Sri Lankas Ex-Linke und das Amtsenthebungsverfahren

Die Absetzung und Entlassung der srilankischen Obersten Richterin Shirani Bandaranayake zugunsten eines regierungstreuen Nachfolgers, der am 15. Januar ihre Nachfolge antrat, verstieß gegen die Entscheidungen der obersten Gerichte des Landes und stellt einen weiteren Schritt in Richtung Polizeistaat dar. Präsident Mahinda Rajapakse verstärkt seine Kontrolle über den Staatsapparat und plant, den Angriff auf die Arbeiterklasse zu verschärfen.

Rajapakse provozierte mit seinem Vorgehen Widerstand der Justiz und Rechtsorgane, das Land drohte in eine Verfassungskrise zu stürzen. In diesem Widerstand drückt sich die Sorge von Teilen der herrschenden Klasse aus, das autokratische Vorgehen der Regierung könne den gesamten Rahmen der parlamentarischen Politik diskreditieren, auf dem die bürgerliche Herrschaft seit der offiziellen Entlassung Sri Lankas in die Unabhängigkeit im Jahr 1948 ruht. Sie fürchten, dass sich der Widerstand der Arbeiter gegen Entlassungen und sinkenden Lebensstandard in einen direkten Kampf gegen den Polizeistaatsapparat entwickelt, der gefährliche revolutionäre Folgen haben könnte.

Im Verlauf dieser politischen Krise haben sich die Ex-Linken von der Nava Sama Samaja Party (NSSP) und der United Socialist Party (USP) dafür eingesetzt, einen derartigen Kampf abzublocken, indem sie die Arbeiter und Jugendlichen der Oppositionspartei United National Party unterordneten – d.h. einem Teil der Bourgeoisie, dessen Hauptsorge es ist, die fadenscheinigen Illusionen in die parlamentarische Demokratie in Sri Lanka aufrechtzuerhalten.

Die NSSP und die USP bezeichnen sich zwar als Sozialisten, aber ihre politische Praxis zeigt, dass sie sich auf Teile des Kleinbürgertums stützen, und dass sie ein wichtiger Bestandteil des politischen Establishments von Colombo sind. Anfang des Jahres schlossen sich diese pseudolinken Organisationen dem „Protest der Opposition“ an, einem Bündnis unter Führung der UNP, dem auch die bürgerliche Tamil National Alliance (TNA) und die chauvinistischen singhalesischen Parteien angehörten – die Volksfront des Mutterlandes und die New Sihala Urumaya.

Die Regierung begann das Amtsenthebungsverfahren gegen die Oberste Richterin im letzten November mit einer fadenscheinigen Korruptionsanklage. Präsident Rajapakse, der Bandaranayake selbst ernannt hatte, war verärgert, dass der Oberste Gerichtshof ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt hatte, das den Provinzregierungen die Befugnisse über Wirtschaftsfragen nimmt und der Zentralregierung überträgt.

Die bisherige Bilanz der UNP zeigt, dass sie zusammen mit den Ex-Linken stets versucht hat, jeden Widerstand innerhalb des parlamentarischen Rahmens zu halten und das verfassungswidrige Vorgehen der Regierung zu legitimieren.

Das Amtsenthebungsverfahren war von Anfang an ein abgekartetes Spiel. Die Abgeordneten der Regierungsfraktionen unterzeichneten den Antrag, ohne auch nur zu wissen, wie die Anklage lautete. Nachdem der Antrag am 1. November dem Parlamentssprecher Chamal Rajapakse übergeben wurde, veröffentlichte der „Protest der Opposition“ am 6. November eine Stellungnahme, die eilfertig auch von der NSSP- und der USP-Führung unterzeichnet worden war. Statt das betrügerische Amtsenthebungsverfahren zu verurteilen, gab das Bündnis der herrschenden Koalition gute Ratschläge für ein korrektes parlamentarisches Vorgehen.

Die UNP und die anderen Oppositionsparteien hatten sich Anfangs an dem parlamentarischen Komitee beteiligt, das eingerichtet worden war, um die Vorwürfe zu klären, und damit den Prozess legitimiert. Die UNP unterstützte die Regierung sogar gegen die Gerichte. UNP-Parteichef Ranil Wickremesinghe hatte den Sprecher dazu gedrängt, eine Aufforderung des Obersten Gerichtshofes abzulehnen, das Amtsenthebungsverfahren zu verzögern bis eine Gegenposition angehört worden war. Am 23. November erklärte der Parlamentspräsident die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für nichtig und lobte Wickremesinghe für seine Unterstützung.

Die NSSP und die USP haben sich nicht nur an ihr Bündnis mit der UNP gehalten; die Ex-Linken versuchten auch die Proteste der juristischen Standesorganisationen, die daraufhin ausbrachen, unter die Kontrolle der UNP zu bringen. Gleichzeitig schürten NSSP und USP schamlos Illusionen in die Justiz und die Rechtsorgane als Verteidiger demokratischer Rechte.

NSSP-Parteichef Wickramabahu Karunaratne forderte die Bildung einer breiten Front unter Führung der UNP „über alle Klassenspaltungen hinweg“, die zu einer „demokratischen Kampfbewegung“ gegen die Rajapakse-Regierung werden solle. Eine solche Klassenkollaboration ist für die Arbeiterklasse von Anfang an eine Falle. Die UNP hatte jedoch nie die geringste Absicht, eine „Kampfbewegung“ gegen die Rajapakse-Regierung aufzubauen. Sie hat vor der Mobilisierung der arbeitenden Bevölkerung viel mehr Angst als vor den undemokratischen Methoden der Rajapakse-Regierung.

Tatsächliche wurde die UNP zunehmend dafür kritisiert, selbst die beschränkten Proteste der Anwälte nicht zu unterstützen. Karunaratne schaltete sich ein, um Wickremesinghe vor denjenigen zu schützen, die „Ranil für seine Inaktivität kritisieren.“ Am 30. Dezember erklärte er in einer Kolumne für Lakbimanews: „Wenn die Bevölkerung die Proteste nicht unterstützt, gibt es keinen Grund, es der liberalen Opposition [d.h. der UNP] vorzuwerfen.“ Stattdessen warf er der „städtischen Arbeiterklasse“ vor, „singhalesisch-buddhistischem Chauvinismus erlegen zu sein und Rajapakse zu unterstützen.“

Karunaratnes Angriff auf die Arbeiterklasse ist völlig zynisch. Diese Pseudolinken und die Gewerkschaften haben die Arbeiterklasse mehrfach an einem politischen Kampf gegen die Rajapakse-Regierung gehindert. Wenn sich die Arbeiter den Protesten nicht anschließen, dann deshalb, weil sie kein Vertrauen in die Opposition haben und die Lügen der NSSP nicht glauben, die UNP verteidige die Demokratie.

Außerdem haben die Justiz und die Rechtsorgane zusammen mit den Ex-Linken die Proteste bewusst darauf beschränkt, ihre eigenen Klasseninteressen zu verteidigen. Auch hier war Karunaratne federführend daran beteiligt, die Oberste Richterin und die Justiz, die für ihr arbeiterfeindliches Vorgehen berüchtigt sind, als Bastionen der Demokratie darzustellen.

An der Verherrlichung der Justiz und der Rechtsorgane zeigt sich die Klassenorientierung der NSSP gegenüber dem Staatsapparat und der oberen Mittelschicht. Die Proteste haben sich ausschließlich auf die Verteidigung der bürgerlichen Herrschaft konzentriert – des Parlaments, der Gerichte und der Verfassung – ohne den Angriff der Regierung auf die Grundrechte der arbeitenden Bevölkerung zu erwähnen.

Die USP ist kein Stück besser. Während die NSSP offen die UNP gegen Kritik verteidigt, diente sich die USP Wickremesinghe als Berater an und schlug vor, er solle sich aktiver an den Protesten beteiligen. Ihre Zeitung, der Red Star, rief die UNP dazu auf, die Protestbewegung gegen das Amtsenthebungsverfahren zu unterstützen anstatt den Kampf „zu ignorieren oder zu schwächen.“

Als sich die UNP am 10. Januar – kurz vor Bandaranayakes Entlassung – endlich der Protestbewegung anschloss, war USP-Parteichef Siritunga Jayasuriya begeistert. Bei einem Treffen nach dem Protest erklärte er: „Wir müssen unser Leben opfern, um Demokratie zu gewinnen. Alle, Linke und Rechte, müssen vereint sein gegen diese diktatorische Herrschaft.“

Die UNP hat sich der Protestbewegung erst in letzter Minute angeschlossen. Kurze Zeit später ebbten die Proteste ab, die Justiz beugte sich den Drohungen der Rajapakse-Regierung und nahm die Arbeit mit dem neuen Obersten Richter auf.

Während der Krise hat NSSP-Parteichef Karunaratne die UNP verteidigt. Am 9. Januar erklärte er im Daily Mirror, Wickremesinghe habe „seine Pflicht als prominenter Führer der liberaldemokratischen Internationalen getan, indem er dem Präsidenten geraten hat, sich an die Vereinbarungen mit dem [britischen] Commonwealth [über das parlamentarische Vorgehen bei Amtsenthebungsverfahren] zu halten.“

Mit der „liberaldemokratischen Internationalen“ meint Karunaratne die Internationale Demokratische Union, der rechte Parteien wie die amerikanischen Republikaner, die britische Konservative Partei, die deutsche CDU und die Liberale Partei in Australien angehören.

Die NSSP und die USP spielen eine ähnliche Rolle wie ihre ex-linken Kollegen im Rest der Welt, die ebenfalls jeden Widerstand einem Teil der Bourgeoisie unterordnen. Ihre Versuche, die UNP als in irgendeiner Form „progressiv“ oder „demokratisch“ darzustellen, sind genauso obszön wie die Unterstützung der Revolutionären Sozialisten in Ägypten, zuerst für das Militär, dann für die Moslembrüder und jetzt für die bürgerliche Nationale Rettungsfront von Mohammed ElBaradei.

Karunaratne stellt die UNP als „liberaldemokratische Partei“ dar. Aber diese rechte bürgerliche Partei ist seit ihrer Gründung im Jahr 1947 tief in kommunalistische Politik verstrickt und hat nie gezögert, die Interessen der Bourgeoisie mit Polizeistaatsmethoden zu verteidigen. Nach der offiziellen Unabhängigkeit vom britischen Imperialismus im Jahr 1948 war es eine der ersten Amtshandlungen der neuen UNP-Regierung, fast einer Million tamilischer Plantagenarbeitern und ihren Familien die Bürgerrechte zu entziehen.

Ende der 1970er hat die UNP die wirtschaftsfreundliche Agenda des IWF umgesetzt, in den 1980ern hat sie den Generalstreik im öffentlichen Dienst durch die Entlassung von 100.000 Arbeitern gnadenlos niedergeschlagen. Die UNP war verantwortlich für die antitamilischen Pogrome von 1983 und den Bürgerkrieg auf der Insel. Sie ist berüchtigt für den Einsatz von Todesschwadronen, die 1989-1990 etwa 60.000 Jugendliche vom Land massakriert haben.

Die Inszenierung der UNP als „demokratische“ Partei passt zur Haltung der USA nach der Niederlage der Befreiungstiger von Tamil-Eelam (LTTE) im Jahr 2009. Die Obama-Regierung hatte Rajapakses Krieg zwar in vollem Umfang unterstützt, aber verhaltene Kritik an den Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen der Regierung geübt, um sie zu zwingen, sich von China zu distanzieren. Die UNP war zu diesem Zeitpunkt außenpolitisch bereits offen pro-westlich aufgetreten und verwendete nie die anti-imperialistische Rhetorik ihrer bürgerlichen Konkurrenzpartei – der Sri Lanka Freedom Party Rajapakses.

Die NSSP und die USP haben die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse immer abgelehnt und die Arbeiter mit ihren diversen Mänovern verschiedenen Teilen des politischen Establishments untergeordnet. Jetzt treten sie offen als eine Tendenz der bürgerlichen Politik auf, genau wie vergleichbare Parteien und Bewegungen weltweit.

Die Amtsenthebungskrise ist ein weiteres Beispiel für einen der Grundsätze von Leo Trotzkis Theorie der Permanenten Revolution: für die organische Unfähigkeit der Bourgeoisie in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung, wie Sri Lanka, grundlegende demokratische Aufgaben zu erfüllen, geschweige denn die drängenden sozialen Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung zu befriedigen.

Die Arbeiterklasse ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die in der Lage ist, im Kampf für den Sturz des Kapitalismus einen echten Kampf für demokratische Grundrechte zu führen. Sie kann das allerdings nur, wenn sie sich von allen Fraktionen der Bourgeoisie unabhängig macht und die Armen vom Land im Kampf für eine Arbeiter- und Bauernregierung auf ihre Seite zieht und sozialistische Politik verfolgt.

Die Arbeiter müssen sich Rajapakses Vorgehen gegen auch die kleinste Unabhängigkeit der Justiz eine Warnung sein lassen. Die Arbeiterklasse kann ihre demokratischen Rechte nicht durch eine breite „Front“ aus „linken und rechten“ bürgerlichen Parteien verteidigen, die sich unweigerlich gegen die arbeitende Bevölkerung stellen. Stattdessen müssen sich die Arbeiter vereinigen und unabhängig mobilisieren, die Massen vom Land auf ihre Seite ziehen und für eine Sozialistische Republik von Sri Lanka und Eelam kämpfen. Für diese Perspektive setzt sich die Socialist Equality Party ein.

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