Perspektive

Kony 2012 und die Förderung „humanitärer Kriege“

Kony 2012, das 30minütige Propaganda-Video, das für eine US-Militärintervention in Afrika wirbt, ist für seine Macher und seine Unterstützer in den Medien zu einem Debakel geworden. Millionen Menschen haben inzwischen erfahren, dass seine Behauptungen zum großen Teil auf Lügen basieren. Einige Menschen, die das Video zuvor begeistert begrüßt hatten, haben sich verpflichtet gefühlt, zurückzurudern und sich kritisch von ihm zu distanzieren.

Nichtsdestoweniger hat die Kony-2012-Kampagne, die von der “Menschenrechts”-Organisation Unsichtbare Kinder ins Leben gerufen wurde, einen Vorwand für neue militärische Aktionen in der Region geliefert. Die US-gestützte ugandische Regierung kündigte am 16. März die Bildung einer neuen Brigade von 5.000 Soldaten an, um Joseph Kony, den Führer der Lord’s Resistance Army (LRA) zu jagen.

Das Video hat alle Rekorde gebrochen und ist zum schnellstverbreiteten Online-Video aller Zeiten geworden. Es hat dies aufgrund massiver Medienberichterstattung und Propaganda von Prominenten geschafft, die die Kampagne mittels sozialer Netzwerke unterstützten. Zu ihnen zählten Rihanna, Taylor Swift, Justin Bieber, Christina Milian, Nicki Minaj, George Clooney, Bill Gates und Kim Kardashian

Das Video fand auch die ausdrückliche Unterstützung der Obama-Regierung. Jay Carney, Pressesprecher des Weißen Hauses, gratulierte den Unterstützern des Films und versprach, die US-Intervention in Uganda und in benachbarten Ländern als Reaktion darauf zu verstärken.

Außer den groben Verdrehungen der Wahrheit wirft die Förderung des Films in den Medien und die Unterstützung, die er innerhalb herrschender Kreise fand, tiefergehende Fragen über die globale Politik auf.

Zentraler Impuls hinter dem US-Engagement in Uganda ist der Wunsch, die kürzlich entdeckten Ölreserven und andere Bodenschätze zu beherrschen, und zwar als Teil des Kampfes zwischen den USA, China und den ehemaligen europäischen Kolonialmächten um ihren Einfluss in Afrika. Die Kony-2012-Kampagne diente dazu, diese imperialistischen Ziele zu fördern.

Seit der Entdeckung erheblicher Ölvorkommen in Uganda vor drei Jahren haben die USA versucht, ihre Präsenz in der Gegend zu verstärken. Dabei haben sie den Kampf gegen die LRA als Vorwand benutzt. Im vergangenen Oktober hat Obama einhundert Mann einer Sondereinheit in Uganda stationiert. Die Aktion, so Obama, „ist im nationalen Sicherheitsinteresse der USA und ihrer Außenpolitik und wird einen bedeutenden Beitrag zur Eindämmung der LRA in Zentralafrika leisten.“

Das Motiv für die Unterstützung des Kony-Videos durch die Obama-Regierung unterscheidet sich nicht von den Motiven, die zur Ausweitung des neokolonialen Krieges in Afghanistan, des Krieges für einen Regimewechsel in Libyen und der Bedrohung Syriens geführt haben. Es handelt sich in allen Fällen um die Absicht, strategische Bereiche der Welt zum Zwecke der Bereicherung der US-Banken und Konzerne zu kontrollieren.

Washington versucht, die Plünderung und Unterjochung ehemaliger Kolonien durch humanitäre Vorwände zu verschleiern. Es behauptet immer, seine einzige Sorge gelte dem Schutz der Zivilbevölkerung. Hieran ist an sich nichts Neues. Bereits in den frühen Tagen des Kolonialismus wurde der Kampf um Afrika als „Last des weißen Mannes“ beschrieben.

Die US-Intervention in Uganda ist nur die Fortsetzung eines Prozesses, der 1995 mit der Bombardierung serbischer Kräfte in Bosnien durch US- und Nato-Streitkräfte begann, sich 1999 mit der Bombardierung Jugoslawiens fortsetzte und vor kurzem zu den Angriffen auf Libyen und zum Bürgerkrieg in Syrien führte.

Das blutigste Beispiel der jüngeren Geschichte ist der Krieg gegen Libyen, in dem zehntausende Menschen umgebracht, das Land in Schutt und Asche gelegt und ein von Stammesmorden und Folter gekennzeichnetes Chaos zurückgelassen wurde – alles für das noble Ziel, libysche Ölverträge mit Russland und China auf Frankreich, Großbritannien und die USA zu übertragen.

Der Boden für eine militärische Intervention unter humanitärem Deckmantel wird in derselben Weise in Syrien vorbereitet, wo das Regime von Baschar al-Assad einem Propagandakrieg und Sanktionen durch die USA ausgesetzt ist, die alle auf eine Intervention entweder durch die Nato oder durch arabische Scheichtümer abzielen.

Die Kriege sind erleichtert worden durch den scharfen Rechtsruck der politischen Organisationen der Mittelklasse, die früher die Anti-Kriegs-Protestbewegung beherrscht haben. Seit der Wahl Obamas unterstützen liberale Publikationen wie die Nation und pseudo-linke Gruppen wie die International Socialist Organization offen oder verschleiert imperialistische Interventionen, die im Namen der Menschenrechte ausgeführt werden.

Diese politischen Kräfte sind zu führenden Protagonisten imperialistischer Kriege und neokolonialistischer Plünderungen geworden und stehen Gewehr bei Fuß, sobald ein neues Regime vom US-Militär oder dem US-Außenministerium zum Abschuss freigegeben wird.

Weit davon entfernt, eine Friedenskraft zu sein, ist die US-Regierung der größte Förderer von Kriegen, Armut und sozialem Elend. Sie reagiert nicht auf humanitäre oder demokratische Impulse der Völker, sondern versucht ausschließlich, diese Gefühle auszubeuten und sie zugunsten ihrer Eroberungsabsichten zu missbrauchen.

Sowohl die Republikanische, als auch die Demokratische Partei unterstützen militärische Aggression und neokolonialistische Aufteilung. Der Kampf gegen den Krieg kann nur durch den politischen Bruch mit dem Zwei-Parteien-System und die Bildung einer sozialistischen Massenbewegung der Arbeiterklasse vorangetrieben werden.

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