Erdähnlicher Planet im Orbit des erdnächsten Sterns entdeckt

Ein Planet mit einer Masse, die derjenigen der Erde ähnelt, wurde in der Umlaufbahn von Alpha Centauri B, unserem nächstgelegenen Nachbarstern entdeckt. Gefunden wurde er mithilfe des 3,6-Meter-Teleskops der Europäischen Südsternwarte (European Southern Observatory - ESO) im chilenischen La Silla, wo der HARPS-Spektograph genutzt wird. Die Ergebnisse wurden in der Ausgabe der Zeitschrift Nature vom 17. Oktober veröffentlicht. Obwohl das neugefundene Objekt sich nicht innerhalb der bewohnbaren Zone seines Zentralgestirns befindet, so stellt sein Fund dennoch einen weiteren Schritt bei der Suche nach erdähnlichen Welten dar.

Künstlerischer Ausdruck des Planeten Alpha Centauri Bb im Centauri-System. Die Sonne befindet sich oben rechts. Credit: ESO/L. Calçada/N. Risinger Künstlerischer Ausdruck des Planeten Alpha Centauri Bb im Centauri-System. Die Sonne befindet sich oben rechts. Credit: ESO/L. Calçada/N. Risinger

Der Gedanke, dass andere Planeten andere Sterne umkreisen könnten, wurde erstmals im 16. Jahrhundert von dem italienischen Philosophen Giordano Bruno geäußert. Bruno war ein Anhänger der kopernikanischen heliozentrischen Sichtweise des Sonnensystems. Zwei Jahrhunderte später pflichtete Isaac Newton dem bei, als er in der Schlussbemerkung seiner Principia schrieb, dass falls andere Sonnensysteme dem unsrigen ähneln, „diese allesamt nach einem ähnlichen Plan konstruiert sein müssen.“

Die ersten Behauptungen von Planetenfunden außerhalb unseres Sonnensystems (Exoplaneten) stammen aus dem 19. Jahrhundert. Astronomen so unterschiedlicher Institute wie der Ostindischen Kompanie und der Universität von Chicago behaupteten, der Doppelstern 70 Ophiuchi hätte einen Planeten in seinem Orbit, der ihn mit einer Dauer von 36 Jahren umkreiste. Spätere Forschungen ergaben, dass die sich ergebende Umlaufdynamik höchst instabil wäre und die behaupteten Planetenfunde erwiesen sich als falsch.

Als erste Bestätigung von Exoplaneten gelten zwei Planeten, die den Pulsar PSR 1257+12 umkreisen. Astronomen vermuten, dass sie entweder aus den Überresten der Supernova geformt wurden, die den Pulsar entstehen ließ oder dass sie die Gesteinskerne von Gasriesen sind, die den Tod ihres Zentralgestirns überdauert haben. Der erste Planet außerhalb unseres Sonnensystems (Exoplanet), der einen sonnenähnlichen Stern umkreist, wurde 1995 entdeckt.

Seitdem wurden über 840 Planeten identifiziert, darunter multiplanetare Systeme. Unter den Planetenfunden befinden sich auch solche, die von Umfang und Masse kleiner als die Erde sind. Das Kepler-Weltraumteleskop hat über 2.300 Kandidaten für Exoplaneten aufgespürt, die noch bestätigt werden müssen.

Exoplaneten zu entdecken stellt eine Herausforderung dar. Planeten emittieren kein eigenes Licht und halten sich fast immer in der Nähe eines Sterns auf. Aus diesem Grund ist es extrem schwer, sie auf direkte Weise wahrzunehmen (obwohl daran gearbeitet wird). Astronomen spüren die Planeten vielmehr indirekt auf, indem sie die Bewegung der Sterne und ihren Lichtausstoß genauestens studieren.

Es existieren gegenwärtig zwei hauptsächliche Wege, Exoplaneten ausfindig zu machen: die Radialgeschwindigkeitsmethode, welche die Geschwindigkeitsänderung eines Sterns betrachtet, die durch Interaktion mit der Gravitation eines umkreisenden Planeten verursacht wird; und die Transitmethode (auch: Durchgangsmethode), mit der geringe Abnahmen der Sternenhelligkeit wahrgenommen werden, wenn Planeten an dem Stern vorbeiziehen.

Beide Methoden sind besonders wirkungsvoll, wenn man sie kombiniert, da sie einander ergänzen. Die erste Methode spürt die Masse des Exoplaneten auf, die zweite seine physische Größe. Diese Messungen verschlingen auch viel Zeit; zumindest vier Umkreisungen des Planeten sind zur Bestätigung erforderlich, was bedeutet, dass es vier Jahre dauert, bis ein Beobachter in einem anderen Sonnensystem die Erde entdecken würde.

Der neue Planet, der den Namen Alpha Centauri Bb erhielt, wurde mithilfe des HARPS-Spektrographen entdeckt (HARPS = High Accuracy Radial Velocity Planet Searcher; dt. Hochpräzisionsradialgeschwindigkeitsplanetensucher), der für die oben genannte Radialgeschwindigkeitsmethode genutzt wurde. Die Wissenschaftler beobachteten die Farbe des Lichts, das von Alpha Centauri B ausgeht, sowie die leichten Veränderungen in den Lichtfarben. In diesen Lichtschattierungen wird der Dopplereffekt sichtbar. Während seiner Bewegung innerhalb der Milchstraße verändert der Stern seine Geschwindigkeit. Diese Veränderung kann nur dann eintreten, wenn ihn ein Planet umkreist.

Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, aus den vorliegenden Daten das Signal von Alpha Centauri Bb herauszulesen. Das Rauschen der Instrumente, die Rotation des Zielsterns, langanhaltende Sonnenfleckenaktivität des Sterns, das Licht von Alpha Centauri A, dem Nachbarn von Alpha Centauri B, das äußerst schwache Signal des Planeten selbst – alle diese Variablen und andere mehr mussten berücksichtigt und ausgewertet werden, bevor das deutliche Signal eines Planeten erschien, der Erd-Masse aufweist und Alpha Centauri B umkreist.

Die Messungen wurden drei Mal pro Nacht in fast jeder Nacht im Verlauf von vier Jahren aufgenommen, was insgesamt 459 Beobachtungen ausmachte. Dies war die präziseste Radialgeschwindigkeitsmessung, die jemals aufgezeichnet wurde und die Bewegungen noch unmittelbar vor der Messbarkeitsgrenzschwelle wahrnahm.

Der Fund eines Exoplanten nahe unseres nächsten Nachbarsterns, knapp 4,3 Lichtjahre (über 40 Billionen Kilometer) entfernt, zeigt das Potenzial weiterer wissenschaftlicher Forschung auf. Es ist erwiesen, dass der Planet nicht mit der Erde vergleichbar ist. Er befindet sich zu nahe an seinem Zentralgestirn und umkreist es vollständig innerhalb von nur 3,2 Tagen. Damit ist klar, dass dort viel zu heiße Bedingungen für menschliches Leben existieren.

Die Nähe des Sternes zur Erde sowie seine Helligkeit erlauben indessen eine potenzielle Charakterisierung der präzisen chemischen Zusammensetzung jeder möglichen Atmosphäre, die der Exoplanet haben könnte. Tatsächlich wurde dieses Sonnensystem einst vom Terrestrial Planet Finder (TPF) auserkoren, einem NASA-Projekt, das den Auftrag hatte, nach exoplanetarischen Atmosphären zu forschen. Die NASA brach dieses Projekt 2011 ab, nachdem die Obama-Regierung Budgetkürzungen beschlossen hatte.

Was wohl das Interessanteste an der Entdeckung von Alpha Centauri Bb darstellt, ist die hohe Wahrscheinlichkeit eines weiteren Planeten, der Alpha Centauri B umkreist. Jüngste Arbeiten zu exoplanetaren Systemen stellten fest, dass geringmassige Planeten häufiger in multiplanetaren Systemen aufgefunden werden. Wissenschaftler halten es folglich für möglich, dass auch ein weiterer Planet mit einer Masse ähnlich der Erde Alpha Centauri B umkreisen könnte. Möglicherweise befindet sich dieser zweite Planet in der bewohnbaren Zone von Alpha Centauri B.

Die Suche nach Exoplaneten wurde in den vergangenen Jahren mit Budgetkürzungen konterkariert. Wie bereits erwähnt, wurde die TPF-Mission im Jahr 2011 eingestellt. Im Jahr 2010 stellte die NASA die Space Interferometry Mission (SIM) ein, deren vornehmliches Ziel darin bestand, Exoplaneten in bewohnbaren Zonen von Sternen ausfindig zu machen. Die Planungen der Europäischen Weltraumorganisation für ihre Darwin-Mission, die ähnliche Missionsziele hatte, wurden 2007 beendet. Sie fand ihr Ende, weil keine Finanzierung für die Entwicklung der für die Mission notwendigen Technologie existierte.

Es gibt eine Fülle von Ideen, wie existierende Exoplaneten in Zukunft studiert werden könnten. Eine dieser Ideen ist Antoine Labeyries “Hyperteleskop”. Sie besteht darin, eine Vielzahl weltraumbasierter Teleskope in einer äußerst präzisen kugelförmigen Anordnung auf ein Objekt zu richten. Dies würde eine neue Art Teleskop sein, mit dem die bestehende Technologie auf ein bedeutend höheres Präzisionsniveau erhoben würde und es hätte das Potenzial, die Oberflächen erdähnlicher Welten im Umkreis anderer Sonnen zu entdecken. Nur das Gewinnmotiv, das dem Kapitalismus entspringt, verhindert solche ambitionierten Projekte, die zu einem tieferen menschlichen Verständnis des Universums beitragen würden.

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