NPA bietet „antiimperialistische“ Rechtfertigung für imperialistische Intervention in Syrien

Die französische Neue Antikapitalistische Partei (NPA) veröffentlichte am 1. November einen Kommentar mit dem Titel: „Syrien: Die schlechte Medizin der Imperialisten“, in der sie eine Kolumne kritisierte, die am 22. Oktober in der Zeitung Le Monde erschien. In dieser Kolumne, die den Titel „Schluss mit dem Ausweichen, wir müssen in Syrien eingreifen“ trug, forderten Politiker, Prominente aus den Medien – die „neuen Philosophen“ Bernard-Henri Levy (BHL) und Andre Gluckmann, der ehemalige Minister der Sozialistischen Partei (PS) Bernard Kouchner und der Gründer von Ärzte ohne Grenzen Jacques Beres – einen Krieg gegen Syrien.

Eine Analyse des Artikels der NPA zeigt die Heuchelei und die pro-imperialistische Sichtweise dieser kleinbürgerlich-„linken“ Partei. Sie unterstützen zwar den Stellvertreterkrieg unter amerikanischer Führung zur Bewaffnung des Widerstandes gegen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, versuchen aber zynisch, sich von BHL et al zu distanzieren und grundlegende politische Unterschiede aufzubauen, die es gar nicht gibt. Eine Analyse ihrer Argumente zeigt, dass die NPA die Ansichten derjengen teilt, die sie „Imperialisten“ nennt.

Die NPA beginnt: „Wenn eine rechtmäßige ‚Sache‘ keinen Ausweg aus ihren Problemen findet, legitime Forderungen (soziale oder demokratische) nicht erfüllen kann, die nur auf ihren ‚natürlichen‘ Unterstützern basieren, läuft sie Gefahr, falsche Propheten zu finden... Das ist es, was die ‚Sache‘ der Unterstützer der syrischen Revolution bedroht. Ihre falschen Propheten sind die neokonservativen und pro-imperialistischen Ideologen Bernard-Henry Levy, André Glucksmann und Bernard Kouchner.“

Hinter ihren vagen, kryptischen Kommentaren über „Sachen“ und „natürliche“ Unterstützer verbirgt die NPA Nervosität darüber, sich offen mit „neokonservativen und pro-imperialistischen Ideologen“ in Verbindung zu bringen, wenn sie den Krieg in Syrien unterstützt. BHL und Glucksmann – antikommunistische „neue Philosophen“ und intellektuelle Scharlatane, die ihre Karrieren im giftigen Milieu dar „radikalen“ intellektuellen Politik der Zeit nach 1968 begannen – werden von großen Teilen der Bevölkerung mit Verachtung betrachtet. Kouchner machte seine Karriere als Minister in der unpopulären rechten Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy.

Dass sich die NPA mit solchen Kräften auf eine Seite stellt, zeigt den reaktionären Charakter ihrer Politik und die Tatsache, dass die Masse der arbeitenden Bevölkerung weit links von der NPA steht.

Die NPA versucht dann halbherzig, sich von den Befürwortern eines „humanitären“ Krieges zu distanzieren, findet aber nur geringe taktische Unterschiede zu ihnen.

Die NPA betont, dass sie größtenteils die Ansichten teile, die in Le Monde für eine Intervention in Syrien gegeben werden: „Nicht alles in diesem Text ist falsch, im Gegenteil. Und seine Autoren haben Recht, wenn sie das syrische Regime verurteilen, das fast 40.000 Menschen getötet, und tausende andere verschleppt oder gefoltert hat und Panzer und Flugzeuge gegen sein eigenes Volk einsetzt.“

Solche Kommentare zeigen, wie die NPA zu der Pressekampagne steht, die einen Krieg in Syrien rechtfertigen soll. Die NPA gibt Assad die Alleinschuld an den Morden und versucht damit, die Rolle der imperialistischen Mächte zu verbergen, die rechte Islamisten gefördert haben, um einen Stellvertreterkrieg in der ehemaligen französischen Kolonie Syrien zu führen.

Seit eineinhalb Jahren haben die westlichen Imperialisten durch Stellvertreter in der Region – die Türkei, Saudi-Arabien und Katar - Geld, Waffen und islamistische Kämpfer nach Syrien eingeschleust. Mit Unterstützung der CIA führen diese Kräfte im ganzen Land Terroranschläge aus, verüben Massenmorde an Minderheiten auf Assads Seite und wenden regelmäßig Folter und Mord an.

Als Erklärung für den Unterschied zwischen ihrer Position und der des Le Monde-Artikels schreibt die NPA: „Das Problem ist nicht die Beschreibung der derzeitigen Situation durch die Autoren, die insgesamt korrekt scheint. Das Problem liegt darin, welche Heilmittel sie anwenden wollen... Zum einen sprechen sie mehrfach davon, ‚der Revolution Waffen zu liefern‘. Man kann nicht dagegen sein, muss aber bestimmte Bedingungen berücksichtigen.“

Das bedeutet, die NPA ist mit BHL einer Meinung, dass die syrischen Rebellen von den imperialistischen Mächten bewaffnet werden sollten, um Assad zu stürzen. Von da an gleiten die Versuche der NPA, Unterschiede zu BHL zu benennen, schnell ins Absurde ab.

Sie schreibt: „Man sollte vorschlagen, vor allem Waffen zu liefern, die die Rebellen in völliger Autonomie einsetzen können, ohne ‚Militärberater‘ zu brauchen (Frankreich und Großbritannien hatten diese im Jahr 2011 massenweise nach Libyen geschickt). Hochentwickelte Waffensysteme erfordern manchmal spezialisiertes Personal und schaffen damit eine gewisse äußere Abhängigkeit. Das ist nicht die Forderung der syrischen Rebellen. Sie brauchen hauptsächlich Panzerabwehrwaffen und Luftabwehrraketen, um sich vor den mörderischen Artillerieangriffen und Kampfflugzeugen des Regimes zu schützen.“

Man weiß gar nicht, wo man bei so einer unehrlichen Aussage anfangen soll. Es ist egal, was für Waffen die CIA und andere Geheimdienste den Kräften liefern, die die NPA in Syrien und Libyen unterstützen. Diese „Rebellen“ sind von den Militärlieferungen Washingtons und seiner Verbündeten abhängig und, wie die NPA selbst, Werkzeuge der imperialistischen Mächte.

Die NPA versucht, dieser Frage aus dem Weg zu gehen, indem sie behauptet, die Opposition könne sich ihre Autonomie bewahren, wenn sie von der CIA keine „fortschrittlichen“ Waffen bekommt. Wenn man jetzt denkt, die NPA wolle, dass die islamistischen „Rebellen“ in Syrien „nur“ Sturmgewehre, Panzerfäuste oder Autobomben bekommen, stellen sie sofort klar, dass die „Rebellen“ Hightech-Flugabwehr- und Panzerabwehrraketen brauchen.

Zum Schluss kritisiert die NPA einen offenen Krieg mit Syrien als „nicht realistische, wünschenswerte oder nachhaltige Lösung.“ Sie ziehen einen Stellvertreterkrieg unter amerikanischer Schirmherrschaft zum Sturz von Assad einer direkten Invasion vor, da diese „weiteres Übel und Massaker“ schafft.

Die NPA erklärt ihren Widerstand gegen die Intervention, indem sie einen möglichen Nato-Krieg in Syrien mit dem Krieg der Nato gegen Libyen vergleicht – den die NPA unterstützt hat: „Libyen ist ein militärisch schwaches und dünn besiedeltes Land mit nur zwei Großstädten und einer, vom religiösen Standpunkt, relativ homogenen Bevölkerung. Syrien hat fünfmal so viele Bewohner, wenn man die Wanderarbeiter in Libyen weglässt. Eine ausländische Intervention in Syrien, das viel mehr Einwohner hat, mit zahlreichen Religionen und Ethnien, könnte ganz anders enden.“

Die Verherrlichung von Stellvertreterkriegen oder von Kriegen, die nur von Spezialkräften und Luftstreitkräften ausgefochten werden, wie der Libyenkrieg 2011, als wünschenswertere Alternativen zu einer direkten Invasion ist reaktionär und unheimlich. Der Angriffskrieg der Nato gegen Libyen kostete 50.000 Tote, das Land ist verwüstet und wird von einem Netzwerk aus islamistischen Milizen und mafiösen Banden kontrolliert.

Egal ob die imperialistischen Mächte sich für eine direkte Militärintervention entscheiden, wie es HBL fordert, oder für die „Alternative“ der NPA, sunnitische Dschihadisten bis an die Zähne zu bewaffnen, würde ihre Strategie zu einem schrecklichen Blutbad führen. Die syrische Opposition besteht größtenteils aus rechten sunnitischen Kräften. Wenn sie an die Macht kommen, egal ob durch eine direkte Nato-Intervention oder durch Waffenlieferungen der Nato, wird allgemein damit gerechnet, dass es zu religiös motivierter Gewalt gegen Christen und alawitische Minderheiten käme.

Die NPA spielt darauf in charakteristischer Weise mit Bezügen auf „Massaker“ und auf Syriens „zahlreiche Religionen und Ethnien“ an. Sie sagt jedoch nicht, was das bedeutet: dass die NPA sich an der Vorbereitung eines solchen Blutbades beteiligt, indem sie zynisch die pro-imperialistische Opposition als „Revolutionäre“ darstellt.

Letzten Endes ist der einzige Unterschied zwischen der NPA und den Autoren der Le Monde-Kolumne zu Syrien, welche Taktik der Imperialismus bei der Vorbereitung eines weiteren Desasters im Nahen Osten verfolgen soll.

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