg, machte Bush klar, dass er keinerlei Absichten hat, der amerikanischen Bevölkerung auch nur den geringsten Einfluss auf seine Kriegspolitik zu gewähren. Er verlässt sich dabei auf die symbolische Oppositionspartei, die Demokraten, um sicherzustellen, dass die Antikriegsstimmung der Bevölkerung im offiziellen Washington keinen Niederschlag findet.

Die offizielle Reaktion der Demokratischen Partei, vorgetragen von Senator Richard Durbin aus Illinois, war genauso reaktionär und unehrlich wie Bushs Ansprache; ja sie war noch plumper, wenn das überhaupt möglich ist, und grenzte an offenen Rassismus. Durbin zufolge hat die amerikanische Regierung aus den selbstlosesten Motiven gehandelt. "Wir haben den Irak beschützt, als sonst niemand dazu bereit war", erklärte er. Mit diesen Worten beschrieb er die amerikanische Intervention, die den Irak als funktionierendes Gemeinwesen zerstört und große Teile des Landes in einen primitiven Zustand zurückgeworfen hat.

"Amerika hat den Irakern so viel gegeben", fuhr er fort. Als Beispiele zählte er den Sturz Saddam Husseins, die neue Verfassung und Wahlen für eine neue Regierung auf. Jetzt sei es an der Zeit, dass die Iraker selbst die Verantwortung für ihre Angelegenheiten übernehmen, erklärte er. "Sie müssen wissen, dass nicht jedes Mal, wenn sie die 110 wählen, wir weitere 20.000 Soldaten schicken werden."

Die Demokratische "Opposition" zu Bushs Irakpolitik ist nicht anderes als der Versuch, die Vormachtstellung der USA in diesem Land beizubehalten, aber gleichzeitig die aufrichtige Abscheu der Bevölkerung gegenüber dem Krieg zu beschwichtigen. Auf Nachfragen der Presse wiederholte Durbin, dass die Demokraten keinesfalls die Finanzierung des Kriegs stoppen werden, und sie könnten die Eskalation nicht verhindern.

Auf die Frage, ob die Wähler, die gegen den Krieg sind, nicht das Recht hätten, Taten und nicht nur Worte zur Beendigung des Kriegs zu erwarteten, antwortete Durbin: "Die Vorstellung, wir könnten den Krieg mit einem Schlag aufhalten, ist unrealistisch."

Die Eskalation des Kriegs durch die Bush-Regierung und die Komplizenschaft der Demokraten unterstreichen die zentrale politische Frage, vor der die arbeitende Bevölkerung und alle Gegner der reaktionären Schlächterei im Irak stehen. Die Voraussetzung für den Kampf gegen den Krieg ist ein Bruch mit dem politischen Establishment und den beiden großen Parteien und der Aufbau einer unabhängigen politischen Massenbewegung, die sich auf die Arbeiterklasse stützt.

Die arbeitende Bevölkerung muss den offiziellen Konsens zur Verteidigung der Interessen des amerikanischen Imperialismus zurückweisen. Sie muss Massendemonstrationen gegen den Krieg und für den sofortigen, bedingungslosen Rückzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak organisieren. Und sie muss die strafrechtliche Verfolgung all derjenigen fordern, die dafür verantwortlich sind, dass dieser kriminelle Aggressionskrieg begonnen wurde und fortgesetzt wird.

Siehe auch:
Die Hinrichtung Saddam Husseins: Ein konfessionell geprägter Racheakt
(6. Januar 2007)
Rumsfelds Entlassung: Das erste Bauernopfer nach den Wahlen in den USA
( 11. November 2006)
Loading