Alan Thornett denunziert den Trotzkismus

Dieser Artikel untersucht die Rolle von Alan Thornett und der International Socialist Group im Respect-Renewal-Projekt, das vom britischen Parlamentsabgeordneten, George Galloway, geleitet wird.

In der Januarausgabe des International Viewpoint wurde eine Erklärung des Lenkungsausschusses der Socialist Resistance mit dem Titel "Demokratischer Zentralismus und linke Parteien" veröffentlicht. Die Gruppe, die auch als International Socialist Group bekannt ist, wird von Alan Thornett geleitet.

Thornett hat kürzlich seinen Posten als Chefberater des Abgeordneten George Galloway in Respect Renewal übernommen. Die Organisation Respect Renewal wurde nach Galloways Abspaltung von der British Socialist Workers Party (SWP) im letzten November gegründet.

Die SWP war die treibende Kraft bei der Schaffung der Respect-Unity-Koalition, die direkt nach dem Beginn des Irak-Kriegs gegründet wurde. Die SWP sah Respect als den verlängerten politischen Arm der Antikriegs-Allianz aus Labour-Abgeordneten, Gewerkschaftsbürokraten, Stalinisten, Grünen, Liberaldemokraten und muslimischen Gruppen, welche die Stoppt-den-Krieg-Koalition gebildet hatten.

Die SWP rechnete sich aus, dass eine solche Koalition die Labour Party bei den Wahlen in Verlegenheit bringen könne, wenn sie selbst einer solchen Neugruppierung keine Hindernisse in den Weg legte. Das größte Hindernis wäre gewesen, die neue Partei ausdrücklich als sozialistisch zu bezeichnen. Die SWP erklärte deshalb, dass Respect eine "breite Koalition" unter Beteiligung von Sozialisten sein werde, dass aber nur solche Forderungen aufgestellt würden, die für alle beteiligten Antikriegskräfte akzeptabel seien.

Die sozialistische Komponente von Respect werde die SWP selbst darstellen. Aber was noch wichtiger war: Sie erwartete von den linken Labour-Abgeordneten und Gewerkschaftsbürokraten, dass sie aufgrund des Irak-Kriegs und aus Opposition zu Blairs wirtschaftsfreundlicher Politik mit der Blair-Regierung brechen würden. Diese abtrünnigen Labourmitglieder sollten dann die wirkliche Führung von Respect stellen.

Die SWP orientierte sich folglich nicht an den Hunderttausenden von Arbeitern und jungen Leuten, die gegen den Krieg mobilisierten, sondern an den politischen Kräften, die letztlich die Antikriegsbewegung dominieren konnten und sicher stellten, dass kein politischer Kampf gegen die Blair-Regierung geführt wurde.

Eine solche Partei, die sich auf ganz und gar unterschiedliche politische Tendenzen stützte, die ihre Wurzeln in entgegengesetzten Klassenkräften hatten, konnte auf keinen Fall überleben. Ihre einzige politische Übereinstimmung war die "tiefe Enttäuschung über die autoritäre gesellschaftliche Politik und die neo-liberale Wirtschaftsstrategie der Regierung". Das Schicksal von Respect sollte jedoch doppelt verhängnisvoll werden, weil der Bruch einer größeren Schicht von Labouranhängern mit der Partei ausblieb. Die symbolische Opposition, die eine Handvoll Abgeordnete gegen den Krieg im Irak an den Tag legte, verflüchtigte sich, sobald der Krieg begonnen hatte. Keiner von ihnen war bereit, seine bequeme Karriere in der Labour-Partei zu opfern.

Galloway wurde wegen seiner Opposition gegen den Krieg aus der Labour-Party ausgeschlossen. Respect war für Galloway in erster Linie ein Vehikel, um seinen Sitz im Parlament verteidigen zu können.

Darüber hinaus trug die Abhängigkeit von Galloway mit dazu bei, dass sich die Anpassung der SWP, die während der Antikriegsbewegung begonnen hatte, noch vertiefte - eine Anpassung an Imame, muslimische Geschäftsleute, kleinbürgerliche Führer und Gruppen wie die Muslim Association of Britain wie auch an Regime des Nahen Ostens, mit denen Galloway kokettierte. Die SWP tat das in der Hoffnung, aus Galloways Beziehungen Nutzen zu ziehen, um bei den Wahlen besser abzuschneiden.

Der Plan ging für die SWP böse ins Auge. Als die moslemischen Politiker und Geschäftsleute ihre Abneigung gegen das Bündnis mit der SWP deutlich machten, wandte sich Galloway letztendlich gegen seine ehemaligen Verbündeten. Diese Opposition war in gewissem Maße durch Antikommunismus motiviert, aber zum größten Teil durch kleinliche organisatorische Rivalitäten und die Überzeugung, dass die SWP zuviel Einfluss auf die Zusammensetzung der Führung und die Aufstellung von Kandidaten habe.

Thornetts kleine Gruppe von Anhängern war neben der SWP die einzige dem Namen nach linke Gruppe in Respekt. Sie verteidigte Galloways von Moslems dominierte Fraktion als großartige Reformbewegung und verurteilte die angeblich undemokratischen Prinzipien der SWP. Thornett ergriff die Gelegenheit, Respect zu "erneuern" und händigte Galloway sogar die Zeitung seiner Partei aus.

Ein Angriff auf den revolutionären Sozialismus

Der Artikel von Thornetts Tendenz in der Zeitung International Viewpoint ist als Polemik gegen die SWP formuliert und macht die SWP für das Scheitern der "breiten Allianz fortschrittlicher Kräfte" verantwortlich, die ursprünglich die Basis von Respect sein sollte. Aber im Verlauf des Artikels liefert Thornett eine der lupenreinsten Darlegungen zynischer, prinzipienloser und antisozialistischer Politik, die hinter all den Bemühungen steht, neue Parteien aus den verfaulenden Bruchstücken und Abspaltungen der alten sozialdemokratischen und stalinistischen Organisationen aufzubauen.

Thornett spricht als Führer der britischen Sektion des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale (USec), dessen Parteien - wie die Ligue Communiste Révolutionnaire in Frankreich - überall auf der Welt in ähnliche Projekten verwickelt sind. Er macht klar, dass die wesentliche Grundlage aller dieser Projekte in einer tiefen politischen Feindschaft gegen den Trotzkismus besteht. Sie weisen die entscheidende Aufgabe zurück, eine unabhängige politische Führung für die Arbeiterklasse aufzubauen, die von der sozialistischen und internationalistischen Perspektive des Marxismus angeleitet wird.

Die Erklärung räumt ein, dass es bei der Spaltung von Respect um "keine prinzipiellen politischen Fragen ging", betont aber, dass sie dennoch bedeutsam sei. Respect ist gescheitert, behauptet Thornett, weil die SWP, anders als die International Socialism Group und das USec auch weiterhin "politischen Organisationsmethoden und Umgangsformen mit anderen Linken" anhängt, "die von einigen selbsternannten trotzkistischen Organisationen eingeführt wurden", welche "unter dem starken Druck des Stalinismus der Dritten Periode sowie den organisatorischen Methoden und politischen Überzeugungen der stalinisierten Komintern standen". Er fügt hinzu, dass "keine Sektion des britischen Trotzkismus von diesem Druck unbeeinflusst war". (1)

Thornett wirft den linken Gruppen in Großbritannien vor, historisch von ultralinken Einstellungen gegenüber den alten Massenorganisationen der Arbeiter und von stalinistischen organisatorischen Methoden in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Daraus leitet er seine nachdrückliche Forderung ab, dass niemand bei den neuen "breit angelegten linken" Parteien denselben Fehler machen solle, die seit den späten 1990er Jahren gegründet wurden. Er preist Organisationen wie Rifondazione Comunista in Italien und neuerdings Die Linke in Deutschland als Wiedergeburt der Linken, was den Aufbau einer unabhängigen marxistischen Partei unnötig und spalterisch gemacht habe.

"Die Vorstellung ist absurd", stellt die Erklärung fest, "dass es möglich sei, ganze Texte, die 1902 oder auch 1917 in Russland geschrieben wurden, aus dem Regal zu nehmen und einfach auf 2007 anzuwenden. Noch unglaubwürdiger ist die Vorstellung, die Form der revolutionären Organisation und Politik, die für Minneapolis im Jahr 1934 (2) angemessen war, einfach auf eine Situation anwenden zu wollen, in der sich revolutionäre Politik durch wichtige neue Themen verändert hat (insbesondere die Frage der Geschlechter und der Umwelt); in der sich das kulturelle Niveau, die geografische Verteilung und politische sowie gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiterklasse verändert hat; und in der die Erfahrungen der gesellschaftlichen Massenbewegungen sowie die Bilanz des Stalinismus (und der Sozialdemokratie) die zentrale Bedeutung der Selbstorganisation und Demokratie als Zentrum des revolutionären Projekts nochmals bekräftigt haben."

Thornett argumentiert nicht gegen eine unkritische Anwendung von Lenins Schriften. Er weist jegliche Möglichkeit von sich, eine sozialistische Partei aufzubauen, die sich auf die Arbeiterklasse stützt. Die Zukunft liege vielmehr darin, sich in die neuen "breit angelegten linken" Formationen aufzulösen.

Er ist gezwungen zuzugeben, dass die Arbeiter bereits bittere Erfahrungen mit genau den Parteien gesammelt haben, die er favorisiert. Beispiele sind die "Unterstützung von Rifondazione Comunista für die Beteiligung Italiens am Krieg in Afghanistan" und die "neo-liberale Innenpolitik" von Lulas Abeiterpartei in Brasilien. Das, stellt er fest, waren "natürlich gewaltige Niederlagen für die Linke". Aber er hebt sich seine Gehässigkeit für diejenigen auf, die gegen die Verrätereien dieser Parteien kämpfen.

Sein Dokument betont: "Für einige auf der revolutionären Linken, die wir die Tendenz der,sauberen Hände und des fleckenlosen Banners’ nennen können, beweist dies, dass Versuche zum politischen Neuarrangement vergeudete Zeit sind. Besser, man baut nur seine eigene Organisation auf, verkauft seine eigene Zeitung, hält die eigenen Versammlungen ab, kritisiert alle anderen und hält das eigene flecklose Banner hoch... Unserer Meinung nach funktioniert diese allzu simple,Baut die Partei auf’-Alternative nicht länger."

Dieses zynische Abtun der Tendenz "der sauberen Hände und des fleckenlosen Banners" ist ein Verweis auf die letzten Absätze des Übergangsprogramms von 1938, dem Gründungsdokument der Vierten Internationale (VI)

Trotzkis Gründung der VI war eine politische Antwort auf die welthistorischen Niederlagen, die der Arbeiterklasse als Folge der bürokratischen Degeneration der Sowjetunion und der Parteien der Kommunistischen (dritten) Internationale unter der Führung von Joseph Stalin zugefügt worden waren: den Generalstreik 1926 in Großbritannien, die chinesische Revolution 1927, und, vor allen Dingen, den Sieg Hitlers in Deutschland.

Weil keine Partei der Dritten Internationale gegen diesen Verrat gekämpft hat, verkündete Trotzki ihren Tod als revolutionäre Organisationen und rief zum Aufbau der Vierten Internationale auf. Er tat das in politischer Opposition zu zentristischen Parteien, wie der POUM in Spanien, die gegen den Aufbau einer neuen Internationale waren und deren Weigerung, den Stalinismus politisch in Frage zu stellen zu weiteren blutigen Niederlagen führte. Die Antwort der stalinistischen Bürokratie auf Trotzkis Herausforderung war die Einleitung der politischen Säuberungen der 1930er Jahre, die in den berüchtigten Moskauer Prozessen gipfelten.

Auf diesem Hintergrund wurde die Vierte Internationale am Vorabend des Zweiten Weltkriegs gegründet. Trotzki zog die Schlussfolgerungen aus diesen schrecklichen Erfahrungen und schrieb: "Die gegenwärtige Krise der menschlichen Kultur ist eine Krise der proletarischen Führung. Die in der Vierten Internationale vereinten fortgeschrittenen Arbeiter zeigen ihrer Klasse den Weg, der aus der Krise herausführt. Sie legen ihr ein Programm vor, das sich auf die internationale Erfahrung im Befreiungskampf des Proletariats und aller Unterdrückten in der Welt gründet. Sie reichen ihr ein fleckenloses Banner."

Thornett weist Trotzkis Kampf zum Aufbau der Vierten Internationale völlig zurück und verkündet, er sei in der heutigen Zeit ohne Bedeutung. Er ereifert sich gegen "eine falsche Auffassung von der Struktur der Arbeiterbewegung und der Linken. Diese sei eine Fehlinterpretation von Ideen aus den 1930er Jahren, die in einigen Teilen der trotzkistischen Bewegung üblich ist. Diese,Landkarte’ sieht hauptsächlich die Arbeiterklasse und ihre Gewerkschaften, die Reformisten (Stalinisten), verschiedene Formen des,Zentrismus’ (Tendenzen, die zwischen Reform und Revolution schwanken) und die revolutionären Marxisten - mit vielleicht noch den Anarchisten als erschwerenden Faktor."

"Auf dieser Grundlage", fährt die Erklärung fort, "konnte Trotzki 1938 sagen,Es gibt außerhalb der Vierten Internationale auf dem Angesicht der Erde keine revolutionäre Tendenz, die dieses Namens würdig ist.’ Wenn diese Vorstellung überhaupt je etwas getaugt hat, dann sicherlich nicht heute."

"Heute funktioniert das ‚enge rote Konzept des Bolschewismus’ von revolutionärer Politik nicht", betont das Dokument. Warum? Weil "diese Idee oft der formalen programmatischen Übereinstimmung in manchmal undurchsichtigen und zweitrangigen Fragen Priorität gegenüber den Realitäten der Organisation und des Klassenkampfs vor Ort einräumt" [Hervorhebung hinzugefügt].

Pablistisches Liquidatorentum

Für Thornett ist es unzulässig von Stalinismus, Reformismus und Zentrismus zu sprechen, weil die Parteien, die er aufbauen will, nur geformt werden und Einfluss gewinnen können, wenn die Arbeiterklasse in Unwissenheit über die politische Bilanz dieser diskreditierten Tendenzen gehalten wird, und in Unkenntnis darüber bleibt, dass ihre Überreste das Rückgrat der neuen Parteien bilden.

Jeder, der z. B. mit der Geschichte des Stalinismus vertraut ist, wäre nicht über die Unterstützung Rifondazione Comunistas für die italienische Teilnahme am Krieg in Afghanistan überrascht gewesen. Sie tat das als Koalitionspartner von Romano Prodis Regierung zusammen mit den Linken Demokraten, die auch aus der italienischen Kommunistischen Partei hervorgegangen sind.

Diverse "linke" Gruppen hatten behauptet, Rifondazione Comunista sei eine linke Alternative zu den Linken Demokraten. Aber Rifondazione Comunista hat die Regierung weiter unterstützt trotz ihrer Rolle im Libanon, ihrer Unterstützung für die Ausweitung der US-Militärstützpunkte in Norditalien und ihrer Durchsetzung von Sparmaßnahmen, die im Februar zu ihrem Sturz führte.

Dasselbe gilt für die Angriffe von Lulas so genannter Arbeiterpartei auf den Lebensstandard der Arbeiter und für die Bilanz aller anderen Gruppen, die von Thornett hoch gehalten werden, weil sie den Trotzkismus angeblich überflüssig gemacht haben. Thornett will Organisationen wie der deutschen Partei Die Linke eine politische Amnestie erteilen. Diese Partei ist z.B. von einer Fraktion sozialdemokratischer Funktionäre unter der Führung von Oskar Lafontaine und Ex-Stalinisten aus Ostdeutschland gegründet worden, in die sich alle möglichen "linken" Gruppen liquidiert haben - einschließlich der Schwesterpartei der britischen SWP.

Thornett begleitet seinen Angriff auf die programmatische Übereinstimmung mit einer Liste von "allgemeinen Richtlinien", wie man sich in diesen "breit angelegten linken" Parteien verhalten soll. Die bezeichnendste davon ist sein Beharren darauf, dass "keine revolutionäre Strömung das Handlungskonzept einer ‚disziplinierten Phalanx’ praktizieren darf ... [W]ir praktizieren keinen Entrismus oder kämpfen gegen eine bürokratische Führung".

Was sagen Thornetts Rezepte über die Art Partei aus, die er für gut hält? Kein Kampf um programmatische Übereinstimmung bedeutet, dass die pro-kapitalistischen Programme der Führer in diesen Parteien nicht in Frage gestellt werden. Seine Tendenz "kämpft nicht gegen eine bürokratische Führung".

Dasselbe gilt für Thornetts Ablehnung einer Rechenschaftspflicht innerhalb seiner eigenen Organisation oder der breiteren Partei (Respect Renewal oder irgendwelchen anderen Zusammenschlüssen), in der seine Gesinnungsgenossen operieren. Er spricht nicht für die Rechte der einfachen Mitglieder, sondern für die Führung, deren etablierter Vertreter er jetzt ist. Alles kann diskutiert werden, alle Ansichten können vertreten werden, aber nur so lange, wie sie nicht das Recht der Führer stören, das formale Programm ihrer Partei und das Mandat ihrer Mitglieder zu ignorieren und exakt das zu tun, was sie wollen.

Genau das ist passiert im Fall der Unterstützung von Rifondazione Comunista für die italienische Teilnahme am Krieg in Afghanistan. Und das wird im Fall von Respect Renewal in Großbritannien passieren, sollte sie jemals nennenswerten Einfluss gewinnen.

In einem Dokument zu diesem Thema macht David Packer aus Thornetts Gruppe dies mehr als deutlich klar. Er sagt klipp und klar, dass "wir gegenwärtig in Respect nicht für ein revolutionäres Programm oder revolutionäre Organisationsformen gekämpft haben, noch kämpfen sollten".

Im Weiteren gibt er zumindest ein Beispiel, wie die "Freiheit" in der Praxis funktioniert, für die Thornetts Gruppe eintritt. Er schreibt: "Ich bin sicher, dass wir darin übereinstimmen, dass unsere gemeinsame Grundüberzeugung in der Frage der Abtreibung in dem,Recht der Frau auf Selbstbestimmung’ besteht. Das wird aber von unserem einzigen Parlamentsmitglied [George Galloway] nicht unterstützt, genauso wenig wie von einigen anderen Kräften innerhalb von Respect... Ohne Frage erwarten wir nicht, dass [Galloway], ein erklärter Anhänger der römisch-katholischen Kirche, für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen argumentiert ..."

Thornett hat durchaus keine neuen Weisheiten entdeckt, die sich aus Entwicklungen ableiten, die Trotzki nicht vorhergesehen hat. Er wärmt lediglich alte Argumente auf, um einen Kampf gegen die alten diskreditierten reformistischen und stalinistischen Parteien abzubügeln.

Er vertritt eine aufgewärmte Version der Politik, die schon seit langem das Vereinigte Sekretariat und seine Gründungstheoretiker Michel Pablo and Ernest Mandel kennzeichnet. (3)

In der gesamten Nachkriegsperiode haben die pablistischen Gruppen darauf bestanden, dass dem Trotzkismus keine unabhängige Rolle zukommt. Der Kampf für den Sozialismus finde dadurch statt, dass die Revolutionäre in die "Massenparteien der Arbeiter" eintreten, die in den jeweiligen Ländern bestimmend sind - Stalinisten, Reformisten oder Nationalisten -, die sie dann in eine sozialistische Richtung zu lenken versuchten, indem sie Bündnisse eingingen und loyale Ratschläge geben, in der Hoffnung, ihre Führer damit zu beeinflussen.

Mit Worten, die Thornetts Dokument vorwegnehmen, rief Pablo 1951 zu einer "möglichst effektiven Neugruppierung bewusster revolutionärer Kräfte" auf, "die größer sind als unsere", und zur "Vereinigung mit ihnen", was schlussendlich zur Schaffung von "großen marxistischen revolutionären Parteien" führen werde.

Pablo tat Trotzkis Feststellung mit Verachtung ab, dass es außerhalb der Vierten Internationale "keine einzige revolutionäre Strömung auf diesem Planeten gibt, die diesen Namen wirklich verdient". Im Oktober 1953 schrieb er: "In der gegenwärtigen konkreten historischen Situation ist die mehr und mehr am wenigsten wahrscheinliche Variante die, in der die Massen, desillusioniert von den Reformisten und Stalinisten, von ihren traditionellen Massenorganisationen brechen und sich um unsere gegenwärtigen Kerne polarisieren, wobei die Letzteren ausschließlich und im wesentlichen unabhängig von außerhalb agieren."

Im Kampf gegen dieses Liquidatorentum wurde das Internationale Komitee der Vierten Internationale 1953 gegründet. in ihrem Gründungsdokument, dem "Offenen Brief an die trotzkistische Weltbewegung", den der amerikanische trotzkistische Führer James P. Cannon veröffentlichte, hieß es: "Hervorgerufen wurde die heutige Krise in unserer Internationalen Bewegung durch den Versuch, die anerkannte trotzkistische Analyse des Charakters des Stalinismus und die leninistisch-trotzkistische Theorie der Partei zu revidieren und damit den trotzkistischen Parteien und der Vierten Internationale insgesamt jede historische Berechtigung einer unabhängigen Existenz letztlich abzusprechen." (Das Erbe, das wir verteidigen von David North, Seite 243: "James P. Cannons ‘Offener Brief).

Cannons Worte hätten auch gegen Thornetts Dokument geschrieben worden sein können.

Jahrzehntelang, speziell während der revolutionären Welle, die von 1968 bis 1975 über Europa hinwegfegte, spielten die pablistischen Gruppen eine Schlüsselrolle als Verteidiger der stalinistischen, sozialdemokratischen und bürgerlich-nationalistischen Regime und Bewegungen - wobei sie trotzkistische Floskeln benutzten, um eine Politik der völligen Unterordnung unter die Arbeiterbürokratien zu rechtfertigen.

Diese Loyalität gegenüber der Bürokratie hat eine objektive Grundlage. Die Pablisten drückten die Interessen einer Schicht des Kleinbürgertums und besser gestellter Arbeiter aus, deren soziale Stellung von den Mechanismen des Sozialstaats und anderen Zugeständnissen abhing, welche die Bourgeoisie in der Nachkriegsperiode gewähren musste.

Die herrschende Klasse wurde dazu durch die Furcht vor einer revolutionären Entwicklung in der Arbeiterklasse getrieben. Diese Konzessionen wurden von den sozialdemokratischen und stalinistischen Parteien vermittelt und verwaltet, die eine beträchtliche Schicht privilegierter Staats-Apparatschiks im Regierungsapparat und in Kommunalverwaltungen und den Gewerkschaften darstellten, und zu denen auch zahlreiche nach links neigende Akademiker an den Universitäten und Hochschulen zählten. Dieses Milieu war die eigentliche Quelle, aus der sich die diversen linksradikalen Gruppen speisten, die sich darauf spezialisierten, immer energischere und größere Reformen zu fordern, von denen sie profitierten, während sie gegen jede Entwicklung auftraten, die die bürokratische Hand zu beißen drohte, die sie fütterte.

Dieselben Überlegungen prägten die Reaktion der dem Vereinigten Sekretariat angeschlossenen Organisationen auf den Zusammenbruch der stalinistischen, sozialdemokratischen und bürgerlich-nationalistischen Parteien in den 1990er Jahren. Das war das Jahrzehnt, in dem die Perspektive, die historisch vom Pablismus verkörpert wurde, ihre vernichtendste Widerlegung erfuhr.

Die revolutionäre "Selbstreform" der stalinistischen Bürokratie, die der Pablismus vorhergesagt hatte, entpuppte sich als ihre Verwandlung in eine kapitalistische Oligarchie, die die Wiedereinführung des Privateigentums und der Marktverhältnisse in der früheren Sowjetunion anführte. Im Westen wurden die reformistischen Arbeiterparteien und Gewerkschaften zu Instrumenten zur Durchsetzung einer Politik der Privatisierung und der Zerstörung wichtiger sozialer Dienstleistungen a la Thatcher umgestaltet, die zu einer historisch beispiellosen Umverteilung des Reichtums von den Arbeitenden zu den Superreichen geführt hat.

In allen Ländern hat die Unterstützung für diese alten Organisationen extrem nachgelassen, was Teile der Bürokratie dazu veranlasst hat, neue Organisationen zu gründen - wie z. B. Lulas Arbeiterpartei in Brasilien und die von den Stalinisten geführte Rifondazione Comunista in Italien -, um so die Kontrolle über die Arbeiterklasse aufrechtzuerhalten. Jeder dieser Versuche wurde von den Pablisten als neue politische Morgenröte begrüßt.

Erst nachdem die Überreste der sozialdemokratischen und stalinistischen Linken entschieden hatten, einen solchen organisatorischen Bruch zu vollziehen, setzten sich die Sektionen des Vereinigten Sekretariats schließlich von den verfaulenden Kadavern der alten Parteien ab. Und sie taten es nur, um es sich so bequem wie möglich in den neuen politischen Gebilden genau derselben Bürokratie zu machen - wobei sie als Zeichen ihrer absoluten Loyalität ihre Bemühungen verdoppelten, den Trotzkismus mit Hohn und Spott zu überschütten.

So betonte das Vereinigte Sekretariat 2003, die große Gefahr sei, dass "Sektionen der revolutionären marxistischen Bewegung ihr programmatisches Erbe zu einem Fetisch" machen, "der gegen alle Neuerungen verteidigt werden müsse". Notwendig sei "eine Zurückweisung des Konzepts einer erleuchteten, arroganten Vorhut, die zum Schmarotzer an der Bewegung wird oder sie sich unterwirft".

Alan Thornetts gehässiger Angriff auf den Trotzkismus bietet die Gelegenheit für eine nochmalige Untersuchung seiner eigenen politischen Entwicklung. Sie ist insofern aufschlussreich, als sie zeigt, wie eine falsche politische Auffassung über die Entwicklung des Sozialismus für eine Schicht von Arbeitern und Kleinbürgern, die sich ehemals zu revolutionärer Politik hingezogen fühlten, zum Ausgangpunkt für einen deutlichen Schwenk nach rechts wurde. Dieser politische Schwenk hing mit tief greifenden Erfahrungen zusammen, welche die Arbeiterklasse in Großbritannien mit Labour gemacht hat.

In seiner Kritik am "Linksradikalismus" "trotzkistischer Gruppen" in Großbritannien, erwähnt Thornett speziell die Socialist Labour League (SLL) und ihre Nachfolgeorganisation, die Workers Revolutionary Party (WRP). Die SLL/WRP war früher die britische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), das die World Socialist Web Site veröffentlicht. Thornetts Gruppe ist eine Abspaltung der WRP von 1974.

Thornett war Teil einer nennenswerten Schicht von militanten Arbeitern, die in den 1960er Jahren als Ergebnis eines politischen Kampfs gegen die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie für die Socialist Labour League gewonnen wurde. Thornett war Vertrauensmann in der großen britischen Automobilfabrik British-Leyland in Cowley. Er verließ die Kommunistische Partei und trat der SLL bei. Er führte viele Kämpfe in der Fabrik an, wurde Vorsitzender des Ortsverbands der Transportarbeitergewerkschaft Transport and General Workers Union und des gemeinsamen Vertrauensleute-Ausschusses in Cowley. Er war ebenfalls Führer des Gewerkschaftsarms der SLL, der All Trades Union Alliance.

Thornett trat der SLL zu einer Zeit bei, als man allgemein annahm, dass die Entwicklung der revolutionären Partei notwendigerweise mit einer deutlichen Bewegung nach links innerhalb der Labour Party und der Gewerkschaften einhergehen musste, denen sich Millionen von Arbeitern zugehörig fühlten, weil sie diese Organisationen für sozialistisch hielten. Die Aufgabe bestand darin, eine systematische Arbeit zu leisten, um den sozialistischen Anspruch der Labour- und Gewerkschaftsbürokratie zu entlarven, und die politisch fortgeschrittensten Arbeiter für die revolutionäre Partei zu gewinnen, indem man sie von den Illusionen in Labour brach. In diesem Kampf waren die Gewerkschaften, die mehr als 10 Millionen Mitglieder vertraten und eine sehr aktive Mitgliedschaft hatten, eine wesentliche Arena des politischen Kampfs.

Die Tendenz, die Thornett dann später leitete, kristallisierte sich als opportunistische Richtung heraus, die sich genau auf die bürokratischen Führungen und Organisationen orientierte, welche die SLL bekämpfte. Im Gegensatz zu dem politischen Kampf, Arbeiter von den Führungen der Labour Party und der Gewerkschaften zu brechen, entwickelte er die Idee, dass sich innerhalb der Bürokratie selbst eine linke Tendenz herausbilden würde, die für den Sozialismus gewonnen werden könnte.

In einer Zeit starker politischer Wendungen in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, die in Großbritannien die Form von großen Kämpfen gegen die konservative (Tory) Party von Edward Heath annahmen, wurde dies zum Ausgangspunkt für Thornetts organisatorischen und politischen Bruch mit dem Trotzkismus.

Von seinen Anschauungen her war Thornett in vieler Hinsicht ein militanter Gewerkschafter geblieben und gelangte zu der Ansicht, dass der Kampf, den die SLL führte, seiner eigenen Arbeit als Vertrauensmann in Cowley zuwiderlief; diese Arbeit als Vertrauensmann konzentrierte sich auf Bemühungen, mit verschiedenen linken Labouranhängern, Stalinisten und linken Radikalen zur Verteidigung von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen zusammenzuarbeiten. Thornett schrieb später, "der Trotzkismus - und damals Trotzkist zu sein, bedeutete mehr oder weniger Mitglied der SLL zu sein wegen ihrer Größe und ihres Einflusses - bot uns nicht nur eine Analyse des Kapitalismus, sondern auch der Gewerkschaftsführer, ihrer Rolle in der Gesellschaft und ihrer Beziehung zu den Unternehmern."

Allerdings, fährt er fort, " übertrieb die SLL das bis ins Extreme. Sie sah die Rolle, die die Funktionäre im Allgemeinen spielten, als anwendbar auf alle an. Sie sah nicht die Unterschiede und dass einige auch eine progressive Rolle spielen konnten. Sie war deshalb unfähig, Bündnisse mit denen zu schließen, die Prinzipien vertraten." [Hervorhebung hinzugefügt|

Thornetts Anpassung an die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie entwickelte sich unter Bedingungen einer wachsenden politischen Desorientierung der zentralen SLL-Führung von Gerry Healy, Cliff Slaughter and Michael Banda.

Wie in der Broschüre "Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat" erklärt wird, entwickelte sich die Spaltung von Thornett im Gefolge des ungeklärten Bruchs mit der französischen Organisation Communiste Internationaliste (OCI) im Jahr 1971.

Schon 1966 hatte die OCI erklärt, dass die Vierte Internationale zerstört worden sei und wiederaufgebaut werden müsse. Sie leugnete, dass das IKVI die Kontinuität des Trotzkismus darstellte, und wies die Bedeutung des Kampfs zurück, der gegen das Liquidatorentum der pablistischen Bewegung und gegen deren umfassende Anpassung an die stalinistischen, sozialdemokratischen und bürgerlich-nationalistischen Parteien geführt worden war. - von diesen Parteien behaupteten sie, es seien "stumpfe Instrumente", mit denen der Sozialismus verwirklicht werde.

In den stürmischen sozialen und politischen Kämpfen, die Europa nach dem französischen Generalstreik von 1968 erschütterten, begann die OCI eine bedeutende Jugendbewegung aufzubauen, allerdings auf der Grundlage einer Anpassung an diverse zentristische Tendenzen in Frankreich und international. In der Folgezeit gründete sie das Komitee zum Wiederaufbau der Vierten Internationale und die Arbeiterpartei (PT) in Frankreich als zentristische Instrumente, durch die sie eine führende Position innerhalb der Gewerkschaft Force Ouvriere begründete. Die OCI platzierte Lionel Jospin 1971 in der Sozialistischen Partei. Später wurde Jospin ein wichtiger Verbündeter von Francois Mitterand dem Vorsitzenden der Sozialistischen Partei, der von 1981 bis 1995 das Amt des französischen Präsidenten innehatte. Jospin wurde später Premierminister Frankreichs.

Die SLL führte keinen umfassenden politischen Kampf gegen die OCI, sondern erklärte stattdessen am 24. November 1971 öffentlich die Spaltung, noch bevor ein wirklicher Versuch unternommen worden war, die Kader der damaligen französischen Sektion aufzuklären und sie von der zentristischen Perspektive der Parteiführung loszureißen. Das bedeutete, dass die SLL politisch entwaffnet und geschwächt war, als Thornetts Tendenz sich als Ergebnis einer ähnlichen zentristischen Abweichung entwickelte und zu einem direkten Werkzeug für einen politischen Gegenangriff der OCI wurde.

1973 traf die SLL die Entscheidung, eine Kampagne für die Umwandlung der Partei in die Workers Revolutionary Party zu beginnen. Die Gründungsdokumente der neuen Partei stellten eine deutliche Abwendung von der trotzkistischen Tradition der SLL dar, und das auf dem Höhepunkt einer militanten Anti-Tory-Bewegung. Das erklärte Ziel der neuen Partei war es, die Arbeiterklasse hinter einem sozialistischen Programm zu vereinen, um die Tory-Regierung zu stürzen und durch eine Labour-Regierung zu ersetzen.

Folglich wurde die neue Partei überwiegend im Sinne einer wahltechnischen, taktischen Politik definiert. Das heißt, sie wurde nicht als Werkzeug verstanden, mit dem das strategische Ziel verwirklicht werden sollte, die Arbeiterklasse auf der Grundlage des historischen Erbes und des internationalen sozialistischen Programms des Trotzkismus zu mobilisieren, den Kapitalismus zu stürzen, die Arbeitermacht in Großbritannien zu erreichten und den Sozialismus in Großbritannien und international aufzubauen.

Die Forderung nach der Wahl einer Labour-Regierung verpflichtet auf sozialistische Politik war an und für sich richtig und bot die Gelegenheit, die Arbeiter durch die Erfahrung eines politischen Kampfs gegen die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie zu führen. Die SLL/WRP ging davon aus, wenn Labour durch eine Offensive der Arbeiterklasse gegen die Tory-Regierung an die Macht gebracht würde, würden Millionen von arbeitenden Menschen von Harold Wilsons neuer Labour-Regierung die Durchsetzung größerer sozialer Reformen erwarten. Das wiederum würde sie mit Labour in Konflikt bringen und die besten Bedingungen für eine politische Abrechnung mit der Sozialdemokratie und den Aufbau der revolutionären Partei schaffen.

Das Gründungsdokument der WRP erklärte, dass der spätere Kampf "für sozialistische Politik unter einer Labour-Regierung" die Partei in die Lage versetzen werde "Tausende für den Marxismus zu gewinnen und die reformistischen Führer aus den Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung zu werfen".

Die SLL/WRP passte sich allerdings auf unzulässige Weise an die reformistischen Illusionen in der Arbeiterklasse an. Die WRP legte im Grunde genommen ein Wahlprogramm vor, das den trotzkistischen Charakter der Partei und die internationale Perspektive sowie die politische Autorität des IKVI nur äußerst dezent andeutete. Die Forderungen, die es umriss, wurden als eine Reihe von "Grundrechten" formuliert - für Arbeitsplätze, einen höheren Lebensstandard, Sozialleistungen und bessere Wohnverhältnisse, außerdem wurde gefordert "das System zu ändern", was nicht näher erläutert wurde. Es folgte eine Massenrekrutierungskampagne, bei der nur Übereinstimmung mit diesem Programm gefordert wurde. Das bedeutete, dass Arbeiter in die Partei strömen konnten, die politisch nicht vom Reformismus gebrochen hatten und deren politische Erziehung als Marxisten noch nicht einmal begonnen hatte.

Die nachfolgenden Ereignisse entwickelten sich komplexer und langwieriger, als die WRP angenommen hatte. Die Partei lag nicht falsch mit ihrer Vorhersage, dass die Arbeiterklasse in Konflikt mit der Labour-Regierung geraten würde. (Streiks im gesamten öffentlichen und privaten Sektor gegen die von Labour erzwungene Lohnzurückhaltung führten im "Winter der Unzufriedenheit" 1978-1979 zu einem Verlust von 30 Millionen Arbeitstagen.) Aber es war falsch anzunehmen, dass die Bewegung gegen Labour sich als eine ununterbrochene Ausweitung der militanten Bewegung gegen die Tories entwickeln würde.

Heath rief für den 3. Mai 1974 Neuwahlen aus und zog mit der Parole in den Wahlkampf: "Wer regiert das Land, die Regierung oder die Gewerkschaften?" Die Labour Party kehrte nur vier Monate nach der Gründung der WRP als Minderheitsregierung an die Macht zurück. Ihr Sieg hatte anfänglich eine Verstärkung der Illusionen in die Labour Party und den Reformismus zur Folge und keine Schwächung, auch bei Arbeitern, die für die WRP rekrutiert worden waren.

Die Arbeiterklasse war politisch nicht darauf vorbereitet, sofort einen Kampf gegen die Wilson-Regierung zu führen, die sie an die Macht gebracht hatte, speziell nachdem Wilson beträchtliche Lohnzugeständnisse an die Bergarbeiter machte. Zu dem Zögern, die Regierung anzugreifen, trugen auch der Minderheitsstatus der Regierung und die Befürchtung bei, die Tories könnten an die Macht zurückkehren. Wilson war gezwungen für den 11. Oktober desselben Jahres eine zweite Wahl anzusetzen, bei der Labour tatsächlich mehr Stimmen erhielt und sich eine parlamentarische Mehrheit sichern konnte.

Die WRP hatte eindeutig die Stärke der Illusionen der Arbeiterklasse in Labour unterschätzt. Sie wurde durch diese Entwicklungen gezwungen, verstärktes Gewicht auf ihre trotzkistische Identität und ihre historische Gegnerschaft gegen die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie und zu legen. Dies rief allerdings den heftigen Widerstand von Thornett hervor, der eine rechte Reaktion auf die Bemühungen der WRP zum Ausdruck brachte, ihren Kampf gegen die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie zu vertiefen.

Wie das IKVI später erklärte, hatte Thornett "auf der Grundlage der zentristischen Politik zur Verteidigung der ‚Grundrechte’ eine enge Beziehung mit Arbeiterschichten aufgebaut und wandte sich nun dagegen, dass die WRP-Führung zu scharfen Angriffen auf die Labour-Regierung zurückkehrte, besonders unter Bedingungen, wo die Grundlage ihrer Regierungsmacht sehr wackelig war und sie vor der Notwendigkeit stand, Neuwahlen auszuschreiben."

Ein zusätzlicher Faktor, der dazu beitrug, dass Thornet zu der Überzeugung gelangte, die WRP-Führung verhalte sich "sektiererisch" gegenüber Labour, war die Tatsache, dass die Zukunft von British-Leyland gefährdet war und von der Unterstützung der Wilson-Regierung abhing. 1974 verkündete Leyland prognostizierte Verluste von 16,6 Millionen Pfund. Es suchte um einen Überziehungskredit von 150 Millionen Pfund nach und nahm Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium auf. Im Dezember hielt Tony Benn von der Labour Party eine Rede im Parlament und drängte darauf, Regierungsgelder zur Stützung von British-Leyland bereitzustellen, weil die Firma ein "führender Exporteur" und großer Arbeitgeber sei. Und darauf einigte man sich dann auch.

Die Rolle der OCI

Thornetts allgemeine Unzufriedenheit mit der Partei und seine Feindseligkeit gegen deren Linkswende machte ihn für politische Annäherungsversuche empfänglich, die OCI-Anhänger in Großbritannien ihm gegenüber machten, die in der Marxist Bulletin Group organisiert waren und von zwei kleinbürgerlichen SLL-Renegaten, Robin Blick und Mark Jenkins, angeführt wurden. Die beiden, die später ins Lager des offenen Antikommunismus wechselten, hatten anfänglich das Ziel, innerhalb der WRP eine Fraktion zu schaffen, um Gerry Healy aus der Führung zu entfernen. Das wurde wiederum nur als der erste Schritt angesehen, die WRP für die Position der OCI zu gewinnen, das IKVI zu liquidieren.

Blick schrieb 1980, wie die Bulletin Group Thornett über das Mitglied des Zentralkomitees für die westliche Region, Kate Blakeney, kontaktierte, mit der man sich im August getroffen hatte. Blakeney hatte ihnen erzählt, "es existiere eine inoffizielle und eigentlich geheime Opposition", die sich um Thornett gruppiert, und die auch "keine klare Plattform oder ein Verständnis darüber hat, was in der WRP falsch läuft, sondern eher ein Zusammentreffen von Leuten ist, die aus den verschiedensten Gründen mit dem nationalen Auftreten der WRP unzufrieden sind ".[Hervorhebung hinzugefügt]

Blick erklärt, dass er "beträchtliche Teile" des ersten oppositionellen Dokuments von Alan Thornett geschrieben hat, einschließlich "dem Abschnitt über das Übergangsprogramm, dem Abschnitt über Arbeiterkontrolle, dem Abschnitt über Korporatismus und über die Sozialdemokratie". Er arbeitete auch fast täglich mit Thornett zusammen und bereitete seine Berichte vor "bis zu und während dem Ausschluss der Opposition".

Die zitierten Abschnitte konzentrieren sich größtenteils darauf, die WRP wegen ihrer Haltung anzugreifen, "die gesamte Führung der Gewerkschaften und der Labour Party als,korporatistisch’ zu bezeichnen". Thornetts Fraktionsplattform erklärte, das sei vergleichbar damit, sie sozialfaschistisch zu nennen, so wie die Stalinisten die Sozialdemokraten in der Dritten Periode genannt hatten.

Die politische Kritik der WRP an Thornetts rechts-zentristischer Position war richtig, aber Healy wiederholte und verschlimmerte dadurch den Fehler, der bei der Spaltung mit der OCI gemacht worden war, nämlich eine organisatorische Entscheidung anzustreben, bevor die politischen Fragen, um die es ging, in der Partei und der Arbeiterklasse geklärt waren.

Thornetts provokatives und illoyales Verhalten haben sicherlich eine Rolle bei Healys Entscheidungen gespielt und es stellte sich sehr schnell heraus, dass seine Annahme richtig war, dass Thornett mit der OCI zusammenarbeitete. Aber dieser begründete Verdacht machte es nicht unnötig, die grundlegenden theoretischen Fragen eingehend zu untersuchen, die Thornetts Plattform aufwarf. Das hätte bedeutet, den Konflikt mit der OCI wieder aufzugreifen und so den Kampf des IKVIs gegen den Revisionismus auf eine höhere Stufe zu heben.

In Folge der Verwirrung, welche die Spaltung auslöste, war Thornett zunächst in der Lage, bei seinem Ausschluss mehrere Hundert Mitglieder mitzunehmen, und die Partei verlor ihre wichtigste Basis in den Betrieben.

Die Spaltung von der WRP verschaffte Thornett und seinen Anhängern die Freiheit, "Entrismus" in die Labour Party zu betreiben, während er gleichzeitig seine Gewerkschaftskarriere auf Betriebs- und nationaler Ebene bis in die späten 1980er Jahre fortsetzte. Jetzt im Alter von über 70 Jahren, hat Thornett mehr als drei Jahrzehnte lang Nutzen aus der politischen Konfusion gezogen, die die WRP geschaffen hatte, und sich selbst eine Nische als Berater von reformistischen und stalinistischen Bürokraten organisiert - wer auch immer seine Dienste wünscht.

Seine Gruppe war besonders in der Chesterfield Socialist Movement aktiv, die sich um Tony Benn scharte. Mehrere Jahre lang spezialisierte er sich darauf, diverse Dissidenten und Abspaltungen vom Internationalen Komitee neu zu gruppieren. Aber das war nur der erste Schritt auf dem Weg, sich des Anspruchs auf trotzkistische Orthodoxie zu entledigen und sich auf den Weg in seine natürliche Heimat im pablistischen Vereinigten Sekretariat zu machen. Seine International Socialist Group wurde 1991 vom Vereinigten Sekretariat als sympathisierende Sektion aufgenommen und auf dem Weltkongress 1995 als seine britische Sektion anerkannt.

In seinen jüngsten Artikeln macht Thornett deutlich, dass sein Beitritt bei den Pablisten nur ein Schritt in der Zurückweisung des Trotzkismus war, die er jetzt vollendet hat. Diese Entwicklung hat auch eine beträchtliche Anzahl früherer Kleinbürgerlich-Radikaler gemacht, die ihre ramponierten Referenzen gegen gut bezahlte Positionen in den höheren Rängen der Labour- und Gewerkschaftsbürokratie eingetauscht haben.

In einer weiteren Polemik gegen die britische SWP, schreibt Thornett einen politischen Lobgesang auf Galloway, und beschreibt ihn als "immer noch einzigen linken Labour-Abgeordneten, der mit Labour gebrochen hat", als "den besten öffentlichen Redner auf der Linken" und "einen wichtigen Führer der Antikriegsbewegung" mit "der größten Anhängerschaft unter den Wählern auf der Linken außerhalb der Labour Party". Er fügt hinzu, dass Galloway "linken Reformismus vertritt... Aber genau das hat er von Anfang an bei Respect eingebracht - ein authentisches Element linker Labour-Politik".

Darin sieht Thornett letztendlich seine Aufgabe: Er will sicherstellen, dass jede neue Partei eine Werkzeug für diverse Abspaltungen von Labour und den Stalinisten wird und unerbittlich gegen den wirklichen Sozialismus kämpft. "Die Stärke von Respect-Renewal", erklärt er, "liegt darin, dass diese Organisation ernsthaft an andere Teile der Linken herantritt, wie z.B. an die Gewerkschaftslinken und die [Kommunistische Partei Großbritanniens], und eine breitere Neugruppierung von Kräften anstrebt, um die Krise der Vertretung der Arbeiterklasse zu lösen."

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Anmerkungen:

(1) Während der "Dritten Periode", die 1928 begann, erklärte die Kommunistische Internationale, die soziale Revolution stünde unmittelbar bevor. In Deutschland nahm die Kommunistische Partei eine ultralinke Haltung ein und beschimpfte die Sozialdemokraten als "Sozialfaschisten". Sie stellte sich gegen Trotzkis Forderung nach einer Einheitsfront gegen Hitler, als Mittel den Faschismus zu besiegen. Mit der Einheitsfront sollten die sozialdemokratischen Führer bloßgestellt und Millionen von Arbeitern, die die Reformisten unterstützten, für den Kommunismus gewonnen werden. Die Politik der Kommunistischen Partei war entscheidend für den Sieg Hitlers.

(2) Der Generalstreik von Minneapolis im Jahr 1934 wurde von Trotzkisten geführt und stärkte den Sozialismus unter amerikanischen Arbeitern beträchtlich.

(3) Das Vereinigte Sekretariat entwickelte sich als politische Tendenz in den Jahren direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Unter der Führung von Michel Pablo, dem Sekretär der Vierten Internationale zu dieser Zeit, stellte sie eine opportunistische Anpassung an die Stabilisierung des Kapitalismus dar. Die Stabilisierung gründete sich auf den politischen Verrat des Stalinismus an den revolutionären Bewegungen in Europa und anderswo und auf die Rolle, die die Vereinigten Staaten bei der Rettung des europäischen und japanischen Kapitalismus spielten.

Die Teilung Europas, die in Jalta und Potsdam beschlossen wurde, und der darauf folgende Kalte Krieg zwangen die stalinistische Bürokratie, widerstrebend ein Programm von Verstaatlichungen in den osteuropäischen Pufferstaaten durchzuführen. Pablo reagierte darauf, indem er den Kampf für den Aufbau unabhängiger marxistischer Parteien zurückwies. Stattdessen argumentierte er, der Konflikt zwischen dem Imperialismus und den stalinistischen Regimes habe die stalinistische Bürokratie dazu gezwungen, eine revolutionäre Orientierung zu zeigen und würde sie auch in Zukunft wieder dazu zwingen.

Darüber hinaus gebe es neben den Stalinisten noch eine Reihe weiterer "stumpfer Instrumente", die die revolutionäre Rolle ersetzen könnten, die früher der Vierten Internationale zukam. In Ländern, wo die sozialdemokratischen Bürokratien die Arbeiterbewegung beherrschten, würden diese das Instrument für die sozialistische Umwandlung sein, vorausgesetzt, dass genügend militanter Druck von der Arbeiterklasse auf sie ausgeübt werde. In den halbkolonialen Ländern würden diverse bürgerliche nationalistische Regimes und Parteien dieselbe Rolle spielen - angefangen mit dem Peronismus in Lateinamerika und später bis hin zum Castroismus in Kuba.

Siehe auch:
Labours Neo-Konservative und die linken Verteidiger von Ken Livingstone (28. März 2008)

Spaltung des britischen Bündnisses "Respect-Unity": Ein opportunistischer Block bricht auseinander (23. November 2007)

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