Buch über Mossad bestätigt israelische Morde an iranischen Atomwissenschaftlern

Die Publikation Spies Against Armageddon: Inside Israel’s Secret Wars (2012) [Spione gegen den Weltuntergang: Im Innenbereich von Israels geheimen Kriegen – keine dt. Übersetzung] stellt unmissverständlich fest, dass innerhalb der vergangenen fünf Jahre fünf führende iranische Atomwissenschaftler vom israelischen Geheimdienst Mossad ermordet worden sind. Die Morde sind Bestandteil einer breit angelegten Sabotagekampagne, die sich gegen das iranische Atomprogramm richtet.

Inzwischen ist weitgehend zugestanden worden, dass die westlichen Mächte eine verdeckte Terrorkampagne führen, die die iranische Atominfrastruktur zerstören soll. Die neuen Beschuldigungen der beiden Autoren Jossi Melman, einem führenden israelischen Militär- und Geheimdienstjournalisten, der für Ha’aretz schreibt und Dan Raviv, einem nationalen politischen Korrespondenten der CBS, enthüllen, dass alle Morde von Mossad-Angehörigen verübt worden sind. Sie nutzten „sichere Häuser“ innerhalb des Irans, die seit der Schah-Ära aufrechterhalten wurden.

Es handelte sich hierbei nicht um Auftragsmorde, sondern um “blauweiße” Operationen – in Anspielung auf die Farben der israelischen Flagge. Mossad-Agenten aus Kidon, einer für Attentate und Entführungen zuständigen Abteilung, führten die Mordtaten aus.

Die Autoren von Spies Against Armageddon sind keine Linken, die die Mossadkriminalität bloß stellen wollten. Die beiden bewundern die Verdienste des Mossad für Israel. Melman ist bekannt für seine Unterstützung eines israelischen Präventivschlags gegen den Iran. Einer seiner Artikel vom April 2009, erschienen in Ha’aretz, trägt den Titel: „Ich rate Netanjahu den Iran anzugreifen – Ein solcher Schritt dient den Interessen des Westens und der arabischen Welt, auch wenn sie es sich nicht leisten können, dies zuzugeben.“

Das Buch legt nahe, dass die meisten der Attentäter Israelis mit iranischem Hintergrund seien, die möglicherweise auch zwei Nationalitäten und einen iranischen Pass besitzen. Zehntausende iranischer Juden verließen den Iran nach der Revolution im Jahr 1979 und machten sich in Israel ansässig. Einige von ihnen oder ihre Persisch sprechenden Kinder wurden vom Mossad angeworben und ausgebildet. Diese Agenten haben über verschiedene Wege regelmäßigen Zugang zum Iran, z.B. über die kurdische Region und über einige Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres wie Aserbaidschan, zu dem Israel enge Beziehungen pflegt.

Von WikiLeaks veröffentlichte Depeschen des amerikanischen Außenministeriums aus dem Jahr 2007 deuten darauf hin, dass der Mossad erwog, seine gut gehenden Beziehungen mit unzufriedenen Minderheiten innerhalb des Irans – balutschische, aserbaidschanische und kurdische Minderheiten, darunter islamistische Gruppen – zu nutzen, um das iranische Atomprogramm zu verzögern. Meir Dagan, der Direktor des Mossad, lehnte es aber ab, solch heikle Aufträge wie Attentate in der iranischen Hauptstadt, an Söldner zu vergeben.

Das Buch macht deutlich, dass Washington Kenntnis von den „verdeckten Maßnahmen“ und der „Konterproliferation“ hatte, wenn auch nicht von spezifischen Details und Zeitabläufen, so dass das Weiße Haus sich bei Bedarf die Hände in Unschuld waschen konnte.

Vergangenen Dezember starb der 32-jährige Atomwissenschaftler Professor Mustafa Ahmadi Roschan in Teheran durch eine Autobombe. Zuvor wurde ein Motorradfahrer gesichtet, der eine magnetische Vorrichtung an seinem Pkw angebracht hatte. Die Bombe tötete außerdem Roschans Leibwächter, der den Wagen fuhr, und verletzte einen 85-jährigen Fußgänger. Roschan war Professor an der Technischen Universität von Teheran und ein Leiter der Atomanreicherungsanlage in Natanz. Einige Tage vor seiner Ermordung hatte er sich mit Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) getroffen.

Im Januar 2010 tötete eine ferngelenkte Bombe Massoud Ali Mohammadi, einen Atomwissenschaftler an der Universität von Teheran.

Im November 2010 starb Madschid Schahriari, Professor für Atomtechnik an der Shahid-Beheshti-Universität, bei einer weiteren Autobombenexplosion.

Ein Attentatsversuch an Fereidun Abbasi-Dawani, dem Leiter der Physikfakultät an der Imam-Hossein-Universität, scheiterte, weil Abbasi-Dawani rechtzeitig aus seinem Auto sprang.

Im Juli 2011 erschossen Gangster in Teheran den Physiker Dr. Dariusch Rezaie.

Ein weiterer Wissenschaftler starb vermutlich infolge einer Vergiftung durch Kohlenmonoxid, das der Heizung seiner Wohnung entströmte.

Es gab eine Reihe Explosionen in iranischen Militäreinrichtungen, deren Ursachen nicht geklärt sind. Am 12. November 2011 zerstörte eine Explosion den Stützpunkt der Iranischen Revolutionsgarde in Bid Kaneh, wobei siebzehn Menschen getötet wurden. Eine gewaltige Explosion im Dezember 2011 zerstörte den Großteil einer Urananreicherungsanlage in Isfahan. Dutzende Menschen starben. Einer der Getöteten war General Hassan Tehrani Moghaddam, zuständig für die Entwicklung von Langstreckenraketen und verantwortlich für die Zusammenarbeit mit Syrien und der Hisbollah im Libanon.

Eine weitere Strategien des Mossad ist es, den internationalen Nachschub des Irans zu kappen, die Lieferung fehlerhafter Komponenten zu organisieren oder die Einschleusung eines Computervirus‘ namens Stuxnet, um das von Siemens entwickelte Computersystem zu stören, welches die Zentrifugen in Natanz steuert. Es wurden außerdem zwei weitere Cyberangriffe gestartet, darunter ein weiterer Computervirus namens Duku.

Melman und Raviv erinnern an Israels Entschlossenheit, sein Atomwaffenmonopol in der Region aufrechtzuerhalten. Das war der Grund für den Angriff vom 6. September 2007 auf das syrische al-Kibar (im Nordosten gelegen) dar. Der Mossad nahm an, dass sich dort ein Atomreaktor nordkoreanischer Bauart befand und Plutonium herstellte, das als spaltbares Material für Bomben dienen konnte.

Die Attentate bezwecken die Einschüchterung der Wissenschaftler und ihrer Familien. Der Mossad vermutet, dass einige der Wissenschaftler das Programm verlassen haben und dass Wissenschaftler aus China, Russland, Pakistan und anderen Ländern Einladungen ausschlugen, im Iran zu arbeiten.

Die Attentats- und Terrorkampagne läuft parallel zu den zahlreichen Sanktionen, die von den Vereinigten Staaten, Europa und anderen Mächten gegen den Iran verhängt worden sind. Washington hat Flugzeugträger in den Persischen Golf entsandt und macht seine Bereitschaft zum Krieg deutlich, indem es davon spricht, dass „alle Optionen auf dem Tisch liegen“. Beständig droht Israel mit Präventivschlägen gegen iranische Atomeinrichtungen, wie sie 1981 gegen den Irak und 2007 gegen Syrien verübt worden sind.

Das Buch lässt ebenso die in höchstem Maße illegalen Bestrebungen Israels Revue passieren, sein eigenes Atomwaffenarsenal weiterzuentwickeln. Es wird vermutet, dass es aus über 200 Sprengköpfen besteht, deren Einsatz mittels interkontinentaler ballistischer Flugkörper, U-Booten und Flugzeugen gewährleistet ist. Israel hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben und musste deshalb niemals Inspektoren ins Land lassen.

Tel Aviv wirft mit Washingtons Rückendeckung dem Iran regelmäßig vor, ein “staatlicher Sponsor” des Terrorismus zu sein. Er unterstütze sowohl Hamas als Hisbollah, zwei nationalistische bürgerliche Bewegungen, die infolge der israelischen Aggression und Expansion entstanden sind, sowie das syrische Assad-Regime.

Washington und Tel Aviv beschuldigen Teheran, illegal Uran anzureichern, das nicht, wie vorgegeben, für medizinische Zwecke genutzt werde, sondern für Atomwaffen, was einen weit komplizierteren Produktionsprozess erfordert. Diese Anschuldigungen werden bar jedes stichhaltigen Beweises vorgebracht. Gleichzeitig haben die USA den Atomwaffenprogrammen Indiens und Pakistans zugestimmt, die außerhalb des internationalen Inspektionssystems betrieben werden.

Jahrelang behauptete Israel, der Iran sei “bloß ein Jahr davon entfernt”, Atomwaffen herstellen zu können. Während Israel Attentate, Bombenanschläge und Sabotageakte ausführt, rechtfertigen die kapitalistischen Medien diese Verbrechen und dämonisieren ihre Opfer. Damit befolgen sie konsequent den Grundsatz des Stillschweigens über den kriminellen und rücksichtslosen Charakter der amerikanischen Politik in dieser Region und verhalten sich vollkommen heuchlerisch hinsichtlich des vorgeblichen „Krieg gegen den Terror“, während terroristische Maßnahmen gegen Regierungen unterstützt werden, die gestürzt werden sollen. Noch unwahrscheinlicher ist, dass die Kommentatoren den wahren Grund für die endlosen Provokationen gegenüber Teheran erklären werden: Die Entschlossenheit der USA, ihre Hegemonie über den ölreichen Nahen Osten und das Kaspische Meer sicherzustellen.

Seit dem Sturz des Schah-Regimes im Jahr 1979 ist Washington entschlossen, die Bedrohung der amerikanischen strategischen Interessen durch den Iran zu beenden. Ganz anders als erhofft, hat der Krieg gegen den Irak zu einer Stärkung der Position des Irans in dieser Region geführt. Die Entmachtung der langjährigen Verbündeten der USA Zine el-Abidine Ben Ali in Tunesien und Hosni Mubarak in Ägypten durch Massenaktionen der Arbeiterklasse trieben die USA dazu, ihre Pläne gegen Teheran noch rücksichtsloser zu betreiben.

Zusammen mit einer wahllos zusammengestellten Mischung aus Pseudoliberalen, Islamisten und ehemaligen Regimegetreuen siegten die Vereinigten Staaten in einem von der Nato geführten Krieg über Libyen. Jetzt wird der Sturz des Assad-Regimes in Syrien auf die gleiche Weise betrieben. Beide Male sind die USA auf politische Kräfte angewiesen, die von Saudi-Arabien, den Golfstaaten, Ägypten und der Türkei gestützt werden.

Washington versucht, die politische Landkarte des gesamten Nahen Ostens neu zu zeichnen. Es drohen nicht allein Konflikte innerhalb der Region, sondern auch das Hineinziehen von Mächten, welche die Vereinigten Staaten aus geostrategischen Überlegungen von dieser Region fernhalten wollen: Russlands und Chinas.

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