Die Nachwahl in Bradford und die Notwendigkeit einer revolutionären Partei

Der Sieg des Kandidaten der Partei Respect, George Galloway, bei der Nachwahl in Bradford-West in der vergangenen Woche hat im gesamten britischen Politestablishment und den Medien Angst und Schrecken verbreitet.

Galloway spielte die Antikriegs- und Antikürzungskarte aus und marginalisierte die Labour Party in diesem Wahlkreis in West-Yorkshire, den diese seit fast vier Jahrzehnten ununterbrochen hielt. Ihre 5.000 Stimmen Mehrheit der letzten Wahl wurde in eine 10.000 Stimmen Mehrheit für Galloway umgekehrt – ein Abstand zu Labour von 36,5 Prozent. Labours Stimmenanteil brach im Vergleich zu den Parlamentswahlen von 2010 um zwanzig Prozent ein.

Nicht nur Labour bezog Prügel an der Wahlurne, sondern auch die Kandidaten der regierenden konservativ-liberaldemokratischen Koalition. Galloway errang 56 Prozent der Stimmen, mehr als Labour, Konservative und Liberaldemokraten zusammengenommen. Die Konservativen, die gehofft hatten, Bradford-West zu gewinnen, kamen auf lediglich 2.746 Stimmen und verloren mehr als 10.000 Stimmen. Die liberaldemokratische Kandidatin erhielt nur 1.505 Stimmen und verlor ihre hinterlegte Wahlteilnahmegebühr.

Es war eine ausgemachte Sache für das politische Establishment, dass Labour in der Lage sein würde, die wachsende Opposition gegen die Koalitionsregierung für sich auszunutzen. Galloway wurde als aussichtsloser Kandidat betrachtet, dessen Chancen auf den Sieg zu Beginn des Wahlkampfs mit 200 zu 1 bewertet wurden.

Die Augen auf die anstehenden Wahlen am 3. Mai in Schottland, England und Wales gerichtet, suchen die offiziellen Parteien krampfhaft nach Erklärungen für ihr miserables Abschneiden in Bradford.

Bradford-West sei ein “Einzelfall” versichern sie und versuchen, das Ergebnis mit Fragen der Hautfarbe zu erklären. Galloway habe gewonnen, wird behauptet, weil er ausschließlich an die breite muslimische Bevölkerung des Wahlkreises sowie an die Gegnerschaft der Bevölkerung gegen die Kriege im Irak und in Afghanistan appellierte.

In Wirklichkeit siegte Galloway in allen sechs Wahlbezirken von Bradford, unabhängig von der überwiegenden Hautfarbe oder ethnischen Zusammensetzung ihrer Bewohner. Laut Salma Yaqoob, der Vorsitzenden von Respect, gingen im Stimmbezirk Clayton, den Labour in den letztjährigen Wahlen mit 55,5 Prozent gewann, „ungefähr 900 Stimmen an Respect, verglichen mit 40 für Labour.“

Die World Socialist Web Site hat sich wiederholt als Gegner der opportunistischen Politik Galloways zu erkennen gegeben. Er hat lange Zeit seine Bewunderung für die stalinistische Sowjetunion und Castros Kuba mit der Verherrlichung bürgerlicher nationalistischer Regime im Nahen Osten verknüpft.

Vielen ist Galloway indessen nur aufgrund seines trotzigen Auftritts vor dem Untersuchungsausschuss des Senats der Vereinigten Staaten im Jahr 2005 zum Irakkrieg bekannt und gilt ihnen als Gegenfigur zum Establishment. Sein Stimmenanteil war besonders groß unter jungen und Erstwählern, die in ihrem noch jungen Lebens niemals eine Zeit kennengelernt haben, in der Großbritannien nicht an dem einen oder anderen Raubkrieg im Nahen Osten beteiligt war.

Die von ihm geäußerte Opposition zu den Sparplänen der Koalition traf ebenfalls einen Nerv in einer Stadt, die ebenso wie viele andere im Lande durch fest verwurzelte Arbeitslosigkeit und Armut zerrieben wird.

Die Jugendarbeitslosigkeit in Bradford ist doppelt so hoch wie der Durchschnitt in Großbritannien und hat sich in drei Jahren verdreifacht. In Labours dreizehn Regierungsjahren von 1997 bis 2010 gingen in der Stadt etwa 15.000 Arbeitsplätze in der Produktion verloren.

Dies wurde durch die Sparmaßnahmen verschärft, die in den vergangenen vier Jahren auf die Bankenrettung durch Labour im Jahr 2008 folgten und auch von der konservativ-liberalen Regierung fortgesetzt wurden. Bradfords von Labour dominierter Stadtrat setzte diese Angriffe sklavisch um: Er kürzte 67 Millionen Pfund bei dringend notwendigen Sozialdiensten und strich 1.000 Stellen bei den kommunalen Behörden. Die Gewerkschaften rührten keinen Finger zur Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen, sondern arbeiteten bei diesen Maßnahmen mit.

Galloway nennt das Wahlergebnis in Anlehnung an die Massenerhebungen in Ägypten und Tunesien vom vergangenen Jahr den “Bradforder Frühling”. Das Ergebnis entspringe der „selben Quelle der Unzufriedenheit und Entfremdung, die letzten Sommer die Unruhen in britischen Städten auslöste.“

Es besteht kein Zweifel an der zunehmenden Verachtung, die Millionen Menschen für die drei Parteien der Superreichen empfinden. Eine Umfrage von „YouGov“ ergab, dass erstmals in der Geschichte der Umfragen, die Führer der Konservativen, Liberaldemokraten und Labours gleichermaßen verachtet werden. Die Befragung ergab ein negatives Rating von minus 121 Prozent. Das ist das schlechteste jemals gemessene Niveau. Es wurde die Differenz zwischen denjenigen Stimmen gemessen, die mit der Arbeit von David Cameron, Nick Clegg und Ed Miliband zufrieden sind und denen, die es nicht sind.

Die Umfrage ergab außerdem, dass 68 Prozent der Wähler denken, dass die britische Politik korrupt sei.

Umfrageexperte Mike Smithson erklärte, dass er keine „Epoche in der modernen politischen Geschichte Großbritanniens kenne, in der alle drei Vorsitzenden gleichzeitig solch schlechte Werte aufwiesen.“

Galloway hat indessen nicht die Absicht, dieses verkommene politische System fundamental zu ändern. Seine Agenda wie die von Respect besteht im Versuch zu verhindern, dass diese Alternativlosigkeit zu einem bewussten politischen Bruch mit Labour führt.

Er nutzte seine Siegesansprache zum Appell an die Labour Party, die von ihr begangenen Fehler zu erkennen. „Ich sorge mich nicht um die Konservativen oder die Liberaldemokraten“, sagte er. „Aber ich sorge mich um die Labour Party, in der ich 37 Jahre tätig war und für die ich achtzehn Jahre als Abgeordneter im Unterhaus gesessen habe.“

Der Tatsache zum Trotz, dass gerade in massiver Weise zwei Jahrzehnte pro-kapitalistischer und kriegstreibender Labour-Politik eine Abfuhr erteilt bekommen haben, erklärt Galloway: „Ich rede der Labour Party ins Gewissen, wieder zu einer richtigen Labour Party zu werden und wieder die Koalition zu bilden, deren Teil ich einmal gewesen bin. Das ist der Weg, um die Tories und Liberaldemokraten wirklich zu besiegen.“

Während seines Wahlkampfs erklärte Galloway seinem Publikum wiederholt, dass er “Labour Urgestein“ sei und immer noch Mitglied der Labour Party wäre, hätte ihn die Blair-Führung nicht 2003 wegen seiner Antikriegsansichten aus der Partei ausgeschlossen.

Sein Aufruf ist verachtenswert. Die Labour Party ist eine rechte bürgerliche Partei und der Arbeiterklasse feindlich gesinnt. Galloway erhofft sich, sein Ergebnis als Druckmittel für einen Wiedereintritt in die Partei oder eine ihrer Fraktionen nutzen zu können. Die Labour Party hat aber deutlich gemacht, dass sie an der Sparpolitik und der Kriegspolitik festhalten wird. Ed Miliband inszenierte Labours Kampagne für die Kommunalwahlen mit dem Versuch, die Konservativen als Partei von ‚Law and Order‘ zu übertreffen.

Der Kapitalismus ist weltweit zusammengebrochen. Die politische Aufgabe von Arbeitern und Jugendlichen kann nicht die bankrotte Perspektive sein, ihn zu verarzten oder der gleichfalls vergebliche Versuch, die untergehende Labour Party zu „reformieren“. Dieser Weg führt lediglich zu weiteren zerstörerischen imperialistischen Angriffskriegen und Sparmaßnahmen.

Die arbeitenden Menschen stehen vor dem Kampf um die politische Macht, um das verrottete politische System zu überwinden und die Wirtschaft auf sozialistischer Grundlage neu zu ordnen.

Das ist das Programm der Socialist Equality Party und ihrer Kandidaten Stephen Woodbridge und Danny Dickinson in Peterborough und St Helens.

Die SEP kämpft für die Bildung handlungsmächtiger Basiskomitees, die unabhängig von den Gewerkschaften und Labour agieren, um die Koalitionsregierung zu Fall zu bringen und sie durch eine Arbeiterregierung zu ersetzen.

Wir rufen alle Arbeiter und Jugendlichen auf, die dieses Programm unterstützen, sich für unseren Wahlkampf einzusetzen, unsere Kandidaten zu wählen, bei uns einzutreten und die revolutionäre Partei aufzubauen.

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