Frankreich droht Intervention in Mali zu unterstützen

Während die Kämpfe in der westafrikanischen Republik Mali andauern, nutzen Frankreich, die USA und ihre Verbündeten in der Region die politische Gelegenheit, eine militärische Intervention in dem Land zu organisieren.

Am 6. April erklärte die Nationalbewegung für die Befreiung von Azawad (MNLA) einseitig und “unwiderruflich” die Unabhängigkeit der Region Azawad in Nordmali von der Republik Mali. Die in der MNLA organisierten Tuareg-Rebellen und die islamistische Gruppe Ansar Dine haben die Kontrolle im verarmten Norden von Mali übernommen, nachdem gut bewaffnete Tuareg-Kämpfer von Libyen aus in das Land eingedrungen waren. Dort hatten sie für das gestürzte libysche Regime des ermordeten Oberst Muammar Gaddafi gekämpft.

Die Tuareg fordern seit der Unabhängigkeit Malis von Frankreich im Jahre 1960 Autonomie. Die von dem Führer der MNLA, Bilal ag Acherif, unterzeichnete Unabhängigkeitserklärung sagt zu, alle bestehenden Grenzen und die Charta der Vereinten Nationen zu akzeptieren und die Bedingungen für dauerhaften Frieden und einen demokratischen Staat zu schaffen.

Die Unabhängigkeitserklärung wurde sofort von der Afrikanischen Union, der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Ecowas), Frankreich und den Vereinigten Staaten zurückgewiesen. Auch die Gruppe Ansar Dine, der vorgeworfen wird, enge Beziehungen zu al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM) zu unterhalten, lehnt die Erklärung ab, weil die Gruppe in Mali die Scharia als Rechtsprinzip durchsetzen will.

Die Machtübernahme der Tuareg in Nordmali und die Unabhängigkeitserklärung folgten auf den Militärputsch von Kapitän Amadou Sanogo am 22. März. Sanogo war von 2004 bis 2010 in den USA militärisch ausgebildet worden. Er übernahm die Macht nach wochenlangen Protesten gegen die Regierung von Amadou Toumani Touré wegen ihres Umgangs mit der Tuareg-Rebellion.

Am 1. Februar protestierten Frauen und Mütter von Soldaten, die bei Kämpfen der malischen Armee mit den MNLA-Rebellen getötet worden waren. Sie beschuldigten die Regierung, “ihre Männer unvorbereitet und ohne angemessene Ausrüstung in den sicheren Tod geschickt zu haben“. Obwohl der Putsch mit der Unfähigkeit Tourés beim Kampf gegen die Tuareg-Rebellion begründet worden war, verlor die malische Armee in den ersten zehn Tagen von Sanogos Herrschaft die Kontrolle über den gesamten Norden.

Die imperialistischen Mächte, vor allem Frankreich und die USA, arbeiten daran, ihre strategischen und wirtschaftlichen Interessen in Mali und der Sahelzone voranzutreiben.

Der französische Außenminister Alain Juppé gab bekannt, dass Frankreich eine Ecowas-Interventionstruppe in Mali, die nach dem Putsch zügig aufgestellt wurde, „um Malis Einheit und territoriale Integrität zu schützen“, logistisch unterstützen könne. Washington hat in der Vergangenheit bereits mehrere militärische Interventionen von Ecowas unterstützt, so 1990 in Liberia und 1997 in Sierra Leone.

Ecowas wird von der Elfenbeinküste und dem Senegal geführt, die beide mit Frankreich, der alten Kolonialmacht in der Region, verbündet sind. Frankreich unterhält in beiden Ländern Stützpunkte und hat 2011 in der Elfenbeinküste eingegriffen, um die Absetzung des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo und seine Ersetzung durch Alassane Ouattara zu unterstützen.

Ouattara ist der amtierende Vorsitzende von Ecowas. Er erklärte, dass er und seine Verbündeten die Absicht hätten, „diese Rebellion mit allen Mitteln zu stoppen und Malis territoriale Integrität wieder herzustellen. Das ist die Verantwortung der Region Subsahara.“

Ecowas und seine westlichen Verbündeten haben Sanogo in den letzten zwei Wochen heftig gedrängt, die Macht an eine verfassungsmäßige Zivilregierung zu übergeben. Der Senegal und die Elfenbeinküste haben ein vollständiges Embargo über Mali verhängt. Die anderen westafrikanischen Länder haben harte diplomatische und wirtschaftliche Sanktionen gegen das Land in Kraft gesetzt. Unter anderem haben sie die Elektrizitätslieferungen unterbrochen. Als eines der ärmsten Länder der Welt ist Mali stark von ausländischer Hilfe abhängig.

Als Folge des Embargos trat Sanogo am 8. April zurück und übergab die Macht an eine nationale Übergangsregierung unter Leitung von Parlamentssprecher Dioncounda Traoré. Traoré ist ein Gefolgsmann des abgesetzten Präsidenten Touré und seit 2007 Präsident der malischen Nationalversammlung. Touré selbst reichte sein offizielles Rücktrittsschreiben ein und erklärte, das „ohne jeden Druck“ getan zu haben. Damit wurde der Weg für Neuwahlen frei, die wahrscheinlich im Mai abgehalten werden.

Es scheint, dass der Druck von Ecowas, Frankreich und den USA auf die Junta darauf abzielt, das malische Militär und die herrschende Elite auf eine gemeinsame Linie zu bringen, um ein militärisches Vorgehen gegen den Norden vorzubereiten. Als Sanogo sein Rücktrittsschreiben verlas, stand neben ihm der Außenminister des Nachbarstaats Burkina Faso, Dschibril Bassolé. Das Abkommen gewährt Sanogo und den Soldaten, die an dem Putsch beteiligt waren, volle Immunität.

Amadou Koita, der Führer einer militärischen Gruppierung, die gegen den Putsch war, begrüßte die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und benannte einen positiven Aspekt des Putsches. Er sagte der französischen Tageszeitung Libération: „Heute beginnt die Armee, den Norden zurückzuerobern und Rebellen und Islamisten zu jagen. Der Putsch hat wenigstens die Schönfärberei der Lage im Norden beendet.“

Eine hohe Ecowas-Quelle sagte dem Guardian, dass der Rückzug des Putschistenführers die letzte Hürde für eine militärische Offensive gegen den Norden gewesen sei: „Wir treffen jetzt die letzten Vorbereitungen für eine Intervention; sie steht kurz bevor… Mehrere Länder haben Unterstützung zugesagt, darunter die USA und Frankreich.“

Die Interventionspläne in Mali sind eine weitere Eskalation der imperialistischen Intervention in der Region. Frankreich und die USA waren die treibenden Kräfte hinter dem Nato-Krieg gegen Libyen, der auch zu der Krise in Mali geführt hat. Beide Länder nutzen jetzt die Situation für die Vorbereitung der nächsten Intervention, die die gesamte Sahelzone weiter destabilisieren und wie im Fall Libyen zu zehntausenden Toten führen würde.

Die französisch-amerikanische Intervention richtet sich auf die Sahara und die Sahelzone, die seit dem Ende des Algerienkriegs Ziel von Intrigen des französischen Imperialismus waren. Es gibt dort zahlreiche wichtige Energierohstoffe wie Gas und Uran. Letzteres kommt vor allem in den von den Tuareg bewohnten Regionen Libyens, Nigers und Malis vor. Frankreichs Atomkraftwerke und sein Atomwaffenprogramm sind auf das in dieser Region gewonnene Uran angewiesen.

Ein Leitartikel in der Libération klagte am Dienstag zynisch, dass “Afrika in den stark egozentrischen Wahlkämpfen in Frankreich praktisch nicht vorkommt. Es bleibt dem nächsten Präsidenten überlassen, alles zu tun, um Mali und seine bedrohte Demokratie zu retten.“

Algerien, das in der Region den höchsten Preis für den französischen Kolonialismus zahlen musste, warnte, dass die „Lage sehr, sehr beunruhigend ist.“ Ministerpräsident Ahmed Ouyahia sagte, dass jede ausländische Intervention zwangsläufig „im Chaos endet. Jedes Mal, wenn ein ausländischer Spieler eine entscheidende Rolle spielt, gerät die Lage irgendwann außer Kontrolle - entweder sofort oder nach sechs Monaten.“

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