Südafrika:

Gewerkschaften arbeiten an Unterdrückung der Streikwelle mit

Die südafrikanische Polizei führt eine brutale Einschüchterungskampagne, die durch das Abwürgen der Streiks im Bergbau durch den Congress of South African Trade Unions (COSATU) erleichtert wird.

Die Polizei und COSATU arbeiten zusammen als Agenten der Bergbaukonzerne und der Regierung des Afrikanischen Nationalkongresses. Die meisten der 80.000 – 100.000 Bergarbeiter, die in den letzten Wochen in den Streik getreten sind, wurden mit der Androhung von Massenentlassungen und einem Verrat des COSATU und der National Union of Mineworkers (NUM) wieder an die Arbeit gezwungen. Wer sich weigerte, wieder an die Arbeit zurückzukehren, dem drohen Entlassung, Prügel, Verhaftung und Mord.

Am Dienstag wurden mindestens 2000 Bergarbeiter von Anglo American Platinum (Amplats), die den Streik fortsetzten, an dem sich zuvor 12.000 Arbeiter beteiligten, von der Polizei mit Gummiknüppeln und Tränengas angegriffen. Die Polizei nahm dreizehn Streikende fest. Die Teilnehmerzahlen an dem Streik sind schwer einzuschätzen, vor allem da Amplats am Donnerstag erklärte, es habe noch nicht genug Personal, um den Betrieb wieder aufzunehmen.

Am Mittwoch erschossen Sicherheitskräfte, die für das kanadische Unternehmen Forbes Coal arbeiteten, zwei streikende Bergarbeiter in KwaZulu-Natal, angeblich reagierten sie dabei auf einen Versuch, die Waffenkammer des Bergwerkes zu stürmen. Aber sogar in offiziellen Schilderungen der Polizei heißt es, dass die Bergarbeiter in eine nahegelegene Shantytown gejagt, und dann von den Sicherheitsleuten erschossen wurden.

Ein Bergwerk von Gold Fields bleibt geschlossen, nachdem 8500 Arbeiter wegen Teilnahme am Streik entlassen wurden. Xstrata hat ebenfalls 400 Arbeiter entlassen, die an einem Streik beteiligt waren, der die Produktion in der Chrommine Kroondal gestoppt hat. Das war die Mehrheit der 619 Arbeiter der Grube.

Ein Sitzstreik von 300 Arbeitern in den Bergwerken bei Mponeng und TauTona westlich von Johannesburg, die von dem Besitzer AngloGold Ashanti Bonuszahlungen forderten, wurde nach Verhandlungen abgebrochen.

Als Provokation hat Lonmin die Gewerkschaften über ein großes Programm zum Abbau von Arbeitsplätzen im nächsten Jahr informiert, ein Sprecher sagte: „Wir haben uns noch nicht entschieden, wie viele Arbeiter davon betroffen sein werden.“

Dem Platinbergbauunternehmen gehört die Mine bei Marikana, wo die Polizei am 16. August während eines erbitterten sechswöchigen Streiks 34 Bergarbeiter tötete und Dutzende verletzte. Nach dem Streik wurde sie zum Schauplatz brutaler Unterdrückung, während die Farlam-Untersuchungskommission die Morde untersuchte.

Nach dem Massaker wurden ursprünglich 270 streikende Bergarbeiter von der Polizei angeklagt, ihre Kollegen ermordet zu haben. Die Polizei nutzte dabei Gesetze aus der Zeit der Apartheid, laut denen sie „gemeinsame Sache“ gemacht hatten. Sie wurden von der Polizei gefoltert und geschlagen und aufgefordert, die Anführer des Streiks zu identifizieren.

Aufgrund der Empörung in der Bevölkerung wurden die Anklagen zurückgezogen, aber es finden weiter Verhaftungen unter ähnlich fadenscheinigen Gründen statt. Die Mehrheit von neun Verhaftungen der letzten Tage betraf die Führer des inoffiziellen Streikkomitees, das gegründet wurde, nachdem die NUM mit dem Management bei den mörderischen Angriffen auf ihre Mitglieder zusammenarbeitete, bei denen es mindestens zwei Tote gab. Die Verhaftungen richteten sich wieder gegen diejenigen, die vor dem Farlam-Ausschuss aussagten, der zu einer Art Erkennungsdienst geworden ist, an dem sich die Polizei ihr nächstes Opfer aussuchen kann.

Der Vertreter der Bergarbeiter, Rechtsanwalt Dali Mpofu, sagte der Marikana-Untersuchungskommission, dass sechs Männer, die in den letzten Wochen von der Polizei verhaftet wurden, in Gewahrsam gefoltert wurden. Vier der Männer – Zamikhaya Ndude, Sithembele Sohadi, Loyiso Mtsheketshe und Anele Xole – wurden von dutzenden bewaffneten Polizisten verhaftet, als sie die Untersuchungskommission verlassen und nach Hause fahren wollten.

„Einer sagte, er sei so verprügelt worden, dass er sich in die Hose gemacht habe. Ein anderer hat auf der rechten Seite das Gehör verloren, und noch einer hat sichtbare Narben“, sagte Mpofu.

Xolani Nzuza wurde ohne irgendeinen Beweis vorgeworfen, Daluvuyo Bongo, den Ortssekretär der NUM, ermordet zu haben.

Mpofu sprach von einem „Terrorregime gegen mögliche Zeugen.“

Obwohl ein Amtsgericht letzten Freitag die Freilassung der Verhafteten „ohne weitere Verzögerung“ angeordnet hatte, wurden die vier entweder auf Anordnung des Oberstaatsanwaltes oder des Generalstaatsanwaltes der Provinz sofort wieder verhaftet.

Mpofu sagte: „Ich kann jetzt nicht ruhigen Gewissen zu den Leuten in Nkaneng oder dem Umland sagen: ‚Macht euch keine Sorgen, ich habe einen gemeinsamen Termin für euch organisiert. Ihr könnt nächste Woche zur Kommission kommen’. Denn dann werden sie sagen: ‚Bist du wahnsinnig? Ich soll da hingehen und mich zum Kanonenfutter machen, und verhaftet werden wie der-und-der und der-und-der?“

Auch Zenzile Nyenye und Siyakhele Kwazile wurden ohne Beweise als Bongos Mörder angeklagt.

David Bruce vom Daily Maverick interviewte „Bhele“ Tholakele Dlunga, einen der Führer des Streikkomitees und fragte nach seiner Behandlung durch die Polizei, nachdem er am 25. Oktober um 5:30 Uhr morgens von fünf Polizisten in Zivil verhaftet wurde. Sie benutzten eine schwarze Plastiktüte, um ihm die Luft abzuschnüren, dann verprügelten sie ihn und beschuldigten ihn, eine unlizenzierte Schusswaffe zu besitzen, die sie gerade erst gefunden hatten. Er wurde sechs Tage lang festgehalten und mehrfach gefoltert, und man fragte ihn nach den anderen Beteiligten am Marikana-Streik.

Zonke, der am gleichen Tag verhaftet wurde, wurde angeblich so geschlagen und erstickt, dass er die Kontrolle über den Darm verlor. Alle Anklagepunkte gegen ihn wurden fallengelassen, aber Bruce beschrieb ihn als „einen Schatten des energischen, aufgeweckten jungen Mannes, der er zwei Wochen davor noch war.“

Es könnte kaum offensichtlicher sein, dass die Farlam-Kommission ein Versuch ist, die Wahrheit zu verdecken.

Die Polizei behauptet, das einzige Polizeivideo vom 16. August sei das von Lt.-Col. Cornelius Botha. Es besteht aus 41 Minuten Material, aus einem Helikopter aufgenommen, das nichts bedeutendes zeigt, nur Polizeifahrzeuge und Menschen, die in einer Reihe rennen. Es wurde vermutlich nach dem Massaker aufgenommen.

Erst nach mehrfachem Nachfragen „erinnerte“ sich Botha, dass aus dem Hubschrauber, in dem er flog, „zwei Blendgranaten eingesetzt wurden.“ Das widerspricht seiner Versicherung, er sei zu spät gekommen, um zu sehen, was geschehen war.

Momentan stecken die Bergarbeiter in einer Sackgasse. Die abtrünnige Gewerkschaft Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU) hat keine Perspektive, mit die sie der Verschwörung zwischen NUM, COSATU, und der Polizei, den Arbeitgebern und dem ANC etwas entgegensetzen kann. Die Demokratische Sozialistische Bewegung (DSM), die mit dem Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI) verbunden ist und eine wichtige Rolle in den Streikkomitees gespielt hat, drängt die Arbeiter dazu, die „Klassenunabhägigkeit und politische Unabhängigkeit COSATUs“ wiederherzustellen, dafür zu sorgen, dass er aus der Dreiparteien-Regierung austritt und „eine einheitliche Gewerkschaftsorganisation mit einem sozialistischen Programm“ aufbaut.

Die DSM forderte sogar eine „gemeinsame Untersuchung des Massakers durch die Gewerkschaft und das Streikkomitee.“

Es gibt nichts Gefährlicheres als das Verbreiten solcher Illusionen. Die NUM und der COSATU haben nicht nur das Polizeimassaker bei Marikana unterstützt, sondern forderten sogar seine Ausführung. COSATU vertritt die Klasseninteressen der Bourgeoisie, nicht in einem indirekten Sinn, sondern weil sie selbst Kapitalisten sind und an der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Politik der wirtschaftlichen Besserstellung Schwarzer (BEE) beteiligt sind.

Der ehemalige NUM-Führer Cyril Ramaphosa ist Vizepräsidentschaftskandidat von Präsident Jacob Zuma in dessen Wiederwahlkampf, und wird von seiner ehemaligen Gewerkschaft unterstützt. Eine Reihe von E-Mails, die von der Farlam-Kommission veröffentlicht wurden, zeigen, dass er eine wichtige Rolle bei der Organisation des Massakers gespielt hat.

Ramaphosa, dessen Vermögen drei Milliarden Rand (365 Millionen Dollar) beträgt, hat einen Anteil von neun Prozent an Marikana, aber das ist noch lange nicht alles. Ein Bericht von Arthur McKay im Simbabwer Standard vom 28. Oktober deutet an, dass Ramaphosa von 500 Rand, die ein Leiharbeiter bei Lonmin im Monat verdient, 100 Rand bekommt – das sind im Jahr achtzehn Millionen US-Dollar.

McKay schreibt, Ramaphosa habe im Jahr 2010 von dem Unternehmen 304 Millionen Dollar in bar „für ein Geschäft erhalten, das letzten Endes von Xstrata unterstützt wurde.“

Ramaphosa hat 2010 50,03 Prozent der Aktien von Lonmins BEE-Partner Inclawa Resources gekauft, aber Lonmin hat ihm die 304 Millionen Dollar gegeben, die er dafür brauchte – realisiert durch eine Aktienausgabe, in der Xstrata der Hauptkäufer war. Seither hat Ramaphosa weitere 51 Millionen Dollar Kredit erhalten, und er erhält 50 Millionen, um Lonmins Sozial- und Ausbildungsdienst zu organisieren – insgesamt sind das 400 Millionen US-Dollar seit 2010.

Zuma und der ANC glauben, dass die Unterstützung durch die COSATU-Gewerkschaftsbürokratie und ihre Koalitionspartner, die Kommunistische Partei Südafrikas, bedeutet, dass sie immer noch fest im Sattel sitzen. Zumas öffentliche Kommentare zu Marikana waren abschätzig und arrogant.

Er nannte Marikana letzte Woche vor Journalisten einen „Ausrutscher.“ Bei der offiziellen Eröffnung des National House of Traditional Leaders im Parlament erklärte Zuma, die Leute sollten wegen Marikana nicht denken, dass Südafrika wieder zur Apartheid zurückkehre. Er sagte, die Farlam-Kommission sei dabei, die Wahrheit über die Ereignisse herauszufinden. Im Gegensatz zu den „riesigen Vertuschungsaktionen während der Apartheid“ könne man aus einem Vorfall nicht schließen, „dass unser System Menschen tötet.“

Weiter forderte er, dass „Gewalt und Einschüchterung in den Gebieten, in denen die Streiks weitergehen, zu einem Ende kommen müssen,“ damit meinte er nicht die Polizei, sondern die Bergarbeiter, die er kritisierte, weil sie sich zu „Chaos und Anarchie“ hinreißen ließen.

In Wirklichkeit sitzt Zuma auf einem politischen und sozialen Pulverfass. Die Arbeitslosigkeit ist auf über 25,5 Prozent gestiegen, und Statistiken, die letzte Woche veröffentlicht wurden, zeigen, dass schwarze Haushalte immer noch sechsmal weniger verdienen als weiße, und dass achtzehn Jahre nach dem Ende der Apartheid. Das ist in Wirklichkeit sogar noch eine starke Unterschätzung der Einkommensschere, da schwarze Haushalte viel größer sind als weiße. Schätzungen zufolge versorgt ein Bergarbeiter mit seinem Gehalt zehn Menschen in einer erweiterten Familie. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 33,7 Prozent bei den 25- bis 29-jährigen, und 27,4 Prozent bei den 30- bis 34-jährigen. Der Bergbau ist für 50 Prozent der Deviseneinkünfte verantwortlich, im letzten Quartal auch für die größten Arbeitsplatzverluste.

Zuma nutzte ein Treffen von religiösen Gruppen, die nach der Apartheid „Friede und Versöhnung“ forderten, als weitere Gelegenheit, Streiks und Proteste gegen Armut zu verurteilen und erklärte: „Wenn Arbeiter streiken, sind sie sehr wütend, sie zünden Sachen an und zerstören Eigentum. Wenn Gemeinschaften protestieren, zerstören sie das, wofür sie eigentlich demonstrieren. Das ist eine abnormale Wut.“

Er steckt zurzeit in einem Skandal, weil er 28 Millionen Dollar aus öffentlichen Geldern ausgegeben hat, um seinen Landsitz in der Provinz KwaZulu-Natal zu modernisieren – eine von vier Residenzen. Zu den Neuerungen gehören ein Hubschrauberlandeplatz, Zäune, kugelsicheres Glas, zwei AstroTurf-Fußballfelder und Aufzüge zu unterirdischen Bunkern unter dem Haus. Weitere zweistellige Millionenbeträge wurden für Straßen in der Gegend ausgegeben.

Bei einer Rede am Freitag, die von der South African Unemployed Workers Union organisiert wurde, forderte er, dass man den ANC nicht mehr als korrupt bezeichnen solle: „Die Leute sagen das, aber es ist nicht wahr,“ erklärte er.

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