Eddie Benjamin: 2. Januar 1953 - 5. Februar 2008

In tiefer Trauer gibt die World Socialist Web Site den überraschenden Tod von Eddie Benjamin bekannt, einem langjährigen Mitglied der Socialist Equality Party der Vereinigten Staaten und ihrer Vorgängerin, der Workers League.

Genosse Eddie starb am Dienstag, den 5. Februar im Alter von nur 55 Jahren an einem Herzinfarkt. Während eines Basketballtrainings in der Schulturnhalle eines westlichen Vororts von Detroit brach er plötzlich zusammen. Trotz sofort eingeleiteter Wiederbelebungsversuche kam er nicht mehr zu Bewusstsein. Sein Tod kam für alle völlig überraschend, denn er sehr sportlich, ausdauernd und scheinbar von unverwüstlicher Lebenskraft war.

Eddie hinterlässt seine Frau Ruth und zwei Töchter, Sade (21) und Larissa (19).

Genosse Eddie gehörte zu jener bemerkenswerten Generation afroamerikanischer Arbeiterjungendlicher, die sich in den 1970er Jahren revolutionärer Politik zuwandten. Seine Entscheidung, sich 1973 der Workers League anzuschließen, war zum großen Teil eine Reaktion auf die Unterdrückung, die er in jungen Jahren selbst erfahren hatte. Aber, wie bei vielen anderen spielten die gesellschaftlichen Konflikte der 1960er und 1970er Jahre in den USA und weltweit eine wichtige Rolle bei seiner Hinwendung zur Politik.

Doch Eddie gehörte zu den Wenigen dieser Generation, die aus dem Verrat an der Arbeiterklasse politische Lehren zogen und am Kampf für den Aufbau einer neuen revolutionären Partei teilnahmen. Mehr als dreißig Jahre widmete er sich voll und ganz dem Aufbau einer solchen politischen Führung.

Eddie wurde am 2. Januar 1953 in Dawson, Georgia, geboren, einer kleinen ländlichen Gemeinde im Südwesten eines Staates, in dem schwarze Farmpächter in tiefer Armut lebten und unter Rassendiskriminierung litten. Wie Eddie manchmal berichtete, war der spätere Demokratische Präsident Jimmy Carter damals einer der großen Plantagenbesitzer in diesem Gebiet.

Eddies Vater Anderson arbeitete in einer Düngemittelfabrik und seine Mutter Mae Bell als Haushaltshilfe. Der Junge wuchs mit acht Brüdern und Schwestern in einem Haus ohne fließendes Wasser auf. Als Eddie alt genug war, um in die Schule zu gehen, zog er mit seinen Brüdern und Schwestern auf die Felder und erntete Baumwolle, um Geld für Schulkleidung und andere notwendige Dinge zu verdienen.

Im Geschäftsviertel von Dawson mussten die Geschwister sorgfältig darauf achten, dass sie nur von Brunnen tranken, die "für Schwarze" ausgewiesen waren, und nicht etwa von denen "für Weiße". Sonntags gingen sie in ihr bevorzugtes Milchgeschäft. Die Weißen konnten ihre Bestellungen vorne im Laden aufgeben, aber die Schwarzen durften nur im Hinterraum bestellen.

Eddie erzählte später, wie es war, als junge Bürgerrechtsaktivisten in seine Stadt kamen. Das war zur Zeit des Kampfs gegen Rassentrennung und für das Stimmrecht für Schwarze. Während die meisten älteren schwarzen Arbeiter aus Furcht vor Vergeltung jeden Kontakt mit ihnen mieden, waren die Jugendlichen der Stadt von ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit begeistert.

Eddies Bruder Robert berichtet: "Viele Schwarze hatten Angst, weil die Polizei jedem, der sich auflehnte, nachstellen konnte, um’s ihm heimzuzahlen. Aber Eddie ließ sich davon nicht abschrecken. Ich fragte ihn: ‚Weißt du nicht, was passieren kann? Wenn jene die Stadt wieder verlassen, bist du auf dich allein gestellt.’ Das war ihm egal. Er sagte: ‚Einmal müssen wir doch anfangen zu kämpfen.’ Dieser Kampfgeist war ihm immer eigen. Er duldete keinerlei Ungerechtigkeit."

Die Lage wurde schwieriger, als der Vater die Familie verließ. In der Hoffnung auf ein besseres Leben zog Eddies Mutter anfangs der 1960er Jahre mit der Familie nach Cleveland in Ohio. Eddie wuchs in East Cleveland auf, einem heruntergekommenen afroamerikanischen Stadtteil mit hoher Arbeitslosenrate, schlechten Wohnungen und vernachlässigten Schulen. Im Juli 1968 brach in dieser Gegend ein gewalttätiger Aufstand gegen Polizeibrutalität und Rassismus aus. Der Demokratische Bürgermeister Carl Stokes, der erste schwarze Bürgermeister einer größeren Stadt in den ganzen USA, rief die Nationalgarde zu Hilfe und ließ den Aufstand blutig unterdrücken. Es gab sieben Tote.

Oft sprach Eddie darüber, wie sehr er den Vietnamkrieg ablehnte. Darin bestärkten ihn die Erfahrungen seiner eigenen Familie. In den 1960er Jahren wurden drei seiner Brüder - Lonnie, Robert und Walter - eingezogen und in Kampfhandlungen in Vietnam verwickelt. Er erinnerte sich an junge Männer aus der Nachbarschaft, die entweder getötet wurden oder psychisch krank heimkehrten.

Nach seinem Highschool-Abschluss 1970 erhielt Eddie ein Sportstipendium und besuchte die Universität von Akron, wo er Werbegraphik studierte. Weil er Rassendiskriminierung aus erster Hand erlebt hatte, sorgte er im Alleingang dafür, dass schwarze und weiße Studenten im Speisesaal des College’s gemeinsam aßen. Bis dahin hatten sie ihre Mahlzeiten getrennt eingenommen.

Anfang der 1970er Jahre kehrte er nach Cleveland zurück, konnte aber keine seinem artistischen Talent entsprechende Arbeit finden. Viele Arbeitgeber lehnten ab, sobald sie merkten, dass sie einen Schwarzen am Telefon hatten. Er zog wieder zu seiner Mutter und jobbte in Fabriken und Lagerhallen.

Ende 1973 traf er die Young Socialists (YS), die Jugendbewegung der Workers League, und wurde Mitglied. Was ihn anzog, war die Perspektive, eine politische Bewegung der Arbeiterklasse gegen die Demokraten und Republikaner aufzubauen und für eine sozialistische Alternative gegen Krieg, Armut und Unterdrückung zu kämpfen.

Er stürzte sich in die Aktivitäten der Young Socialists und wurde im Mai 1974 in das Nationalkomitee der YS gewählt. Eddie war ein feuriger und beredter Agitator. 1975 half er mit, eine Delegation von Jugendlichen aus Cleveland für die Gründungskonferenz des Internationalen Jugendkomitees der Vierten Internationale in London zu organisieren. Als Eddie Mitglied wurde, hatte er nur wenig politische Erfahrung, aber er war immer begierig, die Geschichte der Bewegung und ihre Prinzipien kennen zu lernen.

Er war auch an der Kampagne zur Befreiung von Gary Tyler aus dem Gefängnis beteiligt, einem schwarzen Jugendlichen aus Louisiana, der für einen Mord verurteilt worden war, den er nicht begangen hatte. Die YS gewannen die Unterstützung von Hunderttausenden Gewerkschaftern, Jugendlichen und anderen. Sie trugen entscheidend dazu bei, dass er nicht hingerichtet wurde.

Hier ein Bericht von Helen Halyard, der stellvertretenden Vorsitzenden der Socialist Equality Party, über seine Rolle in der damaligen Zeit: "Eddie schloss sich der Partei nach Ende der Massenproteste gegen den Krieg an, in einer Zeit, als der schwarze Nationalismus und andere Identitätsbewegungen Einfluss hatten. Er wurde auf der Grundlage von politischen Prinzipien zum Marxismus gewonnen. Er verstand, dass es notwendig war, die politischen Kämpfe der Arbeiterklasse unabhängig zu organisieren. Besonders der Kampf der Workers League für den Aufbau einer Labor Party und für sozialistische Politik zog ihn damals an.

Er reagierte stark und voller Mitgefühl auf die Lage der Unterdrückten und besonders auf die Lage von Minderheitenjugendlichen. Aufgrund seiner eigenen Erfahrung im Süden wusste er um die Wirkung von Rassenunterdrückung.

Aber Eddie verstand auch, dass diese Frage nicht außerhalb des Kampfs zur Vereinigung schwarzer und weißer Arbeiter gelöst werden kann, oder ohne die zentrale Ursache dieser Unterdrückung zu beseitigen, die in den ökonomischen Verhältnissen des Kapitalismus liegt.

Ein Begriff ist für Eddie bezeichnend: Enthusiasmus. Man kann auf den Fotos aus dieser Zeit erkennen, mit welcher Entschlossenheit und Hingabe Eddie jede Parteikampagne anging. Er brachte sich voll ein. Mit all seinen Talenten und seinem Potential wollte er die fortgeschrittensten Schichten der Arbeiter und Jugendlichen für den Marxismus gewinnen."

1976-77 kam Eddie nach New York, wo er sich für die Partei zum Drucker ausbilden ließ. Er arbeitete eng mit Tom Henehan zusammen, einem Führer der Workers League, der 1977 bei einem politischen Attentat ermordet wurde. Obwohl er keinen technischen Background hatte, arbeitete er eifrig daran, seine Fähigkeiten zu entwickeln, und spielte eine entscheidende Rolle dabei, sicher zu stellen, dass die Zeitungen der Workers League, das Bulletin und der Young Socialist, pünktlich erschienen.

1980 kam Eddie nach Detroit und beteiligte sich an zahlreichen Interventionen der Workers League in den Kämpfen der Arbeiterklasse, als es gegen die Zerstörung der Gewerkschaften ging, die mit der Entlassung von 13.000 PATCO-Fluglotsen im August 1981 durch die Reagan-Regierung ihren Anfang nahm.

Anfang der 1980er Jahre reiste er mit mehreren Genossen - unter ihnen ein entlassener PATCO-Streikender, der Mitglied geworden war - nach Florida, wo sich das Exekutivkomitee des AFL-CIO traf. Die Partei hatte Tausende Unterschriften von Arbeitern gesammelt und überreichte eine Petition, die Kampfmaßnahmen zur Unterstützung der Fluglotsen forderte.

Eddie berichtete regelmäßig im Bulletin über Streikkämpfe und schreib eine Anzahl Streikreportagen aus der Region Detroit, zum Beispiel über die Arbeitskämpfe von Barry Steel, Livernois Moving & Storage und Cunningham Drug Stores. All diese Streiks wurden von der AFL-CIO und der Autoarbeitergewerkschaft UAW isoliert und verraten.

Im Jahr 1982 kandidierte er als einer von mehreren Kandidaten der Workers League für den US-Kongress im Wahlkreis 1 von Michigan. In diesem Wahlkreis lebten Tausende Autoarbeiter, deren Arbeitsplätze und Löhne bedroht waren. Sein Gegenkandidat war der "linke" Demokrat John Conyers, der versuchte, die Arbeiterklasse an die Demokraten zu fesseln, um jeden ernsthaften Widerstand gegen die Angriffe der Unternehmer und der Regierung auf ihren Lebensstandard zu verhindern.

In einem Interview mit dem Bulletin sagte Eddie: "Ich bewerbe mich um dieses Mandat, weil die arbeitende Bevölkerung hier keine politische Vertretung hat. Die gesamte ökonomische Entwicklung in diesem Land hat gezeigt, dass dieses System absolut bankrott ist.... Die kapitalistischen Besitzer können ihr Profitstreben nicht mit einem anständigen Lebensstandard für die Menschen in diesem Land in Einklang bringen. Diese beiden Interessen stehen in völligem Gegensatz zueinander.... Entweder werden die Fabriken geschlossen, oder die Arbeiter werden sie verstaatlichen und unter ihrer eigenen Kontrolle weiterführen, um die Arbeitsplätze zu erhalten und die grundlegenden Bedürfnisse ihrer Familien zu sichern."

Immer wieder hat Eddie in den 1980ern und 1990ern über die Kämpfe der Arbeiterklasse berichtet. Im September 1991, nach dem Brand in einer Fleischverarbeitungsfabrik von Imperial Foods, bei dem 25 Arbeiter ums Leben gekommen waren, reiste er mit einem Reporterteam nach Hamlet, North Carolina. Eine Woche lang interviewte er Überlebende, Kollegen und Familienmitglieder der Verstorbenen und bereitete eine Serie über die Tragödie vor. Durch seine Offenheit gewann er das Vertrauen der Arbeiter, und er war voller Empörung über die Arbeits- und Lebensbedingungen in dieser Stadt.

Da Eddie sich dem Aufbau des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, der trotzkistischen Weltbewegung, vollständig hingab, konnte ihn auch der politische Kampf gegen die nationalistische Degeneration der Workers Revolutionary Party von 1985-86 und die darauf folgende beispiellose Integration der Weltbewegung nur weiter ermutigen.

Nach dem ersten Golfkrieg 1991 reiste er nach Berlin und nahm an der internationalen Arbeiterkonferenz des IKVI gegen Imperialistischen Krieg und Kolonialismus teil. 1996 reiste er nach Australien und half den Genossen der Socialist Labor League, der Vorläuferin der SEP, beim Wahlkampf in Brisbane und Sydney. Dort traf er Genossen aus aller Welt und gewann ihren tiefen Respekt und ihre Zuneigung.

Auf seiner letzten Reise nach Europa legte er Wert darauf, das Anne-Frank-Haus in Amsterdam zu besuchen, wo sich das heroische jüdische Mädchen versteckt hatte, bevor es von den Nazis verhaftet und ermordet wurde.

Genosse Eddie war ein außergewöhnlicher Mensch mit vielen intellektuellen und kulturellen Interessen. Er hatte viel Verständnis für Kunst und Musik, besonders für Jazz und Blues. Im Allgemeinen entging ihm kein talentierter Musiker. Obwohl die Umstände ihm nicht erlaubten, seine Liebe zur Kunst voll zu entfalten, fanden sich in seinem Haus wundervolle Bilder, darunter eins, das er selbst von dem Delta Blues Interpreten John Lee Hooker angefertigt hatte.

Der Autor dieser Zeilen hatte Gelegenheit, während der SEP-Wahlkampagne 1996 in den USA eng mit Eddie zusammenzuarbeiten. Gemeinsam reisten wir nach Minnesota, New Jersey, New York und in andere Staaten und organisierten Versammlungen mit Arbeitern und Studenten. Während der Hunderte-Meilen-langen Reise wurde er nicht müde, Erinnerungen an die frühen Jahre der Bewegung auszutauschen und über die Aussichten und Möglichkeiten der Parteientwicklung zu diskutieren. Auf diesen Fahrten diskutierten wir über Politik, Geschichte, Film, Musik, Sport und viele andere Themen und gerieten zuweilen in hitzige Debatten.

Genosse Eddie hatte zwar viele Interessen, aber in erster Linie setzte er sich für die Sache des internationalen Sozialismus ein, für die er 35 Jahre lang leidenschaftlich kämpfte. Sein Tod ist ein immenser Verlust für unsere Bewegung. Er wird von seinen Genossen, seiner Familie und Freunden in den USA und weltweit sehr vermisst werden.

Siehe auch:
Druba Jyoti Majumdar: Nachruf auf einen indischen Trotzkisten
(17. Februar 2005)
Velupillai Sarawanaperumal (1948-2005)
( 28. April 2005)
Australischer Sozialist starb im Alter von 54 Jahren
( 13. April 1999)
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