Piyaseeli Wijegunasingha:

Srilankische Trotzkistin stirbt im Alter von 67 Jahren

Der zu frühe Tod der Genossin Piyaseeli Wijegunasingha, einem Mitglied der Socialist Equality Party, der srilankischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (SEP) ist ein großer Verlust. Piyaseeli war ihr Leben lang Trotzkistin, marxistische Wissenschaftlerin und Kämpferin für die Interessen der internationalen Arbeiterklasse.

Piyaseeli

Piyaseeli starb am Donnerstag früh, als ihre lebenswichtigen Organe nach einer Brustkrebsoperation versagten. Sie hatte sich vor einigen Jahren einer Krebsbehandlung unterzogen und in den Jahren dazwischen unter mehreren Erkrankungen gelitten. Sie war erst 67 Jahre alt.

Piyaseeli war die Ehefrau und Partnerin von Wije Dias, dem Generalsekretär der SEP. Sie hinterlässt auch ihren 42 Jahre alten Sohn Keerthi Ranaba Wijegunasinghe, ihre Schwiegertochter Anjana und die sieben Monate alte Enkelin Janarthi.

Jeder, der Piyaseeli kannte – ob Parteimitglieder, Kollegen und Studierende an der Universität von Colombo, Freunde und Familiemitglieder – schätzte ihre Warmherzigkeit, ihre Kultur und ihre Würde. Sie förderte eine ganze Generation Studierende und bildete sie in dem Studium der Literatur aus, die sie leidenschaftlich liebte. Sogar ihre politischen und akademischen Gegner behandelten sie mit Hochachtung.

Den Parteigenossen war sie eine großzügige Gastgeberin, denen ihr Haus immer offen stand. War sie im Allgemeinen zurückhaltend, so konnte sie doch gelegentlich ermutigt werden, in Theaterstücken aufzutreten und mit ihrer schönen Stimme zu singen. Zu ihrer Liebe zur Literatur kam ihre Hochschätzung für viele Arten von Musik, darunter die von Beethoven.

Piyaseeli wurde am 20. Februar 1943 in dem ländlichen Ort Hapugala in der Nähe von Galle im Süden Sri Lankas geboren. Sie besuchte die Dorfschule in Mahamodera, bevor sie auf das Southland Mädchencollege in Galle ging. Dort wurde sie in die englische Literatur eingeführt und zeigte ihre intellektuellen und rhetorischen Fähigkeiten als Leiterin des Debattierclubs der Schule.

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Piyaseelis Leben wurde jedoch grundlegend durch den Trotzkismus geprägt. Sie kam als junge Studentin an der Peradeniya Universität in die Politik und wurde 1965 zur Anführerin der Studentenproteste gegen die unangemessene Wohnsituation. Die Polizei ging mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Demonstrationen vor. Piyaseeli wurde zusammen mit anderen – darunter dem Studenten Wije Dias, der damals ihr Partner wurde – für drei Monate von der Universität verwiesen.

Wije Dias war Mitglied einer Gruppe radikalisierter Jugendlicher, die sich darum bemühten, den historischen Verrat des Trotzkismus durch die Lanka Sama Samaja Partei (LSSP) 1964 zu begreifen. Die LSSP war damals in eine bürgerliche Regierung unter Frau Sirima Bandaranaike eingetreten. Dieses Aufgeben der Prinzipien des sozialistischen Internationalismus war das Ergebnis des Opportunismus einer internationalen Tendenz unter Führung von Michel Pablo und Ernest Mandel, die jahrelang das politische Abrutschen der LSSP hingenommen hatten.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) war 1953 gegründet worden, um dem pablistischen Opportunismus entgegenzutreten. Um die Lehren aus den Kämpfen des IKVI zu ziehen, wurde 1968 die Revolutionary Communist League (RCL) unter Führung von Keerthi Balasuriya als dessen srilankische Sektion gegründet. Wije war eines ihrer Gründungsmitglieder und kurze Zeit später schloss sich auch Piyaseeli ihr an.

Piyaseeli heiratete Wije 1967 und im gleichen Jahr wurde sie Juniordozentin an der Universität von Colombo. Wije erhielt im darauffolgenden Jahr eine ähnliche Stelle. Im gleichen Jahr wurde ihr Sohn Keerthi geboren. Piyaseeli und Wije gingen nach England um ihre Studien fortzusetzen und graduierten an der Universität von Leeds in Englischer Literatur.

Während ihres Englandaufenthalts war Piyaseeli Mitglied der britischen Sektion des IKVI – der Socialist Labour League (SLL), die eine führende Rolle im Kampf gegen die Socialist Workers Party (SWP) der USA gespielt hatte, die sich 1961 – 1963 unter Missachtung aller Prinzipien wieder mit dem pablistischen Lager vereinigt hatte. Später erinnerte Piyaseeli, dass ihre Teilnahme an den Kampagnen und den Ausbildungscamps der SLL ihre internationalistischen Ansichten gestärkt hatte.

Wije und Piyaseeli kehrten 1972 im Verlauf der politischen Turbulenzen, die nach der Bildung der zweiten Koalitionsregierung unter Bandaranaike einsetzten, zurück nach Sri Lanka. Die Regierung hatte 1971 die Armee eingesetzt, um einen bewaffneten Aufstand ländlicher singhalesischer Jugendlicher unter Führung der Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) zu zerschlagen. Dabei töteten die Sicherheitskräfte schätzungsweise 15.000 Jugendliche.

Die RCL verteidigte die JVP gegen diese staatliche Unterdrückung, obwohl sie absolut nicht mit deren singhalesischem Nationalismus und ihrer Guerillapolitik übereinstimmte. Als Reaktion darauf wurden die Zeitungen der RCL verboten und zwei ihrer Mitglieder in der Polizeihaft getötet. Dennoch setzte die RCL ihrer Kampagne gegen die immer schlimmer werdende Hexenjagd der Regierung fort.

1973 spielte Piyaseeli eine führende Rolle in der Verteidigung bekannter Künstler, die kritisch zur Koalitionsregierung standen und deren Werke verboten worden waren. Darunter befanden sich Damma Jagodas Der Tod kommt wieder, Simon Navagaththegamas Puslodan (Leere Cookies) und Saman Susiris Wessanthara. Die prinzipielle Haltung der Partei wurde weithin anerkannt, auch von den betroffenen Autoren selbst.

Piyaseeli schrieb unter dem Namen Manel Hapugala für die Zeitung der Partei zu Fragen von Kunst und Literatur. – ein Gebiet, für das sich der Generalsekretär der Partei Balasuriya ebenfalls interessierte. Sie nahm auch als Darstellerin an den von der Partei organisierten Aufführungen von Theaterstücken zu politischen Themen teil. Eines der Stücke hatte eine Entlarvung der Rolle des Stalinismus an Hand einer Untersuchung der Moskauer Schauprozesse zum Inhalt.

In ihrer Funktion als Universitätsdozentin erarbeitete Piyaseeli eine marxistische, d.h. materialistische Weise der Beschäftigung mit Literatur und Literaturkritik. Ihr erstes Buch – A Materialist Study of Literature (Ein materialistisches Studium der Literatur) wurde 1982 veröffentlicht. Es setzte sich mit dem philosophischen Idealismus und religiösen Auffassungen auseinander, die die Literaturkritik in Sri Lanka beherrschten. "Viele bürgerliche Kritiker in Sri Lanka gründeten ihre Methoden der Kritik auf die idealistischen Auffassungen, die in der [indischen] ästhetischen Schule von Rasavada fortgesetzt wurden. Das vorliegende Buch enthält die Kritik einer ganzen Reihe gegenwärtiger Auffassungen vom Standpunkt des dialektischen Materialismus aus," schrieb sie im Vorwort.

Ediriweera Sarachchandra, eine bekannte literarische Autorität in Sri Lanka, dessen Arbeit in dem Buch kritisiert wurde, antwortete, indem er erklärte, Piyaseeli verstünde nichts von Philosophie. Sie antwortete mit einem zweiten Buch – A Marxist Study of Modern Sinhala Literary Criticism (Eine marxistische Studie der modernen singhalesischen Literaturkritik) – worin sie die Armseligkeit der philosophischen Methode von Sarachchandra weiter aufzeigte und die Werke zweier anderer berühmter srilankischer Schriftsteller, Wickramasinghe und Gunadasa Amarasekara, der Kritik unterzog.

Die furchtbaren politischen Konsequenzen des Verrats der LSSP von 1964 und deren Anpassung an den singhalesischen Nationalismus zeigten sich nach der Niederlage der Regierung Bandaranaike 1977. Die rechtsgerichtete United National Party (UNP) unter Führung von J.R. Jayawardene wandte sich marktwirtschaftlichen Methoden zu und öffnete das Land für ausländische Investoren. Als Reaktion auf die wachsende Opposition dagegen heizte Jayawardene den anti-tamilischen Chauvinismus an, um die Arbeiterklasse zu spalten und begann 1983 den langen, erbittert geführten Bürgerkrieg gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE).

Diese Jahre waren für die RCL eine große Herausforderung. In Großbritannien war die 1973 gegründete WRP, die Nachfolgerin der SLL, politisch abtrünnig geworden und passte sich genau der pablistischen Politik an, die sie Anfang der 1960er Jahre so heftig bekämpft hatte. Wegen ihrer politischen Autorität in der internationalen Bewegung hatte dies eine gefährliche Auswirkung auf alle Sektionen des IKVI, einschließlich der RCL. Aber 1982 begann die Workers League in den USA einen politischen Kampf gegen den Opportunismus der WRP-Führung, der schließlich zur Spaltung von 1985-86 führte. Piyaseeli hielt in der Spaltung fest zur RCL und dem IKVI und trug danach zur Wiederbelebung des Marxismus innerhalb der internationalen trotzkistischen Bewegung bei.

Im Dezember 1987 starb tragischerweise Keerthi Balasuriya im Alter von 39 Jahren nach einem massiven Herzversagen. Unter diesen schwierigen Umständen übernahm Wije Dias die Verantwortung, die RCL als neuer Generalsekretär zu leiten. Trotz ihrer eigenen Arbeit war Piyaseeli ihm eine ständige Quelle der Unterstützung.

Da sich der Bürgerkrieg in Sri Lanka verschärfte, war Jayawardene 1987 gezwungen, ein Friedensabkommen, den sogenannten Indo-Lankischen Pakt anzunehmen, der von der indischen Regierung ausgehandelt worden war. Die JVP reagierte darauf mit einer bösartigen Aufstachelung ethnischer Gegensätze und bezeichnete das Abkommen als Verrat an der Nation. Bewaffnete JVP-Leute ermordeten Hunderte politischer Gegner, Gewerkschafter und Arbeiter, darunter drei Mitglieder der RCL, die sich geweigert hatten, diese chauvinistische Kampagne zu unterstützten. Mitten in diesem Terror der JVP und des Staates, mussten sich Wije Dias und andere führende RCL-Mitglieder in den Untergrund begeben. Piyaseeli schloss sich ihnen an.

In den Neunziger Jahren trat Piyaseeli mit einer wichtigen Polemik gegen Professor Sucharitha Gamlath hervor, einem Ex-Mitglied der RCL, der über Literaturkritik geschrieben hatte. Gamlath hatte die Partei verlassen und wissen lassen, dass er die Verfälschung der marxistischen Philosophie unterstützte, wie sie der WRP-Führer Gerry Healy vertrat. Gamlath begann Piyaseelis frühere Bücher anzugreifen, worauf sie mit einem dritten Buch antwortete – A Reply to Sucharitha Gamlath: Marxist Principles on Criticism of the Arts (Eine Antwort an Sucharitha Gamlath: Marxistische Prinzipien der Kunstkritik), das 1995 erschien.

In ihrem fünften Buch The god of small things: A review and a reply (Der Gott der kleinen Dinge: Eine Besprechung und eine Antwort) – verteidigte Piyaseeli erneut die Prinzipien des Marxismus. Sucharitha Gamlath hatte ihrer Besprechung des Romans der indischen Autorin Arundhathi Roy Der Gott der kleinen Dinge widersprochen und sie unkritisch genannt. In ihrer ausführlichen Antwort zeigte Piyaseeli den Zusammenhang zwischen Gamlaths opportunistischer Politik und seiner oberflächlichen Methode der Literaturkritik auf. Er hatte die politische Beschränktheit von Roy übertrieben und die bedeutenden Einsichten der Autorin in die indische Gesellschaft nicht ausreichend beachtet.

Piyaseelis Arbeiten hatten großen Einfluss. Sie war Urheberin eines Kurses für marxistische Literaturkritik an der Universität von Colombo, erhielt eine Professur und wurde 1997 Dekanin des Fachbereichs für singhalesische Literatur. Bis zu ihrer Pensionierung 2009 hatte sie diese Position inne.

Zur gleichen Zeit übersetzte Piyaseeli eine Reihe grundlegender Werke der trotzkistischen Bewegung ins Singhalesische, darunter einen Teil von Trotzkis Verteidigung des Marxismus, Das Erbe, das wir verteidigen, von David North, Gerry Healy und sein Platz in der Geschichte der Vierten Internationale ebenfalls von David North, Postsowjetischer Bolschewismus und die Künstler der Avantgarde und Die ästhetische Komponente des Sozialismus von David Walsh. Piyaseeli verfasste auch eigene Beiträge zu den Besprechungen auf der World Socialist Web Site, die sich vor allem mit den Filmen des indischen Subkontinents auseinandersetzten.

Vor etwas mehr als einem Monat wurde Piyaseeli von der Wochenzeitung Ravaya zu ihrer Laufbahn interviewt. Der Interviewer bat sie über das "goldene Zeitalter" der Literaturkritik in Sri Lanka zu reflektieren, das durch sie selbst, durch Keerthi Balasuriya und Professor Sucharitha Gamlath verkörpert worden sei. "Ihr ideologischer Kampf brachte eine große Erleuchtung. Was denken Sie, wenn sie auf diese Zeit zurückblicken?"

Piyaseeli antwortete mit der für sie charakteristischen Bescheidenheit und Objektivität: "Ich glaube nicht, dass wir von einem goldenen Zeitalter der Kunstkritik in diesem Land sprechen sollten. Die marxistische Kunstkritik findet in internationalem Rahmen statt. In jüngster Zeit hat es auf dem Gebiet der Kunstkritik nie dagewesene Fortschritte gegeben, [mehr als] in der Periode, die Sie als goldenes Zeitalter der marxistischen Kunstkritik bezeichnen. Heute ist das Organ der marxistischen Kunstkritik die World Socialist Website."

Piyaseelis Antwort zeugte von den internationalistischen Überzeugungen, die ihr ganzes erwachsenes Leben bestimmt haben. Sie widerspiegelt auch ihren Optimismus für die Zukunft – dass Kunstkritik ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der internationalen trotzkistischen Bewegung in ihrem Kampf ist, die Arbeiterklasse zu führen, um eine humane, gerechte Welt zu schaffen, die auf sozialistischen Prinzipien beruht.

Die SEP ehrt das Andenken an Piyaseeli Wijegunasingha.

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